Indogermanische Sprachen und die Vielfalt ihrer Völker

Im Osmanischen Reich war nicht mal das heutige türkisch Amtssprache sondern Osmanisch trotzdem hat sich das volkstümlich türkisch durchgesetzt.

Naja... Das Osmanische ist im Prinzip nur eine Varietät des Türkischen, wie es heute noch in der Türkei gesprochen wird. Man kann es wohl am ehesten als gehobenen Soziolekt bezeichen. Die wesentlichsten Unterschiede zwischen Osmanisch und heutigem Türkeitürkisch dürften wohl der Wechsel von der arabischen Schrift auf eine türkifizierte lateinische Schrift und die bewusste Entfernung arabischer und persischer Lehnworte aus dem Lexikon* sein. Letzteres ist ein bewusster politischer Akt. Mag sein, dass im Soziolekt unterer Gesellschaftsschichten die entsprechenden Worte schon vorher nicht zum Lexikon* gehörten. Vermutlich.

*Lexikon = in einer Sprache verfügbarer Wortschatz.
 
Naja ich habe von einem gehört der osmanisch kann (einer meiner Professoren), dass man ohne Kenntnisse des Arabischen und Persischen es nicht lesen kann.
 
Das Osmanische verwendet halt - wie das Persische - die Arabische Schrift. Es teilt dabei mit dem Persischen einige Grapheme, die das Arabische nicht hat, Osmanisch hat 33 Grapheme, Arabisch 28. Und das Osmanische verwendet sozusagen eine Mischgrammatik. Die Grundgrammatik ist die Türkische, die arabischen Lehnworte werden aber der arabischen Grammatik unterworfen. Also ja, um einen Osmanischen Text zu verstehen, ist Arabisch hilfreich. Das ändert aber nichts am Grundgerüst und am Funktionieren der Sprache. In einigen Regionen Deutschlands, etwa in Berlin, hat sich die Eigenart erhalten - sie ist sozusagen aus einem gehobenen Soziolekt in den breiten Soziolekt heruntergerutscht - französische Phrasen ins Deutsche einzuflechten. Jemand, der daran nicht gewöhnt ist und kein Französisch kann, wird, was wir wisawie ontrenu (vis-à-vis entre nous) parlieren nicht verstehen, die Phrasen ändern aber nichts daran, dass die Grundsprache deutsch ist und i.d.R. der deutschen Grammatik unterworfen. Ich höre in letzter Zeit immer häufiger im Deutschen - was allerdings mit meiner persönlichen Affinität zu der entsprechenden Sprache liegen kann und mir deshalb vielleicht eher auffällt, die Phrase vamonos.
Während man bei entre nous noch einwenden könnte, dass dies auch grammatisch genau dem deutschen 'unter uns' entspricht, ist vamonos doch etwas anderes, es grammatisch ist weder ein "lass uns gehen" noch ein "gehen wir" (obwohl wir es natürlich bevorzugt in einer dieser beiden Weisen übersetzen). Die grammatische Entsprechung des Spanisch korrekten vamonos wäre im Deutschen *"wir gehen uns" oder *"gehen wir uns", was im Deutschen so nicht gebildet werden kann. So ungefähr muss man sich wohl auch die arabischen Elemente im Osmanischen vorstellen.
 
Ok, ist das deine favourisierte Theorie? Die Überlegenheit der hierarchisch organisierten Nomaden? Dir ist aber schon klar, dass die wahrscheinlich zu Fuß unterwegs waren? Einzelne Warlords mit hungrigen Kriegern auf Beutesuche haben sich also von Europa bis Indien die wehrlosen Bauern zu Untertanen gemacht und diese haben dann die Sprache der neuen Herren übernommen und sich nirgends gewehrt?.

Da sich die Indoeuropäer von Mitteleuropa bis nach NW-Indien durchsetzten, müssen sie der autochthonen Bevölkerung überlegen gewesen sein. Wenn nicht kulturell, so doch militärisch. Alle diesbezüglichen Hypothesen gehen davon aus, dass die vordringenden Indoeuropäer das Pferd bereits seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. als Zug- und ab dem 3. Jahrtausend auch als Reittier domestiziert haten (vgl. entsprechende Untersuchungen bei Gimbutas, Haarmann u.a.). Bei den neolithischen Kulturen war es nachweislich unbekannt.

Der Erfolg der Indoeuropäer bei der Eroberung von nahezu zwei Dritteln des europäischen Kontinents ist in erster Linie ihrer gesellschaftlichen Struktur und dem Besitz von Waffen, Pferden und Wagen zuzuschreiben. Die Viehzucht und die kleinen, vaterrechtlich bestimmten Gemeinschaften, die auf befestigten hohen Flussufern lebten, sind ebenso wie der Besitz des Wagens durch Funde nachgewiesen, die aus den letzten Jahrhunderten des 3. Jahrtausends und den folgenden Jahrhunderten stammen. Keine der neolithischen Kulturen auf dem Balkan, in Mittel- oder Nordeuropa zeigt diese Beziehungen vor dem Eindringen der Indoeuropäer.

Ferner waren die Indoeuropäer den neolithischen Ackerbauern waffentechnisch überlegen. Abgesehen von Geräten zur Jagd findet man bei ihnen keine Waffen. Die vordringenden Steppennomaden hingegen kannten neben dem Pferd als Last- und Reittier Bogen, Dolche, Speere und Lanzen. Sie besaßen darüber hinaus wie alle Steppennomaden und Reiterkrieger ein hierarchisches, streng gegliedertes Gesellschaftssystem, das hinsichtlich seiner Effizienz bei Eroberungen den kleinen Dorfgesellschaften der frühen Ackerbauern weit überlegen war.

Die expandierenden indoeuropäischen Gruppen usurpierten die Weidegründe für ihr Vieh. bauten Befestigungen auf Bergeshöhen und übernahmen als Elite die politische Macht. Sie rotteten die einheimische Bevölkerung keineswegs aus und etwa zwei oder drei Jahrhunderte nach ihren Erscheinen in Europa bestand ein Nebeneinander verschiedener kultureller Elemente, bis schließlich die alte Kultur und Sprache der autochthonen Bevölkerung dahin schwand. Der Einfluss der in den Untergrund abgesunkenen Kulturen blieb aber als starke Unterströmumg lebendig, was zu einer wachsenden Differenzierung der indoeuropäisch überformten Kulturen und einer regional bestimmten Ausdifferenzierung der verschiedenen indoeuropäischen Sprachen führte. Die einstigen indoeuropäischen Steppennomaden gingen nach einer gewissen Zeit ebenfalls zum Ackerbau über und vermischten sich mit der altansässigen Bevölkerung.

Nur diese Expansion erklärt die erstaunlich nahe Verwandtschaft zwischen so weit auseinanderliegenden Sprachen wie Altindisch, Iranisch, Griechisch, Slawisch, Keltisch oder Germanisch.

Wie ein solcher Prozess erfolgte, lässt gut an der Einwanderung indo-arischer Stämme ab etwa 1700 v. Chr. nach NW-Indien beobachten, deren Auseinandersetzung mit der drawidischen Vorbevölkerung sowohl archäologisch dokumentiert, als auch in den Veden ausführlich beschrieben wird.

Die Arier hatten das Pferd domestiziert, den Streitwagen mit Speicherrädern erfunden und Bronze und Kupfer genutzt. Der Ackerbau wurde erst später von der autochthonen Bevölkerung - vermutlich Drawidastämme - übernommen. Die militärische Überlegenheit basierte auf dem Streiwagen, der Bewaffnung und dem Pferd und so eroberten die Indo-Arier in wenigen Jahrhunderten NW-Indien und setzten die indo-arische Sprache durch, die wir durch die Veden in Form des Altindischen gut kennen.

Ähnliches spielte sich im Iran ab, den ein Seitenzweig der Arier besetzte, während einige Jahrhunderte zuvor die Hethiter und Luwier in Kleinasien die Macht von den Hattiern übernahmen und im vorderasiatischen Reich Mitanni eine indo-arisch sprechende Elite eine Symbiose mit den Hurritern eingegangen war.
 
Du meinst, wenn Udolph irgendwelche anderen Weltgegenden auf ihre Gewässernamen untersuchen würde, würde er auch auf IE-Anklänge stoßen?
Kann sein, keine Ahnung.

Der Ansatz ist aber zumindest nicht ganz blöd. Wie kann man versuchen, etwas über die Sprache einer Gegend in vorschriftlicher Zeit herauszufinden? Knochen und Tonscherben verraten darüber leider gar nichts. Gewässernamen können sich Jahrtausende lang halten, da könnte sich immerhin eine vage Spur ergeben.


Nein, das Logikproblem bleibt dasselbe, egal wo man die Urheimat ansetzt. Mich interessiert nur, ob es Argumente gibt, weshalb Mitteleuropa nun weniger logisch sein soll als der Balkan, die südrussische Steppe, das iranische Bergland, Indien oder Anatolien.

Namen von Gewässern, Bergen oder anderen geographischen Besonderheiten können 1.nur dann uralt überliefert sein, wenn ein Gebiet kontinuierlich besiedelt war und 2. die Einwandererer ihren Bach/Quelle nicht allgemein Bach/Quelle in ihrer mitgebrachten Sprache nannten. Wenn ich deinen Link richtig verstanden habe, findet Udolph in Südniedersachsen die variantenreichsten Wasserworte, im Norden wird es eintöniger, was auch einfach an der dünneren Besiedlung liegen könnte.
Allgemein erscheint es mir plausibel, die Sprache anhand von Namen identifizieren zu wollen. Oftmals sind die frühesten Schriftzeugnisse nur Namen von Personen und Namensgebung kann konservativ sein, muß es aber nicht. Selbst ich als Sprachforschungsunbedarfte, könnte die ägyptischen, mesopotamischen und hethitischen Königsnamen im Quiz einigermaßen richtig in 3 Kästchen sortieren.
Hat Herr Udolph nur europäische Wasserworte ausgewertet oder macht er das auch in Anatolien?
 
Der Indogermanist Hans Krahe (1898-1965) nannte die geografischen Namen "Fossilien einer älteren und oft längst vergangenen Zeit" und war davon überzeugt, dass sich anhand dieser Namen das einstige Siedlungsgebiet später untergegangener Völker bestimmen ließe.

Dieser Meinung sind die meisten Sprachwissenschaftler, denn geografische Namen (Gewässer, Berge u.ä.) sind beständiger, weil sie ortsgebunden sind, und zwar so sehr, dass Invasoren oder andere Eindringlinge meist keine Veranlassung sahen, die von ihnen vorgefundenen Orte umzubenennen. Sie nahmen die Ortsnamen als gegeben hin, allein schon deswegen, weil sie sich mit der altansässigen Bevölkerung verständigen wollten, die die geografischen Orte der Region und ihre Namen kannte. Aus diesem Grund haben sich die meisten Landschafts- und besonders Flussnamen zähh über die Zeiten hinweg gehalten.

Hans Krahe hat sein Leben lang in dieser Hinsicht geforscht. Nach seiner Meinung stammen die ältesten Sprachrelikte Europas aus früher indoeuropäischer Zeit und enthalten keine Hinweise auf noch ältere Sprachschichten. Anderer Meinung ist der Sprachwissenschaftler Theo Vennemann. Er vermutet hinter vielen Orts- und Gewässernamen eine vorindoeuropäische Sprache. Er meint, dass die Stammwörter der Toponyme nicht indoeuropäisch sind und einer Sprachquelle aus vorindoeuropäischer Zeit entstammen. Ebenfalls keinen indoeuropäischen Ursprung sahen die Sprachwissenschaftler Wolfgang Schmidt und Vladimir I. Georgiev.
 

Udolph erklärt im Interview, dass es europaweit Gewässernamen gibt, die voreinzelsprachlich indoeuropäisch sind. Das spricht doch nicht gegen eine Einwanderung indoeuropäischer Sprachträger, oder?

Trotzdem könnte es die Diskussion weiter bringen, zu gucken, wo die reichen, kulturell ausstrahlenden Zentren in der Bronzezeit lagen. Ob deren Lage etwas mit der Verbreitung der IE-Sprachen zu tun hat, läßt sich damit natürlich nicht sagen. Mir ist nur aufgefallen, dass diese in einem weiten Bogen nördlich davon gesprochen und geschrieben wurden.

Klingt erst einmal interessant. Könntest du das näher ausführen?
 
Über Vennemann haben wir schon eine wundervolle Diskussion:
http://www.geschichtsforum.de/f22/pro-et-contra-der-waskonischen-hypothese-theo-vennemanns-36459/

Bei Vennemann wird aus der grundsätzlich zuzustimmenden Hypothese, dass Ortsnamen einer sehr alten, u.U. auch vorindoeuropäischen Schicht zuzuordnen sind, allerdings dann schon eine Ideologie. Es ist ja gut, wenn man offenbar sprechende Ortsnamen noch mal überprüft, ob sie tatsächlich sprechend sind oder ob das Sprechende nicht von einer zwar bestechenden aber dennoch falschen Etymologisierung (so wie aus der karibischen Hamaca eine hängende Matte wurde) geschaffen wird. Wissenschaft macht eben auch aus, dass man scheinbar festgefügtes Wissen immer mal wieder auf seine tatsächliche Validität überprüft. Das Problem ist, dass dies bei Vennemann und seinen Jüngern teilweise dahin geführt hat, dass sie alle sprechenden Namen auf "waskonische" und "semitidische" Ortsnamen zurückführen.
 
Da sich die Indoeuropäer von Mitteleuropa bis nach NW-Indien durchsetzten, müssen sie der autochthonen Bevölkerung überlegen gewesen sein. Wenn nicht kulturell, so doch militärisch.
Mit militärischer Überlegenheit allein verbreitet man keine Sprache. Eroberer, die außer militärischer Überlegenheit nichts zu bieten hatten, haben zu allen Zeiten nach wenigen Generationen die Sprache der Bevölkerungsmehrheit angenommen.
Schon hier beginnen die Probleme mit der Logik.

Wer eine unlogische Hypothese verteidigen will, muss schon beweiskräftige Argumente mitbringen. Davon ist aber in Dieters Beitrag nach wie vor nichts zu finden.
Statt dessen spekulative Behauptungen, die entweder durch gar keine Fakten gestützt werden oder bei näherem Hinsehen mit den Fakten nicht wirklich zusammenpassen.

Alle Ergüsse über "Vaterrecht" und "streng gegliedertes Gesellschaftssystem" sind Luftblasen und keinesfalls "nachgewiesen", wie von Dieter behauptet.

Alle diesbezüglichen Hypothesen gehen davon aus, dass die vordringenden Indoeuropäer das Pferd bereits seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. als Zug- und ab dem 3. Jahrtausend auch als Reittier domestiziert haten (vgl. entsprechende Untersuchungen bei Gimbutas, Haarmann u.a.).
"Gehen davon aus" heißt hier wohl: Beweiskräftige Argumente gibt es nicht, also wird es einfach mal behauptet. Man setzt etwas voraus, um damit das zu "beweisen", was vorausgesetzt wird. Das ist das Gegenteil von Logik.
Die frühesten Zugtiere waren übrigens nachweislich Rinder. Das kann man in jeder einschlägigen Untersuchung nachweisen, die diese Bezeichnung auch verdient.

Zur Zeit der ersten angeblichen Kurganwelle sind überhaupt keine Wagen nachweisbar. Zur Zeit der zweiten angeblichen Kurganwelle (um 3500 v. Chr.) tauchen die ersten Ochsenkarren auf. Übrigens fast zeitgleich in Mitteleuropa (z. B. Trichterbecherkultur), dem Kaukasus, Anatolien, Mesopotamien und in Indien (Harappa-Kultur). Also in Gebiete, in die die Indoeuropäer laut der Kurganhypothese erst viel später oder gar nie eingedrungen sind.

In Mitteleuropa können Wagen nur genutzt werden, wenn man für sie Wege anlegt und instandhält. Sie bleiben sonst alle paar Meter in Schlaglöchern oder bei Regenwetter im Dreck stecken. Das Problem kannte jeder Postkutschenreisende noch im 19. Jahrhundert. Wer mit Wagenkolonnen ins steinzeitliche Europa einwandern wollte, um die altansässige Bevölkerung zu beeindrucken, hätte erst einmal die logistischen Voraussetzungen schaffen müssen. (Ganz abgesehen davon, dass die altansässige Bevölkerung die Wagen sowieso schon kannte.)

Ferner waren die Indoeuropäer den neolithischen Ackerbauern waffentechnisch überlegen. Abgesehen von Geräten zur Jagd findet man bei ihnen keine Waffen.

Na klar, mit den Pfeilen und Bogen der Ackerbauern konnte man nur Hirsche, Bären und Wölfe erlegen. Auf eindringende Fremdlinge konnte man damit nicht schließen. Sehr logisch.

Wie ein solcher Prozess erfolgte, lässt gut an der Einwanderung indo-arischer Stämme ab etwa 1700 v. Chr. nach NW-Indien beobachten, deren Auseinandersetzung mit der drawidischen Vorbevölkerung sowohl archäologisch dokumentiert, als auch in den Veden ausführlich beschrieben wird.

Die Arier hatten das Pferd domestiziert, den Streitwagen mit Speicherrädern erfunden und Bronze und Kupfer genutzt.

Ich kenne mich in den Veden nicht aus, um zu beurteilen, ob da tatsächlich eine Einwanderung beschrieben wird. Nur so viel: 1700 v. Chr.? Das ist Jahrtausende NACH den angeblichen Kurganwellen, die Europa heimgesucht haben sollen. Im 4. Jahrtausend v. Chr. gab es weder Streitwagen noch "Speicherräder" noch Bronze. Den Entwicklungsstand von Jahrtausenden durcheinanderzuwürfeln, ist argumentativ ziemlich daneben. Oder würde jemand den Ausgang der Punischen Kriege mit der Überlegenheit der römischen Luftwaffe begründen?
 
Hat Herr Udolph nur europäische Wasserworte ausgewertet oder macht er das auch in Anatolien?

Wie gründlich Udolph sich mit anatolischen Gewässernamen befasst hat, weiß ich nicht. Vielleicht stützt er sich auch auf Untersuchungen anderer Fachkollegen. Jedenfalls sagt er:
Anatolien kann nicht „Ur-Heimat“ der indogermanischen Stämme gewesen sein, weil die Gewässernamen dieses nicht bestätigen.
 
Udolph erklärt im Interview, dass es europaweit Gewässernamen gibt, die voreinzelsprachlich indoeuropäisch sind. Das spricht doch nicht gegen eine Einwanderung indoeuropäischer Sprachträger, oder?

Das nicht. Aber wenn es in bestimmten Gegenden keine vorindoeuropäischen Gewässernamen gibt?
Wenn ich El Quijote richtig verstanden habe, muss Vennemann zu ziemlich fragwürdigen bis hanebüchenen Mitteln greifen, um auf vorindoeuropäische Namen zu kommen.
 
Mit militärischer Überlegenheit allein verbreitet man keine Sprache. Eroberer, die außer militärischer Überlegenheit nichts zu bieten hatten, haben zu allen Zeiten nach wenigen Generationen die Sprache der Bevölkerungsmehrheit angenommen.
Schon hier beginnen die Probleme mit der Logik.

Dass eine autochthone Bevölkerung die Sprache ihrer Eroberer annimmt, hat sich weltweit häufig abgespielt. So setzten die halbnomadischen Akkader ihre semitische Sprache gegenüber den Sumerern durch, die altkleinasiatische Bevölkerung übernahm indoeuropäische Idiome der Hethiter und Luwier, die Etrusker übernahmen das Lateinische, die griechischsprachige Bevölkerung Kleinasiens ging zum Türkischen der erobernden Oghusen über, Thraker und Illyrer gaben ihr Balkanromanisch auf und gingen zum Slawischen über. Das ließe sich noch fortsetzen.

Es scheint, dass du von solchen Prozessen keine Ahnung hast.

Wer eine unlogische Hypothese verteidigen will, muss schon beweiskräftige Argumente mitbringen. Davon ist aber in Dieters Beitrag nach wie vor nichts zu finden. Statt dessen spekulative Behauptungen, die entweder durch gar keine Fakten gestützt werden oder bei näherem Hinsehen mit den Fakten nicht wirklich zusammenpassen.

Ich verteidige hier keine Hypothesen, sondern versuche lediglich, mögliche Szenarien zu entwerfen. Gegenwärtig gibt es davon drei, die die Proto-Indoeuropäer in Europa, Südrussland und Anatolien suchen. Alle drei Hypothesen finden Verfechter in verschiedenen Indogermanisten und Sprachwissenschaftlern. Wenn dir also eine dieser Hypothesen nicht gefällt, musst du nicht mich beschimpfen, sondern die Urheber.

Im übrigen vermisse ich von dir ein Statement, welche der bekannten Hypothesen dir am einleuchtendsten erscheint.

Alle Ergüsse über "Vaterrecht" und "streng gegliedertes Gesellschaftssystem" sind Luftblasen und keinesfalls "nachgewiesen", wie von Dieter behauptet.

Dass die Indoeuropäer patriarchalisch strukturiert waren, ist eine seit langem bekannte und unbestrittene Tatsache.

"Gehen davon aus" heißt hier wohl: Beweiskräftige Argumente gibt es nicht, also wird es einfach mal behauptet.

Gäbe es solche "beweiuskräftigen Argumente", hätten wir das Geheimnis der Verbreitung indoeuropäischer Sprachen geklärt.

Du hast anscheinend noch immer nicht kapiert, dass es hier darum geht, mögliche Szenarien zu entwerfen. Deine rüden Attacken sind daher völlig fehl am Platz.

Die frühesten Zugtiere waren übrigens nachweislich Rinder. Das kann man in jeder einschlägigen Untersuchung nachweisen, die diese Bezeichnung auch verdient.

Nachweislich sind die ab 2000 v. Chr nach NW-Indien expandierten Indo-Arier mit Pferd und Streitwagen unterwegs gewesen, wie auch die indo-arische Elite des Mitanni-Staats 1500 v. Chr. Pferd und Streitwagen kannte. Und da das Pferd bereits ab dem 3. Jahrtausend v. Chr. als Reittier für Krieger bekannt war, ist es ziemlich sicher, dass die übrigen indoeuropäischen Gruppen allesamt das Pferd als Reittier kannten.

Zur Zeit der ersten angeblichen Kurganwelle sind überhaupt keine Wagen nachweisbar. Zur Zeit der zweiten angeblichen Kurganwelle (um 3500 v. Chr.) tauchen die ersten Ochsenkarren auf. Übrigens fast zeitgleich in Mitteleuropa (z. B. Trichterbecherkultur), dem Kaukasus, Anatolien, Mesopotamien und in Indien (Harappa-Kultur). Also in Gebiete, in die die Indoeuropäer laut der Kurganhypothese erst viel später oder gar nie eingedrungen sind.

Die weltweit ältesten Hinweise auf die Verwendung von Wagen mit vier Rädern stammen aus der Tripolje-Region, aus der Kontaktzone von Indoeuropäern und Alteuropäern. Das in der ersten Hälfte des 4. Jahrtausend v. Chr. entwickelte Wagenmodell war später u.a. bei den nomadischen Skythen sehr verbreitet.

Wer mit Wagenkolonnen ins steinzeitliche Europa einwandern wollte, um die altansässige Bevölkerung zu beeindrucken, hätte erst einmal die logistischen Voraussetzungen schaffen müssen. (Ganz abgesehen davon, dass die altansässige Bevölkerung die Wagen sowieso schon kannte.)

Um "beeindrucken" geht es hier kaum. Die berittenen Steppennomaden waren - nach dieser Hypothese - den kleinen dörflichen Gemeinschaften überlegen. Sie verfügten über Dolche, Speere und Lanzen und besaßen als Nomaden eine sehr effektive hierarchische Befehlsstruktur, wie wir das später auch von Skythen, Sarmaten, Mongolen oder Alanen kennen.

Die alten neolithischen Donaukulturen verschwanden und wurden imdoeuropäisiert. Aus den Proto-Indoeuropäern der Balkanregion gingen Illyrer, Thraker und Griechen hervor. Es verschwanden die langen megalithischen Gräber in Nordeuropa und wurden ersetzt durch rechtwinklige Hausgräber unter niedrigen Hügeln.

Ich kenne mich in den Veden nicht aus, um zu beurteilen, ob da tatsächlich eine Einwanderung beschrieben wird.

Das ist der Gipfel der Ignoranz. Die Einwanderung der Indo-Arier nach NW-Indien in der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends ist völlig unbestritten. Neben tausen Publikationen empfehle ich dir z.B.: Hermann Kulke, Dietmar Rothermund, Geschichte Indiens, München 1998

Nur so viel: 1700 v. Chr.? Das ist Jahrtausende NACH den angeblichen Kurganwellen, die Europa heimgesucht haben sollen. Im 4. Jahrtausend v. Chr. gab es weder Streitwagen noch "Speicherräder" noch Bronze. Den Entwicklungsstand von Jahrtausenden durcheinanderzuwürfeln, ist argumentativ ziemlich daneben. Oder würde jemand den Ausgang der Punischen Kriege mit der Überlegenheit der römischen Luftwaffe begründen?

Von "Kurgnwellen", wie das Marija Gimbutas tat - habe ich bislang nie gesprochen. Verfechter dieser Hypothese gehen in der Regel von mehreren Wellen einer indoeuropäischen Migration aus, wobei die Zeitangaben lediglich hypothetischer Natur sein müssen. Die Einwanderung der indoeuropäischen Hethiter nach Kleinasien wird im allgemeinen auf etwa 2200-2000 v. Chr. datiert, die der Indo-Arier und Iraner auf die Zeit zwischen 2000-1500 v. Chr. Es hat also in dieser Zeit vermutlich einen gewaltigen Schub indoeuropäisch sprechender Bevölkerungselemente gegeben. Die Einwanderung nach Griechenland wird unterschiedlich gesehen, soll aber im 3. Jahrtausend v. Chr. erfolgt seion.

Dass es sich hier lediglich um EIN mögliches Szenario handelt, habe ich mehrfach betont. Es gibt also keinen Grund zur Aufregung. Vielmehr sollte man einmal die anderen denkbaren Szenarien durchspielen, die von anderen Sprachwissenschaftlern und Archäologen verfochten werden.

So. z.B. die Hypothese, dass die Indoeuropäer eine bruchlose Fortsetzung der mesolithischen Bevölkerung Mitteleuropas sind (vgl. Alexander Häusler), oder aber ihren Ursprung in Anatolien haben und identisch sind mit den frühen Ackerbauern, die von Anatolien über den Balkan bis Nordeuropa vordrangen (vgl. Colin Renfrew).
 
Zuletzt bearbeitet:
Dieter freilich gibt es auch Gegenbeispiele wie Sand am Meer Wikiniger in Russland, Goten in Spanien, Langobarden in Mittelitalien, Franken in Frankreich, Mandju in China und viele mehr.
 

Nachzulesen u.a. bei:

Harald Haarmann, Die Indoeuropäer, München 2010, S. 26 f. sowie

Marija Gimbutas, Das Ende des alten Europa: Die Invasion der Hirtenvölker aus den Steppengebieten Südrusslands, in: Die Zivilisation der Göttin, Frankfurt 1991/1996, S. 352 ff.
 
Nachzulesen u.a. bei:

Harald Haarmann, Die Indoeuropäer, München 2010, S. 26 f. sowie

Marija Gimbutas, Das Ende des alten Europa: Die Invasion der Hirtenvölker aus den Steppengebieten Südrusslands, in: Die Zivilisation der Göttin, Frankfurt 1991/1996, S. 352 ff.

Haarmanns Buch habe ich zu Hause. Trotzdem wäre mir eine einfachere Antwort lieber gewesen.
Reiterkrieger treten erst vergleichsweise spät in der Geschichte auf, und sind in bewaldeten Gegenden auch ziemlich uneffektiv.
"Interessant" dabei auch, dass die westlichen Indogermanen das Kämpfen zu Pferde offensichtlich wieder verlernt haben müssen und es erst später wieder von den Steppenvölkern lernen mussten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dieter freilich gibt es auch Gegenbeispiele wie Sand am Meer Wikiniger in Russland, Goten in Spanien, Langobarden in Mittelitalien, Franken in Frankreich, Mandju in China und viele mehr.

Natürlich - beide Szenarien sind denkbar und daher stehen alle Hypothesen, die sich mit der Ausbreitung der Indoeurpäer beschäöftigen, auf wackligen Füßen. Man muss das immer wieder betonen.

Ein prominentes Beispie: Die Franken gaben nach der Eroberung Galliens ihre germanische Sprache auf und übernahmen das Gallo-Romanische der unterworfenen Bevölkerung, das sich dann zum Französischen fortentwickelte.
 
Haarmanns Buch habe ich zu Hause. Trotzdem wäre mir eine einfachere Antwort lieber gewesen.
Reiterkrieger treten erst vergleichsweise spät in der Geschichte auf, und sind in bewaldeten Gegenden auch ziemlich uneffektiv.


Viel interessanter wäre es, nun einmal die anderen Szenarien durchzuspielen, anstatt in Ungereimtheiten nur einer Hypothese herumzustochern.

So könnte man am Ende abwägen, welches Szenario wohl das wahrscheinlichste ist.
 
Reiterkrieger treten erst vergleichsweise spät in der Geschichte auf, und sind in bewaldeten Gegenden auch ziemlich uneffektiv.
Stimmt, Reiterkrieger sind erst für das frühe 1. Jahrtausend v. Chr. nachweisbar.

"Interessant" dabei auch, dass die westlichen Indogermanen das Kämpfen zu Pferde offensichtlich wieder verlernt haben müssen und es erst später wieder von den Steppenvölkern lernen mussten.
Nicht nur die westlichen. Wenn man der Rigveda glaubt, dann haben die Indoarier Indien auch mit Streitwagen erobert, nicht mit berittenen Kriegern.
 
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