Herrschertitel im Mittelalter

Um noch einmal auf Karl V. zurück zu kommen:
In der Peinlichen Halsgerichtsordnung wird er so tituliert:
Des allerdurchleuchtigsten großmechtigsten vnüberwintlichsten, Keyser Karls des fünfften, vnd des heyligen Römischen Reichs peinlich gerichts ordnung.
 
Ab 1535 kommt bei Karl V. auch noch der Titel eines Herzogs von Mailand hinzu.

Führten die Eroberungen in Nordafrika (Algier, Oran, Tunis, ect.) auch zu weiteren Titeln?
 
Konradin schrieb:
Kommen wir mal zum längsten Herrschertitel überhaupt, dem Titel Kaiser Karls V.:

Deutsch (November 1520)
Wir Carl der fünfft von Gottes Gnaden Römischer erwehlter Käyser zu allen Zeiten Merher des Reichs, &c.
König in Germanien, zu Castilien, zu Arrogon, zu Legion, beyder Sicilien, zu Jerusalem,
zu Hungern, zu Dalmatien, zu Croatien, Navarra, zu Granaten, zu Tolleten, zu Valentz, zu Galitien,
Majoricarum, zu Hispalis, Sardiniae, Cordubiae Corsicae, Murciae, Giennis, Algarbien, Algecire, zu Gibraltaris, und der Insulen Canariae, auch der Insulen Indiarum und Terrae Firmae, dess Meers Oceani &c.
Ertz-Hertzog zu Oesterreich,
Hertzog zu Burgund, zu Lottrik, zu Braband, zu Steyr, Kärndten, Crain, Limburg, Lüzemburg, Geldern, Calabrien, Athenarum, Neopatriae, &c.
Grafe zu Flandern, zu Habspurg, zu Tyrol, zu Görtz, Parcinon, zu Arthois und Burgund, Pfaltzgraf zu Hennegau, zu Holland, zu Seeland, zu Pfirdt, zu Kyburg, zu Namur, zu Rosilion, zu Territan, und zu Zutphen,
Landgraff in Elsass,
Margraf zu Burggau, zu Oristani, zu Gotziani, und des heyligen Römischen Reichs,
Fürst zu Schwaben, zu Cathalonia, Asturia &c.
Herr in Frießlandt, auff der Windischen Marcken, zu Portenau, zu Pisscaia, zu Molin, zu Salins, zu Tripoli und zu Mecheln &c

Die so genannten "Großen" Titel der nachfolgenden Habsburger sind allerdings nicht weniger imposant (genau so wenig wie vergleichbare Titel europäischer Herrschaftshäuser), d. h. eine solche Häufung von Titeln ist keine Exklusivität Karls V.

Etwa 200 Jahre später entsteht die erste offizielle Festlegung des Kaisertitels unter Karl VI., die folgendermaßen lautet:

Wir Karl der Sechste von Gottes Gnaden erwöhlter Römischer Keyser,
zu allen Zeiten Mehrer des Reichs,
in Germanien, zu Castilien, Legion, Aragon, Beyder Sicilien, zu Hierusalem, Hungarn, Böheimb, Dalmatien, Croatien, Navarra, Granata, Toleto, Valenz, Gallicien, Majoricarum, Sevila, Sardinia, Corduba, Corsica, Murcia, Giennis, Algarbien, Algezirae, Gibraltaris, der Insulen Canariae und Indiarum, der Insulen und Terrae Firmae des Meers Eceani König etc,
Erzherzog zu Österreich,
Herzog zu Burgund, zu Meyland, zu Steyr, zu Kärnthen, zu Crain, zu Lützelburg, Würtemberg, Ober- und Niederschlesien, Athenarum und Neopatriae,
Fürst zu Schwaben,
Markgraf der Heyl. Röm. Reich, zu Burggau, zu Mähren, Ober- und Nider Lausnitz,
gefürsteter Graf zu Habsburg, zu Flandern, zu Tyroll, zu Barchinon, zu Pfierd, zu Kyburg, zu Görtz, Rossilion und Ceritania,
Landgraf in Elsaß,
Markgraf zu Oristani und Graf zu Gocceani,
Herr auf der Windischen Marck, zu Portenau, Biscajae, Molini, zu Salins, zu Tripoli und zu Mecheln.
 
Etwa 200 Jahre später entsteht die erste offizielle Festlegung des Kaisertitels unter Karl VI., die folgendermaßen lautet:
Die Mehrzahl dieser Titel sind aber spanischen Ursprungs. Als Karl VI. Kaiser wurde, verlor er jedoch fast sofort seine Verbündeten im Spanischen Erbfolgekrieg und seine mühsam erkämpfte Position als Erbe des spanischen Habsburgers Karl II. war zunichte (zwischenzeitlich hatte er den Großteils Spaniens und die Hauptstadt Madrid erobert). Mit dem Ende des Spanischen Erbfolgekrieges musste er auf die Spanischen Stammlande und dessen Kolonien verzichten. Nur einige Nebenländer (Span. Niederlande, Mailand, Sardinien, Neapel) konnte er behaupten.

Wer den Titel eines rex Gibraltaris nach diesem Krieg führte wäre auch interessant, real müßte er an die englischen Könige gegangen sein.:king:
 
Andronikos schrieb:
Die Mehrzahl dieser Titel sind aber spanischen Ursprungs. Als Karl VI. Kaiser wurde, verlor er jedoch fast sofort seine Verbündeten im Spanischen Erbfolgekrieg und seine mühsam erkämpfte Position als Erbe des spanischen Habsburgers Karl II. war zunichte (zwischenzeitlich hatte er den Großteils Spaniens und die Hauptstadt Madrid erobert). Mit dem Ende des Spanischen Erbfolgekrieges musste er auf die Spanischen Stammlande und dessen Kolonien verzichten. Nur einige Nebenländer (Span. Niederlande, Mailand, Sardinien, Neapel) konnte er behaupten.

Wer den Titel eines rex Gibraltaris nach diesem Krieg führte wäre auch interessant, real müßte er an die englischen Könige gegangen sein.:king:

Karl VI. verzichtete Zeit seines Lebens nicht auf die spanischen Titel, noch 1740 nannte er sich so. Erst Maria Theresia bzw. Franz I. legten diese Titel ab.
 
Wodurch interessanterweise der Titel nicht kürzer wurde, weil statt der spanischen Gebiete jetzt die ganzen lothrinigschen Besitzungen (inklusive der italienischen Herrschaften) aufgeführt werden, die Franz I. Stephan in die Dynastie einbringt. Bei Joseph II. kommen dann übrigens weitere Titel aus der ersten polnischen Teilung hinzu.
 
Der letzte römische Kaiser, Franz II. (1792-1806), seit 1804 auch Kaiser von Österreich, trug zwischen 1804 und 1806 diesen Titel:

Nos Franciscus Secundus divina favente clementia electus Romanorum imperator semper augustus;
haereditarius Austriae imperator;
Germaniae, Hierosolimae, Hungariae, Bohemiae, Dalmatiae, Croatiae, Sclavoniae, Galliciae, Lodomeriae, Ramae, Serviae, Cumaniae et Bulgariae rex apostolicus;
archi-dux Austriae;
dux Lotharingiae, Venetiarum, Salisburgi, Styriae, Carinthiae et Carnioliae;
magnus princeps Transylvaniae;
marchio Moraviae;
dux Wurtemburgae, superioris et inferioris Silesiae, Parmae, Placentiae, Guastallae,
Osveciniae et Zatoriae, Teschinae, Forojulii et Jaderae;
princeps Sveviae, Quercopolis, Passaviae, Tridenti et Brixinae, Berchtoldgadenae et Lindaugiae;
comes Habsburgi, Tyrolis, Kyburgi, Goritiae et Gradiscae,
marchio Burgoviae, superioris et inferioris Lusatiae;
landgravius Brisgoviae, Ortenaviae et Nellenburgi;
comes Monteforti et Alta Amisiae, superioris et inferioris Hohenbergae, Brigantii, Sonnenbergae, Rothenfelssi, Blumenekii, et Hovenae;
dominus Marchiae Sclavonicae, Patavii, Veronae, Vincentiae etc. etc. etc.

Er war der einzige Mensch, der zwei Kaisertitel trug.
 
Ob Franz II., als er den Titel eines Kaisers von Österreich annahm, geahnt hat, dass er den anderen Kaisertitel ablegen würde? Oder war die Annahme des zweiten Kaisertitels nur aus dem Grunde geschehen, nicht immer alle Titel nennen zu müssen, die ein Habsburger, wie du oben aufgeführt hast, trug? Oder gab es noch andere Gründe für die Annahme des Kaisertitels, die ich nicht kenne?
 
Imperator schrieb:
Ob Franz II., als er den Titel eines Kaisers von Österreich annahm, geahnt hat, dass er den anderen Kaisertitel ablegen würde? Oder war die Annahme des zweiten Kaisertitels nur aus dem Grunde geschehen, nicht immer alle Titel nennen zu müssen, die ein Habsburger, wie du oben aufgeführt hast, trug? Oder gab es noch andere Gründe für die Annahme des Kaisertitels, die ich nicht kenne?

Es heißt oft, er habe den österreichischen Kaisertitel in weiser Voraussicht angenommen.
Ein weiterer Grund war vllt. auch, daß er somit, als Inhaber zweier Kaisertitel, Napoleon überlegen war.
 
Vielleicht irre ich mich, aber ich habe den Eindruck, daß man kein Prophet sein mußte, um 1804 das Ende des HRR vorherzusehen. Jedenfalls war seit dem Reichsdeputationshauptschluß das HRR nur noch eine Konkursmasse und die römische Kaiserkrone ein Souvenir von der Bedeutung eines Firmentürklingelschilds.
 
hyokkose schrieb:
Vielleicht irre ich mich, aber ich habe den Eindruck, daß man kein Prophet sein mußte, um 1804 das Ende des HRR vorherzusehen. Jedenfalls war seit dem Reichsdeputationshauptschluß das HRR nur noch eine Konkursmasse und die römische Kaiserkrone ein Souvenir von der Bedeutung eines Firmentürklingelschilds.

Nein, da hast Du ganz recht.
Franz II. wußte wohl, daß das Ende des HRR kurz bevorstand. Da nutzte er eben seine kaiserlichen Befugnisse und machte noch schnell Österreich zum Kaiserreich.
 
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