Hilfe durch die Franzosen

Eine Frage: Wieso halfen die Franzosen den Kolonien gegen die Briten zu kämpfen?

Nun, dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg gingen zwischen Ende des 17. Jh. und 1763 (damals fiel die seit Ende des 17. Jh. französische Kolonie Louisiana an Spanien) vier Kolonialkriege zwischen England und Frankreich um die Vormachtstellung in den Kolonien voraus. Hinzu kamen wirtschaftliche Interessen der Franzosen an den Südstaaten. Dies nur mal ganz kurz angerissen.
 
Gemeinhin wird der Revanchegedanke Frankreichs für die verlorenen Positionen in Amerika und Indien als Ursache angesehen. Es ging aber auch um schlichtweg die Rückeroberung des Kolonialreiches. Ganz wichtig dabei ist, dass die Staatsfinanzen Frankreichs vor dem Krieg gerade konsolidiert wurden u.a. durch die Arbeit des Abbé Terray ( Joseph Marie Terray - Wikipédia ).
Auch das mit Frankreich verbündete Spanien hatte handfeste Interessen an dem Krieg. Bezeichnenderweise kam es daher ab dem Kriegseintritt z.B. in Westindien zu Zusammenstößen, ein Hinweis darauf, dass sich Frankreich im Rennen um die Kolonialreiche noch nicht geschlagen gab.
 
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Frankreich schloss am 6.2.1778 einen Freundschafts- und Handelsvertrag sowie ein Defensivbündnis mit den USA ab. Warum es dies getan hatte, wurde in den vorherigen Beiträgen bereits erwähnt. Ich will mal etwas OFF TOPIC auf das sich dabei stellende völkerrechtliche Problem der Anerkennung neuer Staaten eingehen.

Bis 1778 konnte die Staatspraxis hinsichtlich der Frage der Anerkennung neuer Staaten, neuer Regierungen, neuer Staatsformen, neuer Verfassungsstrukturen, etc. kaum Erfahrungen sammeln. Solange Europa durch ein Mosaik von Fürstenstaaten geprägt war, kam es allenfalls zu Streitigkeiten über Thronfolgen, Erbansprüche und Annahme neuer Herrschaftstitel. Die Vorgänge in Nordamerika leiteten nun eine Entwicklung ein, in der diese Anerkennungs-Fragen an Bedeutung gewannen.

Frankreichs Hilfe für die USA führten zu Verwicklungen mit England. London ließ den Handel Frankreichs mit den USA durch Kreuzer unterbrechen. Frankreichs hiergegen gerichtete Beschwerde führte zu einer diplomatischen Auseinandersetzung, in der die wesentlichen Grundpositionen der Anerkennungsfrage sichtbar wurden.

GB rückte die monarchischen Legitimitätsvorstellungen in den Vordergrund. Es betrachtete Frankreichs Unterstützung für die rebellischen Kolonien als unfreundliche Intervention, ja als kriegerischen Akt. Alle französischen Vermittlungsversuche wurden zurückgewiesen, solange diese nicht auf der Grundlage einer vollkommenen Wiederherstellung der rechtmäßigen Autorität Englands beruhten.

Der französische König wiederum berief sich - ein gutes Jahrzehnt vor seiner eigenen Entmachtung - auf das Effektivitätsprinzip, das dem Leitgedanken der französischen Politik, der Staatsraison, entsprach: Unter Hinweis auf das Vorbild der Königin Elisabeth, die im 16. Jahrhundert die Unabhängigkeit der gegen Spanien revoltierenden Niederlande anerkannt habe, versuchte er nachzuweisen, dass die Amerikaner bereits vor dem Abschluß der Verträge vom 6.2.1778 im Besitz ihrer Unabhängigkeit gewesen seien. Es sei ausreichend, dass die englische Regierung aufgehört habe die aufständischen Kolonien als Rebellen zu behandeln, dass sie selbst ihnen gegenüber die ordentlichen Kriegsgesetze, wie sie zwischen unabhängigen Staaten anerkannt seien, angewandt habe, daß die Kriegsgefangenen aufgrund von Kartellverträgen ausgetauscht würden, die durch Kommissare des Kongreßes ordnungsgemäß ausgetauscht seien; daß englische Truppen mit denen der Vereinigten Staaten Kapitulationen abgeschlossen hätten und daß diese inne gehalten wurden, daß endlich die englische Regierung die Autorität der Republik anerkannt habe, indem sie Kommissare zum Zwecke von Friedensverhandlungen mit dem Kongreß entsandt hätte. Es sei nicht die Aufgabe des französischen Königs darüber zu entscheiden, ob die USA das Recht hätten oder nicht hätten sich der Souveränität Englands zu entziehen, und ob sie ihre Unabhängigkeit zu Recht oder zu Unrecht besäßen. Denn weder das Völkerrecht noch die Verträge, weder die Moral noch die Politik legten dem französischen König die Verpflichtung auf, Hüter der Treue der englischen Untertanen ihrem Souverän gegenüber zu sein. Frankreich habe das Recht, das Volk eines ungeheuer großen Kontinents als unabhängigen Staat zu betrachten, wenn es unter diesem Titel auftrete, zumal, wenn sein ehemaliger Souverän in langen und angestrengten Bemühungen bewiesen habe, daß es ihm unmöglich sei, es zu unterwerfen.

Die Anerkennung der USA durch Frankreich wurde als grundlegender und richtungsweisender Präzedenszfall angesehen.

Literaturtip: Wilhelm G. Grewe, Epochen der Völkerrechtsgeschichte, 1984, S. 400 ff.
 
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Außerdem sollte man nicht vergessen, dass schon 1770 Frankreich beinahe an der Seite Spaniens in einen Krieg gegen England geschlittert wäre, wobei damals schon die Rückeroberung verlorenen Terrains in den Kolonien keine geringe Rolle gespielt haben dürfte. Seit dem zeitweiligen Zerwürfnis zwischen Frankreich und Spanien in der ersten Jahrhunderthälfte des 18.Jh. hatten sich die beiden Staaten wieder einander genähert. Nach dem verlorenen Krieg gegen England, der mit dem Frieden von Paris 1763 geendet hatte, wirkte Choiseul in Richtung eines Krieges. Diesen wollte Louis XV. allerdings um jeden Preis wegen der angeschlagenen wirtschaftlichen und noch mehr finanziellen Situation des Staates vermeiden. Die katastrophalen Folgen des Unabhängigkeitskrieges für Frankreich sollten ihm ja auch, nicht zum ersten Mal, Recht geben. 1770 verhinderte Louis XV. nochmal den Krieg, indem er insgeheim schriftlich seinen spanischen Verwandten bat, der Kriegspartei Paroli zu bieten und alles zu unternehmen, um ehrenhaft aus der angespitzten diplomatischen Situation heraus zu kommen. Karl III. entsprach der inständigen Bitte Louis XV. und der Krieg konnte nochmal abgewendet werden.

Es folgte übrigens die Entlassung Choiseuls, dessen Außenpolitik so folgenschwer gewesen wäre und es kam in dem Zuge zu dem bedeutenden Umsturz von 1771, Louis XV. zog seine Konsequenzen.


Louis XVI. zögerte ja deutlich einen Krieg auch 1775-78 hinaus, wohl aus ähnlichen Gründen wie sein inteligenter Vorgänger und Großvater. Die Ereignisse von 1770 machen aber deutlich, dass man auch die schließliche Beteiligung Frankreichs im Sinne des Kontinentalkongresses auch im Zusammenhang mit den traditionellen europäischen Bündniskonstelationen und einer ohnehin angespannten politischen Situation betrachten sollte.
 
Hey, also ich hab mir jetzt nicht die langen beiträge alle durchgelesen, darum weiß ich nicht, ob es schon jemand gepostet hat, aber Großbritannien verlor natürlich auch viel ihrer Vorherrschaft auf dem Atlantik! Und Frankreich versuchte natürlich immer, an Großbritanniens Seestärke heranzukommen.
 
Hey, also ich hab mir jetzt nicht die langen beiträge alle durchgelesen, darum weiß ich nicht, ob es schon jemand gepostet hat, aber Großbritannien verlor natürlich auch viel ihrer Vorherrschaft auf dem Atlantik! Und Frankreich versuchte natürlich immer, an Großbritanniens Seestärke heranzukommen.
Ich bin zwar kein Fachmann, aber da wäre ich mir nicht so sicher. Natürlich war die Vorherrschaft zur See noch nicht so unangefochten wie nach Trafalgar, aber die erfolgreichen Blockaden gingen doch eher von England aus.
Neddy wüsste sicherlich mehr dazu wie man das Kräftegewicht einschätzen kann.
 
Ich bin zwar kein Fachmann, aber da wäre ich mir nicht so sicher. Natürlich war die Vorherrschaft zur See noch nicht so unangefochten wie nach Trafalgar, aber die erfolgreichen Blockaden gingen doch eher von England aus.
Neddy wüsste sicherlich mehr dazu wie man das Kräftegewicht einschätzen kann.
Doch, da hat er schon recht Recht. Im Siebenjährigen Krieg haben die Royal Navy, die ollen Preußen (insbesondere der an die Briten ausgeliehene Herzog von Braunschweig mit seinen zusammengewürfelten preußisch-übrig-(nord)-deutsch-britischen Heeren) und der im Verlaufe des Krieges immer desolatere französische Staatshaushalt dazu beigetragen, dass die französische Marine in den letzten Kriegsjahren praktisch über keine nennenswerten einsatzfähigen Verbände mehr verfügte. Etliche französische Besitzungen gingen dadurch verloren und bei weitem nicht alle wurden mit dem Friedensschluss zurückgegeben. Es war damals wie heute sogar noch als Erfolg zu werten, dass es den französischen Diplomaten gelungen war, eingeschränkte Fischereirechte auf den Neufundlandbänken eingeräumt zu bekommen.
Der verletzte Stolz schrie nach Rache und entsprechende Mittel flossen in den Neuaufbau der Marine. Dennoch trat man nicht hurrabrüllenderweise direkt nach Lexington offen in den Krieg ein, sondern ließ sich u. a. von den Gesandten des Kongresses recht lange bitten. Erst als man sich nach dem britischen Disaster bei Saratoga ( France in the American Revolutionary War - Wikipedia, the free encyclopedia ) sicher war, dass die Rotröcke in den abtrünnigen Kolonien den Sack nicht zu bekamen (und wahrscheinlich Spanien bereits ebenfalls seine Bereitschaft zum Eintritt in den Krieg signalisiert hatte ( Treaty of Aranjuez (1779) - Wikipedia, the free encyclopedia ) machte man sich auf, den ollen Limeys gehörig einzuheizen.
Die Gelegenheit war günstig: Frankreich hatte ausnahmsweise den Rücken auf dem Kontinent frei, der olle preußische Fritz war sauer auf die Briten, bei diesen wiederum war der Krieg mehr als unpopulär, was sich auch in einer sehr zurückhaltenden Mittelbewilligung seitens des Unterhauses niederschlug, während die Franzosen eine praktische neue und zahlenmäßig beinahe ebenbürtige Flotte ins Feld schicken konnten. Die Führung der britischen Flotten stellten sich darüberhinaus auch noch mehr als dämlich an. Dies gipfelte in Graves' Unvermögen, die Seeblockade Yorktowns durch de Grasse aufzuheben (u. a. auch auf Grund schlechter Kooperation seiner unterstellten Führer, insbesondere Hoods). Das taktische Unentschieden in der Schlacht vor der Chesapeake Bay besiegelte das Schicksal der Armee Cornwallis', damit die Niederlage der Krone in den Südstaaten und damit den Verlust der abtrünnigen Kolonien. Mit den um New York herum verbliebenen Truppen war offensiv kein Blumenstrauß mehr zu gewinnen. Mit dem französischen Kriegseintritt waren zumal bereits erhebliche Kontingente zum Schutz der wirtschaftlich wichtigeren westindischen Inseln vom amerikanischen Kriegsschauplatz wegverlegt worden.
Seit ihrem Eintritt in den Krieg hatten die französischen Streitkräfte in Westindien wie in Nordamerika die Initiative und die Briten operativ vor sich her getrieben. Nach dem spanischen Kriegseintritt hatte man sogar zeitweise die Seeherrschaft im Ärmelkanal in der Hand, die den Alliierten allerdings auf Grund eigenen (logistischen) Unvermögens wieder aus der Hand fiel. Nur Rodneys taktisches Geschick (und seine Fähigkeit, den günstigen - wahrscheinlich - Zufall auszunutzen, dass seine Einheiten die französische Linie durchbrachen, rettete den Briten bei den Saintes Battle of the Saintes - Wikipedia, the free encyclopedia den Seekrieg).
Nichtsdestoweniger kamen in diesem Konflikt die Briten auch zur See nie aus der strategischen Defensive. Und als man gerade so einigermaßen den Atlantik wieder in den Griff bekommen hatte, fing ein gewisser Pierre André de Suffren Pierre André de Suffren ? Wikipedia an, in Ostindien Unruhe zu stiften.

Man kann schon sagen, dass im Unabhängigkeitskrieg die beste französische Marine der zweiten Hälfte des 18. Jhs. auf die schwächste britische des selben Zeitraumes traf.

N. B.: Was der Royal Navy u. a. wohl den Hals rettete war, dass just in diesem Kriege zwei technologische Weiterentwicklungen "frontreif" wurden, die den Briten ganz außerordentliche taktische Vorteile gegenüber den Franzosen brachten: die Kupferung der Rümpfe und die Karronnade. Aus diesem Krieg stammt ein Zitat (ich find's nicht mehr :weinen:), eines ziemlich frustrierten französischen Offiziers, sinngemäß: jetzt können sie schneller segeln als wir und schneller schießen auch noch.
 
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