Insekten

Wsjr

Aktives Mitglied
Man kann ziemlich sicher davon ausgehen, dass die Leute in den Steinzeiten Europas, Nahrungsmittel nicht grundlos tabuisiert haben wie heutzutage und aßen was zu essen war, worunter auch Insekten, Arachnoiden und Weichtiere fallen werden, zumahl diese allesamt Nahrhaft sind und leicht zu sammeln. Allerdings fällt mir kein Fund ein wo möglicherweise Reste dieser Tiere erhalten sind, zumindest nicht im Zusammenhang mit einer Feuer oder Kochstelle.

Kennt da jemand ein Beispiel wo diese Vermutung auch zu beweisen wäre? Oder ist jemand gar der Auffassung dass diese Tiere gar nicht gegessen wurden und hat da irgendwelche Gründe für?
 
... Allerdings fällt mir kein Fund ein wo möglicherweise Reste dieser Tiere erhalten sind, zumindest nicht im Zusammenhang mit einer Feuer oder Kochstelle. ...

:confused: Welche Insektenresten würdest du denn an einer Kochstelle erwarten? Knochen? Federn? ;)

Die kleinen hilflosen Krabbeltiere dürften doch wohl komplett verspeist worden sein!

Gruß
Andreas
 
Nein, die Elytren bei Maikäfern, oder Hirschkäfern nimmt man ab bevor man sie isst, auch Beine und Köpfe, wie z.b. bei Heuschrecken entfernt man. Die in Kombination mit Verkohlung und einer möglicherweise feuchten Erhaltung wie bei Seeufersiedlungen ließen noch das eine oder andere erhalten.
Aber klar im allgemeinen hast du Recht, die Erhaltungbedingungen für die meisten Teile sind eher schlecht.
 
Kennt da jemand ein Beispiel wo diese Vermutung auch zu beweisen wäre? Oder ist jemand gar der Auffassung dass diese Tiere gar nicht gegessen wurden und hat da irgendwelche Gründe für?
Von einer grundlosen Tabuisierung kann man sicher nicht ausgehen. Aus völkerkundlichen Beobachtungen weiss man, dass die Tabuisierungen in der Regel sinnvoll sind. Sie sind meist religiös begründet, haben aber einen praktischen Zweck. In der Regel geht es darum, eine Nahrungsquelle zu tabuisieren, wenn sie wirtschaftlich ungünstig ist oder ungünstiger als andere Nahrungsquellen. Wenn die Jagd auf Tapire 10 kg Fleisch pro Mann pro Jagdstunde erbringt und die Suche nach Raupen nur 3 kg pro Mann pro Stunde, dann wird die Raupenjagd tabuisiert. Es kann einen saisonalen Zeitpunkt geben, an dem das Verhältnis genau umgekehrt ist, z.B. wenn eine bestimmte Raupenart in riesigen Mengen auftaucht. Für diesen Zeitraum ist dann Raupensammeln angesagt und andere Methoden der Nahrungsbeschaffung tabuisiert.

Das Kuhtötungstabu in Indien und das Schweinefleischtabu bei Juden und Muslimen haben auch solche praktischen Hintergründe.
 
Man kann ziemlich sicher davon ausgehen, dass die Leute in den Steinzeiten Europas, Nahrungsmittel nicht grundlos tabuisiert haben wie heutzutage und aßen was zu essen war, worunter auch Insekten, Arachnoiden und Weichtiere fallen werden, zumahl diese allesamt Nahrhaft sind und leicht zu sammeln. Allerdings fällt mir kein Fund ein wo möglicherweise Reste dieser Tiere erhalten sind, zumindest nicht im Zusammenhang mit einer Feuer oder Kochstelle.

Kennt da jemand ein Beispiel wo diese Vermutung auch zu beweisen wäre? Oder ist jemand gar der Auffassung dass diese Tiere gar nicht gegessen wurden und hat da irgendwelche Gründe für?

Insekten sind in Europa als Nahrungsmittel noch gar nicht solange tabuisiert und ich denke sie werden es nicht mehr lange sein. Bis anfang des 20. Jahrhundert gab es in Mainz noch eine Maikäfersuppe.
 
Nein, die Elytren bei Maikäfern, oder Hirschkäfern nimmt man ab bevor man sie isst, auch Beine und Köpfe, wie z.b. bei Heuschrecken entfernt man.

Bei Maikäfern würde ich mit dem essen nicht warten, bis sie chitinpanzerige Flügel und ungenießbare Beine entwickelt hätten. Zu diesem Zeitpunkt können sie fliegen und sind nur mit erhöhten Arbeitsaufwand der menschlichen Ernährung zuzuführen und darüberhinaus ist die Eiweißausbeute gemessen am Arbeitsaufwand viel niedriger als bei Verzehr der Engerlinge. Das würde sich mit Berals arbeitsöknomischen Betrachtungen zu Insektentabus decken.

Jedes Jahr im Frühjahr frage ich mich bei der Beetvorbereitung, wie die fetten Engerlinge schmecken. Bis jetzt habe ich mein eigenes Nahrungstabu noch nicht überwunden und sie probiert.
Weil die Engerlinge den frühen Bauern also quasi im Nebenerwerb in die Hände gefallen sein müssen und da sie mit Sicherheit gewußt haben, wie sehr diese ihren Pflanzen schadeten, möchte ich fast drauf wetten, dass sie sie gegrillt und gegessen haben.

Aber klar im allgemeinen hast du Recht, die Erhaltungbedingungen für die meisten Teile sind eher schlecht.

Wie sollte man den Verzehr von gegrillten Engerlingen auch nachweisen.
 
Insekten sind in Europa als Nahrungsmittel noch gar nicht solange tabuisiert und ich denke sie werden es nicht mehr lange sein. Bis anfang des 20. Jahrhundert gab es in Mainz noch eine Maikäfersuppe.

Tatsächlich..hast du das Rezept? Und was genau wurde da gekocht, die Käfer oder die Engerlinge?
 
Hier mal ein Rezept:

Maikäfersuppe Rezept

Habe ewig lange keine Maikäfer mehr gesehen, schon garnicht in solchen Mengen, dass man daraus eine Suppe hätte machen können! Das letzte Exemplar, dass ich zu Gesicht bekam, lag zertreten in der Fußgängerzone Hannovers.

Weswegen vielleicht auch auf der roten Liste stehen, aber sie waren lange Zeit sehr häufig. Zeigt aber das Insekten nicht ganz so tabuisiert waren. Ebenso feiert der Milbenkäse in Ostthüringen sein comback....
 
Wenn man das Rezept -Danke Xander für diesen hochinteressanten Tipp! - anklickt, erscheint direkt darunter eine Werbung: "Der Kammerjägerprofi" ... Witzisch, witzisch findet der Rheinländer Galgenpapst, dem übrigens als ausgebildeter (Steinzeit)-Archäologe ad hoc keine Bodenfunde als Belege für Insekten auf dem lithischen Speiseplan einfallen.
 
Das Rezept habe ich nicht, aber hier ein Wikiartikel darüber

Maikäfersuppe ? Wikipedia

Im Wikiartikel ist bei den Quellen dieses interessante Werk http://massard.info/pdf/maikaefer.pdf verlinkt. Da werden in der mittelalterlichen Schweiz die "elenden Würmer" verteufelt und vor´s Gottesgericht geladen. Darüber wüßte ich gern genaueres, wobei ich mir in Kenntnis der Biologie des Maikäfers durchaus einen Vergleich mit den biblischen Plagen vorstellen kann.

Hier mal ein Rezept:

Maikäfersuppe Rezept

Habe ewig lange keine Maikäfer mehr gesehen, schon garnicht in solchen Mengen, dass man daraus eine Suppe hätte machen können! Das letzte Exemplar, dass ich zu Gesicht bekam, lag zertreten in der Fußgängerzone Hannovers.

:winke:Na, wenn du in der asphaltierten Fußgängerzone nach ihnen Ausschau hältst?
Ich kann dir versichern, in bestimmten Bereichen sind sie keineswegs selten, wobei ich die ausgewachsenen Käfer gut tolerieren kann, die Engerlinge aber nicht. :motz:
In dem oben verlinkten Artikel wurde aus Engerlingen Lampenöl gemacht. Vieleicht probiere ich das zuerst oder ich stecke sie auf Schaschlikspieße und grille sie wie Chrimps.:winke:
 
Zählen Weinbergschnecken auch?

Sind zwar keine Insekten, aber auf die Idee, die essen zu können/wollen muss man ja auch erst mal kommen.
 
Ich überlege gerade, welche Insekten respektive Krabbelgetier man in unseren Breiten den grundsätzlich essen KÖNNTE. Mit Ameisenpulen würde ich mich beispielsweise nicht aufhalten wollen.

Was kreuchte und fleuchte denn zu Neandertalerszeiten in unseren Gefilden, das sammelbar und verzehrbar war?
 
Zählen Weinbergschnecken auch?

Sind zwar keine Insekten, aber auf die Idee, die essen zu können/wollen muss man ja auch erst mal kommen.

Die werden doch bis heute gegessen und sogar gezüchtet, weil sie eine solche Delikatesse sind. Weiter oben wurden bereits die Muschelabfallhaufen erwähnt. Schneckengehäuse haben den Vorteil, dass man sie nachweisen kann und darum ging es Wsjr ja auch, inwieweit wir annehmen, dass Insekten mit Tabus belegt und nicht gegessen wurden, weil man von ihnen keine archäologischen Reste findet, außer Muschelschalen und Schneckenhäuser.

Zu deiner nächsten Frage nach den Insekten, die für die steinzeitliche Ernährung in Frage kämen, fallen mir neben den Aasfliegenlarven noch die Nacktschnecken ein, die es in Südeuropa um das Mittelmeer schon zu Zeiten der Neandertaler gegeben haben könnte. Bei den größeren Heuschrecken bin ich nicht sicher, ob die eiszeitlichen Kältesteppen denen zusagten.

2.Nachtrag: Nach Landratsamt Freising : Grasheide ist die Grasheide ein Relikt der eiszeitlichen Kältesteppe, d.h. außer den leckeren Grashüpfern könnte eine Vielzahl weiterer Insekten die Diät der Neandertaler ergänzt haben.


1.Nachtrag: Daneben müßte man allgemein Raupen von Schmetterlingen und anderen Insekten betrachten. Raupen haben den Vorteil, dass sie in Massen an bestimmten Pflanzen auftreten und mühelos abgesammelt werden können. Nach Engerlingen und anderen bodenlebenden Insektenjungformen muß man erst mühsam graben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Von einer grundlosen Tabuisierung kann man sicher nicht ausgehen. Aus völkerkundlichen Beobachtungen weiss man, dass die Tabuisierungen in der Regel sinnvoll sind. Sie sind meist religiös begründet, haben aber einen praktischen Zweck. In der Regel geht es darum, eine Nahrungsquelle zu tabuisieren, wenn sie wirtschaftlich ungünstig ist oder ungünstiger als andere Nahrungsquellen.

Solche Tabuisierungen gibt es zweifellos (auch zum Schutz der Nahrungsquelle vor Überbeanspruchung), aber ist das wirklich "die Regel"? Bei den Völkern, von denen der Begriff stammt (Polynesier) sind die meisten Tabus mWn sozial begründet und dienen weniger Gesundheitsvorsorge oder Nachhaltigkeit, sondern dem machterhalt der gesellschaftlichen Eliten.

Wenn die Jagd auf Tapire 10 kg Fleisch pro Mann pro Jagdstunde erbringt und die Suche nach Raupen nur 3 kg pro Mann pro Stunde, dann wird die Raupenjagd tabuisiert.

Ich befürchte, dann müsste eher die Tapire tabuisiert sein... ;)
 
... Na, wenn du in der asphaltierten Fußgängerzone nach ihnen Ausschau hältst?
Ich kann dir versichern, in bestimmten Bereichen sind sie keineswegs selten, wobei ich die ausgewachsenen Käfer gut tolerieren kann, die Engerlinge aber nicht. ...

Hi Rena,

1. wohne ich auf dem platten Land und habe auch dort keine entdeckt, und

2. ist es ja nicht so, dass ich in die Stadt gehe, um die keinen braunen Krabler zu suchen! =) Das eine Exemplar lag da nun mal so still und platt rum! Tot halt!

Gruß
Andreas
 
Zurück
Oben