Invasion in England noch im Juni 1940?

(-> Tejason) Ein "nötig" hätte ein "möglich" nach sich ziehen müssen. Wenn Göring Milch grundsätzlich grünes Licht gegeben hätte, was hätte Milch dann wohl am nächsten Tag gemacht? Wohl dasselbe wie wir hier in diesem Thread. Vielleicht hätte er dann gemerkt, dass seine Forderung an Göring voreilig war...

Die utopische Planungssituation sehe ich auch so. Da ändert auch die (-> Silesia) zitierte Besprechung nichts. Die findet nämlich erst im Juli statt, also im Monat nach dem angedachten Invasionstermin (bzw. Tage nach der laut Milch letzten Möglichkeit). Da stelle ich jetzt folgende, mit der Aussage von Tejason koordinierte, widerlegbare Behauptung auf: Vor dem 17.05.40 war der Fall Frankreichs nicht im Mindesten absehbar. Frühere Planungen zu einer Invasion in England waren demnach (noch) gegenstandslos; es wird sie nicht gegeben haben. Entsprechend war man im Juni 1940 auf diesen Fall nicht vorbereitet.

Was die Frage der Sicherung einer Landungsflotte angeht, (-> Köbis) auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen (siehe Beitrag #104): Ich würde maximal kleinere Einheiten einsetzen, also nichts vom Torpedoboot an aufwärts. Größere Einheiten ("Kriegsmarine" im eigentlichen Sinn, wenn man das so sagen darf) sind sowieso wegen der Beschädigungen bei "Weserübung" nicht verfügbar oder wegen der zu erwartenden Verluste nicht sinnvoll einzusetzen. Was man mit den verfügbaren natürlich hätte machen könnte, für die Italiener deutest Du das in #85 ja selber an, sind Diversifizierungsaktionen.

Was die U-Boote angeht, (-> Silesia) sehe ich das so, dass aus der relativen Schwäche schnell eine absolute wird, vergleicht man die vorhandenen Mittel mit der Größe der Aufgabe. Als zusätzlichen Flakschutz für die Landungsflotte hätte man wohl U-Boote einsetzen können. Gefällt mir aber einfach nicht. Was ich für sinnvoll erachtet hätte, wäre der Einsatz von U-Booten im Rahmen ihrer eigentlichen Aufgabe, d.h. sie lauern in Kanal und Nordsee (in etwas Entfernung vom engen Korridor in der Straße von Dover, den die Landungsflotte benutzen muss) auf etwas, was ihnen vor die Torpedorohre läuft.

Der schwache Ausbildungsstand der Luftwaffe für die Aufgabe, den Kanal zu sichern, wurde von Silesia bestätigt. Die von Tejason zitierten Erfolge gegen den Konvoiverkehr lassen aber die Situation nicht ganz aussichtslos erscheinen.

(-> Tejason) Ich habe in #70 schon die Behauptung aufgestellt, Mitte September 1940 müssen die Vorbereitungen zu "Seelöwe" schon aus Gründen der zu erwartenden Witterung abgebrochen werden, nicht (nur) wegen des Ergebnisses der Luftschlacht. Ein Szenario "früher als September" hat schon deshalb seine Berechtigung. Was die üblichen Vedächtigen angeht, gibt es mehrere Gründe, hier mal nicht nach Schema F vorzugehen.

Zu "Dünkirchen" ist zu sagen, auch bei einer alternativen Betrachtungsweise hätte ein "Frühsommer"- oder ein "Spätsommer"-Szenario anschließen müssen. Und zu "Seelöwe" im allgemeinen gibt es schon einen Thread. Bevor man da etwas Neues eröffnet, sollte man erst mal feststellen, was bereits vorgelegt wurde.

Wie ich schon eingangs sagte, die Motivation für mich zu dieser Diskussion liegt darin, festzustellen, wo der Knick in der Logik liegt, bei mir oder bei den Militärgrößen/Zeitzeugen. In diesem Sinne danke ich für die Beiträge. Weitere sind stets erwünscht.

Grüße, Holger
 
Die utopische Planungssituation sehe ich auch so. Da ändert auch die (-> Silesia) zitierte Besprechung nichts. Die findet nämlich erst im Juli statt, also im Monat nach dem angedachten Invasionstermin (bzw. Tage nach der laut Milch letzten Möglichkeit).

Ich glaube, Du unterschätzt die Vorbereitungszeit einer solchen Großoperation, was das Zusammenziehen der Ressourcen angeht. Transportmittel der Luftwaffe standen - wie oben ausgeführt - nicht im ausreichenden Umfang zur Verfügung. Die Beschaffung der maritimen Ressourcen - reales Ereignis "Seelöwe" - bedurfte eines Zeitfensters von 4-6 Wochen, wie aus dem Vermerk ersichtlich. Bei Bedarf kann ich auch gerne die Dislozierung der Luftwaffe Mitte Juni 1940 liefern: entspricht etwa einem Schrottschuss auf die Landkarte Frankreich, soweit besetzt.


[Der Vermerk datiert vom 6.7.1940, die Datensammlung muß demnach im Juni 1940 begonnen worden sein. Milch war übrigens inkompetent bzgl. Heer und Marine]
 
Nicht ich, Silesia! Was Du schreibst, ist eine Variation meines Fragepunktes e), Beitrag #98, von den terrestrischen auf die maritimen Ressourcen. Der Effekt bleibt der gleiche - das geht nicht so schnell.

4 - 6 Wochen materielle Vorbereitung auf einen gedachten Endtermin 5.7.1940 setzen wieder ihrerseits mindestens eine Woche Planungs- und (stabsmäßigen) Organisationsaufwand voraus (widerlegbare Behauptung). Entsprechende Vorbereitungskonferenzen hätten also spätestens zu Beginn des Westfeldzugs stattfinden müssen.

Die wird es aber nicht gegeben haben (wenn, hättest Du, wie ich Dich kenne, die entsprechenden Dokumente schon längst aus dem Hut gezogen:winke:) Deshalb bleibe ich bei meiner Behauptung, die deutsche Führung inklusive des in Heeres- und Marinefragen inkompetenten Milch war mit der Situation schon rein geistig überfordert.

Grüße, Holger
 
Die wird es aber nicht gegeben haben (wenn, hättest Du, wie ich Dich kenne, die entsprechenden Dokumente schon längst aus dem Hut gezogen:winke:)
So gut kennst Du mich? =)

Die sind schon im Forum zitiert worden, unter Suchen: "Vorüberlegungen + Landung". ;)

"Vorüberlegungen über die Möglichkeiten einer Truppenlandung an der britischen Küste", entstanden Winter 1939/40, Asto 2 z. Teil C [vermutlich KTB der Skl].

Der Planungsordner wurde vor Beginn des Westfeldzuges angelegt. Die darin genannten Bedingungen sind den Beiträgen im Forum zu entnehmen, u.a. "vorangegangene völlige Zerschlagung der feindlichen Luftstreitkräfte", Ausschaltung der Seestreitkräfte oder völlige Abriegelung des Landungsgebietes, Berechnung der Verschiffungsvolumina, Untersuchung der Landungsplätze, "Schaffung eines Landungsbrückenkopfes durch Luftlande- oder Fallschirmtruppen erscheint unerläßlich". [*]

Die Studie der Luftwaffe "Luftwaffenseitige Grundlagen für eine Landung in England" datiert vom 25.6.1940, OKW/WFA/L I L, Autor: v.Falkenstein.

Kommentar darunter: "Chef GenSt lehnt Stellungnahme ab, da s. E. Führer Kanalübergang nicht in Aussicht genommen hat". [**]


[*] Vorgetragen von Raeder am 21.5.1940 sowie bei der Hitler-Besprechung im Juni 1940; dort datiert Raeder die Entstehung auf "November 1939".

[**] die Studien der Luftwaffe zum Luftkrieg mit Großbritannien, die sich dann natürlich in den Voraussetzungen aufgrund der Basen am Kanal entscheidend verbesserten, stammen vom Winter 1938/39. Eine Landung war damals außerhalb des Denkbaren. Kurz vor und während des "Fall Gelb" dürften aufgrund des Ausmasses sämtliche Planungsressourcen mit der Westoffensive beschäftigt und daran gebunden worden sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oh je, jetzt muss ich aber mal *gneppschedrigge*

BESSERWISSERMODUS EINGESCHALTET

Silesia: schrieb:
So gut kennst Du mich? =)
Aber hallo!:yes:

Es handelt sich bei:
[*] um VORÜBERLEGUNGEN

[**] um eine STUDIE

ich dagegen rede von PLANUNGSKONFERENZEN,

die wohl nicht möglich waren, weil
Silesia: schrieb:
während des "Fall Gelb" dürften aufgrund des Ausmasses sämtliche Planungsressourcen mit der Westoffensive beschäftigt und daran gebunden worden sein.
Ist doch exakt meine Aussage mit der geistigen Überforderung!:winke:

*gneppschedrigge*

BESSERWISSERMODUS AUSGESCHALTET

Abgesehen davon, Euer "Seelöwe"-Thread und auch der über die "Panzerkampfwagen", die man bei der Suche nach "Vorüberlegungen + Landung" findet, enthalten jede Menge interessanteste Details (zum großen Teil natürlich von Silesia, ist doch klar!), da sollte ich (zumindest für eigene Zwecke) wirklich mal einen kleinen Artikel draus basteln.

Danke!:winke:

Grüße, Holger
 
HolgerXX schrieb:
Abgesehen davon, Euer "Seelöwe"-Thread und auch der über die "Panzerkampfwagen", die man bei der Suche nach "Vorüberlegungen + Landung" findet, enthalten jede Menge interessanteste Details (zum großen Teil natürlich von Silesia, ist doch klar!), da sollte ich (zumindest für eigene Zwecke) wirklich mal einen kleinen Artikel draus basteln.

Das wird die anderen Diskutanten in den von dir genannten Threads sicher beglücken.
 
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