Indianerreservate

Penseo schrieb:
@Ingeborg
Die Bemerkungen über Colonel Chivington stimmen, Geistlicher, der eine undisziplinierte Milizarmee befehligte. Gilt noch immer als Sinnbild des Indianerhassers, so dass seine Person auch heute noch in Serien über den mittleren Westen seiner Zeit auftaucht. Die Truppe soll sich vor dem Massaker ordentlich Mut zugetrunken haben.
Interessant war aber, und deshalb melde ich mich noch einmal, dass ihm ein Verfahren wegen des Massakers drohte. Als Meilenstein in der besseren Behandlung von Indianern würde ich das nicht werten.
Dennoch hatte er im Empfinden auch seiner Zeitgenossen die Grenze des Erträglichen überschritten. Er soll ja mit den erbeuteten Skalps von Frauen und Kindern in Denver einen Triumphmarsch veranstaltet haben. Worauf Präsident Lincoln den zuständigen Gouverneur absetzte.
Dazu angemerkt, kannte er nicht auch General Custer und riet ihm zu einem ähnlichen Überfall auf ein Sioux Dorf?

(NB: und ich wollte heute nicht so lange wie gestern im Forum rumgeistern.... ;) )

Daß Chivington die Grenze des Erträglichen überschritten hat, würde ich etwas korrigieren wollen: die Grenze des Üblichen - denn was für die Zeitgenossen damals an Indianerbehandlung für 'erträglich' gehalten wurde, mag man sich gar nicht mehr recht vorstellen wollen/müssen.

Genauso wie bei Afrikanern wurde verbreitet, Indianer seien von Natur aus nicht so oder gar nicht schmerzempfindlich... Sie wurden ja auch mit entmenschtlichten Bezeichnungen bedacht: ein männlicher Indianer war kein Mann, sondern ein "buck", das kannst du getrost im Deutschen als "Bock" oder "Rammler" (männl Hase, damits keine Mistverständnisse gibt) verstehen. Frauen wurden als "Squaw" apostrophiert - ein Wort aus einer Algonkin-Sprache und eine äußerst unfeine Bezeichnung für das weibliche Genital (um das F-Wort zu vermeiden), Kinder waren grundsätzlich "papoose". Dies ist auch aus der Algonkin-Sprachfamilie und ist tatsächlich ein Wort für Kind.

Um jetzt doch mal die Nervenstärke der mitlesenden Foris anzutesten: die Skalpparade seiner Truppen wär ja noch angegangen. Allerdings hatten sich auch etliche Söldner weiteren "Zierrat" besorgt: Frauen wurde der Uterus aus dem Leib geschnitten und als Schmuck an den Hut gesteckt. Männern waren die Hoden aubgeschnitten worden, um aus dem Hodensack zb Tabakbeutel zu machen. Abgetrennte Arme und Beine von Indianern jeglichen Alters waren auch als Trophäen mitgenommen worden.

Und ich glaub, die haben sich weniger Mut angetrunken als ohnehin Alkoholprobleme gehabt. Chivingtons Aufruf, der Miliz beizutreten, hatte im wesentlichen eine Gesellschaftsschicht angesprochen, die nicht gerade die Elite des Westens darstellte, um es mal vornehm zu formulieren.


Custer hatte eigentlich ein anderes Problem. Er war im Bürgerkrieg in relativ jungen Jahren zu hohem Rang aufgestiegen. Als der Krieg vorbei war, wurde er wie viele andere nur mit niedrigerem Rang weiter übernommen. Da er aber politischen Ehrgeiz hatte (wär ja nicht der einzige Präsident mit Generalsvorleben gewesen), wollte er seinen Rang möglichst schnell aufpolieren und ein paar spektakuläre Erfolge hätten seine Bekanntheit und seinen Ruhm in der weißen Bevölkerung natürlich befördert und seinen politischen Ambitionen gutgetan. er hoffte auch, durch einen spektakulären Erfolg sozus vom Volk als Präsident gefordert zu werden. Vor diesem Hintergrund sind seine Entscheidungen zu verstehen, nicht auf andere Einheiten zu warten. Daß ein gerüttelt Maß an Selbstüberschätzung dazukam, versteht sich.

Custer hatte auch ein Cheyenne-Dorf am Wichita überfallen und die dort angetroffenen Indianer massakriert (es handelte sich übrigens um dieselbe Gruppe mit Black Kettle als Häuptling, die es seitens Chivington auch am Sand Creek traf).

Dazu kam, daß allgemein eine derartig große Versammlung von mehreren Völkern wie am Little Bighorn (die beteiligten Völker sagen: am Greasy Grass) für nicht vorstellbar gehalten wurde.
 
Nochmal eine Entschuldigung und was zur Erklärung:

Penseo und ich hatten unter anderem von "Apples" gesprochen, ohne das weiter auszuführen. Als Apple (Apfel) werden assimilierte Indianer bezeichnet (von indianischer Seite aus), die sich völlig an die weiße Kultur angepaßt haben. Weil: außen rot, innen weiß.

Eric Schweiger ist ein indianischer Schauspieler - und daß ich den kenne, ist angesichts meiner ganz dünn gesäten Kinobesuche reinstes Glück ;)

Sollten wir nochmal bequem werden und es an erläuternden Halbsätzen (ich zitiere Festus) fehlen lassen, bitte ich um leichte Tritte auf die Zehen.

Zerknirschte Grüße!
 
Ja, Eric Schwieger spielt den Uncas in der Verfilmung von "Der letzte Mohikaner" mit Daniel D. Lewis. Daher kenne ich ihn.
Nun möchte ich aber doch noch mal nerven:
Ingeborg, weisst Du etwas darüber, ob das Schicksal der Indianer in den wirtschaftlich unattraktiv gebliebenen Gebieten etwas weniger brutal verlief? Oder war es überall Modesport, am Wochenende Indianer zu erschiessen?
Wie es scheint, versucht die USRegierung immer wieder, sich aus der selbst auferlegten finanziellen Verantwortung gegenüber den Reservationsindianern zu stehlen. Je nachdem, wie gefüllt die Staatskasse ist, dürften die Versuche mehr oder weniger stark sein. Weisst Du, wie es jetzt aussieht?
Um auf das Argument mit der boomenden Tourismus-, Zigaretten- und Casinowirtschaft zu kommen: Verfügen alle Reservationen über solche lukrativen Einnahmequellen?
Der Zensus, dem die Info über die desolate Wohnungssituation entstammt, ergibt ein anderes Bild. (Überdurchschnittliche Armut, schlechter Ausbildungsstand, hohe Selbstmordraten, schlechtere medizinische Versorgung ). Hast Du oder jemand anderes den Artikel oder die Zensusauswertung zur Hand?
(Hier wird nämlich Wert auf Dokumentation gelegt, was auch sehr richtig ist, aber ich finde den Artikel jetzt nicht mehr.)
 
Hallo,
für den Fehler hinsichtlich der Umsiedlung der Cherokee (Land nicht Gold ) entschuldige ich mich hier ausdrücklich. War schon ganz wirr von der Bodenschatzproblematik der neueren Zeit.
Weisse Fürsprecher hatte vor allem Chief Joseph (gesammelte Geschichten aus der frühen Frontierzeit von Helen Hunt Jackson). Er war ein bewunderter Häuptling, was ihm aber letztlich auch nichts brachte.
http://www.pbs.org/weta/thewest/people/a_c/chiefjoseph.htm
Informationen über ihn finden sich auch bei Wikipedia.
Auf die vielen, unsäglichen Grausamkeiten von Weissen an Indianern wollte ich garnicht eingehen (zu grausam, besonders Sand Creek, findet sich auch viel im Internet.) Dass es einer eigenartigen (darf ich mal primitiven sagen?) Sorte Mensch bedarf, um solche Verbrechen zu begehen, erscheint mir wahrscheinlich. Solche Erörterungen gehören aber zu einem anderen Thema, deshalb höre ich auch auf.
 
Ingeborg schrieb:
Festus - sorry, es sollte gar kein Fachdialog werden.

Ingeborg - danke:winke: für die zusätzlichen Erklärungen. Sie haben mir sehr geholfen. Ich kannte z. B. die indianischen Namen der Sioux nicht, genauso wenig wusste ich, wie man Sitting Bull in seiner Sprache nannte.
Die Geschichte der Anna Mae Pictou Aquash ist mir jetzt auch klar.
Ich kann wieder folgen.:hoch:
 
Wenn ich mich recht erinnere, wehte über dem Lager soger zum Zeichen des Friedens die US-Flagge.

Zudem befürchte ich, daß es nicht einer eigenartigen Sorte Mensch bedarf um solche Taten zu vollbringen. Es bedarf nur der "richtigen" Vorarbeit. Man muß den Gegener als minderwertig oder als Tier hinstellen, man muß ihm jegliche Rechte absprechen, man muß Haß schüren, am Besten noch Neid oder Gier, dann klappt das bei vielen Menschen.
 
Die Flagge war Black Kettle meines Wissens von Präsident Lincoln persönlich für seine Verdienste im amerikanischen Bürgerkrieg übergeben worden mit den Worten, solange diese Fahne über seinem Camp wehe, brauche er keine Angriffe seitens der USArmee fürchten. Ich lasse mich da aber gerne belehren, denn die zugehörige Internetseite kann ich auch nicht wiederfinden.
(Manche verschwinden einfach?)
Indianer wurden zu der Zeit als minderwertig, als Nichtmenschen angesehen, wie Ingeborg schon ausführte. Ausserdem lief die Vorarbeit, wie Du es nennst bestens.
Es gab zu der Zeit Überfälle von Indianern auf Weisse, dies wurde als Vorwand genommen. Meines Wissens wurde aber nie geklärt, ob die Schuldigen wirklich aus Black Kettles Siedlung kamen, daran bestand auch nie Interesse. Die Stimmung war eindeutig gegen die Indianer, Widerstand gegen Übergriffe auf Indianer regte sich nicht, in Denver fand der von Ingeborg erwähnte Umzug unter dem Jubel der Bevölkerung statt. Indianer standen halt einfach im Weg (dem weissen Fortschritt und Fortschreiten) und wurden folgerichtig beseitigt, erst durch Vertreibung und als auch noch das Land, auf das die Indianer gepfercht wurden, wertvoll erschien durch Mord. Bis in unsere Zeit wurden Indianer doch nur als Stereotypen dargestellt, immer auf dem Kriegspfad, Weisse überfallend und dann doch geschlagen. Filme, die das Leben der Indianer darstellen, zeigen doch fast alle die Prärieindianer mit prächtiger Federhaube auf dem Kriegspfad
Aus den Internetseiten über Sand Creek geht aber hervor, dass die Truppe von Colonel Chivington (keine Armeeeinheit) die Nacht vor dem Überfall stark getrunken hat . Wie gesagt war Sand Creek unglaublich brutal.
Aufgrund der bis dahin nicht dagewesenen Brutalität (und dieses Triumphzuges möchte ich meinen) wurde Gouverneur Evans abgesetzt.
Aber nochmals: Es gab auf Seiten der weissen Bevölkerung generell keinen Widerstand gegen das Vorgehen gegen die Indianer, wenn man von ganz wenigen (und ungehörten ) Ausnahmen absieht.
 
Penseo schrieb:
Nun möchte ich aber doch noch mal nerven:
Ingeborg, weisst Du etwas darüber, ob das Schicksal der Indianer in den wirtschaftlich unattraktiv gebliebenen Gebieten etwas weniger brutal verlief? Oder war es überall Modesport, am Wochenende Indianer zu erschiessen?
Wie es scheint, versucht die USRegierung immer wieder, sich aus der selbst auferlegten finanziellen Verantwortung gegenüber den Reservationsindianern zu stehlen. Je nachdem, wie gefüllt die Staatskasse ist, dürften die Versuche mehr oder weniger stark sein. Weisst Du, wie es jetzt aussieht?
Um auf das Argument mit der boomenden Tourismus-, Zigaretten- und Casinowirtschaft zu kommen: Verfügen alle Reservationen über solche lukrativen Einnahmequellen?
Der Zensus, dem die Info über die desolate Wohnungssituation entstammt, ergibt ein anderes Bild. (Überdurchschnittliche Armut, schlechter Ausbildungsstand, hohe Selbstmordraten, schlechtere medizinische Versorgung ). Hast Du oder jemand anderes den Artikel oder die Zensusauswertung zur Hand?
(Hier wird nämlich Wert auf Dokumentation gelegt, was auch sehr richtig ist, aber ich finde den Artikel jetzt nicht mehr.)

Zunächst einmal waren die den Indianern als Reservation zugewiesenen Gebiete in der Regel ökonomisch uninteressant; umsonst kommen die 50% Wüste und Halbwüste nicht zustande. Es konnte sich aber im Nachhinein durchaus ein ökonomisches Interesse ergeben, das bei Einrichtung der Reservation noch nicht absehbar war (Kohle, Uran, Öl), oder wie im Fall der Cherokee, Creek, Chickasaw ergab sich das Interesse durch die seitens der Indianer erledigte Verbesserung der Böden.

Kalifornien stellt einen Extremwert im Verhalten gegenüber den Indianern dar, da es dort zu dem von dir ganz richtig bezeichneten Wochenendsport kam bzw sich Gruppen bewaffneter Weißer auf den Weg machten, wenn ein hungriger Indianer in einer Siedlung, einem Goldgräberlager mal Nahrung gestohlen hatte. Oder es wurde die Armee zu Hilfe gerufen, wenn wie zb im Fall der Wintu sich ein Völk zu Zeremonien versammelte, weil man befürchtete, es solle ein Aufstand vorbereitet werden (also ein indirektes Zugeben der schlechten Behandlung....).

Ich sage mal: von interessierter Seite wurde und wird die Situation der indianischen Völker gerne aufgewertet. War dies bis vor ein paar Jahren noch das Beispiel der Osage und deren Öleinnahmen (sie hatten dadurch in den 70er Jahren ein gerade über der Armutsgrenze liegendes Familieneinkommen!), das gerne verallgemeinert wurde, sind es jetzt eben Casinos, Tourismus und Zigarettenproduktion. Dies trifft aber ebensowenig wie Ölvorkommen auf alle oder auch nur auf die meisten Reservationen zu.

Der Casinoboom ist im Grunde gelaufen und war auch nur da einigermaßen lukrativ, wo zb der betreffende Bundesstaat, in dem eine Reservation liegt, das Betreiben von Casinos verbietet (die Reservationen unterstehen dem Bund, nicht dem Bundesstaat). Dazu muß die Reservation natürlich einigermaßen verkehrsangebunden bzw erreichbar sein. Es besteht auch ein Unterschied, ob die Casinos von einem Volk selbst betrieben werden (und nur da sind in der Regel Arbeitsplätze für die Reservation entstanden) oder ob ein Betreiberunternehmen von außerhalb, also in weißer Hand, lediglich eine Pachtgebühr an die Reservation entrichtet.

Auch die Zigarettenproduktion wird nicht überall betrieben. Ich weiß, daß die kanadischen Irokesen (im Original: Haudenosaunee) zb die Zigarettenmarke "Seneca" anbieten. Diese wird mittlerweile auch in Deutschland angeboten, aber unter dem Namen "Mohawk". URL habe ich leider nicht zur Hand; ich finde die Page auch unterirdisch, weil der Einrichter der Domain ein paar nette Stereotypen über Indianer bedient und zudem arge orthografische Fehler macht...

Tourismus ist auch bei weitem nicht überall angesagt. Es gibt halt Reservationen, in denen nur Elend gezeigt werden könnte und das ist dem Tourismus wieder sehr abträglich - die Touris sollen damit ja nicht belastet werden. Ob es der Menschenwürde denn dient, wenn ein paar Indianer in malerischen Kostümen ein paar Stammestänze für fotografierende Weiße aufführen, ist eine andere Frage. Ob die Touris dabei ein Bild der tatsächlichen Kultur bekommen, noch viel mehr - in der Cherokee-Reservation in Oklahoma werden zb (weil die meisten Touris halt ein bestimmtes Indianerbild haben, das auf Plainskultur eingefroren ist), Männer mit Adlerfederhauben ausgestattet, die die Cherokee traditionell gar nicht kannten.
Der in Andenkenläden angebotene Kitsch in Richtung Büffeljagd und ähnliche Scherze spiegelt auch nicht indianische Kultur wieder - schon gar nicht, wenn auf der Rückseite ein kleiner Hinweis über "Made in Taiwan" zu finden ist.
Thema Schmuckverkauf: davon profitiert in vielen Fällen der weiße Zwischenhandel, da die Hersteller diesen ja vermarkten müssen, werden fertiggestellte Schmuckstücke meist in einem Laden angeboten, wo der Händler ihn entweder direkt ankauft oder sich als Vermittler betätigt. In jedem Fall erhält der Produzent bei weitem nicht das an Erlös, was du in dem Laden dafür hinlegst, wenn du kaufst.

Die von dir beschriebenen Lebensbedingungen treffen in der Tat zu. Als Quelle kann ich zb auf nativenews.com oder Indian Country Today verweisen, beides Internetprojekte, die von Indianern betrieben werden.
 
beorna schrieb:
Wenn ich mich recht erinnere, wehte über dem Lager soger zum Zeichen des Friedens die US-Flagge.

Die US-Fahne und eine weiße Fahne; dies war Black Kettle geraten worden, um anzuzeigen, daß es sich bei dem Lager um "friedliche" Indianer handele und nicht um "feindliche".
Da Penseo an Quellenangaben erinnert hat: Dee Brown, Bury My Heart at Wounded Knee. Bei Internetrecherche bin ich etwas eingegrenzt, aber gerade zu Sand Creek gibt es viel.
 
Etwas weiter oben haben wir bereits festgestellt, dass die meisten Hollywood-Filme Indianer als blutrünstige Wilde darstellen. Es gibt nur wenige Ausnahmen. Ingeborg zählte "Der gebrochene Pfeil" dazu.
Mir fällt in diesem Zusammenhang "Der mit dem Wolf tanzt" mit Kevin Kostner ein. Stellt dieser Film das Leben der Indianer einigermaßen realistisch dar?
 
Zuletzt bearbeitet:
Penseo schrieb:
Es gab zu der Zeit Überfälle von Indianern auf Weisse, dies wurde als Vorwand genommen. Meines Wissens wurde aber nie geklärt, ob die Schuldigen wirklich aus Black Kettles Siedlung kamen, daran bestand auch nie Interesse. Die Stimmung war eindeutig gegen die Indianer, Widerstand gegen Übergriffe auf Indianer regte sich nicht, in Denver fand der von Ingeborg erwähnte Umzug unter dem Jubel der Bevölkerung statt. Indianer standen halt einfach im Weg (dem weissen Fortschritt und Fortschreiten) und wurden folgerichtig beseitigt, erst durch Vertreibung und als auch noch das Land, auf das die Indianer gepfercht wurden, wertvoll erschien durch Mord. Bis in unsere Zeit wurden Indianer doch nur als Stereotypen dargestellt, immer auf dem Kriegspfad, Weisse überfallend und dann doch geschlagen. Filme, die das Leben der Indianer darstellen, zeigen doch fast alle die Prärieindianer mit prächtiger Federhaube auf dem Kriegspfad
Aus den Internetseiten über Sand Creek geht aber hervor, dass die Truppe von Colonel Chivington (keine Armeeeinheit) die Nacht vor dem Überfall stark getrunken hat . Wie gesagt war Sand Creek unglaublich brutal.
Aufgrund der bis dahin nicht dagewesenen Brutalität (und dieses Triumphzuges möchte ich meinen) wurde Gouverneur Evans abgesetzt.
Aber nochmals: Es gab auf Seiten der weissen Bevölkerung generell keinen Widerstand gegen das Vorgehen gegen die Indianer, wenn man von ganz wenigen (und ungehörten ) Ausnahmen absieht.

Ich möchte gerne den Begriff "Überfälle" korrigieren, da er eine bestimmte Sichtweise transportiert, daß nämlich indianische Gegenwehr nicht gerechtfertigt war.
Zu Angriffen von indianischer Seite kam es aber in aller Regel, wenn Überfälle von Weißen vorausgegangen waren, wenn Siedler illegal indianisches Land besetzt hatten oder wenn Morde an Indianern passiert waren. Daß dies von weißer Seite dann als "Überfall" charakterisiert wurde, sollte ja bemänteln, daß man selbst zb gegen Verträge verstoßen hatte (Landgarantieren) oder durch Morde an Indianern solche Aktionen provoziert hatte. Auch Angriffe auf weiße Büffelschlächter wurden gerne als Überfall aufgewertet, obwohl diese die Unterstützung der weißen Bevölkerung hatten, weil sie durch das Abschlachten der Büffel den Indianern die Existenzgrundlage entzogen.

Es ist aber meines Wissens geklärt, ob von Black Kettles Lager ein solcher Angriff ausging - dies war nicht der Fall.

Die übliche Hollywooddarstellung zeigt in der Tat eigentlich nur Plainskultur im Ausschnitt. Da wird dann auch munter vorgeführt, daß Indianer im Kreis um Wagenburgen, Postkutschen oder Armeeeinheiten reiten und sich vom Pferd schießen lassen. Also wird eigentlich vorgeführt: wer denn auch soooo blöd ist, kann ja nur den Kürzeren ziehen, also waren die Weißen ja doch überlegen und alles ist richtig gelaufen.
 
Ingeborg schrieb:
Die übliche Hollywooddarstellung zeigt in der Tat eigentlich nur Plainskultur im Ausschnitt. Da wird dann auch munter vorgeführt, daß Indianer im Kreis um Wagenburgen, Postkutschen oder Armeeeinheiten reiten und sich vom Pferd schießen lassen. Also wird eigentlich vorgeführt: wer denn auch soooo blöd ist, kann ja nur den Kürzeren ziehen, also waren die Weißen ja doch überlegen und alles ist richtig gelaufen.

Umberto Eco schrieb:
Wie man Indianer spielt.

Da die Zukunft der indianischen Nation nun anscheinend besiegelt ist, bleibt dem nach gesellschaftlichem Aufstieg strebenden jungen Indianer als einzige Möglichkeit nur noch der Auftritt in einem Westernfilm. Zu diesem Zweck werden hier einige essentielle Anweisungen gegeben, die dem jungem Indianer erlauben sollen, sich im Zuge seiner diversen Friedens- und Kriegsaktivitäten als „Indianer für Western“ zu qualifizieren, um derart das Problem der chronischen Unterbeschäftigung seiner Kategorie zu lösen

Vor dem Angriff

1. Nie sofort angreifen: Sich von weitem einige Tage vorher durch gut sichtbare Rauchzeichen bemerkbar machen, damit die Postkutsche oder das Fort genug Zeit haben, die Siebente Leichte Kavallerie anzufordern.
2. Sich möglichst in kleinen Gruppen auf den umliegenden Höhen zeigen. Die Wachen auf sehr ausgesetzten Spitzen postieren.
3. Bei allen Bewegungen deutliche Spuren hinterlassen: Hufabdrücke von Pferden, erloschene Lagerfeuer, Federn und Amulette, an denen der Stamm zu entdecken ist.

Angriff auf die Kutsche

4. Beim Angriff immer hinter oder höchstens neben der Kutsche zu reiten, um ein gutes Ziel zu bieten.
5. Die Mustangs, die notorisch schneller als Zugpferde sind, so zügeln, dass sie die Kutsche nicht überholen.
6. Immer nur einzeln versuchen, die Kutsche anzuhalten, indem man sich zwischen die Pferde wirft, so dass man vom Kutscher getroffen und von der Kutsche überrollt werden kann.
7. Sich niemals in großer Zahl der Kutsche in den Weg stellen: sie würde sofort anhalten.

Angriff auf entlegene Farm oder Wagenburg

8. Nie bei Nacht angreifen, wenn die Siedler nicht darauf gefasst sind. Den Grundsatz beachten, dass Indianer stets nur bei Tage angreifen.
9. Immer wieder wie ein Coyote heulen, um die eigene Position anzugeben.
10. Heult ein Weißer wie ein Coyote, sofort den Kopf heben, um ein gutes Ziel abzugeben.
11. Im Kreis reitend angreifen, ohne je den Kreis zu verengen, so dass man einzeln angeschossen werden kann.
12. Nie mit allen Kämpfen gleichzeitig angreifen, die Gefallenen einzeln, so wie sie fallen, ersetzen.
13. Dafür sorgen, dass sich der Fuß trotz fehlender Steigbügel irgendwie im Zaumzeug verfängt, damit man, wenn man getroffen wird, noch langer hinter dem Pferd hergeschweift wird.
14. Gewehre benutzen, die einem von betrügerischen Händlern verkauft worden sind und deren Funktionsweise man nicht kennt. Viel Zeit mit dem Laden verbringen.
15. Das Im-Kreis-Reiten nicht unterbrechen, wenn die Soldaten auftauchen, die Kavallerie erwarten, ohne ihr entgegenzureiten, und beim ersten Zusammenstoss in wilder Flucht auseinanderstieben, so dass individuelle Verfolgungsjagden möglich werden.
16. Im Falle der entlegenden Farm bei Nacht einen einzelnen Mann als Kundschafter hinschicken. Dieser muss sich einem erleuchteten Fenster nähren und so lange auf eine drinnen befindliche weiße Frau starren, bis die Frau aufschreit und die Männer herausgestürzt kommen, dann zu fliehen versuchen.

Angriff auf das Fort

17. Als erstes bei Nacht die Pferde wegtreiben. Sich ihrer nicht bemächtigen, sondern zulassen, dass sie sich in der Prärie zerstreuen.
18. Falls es im Laufe der Schlacht zu einer Erstürmung mit Leitern kommt, immer nur einzeln die Leiter hinaufsteigen. Oben zuerst die Waffe hervorlugen lassen, dann langsam den Kopf heben und erst auftauchen, wenn die weiße Frau einen Scharfschützen mobilisiert hat. Nie vorwärts in den Hof fallen, sondern immer rückwärts nach außen.
19. Beim Schießen aus der Ferne gut sichtbar auf der Spitze eines Felsens stehen, damit man nach vorne abstürzen und sich auf dem Felsen darunter zerschmettern kann.
20. Steht man plötzlich Auge in Auge einem Weißen gegenüber, erst einmal sorgfältig zielen.
21. In solchem Fall niemals Pistolen benutzen, die den Zweikampf sofort entscheiden würden, sondern immer nur Hieb- und Stichwaffen.
22. Haben die Weißen eine Ausfall versucht, dem getöteten Feind nicht die Waffen abnehmen. Nur die Uhr, die aber ans Ohr halten und auf ihr Ticken horchen, bis der nächste Feind kommt.
23. im Falle einer Gefangennahme des Feindes ihn nicht sofort töten, sondern ihn an einen Pfahl binden oder in ein Zelt einsperren und warten, bis es Neumond wird und sie kommen, um ihn zu befreien.
24. In jedem Fall bleibt einem die Gewissheit, den feindlichen Trompeter töten zu können, sobald die Fanfare der Siebenten Leichten Kavallerie erklingt. Denn in diesem Augenblick steht er unweigerlich auf und antwortet von der höchsten Zinne des Forts.

Andere Fälle

25. Beim einem Angriff auf das Indianerdorf in wilder Panik aus den Zelten hervorstürzen und durcheinanderlaufen auf der Suche nach Waffen, die man vorher an schwer zugänglichen Orten deponiert hat.
26. Den von den Händlern zum Verkauf angebotenen Whisky aus seine Qualität überprüfen: der Anteil an Schwefelsäure muss drei zu eins sein.
27. Wenn ein Zug vorbeifährt, sich vergewissern, dass ein Indianerjäger darin sitzt, neben dem Zug herreiten, das Gewehr schwenken und ein Begrüßungsgeheul ausstoßen.
28. Falls man einem Weißen von oben auf die Schulter springt, das Messer so halten, dass es ihn nicht sofort verletzt, damit es zu einem Zweikampf kommt. Warten, bis der Weiße sich umgedreht hat.
(1975)

http://www.cdv-board.de/deutsch/showthread.php?t=1640
 
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Festus621 schrieb:
Mir fällt in diesem Zusammenhang "Der mit dem Wolf tanzt" mit Kevin Kostner ein. Stellt dieser Film das Leben der Indianer einigermaßen realistisch dar?

Ein herzhaftes entschiedenes Jein :)
Im Buch sollen es zb nicht Lakota sein wie im Film, sondern Comanche (Eigenbezeichnung: Nemene). So wird dann zb die Szene verständlich, in der der alte Häuptling dem "Wolf" einen spanischen Helm zeigt und erklärt, mit denen habe man es zuerst zu tun gehabt, danach mit den Mexikanern und nun mit den US-Amerikanern. Die Lakota hatten es weder mit den Spaniern noch den Mexikanern zu tun.

Die Szene, in der Kicking Bird mit seiner Frau über die Beziehung zwischen "Wolf" und der Frau spricht, spiegelt eher weiße Auffassungen wieder. Er fragt ja, was denn "die Leute" dazu sagen würden und seine Frau antwortet, es wäre alles bestens, da ja beide weiß seien. Die Frau (oh Mann, ich komm nicht auf den Namen!!!) ist laut Film als Kind von den Lakota adoptiert worden und soweit assimiliert, daß sie kaum mehr die englische Sprache spricht. Solche Adoptionen waren häufig und die adoptierte Person ersetzte nicht selten ein verstorbenes Familienmitglied und nahm dann voll und ganz dessen Stelle ein. Dh daß die Hautfarbe keine Rolle spielte. Entscheidend für die gelungene Adoption war vielmehr, ob die adoptierte Person sich der Kultur anpaßte, wie die anderen lebte und sich als Angehöriger des Volkes. Dies war aber bei beiden der Fall.

Realistisch ist in der Tat die Anziehungskraft indianischer Kulturen auf Weiße. Ein Charakteristikum indianischer Kulturen war die persönliche Freiheit des Einzelnen, die in europäischen Kulturen nicht bekannt war, in denen die meisten Personen dem Willen eines sozial Höhergestellten unterworfen waren. Im Gegensatz zu der gern gepflegten Darstellung des besonders schweren Schicksals "geraubter" weißer Frauen genossen diese eine bessere und freiere Stellung in indianischen Kulturen. Vergewaltigungen auch von gefangenen Frauen kamen nicht vor; wohl aber wurden Frauen, die bei den Indianern gelebt hatten, von den Weißen als Freiwild betrachtet, das durch den Sexualkontakt mit einem indianischen Ehemann "beschmutzt" worden war.

Ein wenig davon spiegelt sich auch in dem Buch "Der mit dem Wolf tanzt" wieder, in dem dargestellt wird, daß (jetz hab ichs!!!!) "Stands with a Fist" in der Ehe mit einem indianischen Mann kinderlos blieb - also muß der "Wolf" nicht auch noch gemischtrassige Stiefkinder in Kauf nehmen.

Das dargestellte Staunen der Indianer angesichts weißer Kulturgüter entspricht auch nicht dem Zeitpunkt nach dem US-Bürgerkrieg, also erheblich nach dem Erstkontakt. Indianische Kulturen waren im Prinzip sehr offen und flexibel und integrierten daher neue Kulturgüter sehr leicht und schnell. Diese Darstellung im Film entspricht auch eher der weißen Sichtweise von der rückschrittlichen, primitiven Kultur, die auf eine fortgeschrittene Kultur trifft.
 
hyokkose schrieb:

Danke, Hyokkose, für den Lacher des Tages!

Fehlende Punkte:
29. Immer daran denken, daß ihr blutrünstige Personen darstellen sollt und natürlich nur darauf ausseid, alle Weißen grausam und langsam abzumurksen.

30. Vergeßt mal die in euren rückständigen Kulturen gegebene Achtung vor Frauen - ihr wollt natürlich nix anderes, als weiße Frauen in eure Gewalt bringen und dann...

Was der Autor auch nicht berücksichtigt hat und sehr wichtig ist:

31. Vergeßt mal, daß eure Vorfahren so unbekleidet wie möglich in den Kampf gingen (zb, damit man sie nicht an der Kleidung festhalten konnte, zb weil die Bewegungsfreiheit dann größer ist) - ihr tretet gefälligst mit vollster Bekleidung an! Außerdem natürlich mit riesiger Federhaube, die real auch nur einigen wenigen zustand, aber damit werdet ihr wenigstens beim Kämpfen schön behindert.

32. Da Weiße euch überlegen sind, habt ihr zwar mal ein paar Weißen, die Kontakt zu euch hatten oder bei euch lebten, das Spurenlesen beigebracht. Es muß jetzt aber so sein, daß die Weißen das dann besser beherrschen als ihr!

Ergänzung zu 25.:
Natürlich nie daran denken, um das eigene Dorf Wachen aufzustellen. Die Pferde müssen euch schließlich geklaut werden können. Und bitte immer daran denken, nicht nur die Waffen unzugänglich zu deponieren, sondern auch die wertvollen trainierten Pferde bloß nicht mehr neben dem Tipi anbinden.
 
@hyokkose
Danke, endlich etwas Erheiterndes zum Thema.
Aber wie war er denn nun, der richtige Indianer? Neuen Dingen aufgeschlossen, soweit ich weiss durchaus humorvoll (mit Eintreffen der Weissen gab es dann ja nicht mehr viel zu lachen)?
Stimmt denn unser Bild vom harmonisch im Einklang mit der Natur lebenden Indianer? Oder ist das jetzt schon wieder eine Romantisierung? Kann man angesichts der vielen Indianerkulturen überhaupt den (würd ich gerne unterstreichen, scheitert aber meinem mangelnden technischen Können) Indianer charakterisieren?
 
Ach ja, das Skalpnehmen fehlt noch bei Eccos Auflistung. Die Unsitte wurde nämlich auch durch die Weissen verbreitet. Ingeborg weiss sicher mehr.
 
Mal ne Frage an die Indianner-Spezialistin und an die Spezialisten.

Ich habe mal gelesen, dass die "Landwegnahme" und die Vertragsbrüche nur Reaktionen auf die Auswanderer-Wellen und den damit ansteigenden Bevölkerungsdruck im Osten gewesen sei.
Die Indianer demnach mindestens zum Teil Opfer europäischer Politik und Krisen.

Schien mir so unlogisch nicht.
Kann man das so sehen, oder ist das völlig daneben?

Grüße Repo
 
Penseo schrieb:
Aber wie war er denn nun, der richtige Indianer? Neuen Dingen aufgeschlossen, soweit ich weiss durchaus humorvoll (mit Eintreffen der Weissen gab es dann ja nicht mehr viel zu lachen)?
Stimmt denn unser Bild vom harmonisch im Einklang mit der Natur lebenden Indianer? Oder ist das jetzt schon wieder eine Romantisierung? Kann man angesichts der vielen Indianerkulturen überhaupt den (würd ich gerne unterstreichen, scheitert aber meinem mangelnden technischen Können) Indianer charakterisieren?

Das Bild vom in Einklang mit der Natur lebenden Indianer ist durch unsere Brille gesehen. In den indianischen Kulturen wird der Mensch als Teil der Natur gesehen und steht nicht über ihr oder sonstwie außerhalb. Die Natur ist belebt und alles Leben ist gleichwertig. Das Bild mit dem Einklang ist daher teils eine Romantisierung, teils wieder eine Betrachtung, die weiße Kulturwerte voraussetzt.

Deine letzte Frage beantworte ich mal etwas provokativ mit einer Gegenfrage: würden wir so begeistert sein, wenn jemand *den* Europäer (wie geht das Unterstreichen????) in einigen Punkten festlegen wollte? Es lassen sich Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen indianischen Kulturen finden, aber *den* Indianer gibt es genausowenig wie *den* Europäer.

Es ist aber schon ein Fortschritt, wenn *wir* die vorhandenen Kulturen im Plural wahrnehmen und nicht (mehr) davon ausgehen, daß alle Indianer dieselbe Kultur, Religion, Sprache hatten. Die Eingrenzung auf eine nomadische Lebensweise als Jäger und Sammler soll ja die vorhandenen Kulturen in ihrer Bandbreite und Diversifizierung negieren und die Beschriebenen abwerten. Wer denkt beim Wort "Pyramiden" denn schon an Amerika? Wer weiß schon, daß der Maya-Kalender nach dem astronomischen der genaueste der Welt ist? Diese Leistungen können und müssen sogar natürlich alle herunterfallen, wenn das Bild der jagenden, sammelnden Nomaden im Einklang mit der Natur hochgehalten werden soll.

Die süd-/mittelamerikanischen Pyramiden, Tempelbauten, Städte (und nebenbei: Städte gab es auch in Nordamerika!!) sind ja eigentlich mit dem genannten Bild auch nicht mehr zu vereinbaren. Ebenso negiert wird, daß Kulturen auch eine Anpassung an die Umwelt sind - als Beispiel: wie sinnvoll ist die Erfindung des Rades, wenn keine Zugtiere zur Verfügung stehen? Wie sinnvoll ist die Einführung des Ackerbaus, wenn die Umwelt soviel Nahrung bietet, daß bei der breiten Umstellung auf Ackerbau zuerst ein erheblicher Rückgang in der Nahrungsmenge in Kauf genommen werden müßte?

Eingriffe in die Natur sind aber nicht nur Pyramiden, sondern auch die sogen Mounds im Südosten der USA; das sind große, aus Erdwällen geformte Figuren. Oder auch die von den Inka angelegten Straßen mit in bestimmten Abständen angelegten Raststationen, oder Terrassenfelder, die es in Amerika auch gab. Dazu zählen aber auch Ackerbau; der Mais zb wird seit mehreren Tausend Jahren angebaut und die indianischen Völker hatten viele Maissorten gezüchtet, die zb unter verschiedenen klimatischen Bedingungen wuchsen, verschiedene Farben hatten. Wichtiger als die Farben war aber die Anpassung an verschieden lange Wachstumsperioden, so daß zur Zeit des Erstkontakts Mais bis nach Kanada hinein (Irokesen) angebaut wurde.

Eingriff in die Natur ist auch beim Wildreis der Fall: der wächst zwar weitgehend ohne Pflege, wurde aber auch gezielt in weiteren Seen verteilt, in denen er vorher nicht gewachsen war. Oder beim Reusenbau, um die wandernden Lachse zu fangen.
 
@ Ingeborg
Kein Problem, dass Du die Frage nach "dem" Indianer mit einer provokanten Gegenfrage beantwortest, sie war auch im Ursprung provokant gemeint.
 
Repo schrieb:
Mal ne Frage an die Indianner-Spezialistin und an die Spezialisten.

Ich habe mal gelesen, dass die "Landwegnahme" und die Vertragsbrüche nur Reaktionen auf die Auswanderer-Wellen und den damit ansteigenden Bevölkerungsdruck im Osten gewesen sei.
Die Indianer demnach mindestens zum Teil Opfer europäischer Politik und Krisen.

Schien mir so unlogisch nicht.
Kann man das so sehen, oder ist das völlig daneben?

Hallo Repo,

es ist zum Teil richtig und nur für einen eingrenzbaren Zeitraum. Die Besiedelung setzte Anfang des 17. Jahrhunderts ein, aber zunächst noch mit moderaten Zahlen. Landnahme und Vertragsbrüche setzten aber bereits dort ein. Die großen Auswanderungswellen kamen erst im 19. Jahrhundert. Diese Einwanderer waren aber gar nicht so sehr darauf aus, sich "im Westen" ihre kleine Farm abzustecken, wie es gern dargestellt wird. Die meisten Einwanderer blieben im Osten in den großen Städten und bildeten dort ein Proletariat; zumal nach Einsetzen der Industrialisierung des Nordens, der auch die weitaus größte Zahl an Einwanderern aufnahm. Ein weiterer Punkt ist, daß es vielen Einwanderern auch an finanziellen Mitteln fehlte, um eine Weiterreise ins Landesinnere sofort antreten zu können; sie mußten erstmal im Osten Geld verdienen.

Seit den Anfängen der Kolonisierung ist aber die Wahrnehmung auf Seiten der Weißen die eines leeren, unbsiedelten Kontinents gewesen, zusammen mit der Vorstellung, die Indianer hätten sich das Land nicht zu eigen gemacht, könnten damit auch nichts Richtiges anfangen und "verdienten" es daher nicht. Der Kontinent warte geradezu auf Europäer, die ihn einer richtigen und vor allem auch: gottgewollten Nutzung zuführen sollten. Diese mache die Enteignung und Beseitigung der Indianer geradezu zu einem göttlichen Auftrag.

Nach Europa zurück kamen häufig genug solche Berichte, in denen Amerika als leerer Kontinent zum einen sowie als Chance für die in Europa Chancenlosen dargestellt wurde. Je nach politischen Verhältnissen in Europa war dies natürlich ein großer Anreiz zur Auswanderung. So gab es in Deutschland nach der mißlungenen Revolution 1848 eine vermehrte Auswanderung, ebenso wie in Irland während und nach der durch eine Kartoffelkrankheit ausgelöste Hungersnot.

Gerade Irland ist ein "interessanter" Fall: die Kartoffel wurde ja aus Amerika erst nach Europa gebracht und es dauerte auch, bis sie sich hier als Grundnahrungsmittel durchsetzte. Zunächst wurden nur einige Exemplare in Ziergärten angebaut. Irland war damals englische Kolonie mit hauptsächlich auf Agrarexporte nach England angelegter Ökonomie. Zum Kartoffelanbau wurde übergegangen, nachdem sich erwies, daß die Ernährung der Bevölkerung mit Kartoffeln weniger Land beansprucht als mit Getreide. Hierdurch konnten natürlich die Agrarexporte noch gesteigert werden. Da aber nur eine kleine Auswahl an Kartoffelsorten nach Europa gebracht worden war, kam es zu Monokulturen, die entsprechend krankheitsanfällig sind. Nachdem diese Katastrophe eingetreten war, kam es in Irland zu Massenauswanderungen.

Die Kolonisierung Irlands lag kurz vor der amerikanischen in den 60/70er Jahre des 16. Jahrhunderts. So erhielt zb ein Veteran der Irlanderoberung, Humphrey Gilbert, als einer der ersten ein königliches Patent zur Kolonisierung in Amerika. Auch die Iren wurden als wilde Heiden dargestellt und ihnen, da sie ihre Tierherden über das Jahr hinweg auf verschiedene Weiden trieben, eine nomadische Lebensweise unterstellt. Nomaden aber waren Barbaren, die wie wilde Tiere behandelt werden konnten.

(Quelle: James Wilson - Und die Erde wird weinen. Die Indianer Nordamerikas. Wien - München 1999)
 
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