Japan und das Deutsche Reich

Den genauen "Einstiegstermin" der deutschen Diplomatie in die europäischen Gespräche konnte ich nicht ermitteln, würde aber wegens des Ablaufs laufende Unterrichtung seitens RUS seit Ende 1894 vermuten.
Noch ein paar Daten aus dem verlinkten Buch von Otte (The China Question):

  • D war beteiligt an dem Versuch vom Juli 1894, den Ausbruch des Krieges zu verhindern, sah aber seine Interessen nicht berührt bzw. überlies deshalb R bzw. GB die Initiative (S. 33).
  • Die militärischen Erfolge von JP kamen schneller als von den meisten erwartet.
  • Im Verhältnis von GB und R gab es wechselseitige Befürchtungen, der eine könne womöglich den anderen ausstechen, indem er in die Rolle von Chinas "Schutzmacht" schlüpfte (vgl. die erwähnte zeitweilige Unsicherheit in JP).
  • Die Außenpolitik von R war gehandicabt durch die Krankheit des Zaren (+1.11.94), später auch des Außenministers (+26.1.95).
  • Die Initiative, auf baldigen Waffenstillstand zu drängen, fiel also GB zu, das am 5.10.1894 die fünf Mächte R, F, USA, D und Italien [sic] einlud "to intervene 'on the basis of independence of Corea to be guaranteed by the Powers and an indemnity to Japan for the expenses of the war'" (S. 42). Derweil entwickelte sich die militärische Lage für China immer katastrophaler.
  • D verhielt sich weiterhin reserviert, so dass Außenminister Kimberley sich im Februar eigens nochmal an Botschafter Hatzfeldt wandte und für eine gemeinsame Initiative warb (S. 50 f.).
So weit, so gut. Aber worin liegt nun, Tirpitz junior zufolge, die Falle?
 
So weit, so gut. Aber worin liegt nun, Tirpitz junior zufolge, die Falle?

Das führt er leider über die gemachte Andeutung hinaus nicht weiter fort. Die Falle ist sicher nicht geplant, aber ...

wenn man mal zusammenfaßt, dann ist doch der politische Balanceakt von England mit den 5 Bällen China/JP/RUS/F/D beeindruckend. In dem Moment, als alle Zielsetzungen erreicht sind:
- Japan stoppt die militärischen Ereignisse
- RUS/D/F werden die Bedingungen unter Kontrolle halten
- China wird nicht zuungunsten britischer Interessen zerstückelt
- RUS und JP halten sich bzgl. Koreas die Waage
- JP ist bereits durch diverse britische Aktionen "verpflichtet"
- eine kritische pro-chinesisch oder pro-japanische Festlegung wurde offiziell vermieden, die eigentliche Diplomatie konnte sich bereits mit Kriegsausbruch auf pro-britisch (in den Handelsinteressen) zurückziehen (siehe Nish)

überläßt man die Restarbeiten einem Trio, das sich bzgl. Japan vermutlich die Finger verbrennen wird, ohne bzgl. China entscheidende Vorteile gegen die britischen Positionen erlangen zu können. Einige Jahre später präsentiert man dann den Wechsel und fährt 1902 die Früchte bzgl. Japan ein.




P.S. wer weiß Genaues zu dem Hinweis von Salewski, dass Tirpitz seine Erinnerungen schreiben ließ? Von wem?
 
...dann ist doch der politische Balanceakt von England mit den 5 Bällen China/JP/RUS/F/D beeindruckend ...

Meine Assoziation dazu: In Großbritannien waren eben "gelernte Weltpolitiker" am Werk mit einer jahrzehntelangen Erfahrung im Bereich der weltumspannenden internationalen Beziehungen, in D Leute, welche soeben die ersten Schritte über Europa hinaus taten. Im Fußballjargon: Filigrantechniker versus Rumpelfüßler.:)

...überläßt man die Restarbeiten einem Trio, das sich bzgl. Japan vermutlich die Finger verbrennen wird
...das aber durchaus nicht gezwungen war, sich die Finger zu verbrennen! Wenn ich mal Rußland außer Acht lasse, das geostrategisch direkt mit Japan konfrontiert war, und Frankreich und D vergleiche, so fällt ja auf, dass das Ansehen Frankreichs in Japan keine besonderen Schäden davontrug - im Gegensatz zu dem deutschen, dessen Diplomatie sich bei der Triple-Intenvention besonders aggressiv gebärdet hatte. Für letzteres insbesondere kann man GB doch wohl keine Mitschuld geben!?

Kurz zurück zum Stichwort "Gelbe Gefahr" - vgl. auch http://www.geschichtsforum.de/f57/die-gelbe-gefahr-7250/ -:
Ute Mehnert (Deutschland, Amerika und die"gelbe ... - Google Buchsuche) geht u. a. auf eine denkbare deutsch-japanische Annäherung ein (S. 251 ff.) und nennt auch ein paar Stimmen, auf die sich Tirpitz (siehe oben) bezogen haben könnte. Das Problem bleibt freilich: Inwieweit waren deren Deutungen der japanischen Politik und Gesellschaft richtig? Hier ist, wie silesia mehrfach schreibt, Skepsis angebracht.
 
...das aber durchaus nicht gezwungen war, sich die Finger zu verbrennen! Wenn ich mal Rußland außer Acht lasse, das geostrategisch direkt mit Japan konfrontiert war, und Frankreich und D vergleiche, so fällt ja auf, dass das Ansehen Frankreichs in Japan keine besonderen Schäden davontrug - im Gegensatz zu dem deutschen, dessen Diplomatie sich bei der Triple-Intenvention besonders aggressiv gebärdet hatte. Für letzteres insbesondere kann man GB doch wohl keine Mitschuld geben!?

Das hast Du ganz recht: nicht gezwungenermaßen.

Meine Überlegung ging mehr in die Richtung, dass dieses Verhalten für die Briten als Filigrantechniker sicher nicht ganz überraschend gekommen ist, so dass die gute alte Libero-Position die beste Übersicht bot. :winke:
 
Zurück zu Japan:
Nach meinen Informationen haben Engländer (zwar Finanzmittel versprochen, aber) keine Finanzmittel bereitgestellt. Haben den nun die Franzosen tatsächlich Anleihen zugunsten Japan aufgelegt? Und wenn ja, gab es tatsächlich keinen Finanzbedaf Japans mehr (ich denke, die Frage stellen heißt sie verneinen)?

Die Anleihen habe ich oben auszugsweise dargestellt, insoweit ist die Frage beantwortet. Oben ergaben sich rd. 79 Mio. GBP. Um die ganze Bedeutung und Abhängigkeit Japans von den Auslandsanleihen und damit den kapitalkräftigen Gläubigerländern F/GB/USA zu ermessen, lohnt der Blick auf die Inlands- und Auslandsverschuldung Japans in Mio. Yen (1897/1914 ca. 10 Yen = 1 GBP):

Inländische Schulden/ausländische Schulden:

1895: 290,6 Mio. - 2,4 Mio.
1897: 322,7 Mio. - 0,0 Mio. (Umstellung Golddeckung, halbierter Goldgehalt der Münzen)
1900: 311,4 Mio. - 97,6 Mio. (beginnende Plazierung der 1899er)
1904: 576,3 Mio. - 312,4 Mio.
1905: 938,1 Mio. - 1.142,3 Mio.
1906: 1.024,6 Mio. - 1.146,2 Mio.
1914: 307,5 Mio. - 1.524,6 Mio.
1919: 1.160,4 Mio. - 1.311,1 Mio.

Zischka: Japan in der Welt
Giichi Ono: War and Armament expenditures of Japan 1868-1913.

Staatseisenbahnen und Staatseisenwerke sind nicht einbezogen.
 
a) Wenn D tatsächlich einen Konkurrenten (RUS) ausgeschaltet hätte, wäre es zugleich als Konkurrent für JP erstarkt.
Deutschlands geografische Position für einen Kampf um China ist denkbar ungünstig. Weder besaß es einen Landzugang wie Rußland noch eine Netz aus Flottenstützpunkten wie GB. Außerdem hätte das deutsche Hauptinteresse im Falle eines Sieges eher in der Beherrschung Osteuropas gelegen, als in der Beherrschung Chinas. Als ernsthafter Konkurrent um die Beherrschung Chinas kam Deutschland für Japan m.E. nicht in Betracht.

Ist aber spekulativ: der Konkurrent RUS wurde tatsächlich selbst durch das Chaos 1917/18 nicht ausgeschaltet und stellte wieder in den 20ern bis 1940 eine ernsthafte Bedrohung dar;
Aber der außenpolitische Druck Russlands hätte sich, wenn Deutschland die Ukraine besetzt, vermutlich nach Westen verlagert.

b) der Konkurrent GB würde bei einem Patt in Europa stets als Seemacht in Fernost verbleiben.
Bei einem Patt, ja, nicht bei einem deutschen Sieg.

Zugespitzt wäre die optimale japanische Position ein lang anhaltender Krieg in Europa gewesen, der am Ende alle europäischen Mächte im Patt stark geschwächt hinterläßt.
Naja, so ähnlich ist es doch gekommen, hat nur den Japanern nix genutzt, jedenfalls was die Besetzung Chinas angeht. Der entscheidende Punkt ist. so meine ich, dass Japan 1914 eben nicht entschlossen war, China um jeden Preis und zu jedem Risiko zu besetzen. Insofern fehlte die Grundvorraussetzung, um an der Seite der Deutschen auf alles oder nichts zu gehen. Aufgrund der Weltwirtschaftskrise gab es ja nochmal so etwas wie einen Rechtsruck in Japan. Und selbst dann ist Japan in den Chinakrieg eher hineingeschlittert durch Machenschaften der Militärs, als das ein wirklicher Entschluß der politischen Führung dagewesen wäre, jetzt oder nie alles auf eine Karte zu setzen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Deutschlands geografische Position für einen Kampf um China ist denkbar ungünstig. ... Als ernsthafter Konkurrent um die Beherrschung Chinas kam Deutschland für Japan m.E. nicht in Betracht.
Wenn wir schon spekulieren, dann auf die Beerbung der französischen Positionen in Fernost. Dieses, plus Flotte plus Ausbau der pazifischen Position analog des japanischen Vorgehens bis 1940, hätte durchaus eine Bedrohung der japanischen Ziele ergeben. Dieses läßt sich anhand der japanischen Abstützung auf die Inselketten und die militärischen Nachkriegs-Planungen gegen die USA aufzeigen.

Der entscheidende Punkt ist. so meine ich, dass Japan 1914 eben nicht entschlossen war, China um jeden Preis und zu jedem Risiko zu besetzen. Insofern fehlte die Grundvorraussetzung, um an der Seite der Deutschen auf alles oder nichts zu gehen.
So sehe ich auch das japanische Kalkül.


Aufgrund der Weltwirtschaftskrise gab es ja nochmal so etwas wie einen Rechtsruck in Japan. Und selbst dann ist Japan in den Chinakrieg eher hineingeschlittert durch Machenschaften der Militärs, als das ein wirklicher Entschluß der politischen Führung dagewesen wäre, jetzt oder nie alles auf eine Karte zu setzen.
Das wiederum halte ich für einen gewagten und einen Fehl-Schluß. Der Einfluß der Militärs - "Rechtsruck" ist da schlecht denkbar - war die Konstante 1907-1941.

Bei Eröffnung des Zweiten Chinesisch-Japanischen Krieges wurde mitnichten - wie sich auch tatsächlich durch den Ablauf erwies - "alles auf eine Karte" gesetzt. Was passierte denn zunächst außer der Quarantäne-Rede? Lediglich der diplomatische Rückzug 1940 blieb als Option verschlossen, aber das ist eine spätere Entwicklung mit diversen Kabinettswechsel (und mit Blickwinkel auf den neuen Europäischen Krieg).
 
Der Betrachtung von Einzelereignissen verstellt den Blick auf die großen Entwicklungslinien. Die wirtschaftliche Basis der Kolonialmacht England (nämlich die Kolonien) war angesichts der aufstrebenden Industrienationen (Deutschland, Japan, USA) nicht mehr geeignet die Weltmachstellung Englands aufrechtzuerhalten. Das ergab ein Machtvakuum (gleichgültig, ob es jemand haben wollte oder nicht). Dieses kann nur durch diese aufstrebenden Mächte gefüllt werden (merkwürdigerweise kam es nicht darauf an, ob entsprechende Kriege gewonnen wurden). Dass Japan das - zusätzlich durch den Krieg schwer getroffene - England aus China verdrängt, ist zunächst eine wirtschaftliche Angelegenheit, die Politik folgt ihr (was sollte sie auch tun, die Wirtschaft bremsen? wozu?). Ich kann nicht erkennen, dass England Japan ernstlichen Widerstand entgegensetzte (wie auch), den gab es erst von den USA. Die sahen sich als natürlichen Erben des Empires.
 
Der Betrachtung von Einzelereignissen verstellt den Blick auf die großen Entwicklungslinien. Die wirtschaftliche Basis der Kolonialmacht England ... Die sahen sich als natürlichen Erben des Empires.

Huch, jetzt bekommen die Postulate ja fast einen ideologischen Touch.

Dann würde ich gerne folgende "Einzelereignisse" sowie Entwicklungslinien anfügen:


1. Die Japanische Marine verfolgte die Inbesitznahme der mittleren Inselgruppen im Pazifik ca. seit 1880 als Doktin. Sie wurden - anders als oben einmal angeklungen, #26: "die popeligen deutschen Inseln" - strategisch als Basis der Absicherung von Japan selbst und seiner Expansion auf dem asiatischen Kontinent angesehen. Das sie diese Rolle 1944 nicht erfüllen konnten, steht auf einem anderen Blatt, 2000 Seiten weiter. Dazu ein erhellendes Zitat bzgl. der Okkupation: Marine - Stabsorder vom 15.10.1914: "The South Seas Islands are to be made the occupied territory of the Imperial Navy. Keep this in mind, and execute your duties in accordance with this aim." Auf die Nachkriegs-Defensivplanungen mit den Drehpunkten hatte ich schon hingewiesen.
Charles Schencking: Making Waves: Politics, propaganda, and the emergence of the Imperial Japanese Navy 1868-1922.

2. Zur Beseitigung des deutschen Einflusses ein erhellendes Zitat von Okuma zum Ultimatum an das Deutsche Reich betr. Tsingtao
Et-Zeichen ? Wikipedia
"Japan's object is to eliminate from the continent of China the root of German influence, which forms a constant menace to peace in the Far East. Japan's wartime operations will not, therefore, extend beyond the limits necessary for the attainment of that object."

Der Fokus sollte wohl klar sein.
Richtig zu stellen am zweiten Zitat ist der Hintergrund des Ultimatums, britisches Drängen. Unverhohlen kommt das zweite Ziel der Expansion zum Ausdruck, wie zuvor im Statement der IJN. Verhandlungen über das Ultimatum deutscherseits sind danach höchstens heiße Luft: Ambiguität, siehe #46.

Das britische Drängen sollte noch tiefergehend betrachtet werden. Große Aufregung vor allem auf japanischer Seite (aber auch auf britischer!) bewirkte der Fall EMDEN/RJASAN am 4.8. Zwei Tage zuvor hatte Tokio aber bereits in London bzgl. des Beistandspaktes angefragt und Unterstützung angeboten. Die britische Reaktion war zunächst zögerlich, dann von dem Problem eines Kreuzerkrieges in Asien beeindruckt und positiv. Auf japanischer Seite wurden nach drei Tagen Verhandlungen die Dinge am 7./8. August 1914 festgeklopft. Es folgte die Mobilisierung der Armee, der Rest ist bekannt: zB Edwin Hoyt, The Fall of Tsingtao.


So stehen wohl die Einzelereignisse, Dogmen, Strategien und Personen Deiner Analyse entgegen. Man sollte darauf verzichten, 2008 auf Basis von Tirpitz und Ferguson (siehe #68: Ökonomie) den Japanern ihre angeblich vorteilhafteste Strategie 1902/05/07/14 vorrechnen. Das geht an den Sachverhalten glatt vorbei.

Zu den übrigen Postulaten in #68 ist noch einiges anzumerken, wäre aber hier off topic.
 
Sicherlich nicht ideologisch, einfach nur die Grundzüge der Geschichte und eine Landkarte.

Nach der Öffnung durch die Amerikaner kam es zu Reformen, diese führten (ich zitiere wikipedia) zu „explosionsartigem Wachstum und effizienter Rüstungspolitik“. Auf solche inneren Verhältnisse muss die Außenpolitik reagieren (ganz gleich was geschrieben), solange diese Voraussetzungen vorliegen, wird die Außenpolitik expansiv sein. Was helfen die Zitate von irgendwelchen Autoren, wenn die Politik einen anderen Weg geht. Wenn die Außenpolitik geändert werden soll, muss das innere Wachstum gebremst werden (was sehr schwierig ist). Ein Blick in die Geschichte Japans zeigt, dass die Außenpolitik expansiv war (das war bei den Grundvoraussetzungen auch nicht wirklich änderbar) und ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass Japan nach China ausgreifen musste (und auch ausgegriffen hat). Es gab ein unbefriedigendes Bündnis mit England (siehe den Vertrag von Portsmouth, mit dem Japan – mal wieder – unzufrieden war). Die amerikanische open door policy war doch direktgegen Japan gerichtet.

Im 1.Weltkrieg kämpften die Japaner mit den Alliierten (das Zitat von Okuma ist evidente Propaganda - vermutlich zu Kriegsbeginn ausgesprochen). Die deutsche Expansion bestand in dem für Japan ungefährlichen Ostasiengeschwader. Wirtschaftlich war Tsingtau der sechstgrößte Handelsplatz in China (1897 war es noch ein Fischerdorf). Auch diesbezüglich konnten die Japaner nur profitieren. Okumas Aussage ist auch sachlich falsch, denn natürlich wollten die Japaner Kiautschou behalten (sie bekamen Kiautschou von ihren Alliierten auch versprochen), mussten es aber auf amerikanischen Druck kurze Zeit später (1922) an China zurückgeben. Es verwundert nicht, dass Japan auch mit dem Ergebnis des 1. Weltkriegs unzufrieden war. Die von Wilhelm II. bezeichnete Menage a trois (vor dem Krieg) war nun wirklich eine, Japan stand den angelsächsischen Mächten allein gegenüber (übrigens Wilhelms Äußerungen in Ereignisse und Gestalten über Japan sind nicht so negativ wie üblicherweise gesagt, vermutlich hängt ihm der Ausdruck die „gelbe Gefahr“ nach, damals ein üblicher Begriff, beruht wohl auf amerikanischer Einwanderungsgesetze, man wollte den Zustrom von Chinesen nach dem großen Eisenbahnbau stoppen).

Die Weltwirtschaftskrise bedeutete bei allen Mächten zunächst eine Einschränkung ihre expansiven Politik (ist auch klar, mit was soll man expandieren?). Die Expansionspolitik wurde in den 30iger Jahren von allen wieder aufgenommen, jetzt zeigte sich Japans ausweglose Situation. Wollte sie nicht mit England und USA in Konflikt kommen, musste die Wirtschaft gebremst werden (man war immer noch in der Krise, auch wenn sich Besserungen zeigten). Das war kein gangbarer Weg. Es war auch keine Überraschung. Der Konflikt Japans mit den USA und England war schon vor dem 1. Weltkrieg vorgezeichnet. Es half Japan gar nichts, dass sie 1914 den einfachsten Weg wählten, Japans Politik endete in einer Sackgasse.

Die angesprochenen Südseeinseln sind angesichts der Zerschlagung des japanischen Imperiums eine echte Kuriosität. hatten im Frieden keine Bedeutung und im Krieg schon gar nicht. Es ist auch vollkommen abwegig, diesen in einem Konflikt mit England und den USA einen strategischen Wert beizumessen. Den konnten sie nicht haben.
 
Der Reihe nach:
Die angesprochenen Südseeinseln sind angesichts der Zerschlagung des japanischen Imperiums eine echte Kuriosität. hatten im Frieden keine Bedeutung und im Krieg schon gar nicht. Es ist auch vollkommen abwegig, diesen in einem Konflikt mit England und den USA einen strategischen Wert beizumessen. Den konnten sie nicht haben.

Die Aussage ist kontrafaktisch.
Zum einen hast Du offenbar oben die Formulierung des japanischen Marinestabs nicht gelesen, die das Gegenteil ausdrückt. Zum anderen habe ich oben die zentrale Planung der IJN (Absicherung) gegen Osten skizziert. Lies einfach nochmal #23, die Einflüsse von Mahan auf die japanische Marine, dann #30 zur Darstellung der "real existierenden" Abwehrpläne über 25 Jahre, abgedruckt in Lacroix/Wells II.: Japanese Cruisers of the Pacific War (S. 10ff, 114ff.) und schließlich den direkten Zusammenhang mit den japansichen Flottenbauprogrammen seit 1907.


Die amerikanische open door policy war doch direktgegen Japan gerichtet. .
Die Politik der "offenen Tür" wurde ebenso deutlich von Wilhelm II. vertreten. Was bedeutet das Deiner Meinung nach?
Im übrigen bezieht sich diese Doktrin auf China, und ist gegen die Zerstückelung Chinas durch die europäischen Großmächte im Verband mit Japan gerichtet. Wenn das "direkt" gegen Japan gerichtet sein soll, bitte sehr.

ein Tipp: mal mit der Lansing-Mission beschäftigen:
The Imperial Japanese Mission to the United States, 1917. Appendix B.

Es gab ein unbefriedigendes Bündnis mit England (siehe den Vertrag von Portsmouth, mit dem Japan – mal wieder – unzufrieden war).
Belege für die "Unzufriedenheit"? Details, Auswirkungen?


Die deutsche Expansion bestand in dem für Japan ungefährlichen Ostasiengeschwader.
Ein Fehlschluß, wie der japanische "Navy Scare" am 4.8.1914 zeigt. Anders als im britischen Fall zeigte er hier sogar politische Folgen in der 3-Tages-Konferenz der Militärs bis zum 7.8.1914. Es kommt nicht darauf an, was man retrospektiv dazu vermutem kann, sondern wie die Wahrnehmung in Tokio real war. Nach dem Aufbringen der Rjasan am 4.8.1914 war in der japanischen Presse eine Handelskrieg-Hysterie losgebrochen, bezogen auf das deutsche Geister-Kreuzergeschwader in Fernost.

Ferner übersiehst Du die strategischen Zusammenhänge zwischen Kiautshou und der in diesem Zeitraum für Japan zentralen Expansion in Korea. Wie Tirpitz mal richtig feststellte (siehe oben), waren die Deutschen und Russen die direkten Kontrahenten. Dann wirkten sie auch noch im japanisch-russischen Krieg zusammen (Doggerbank etc. wurde hier noch nicht als Krise erwähnt). Das Argument wurde im Memorandum der Marine für Tsingtao übersehen (nicht aber zuvor von Tirpitz beim "Brandy-Soda")

...diese führten (ich zitiere wikipedia) zu „explosionsartigem Wachstum und effizienter Rüstungspolitik“. Auf solche inneren Verhältnisse muss die Außenpolitik reagieren (ganz gleich was geschrieben), solange diese Voraussetzungen vorliegen, wird die Außenpolitik expansiv sein.
Wenn schon eine Kausalkette, dann bitte in der richtigen Reihenfolge: Erstmal (siehe oben die Darstellung oben) führten die Rüstungsausgaben zum japanischen Haushaltsdefizit. Die Rüstung war durch die expansive Ausrichtung der Außenpolitik bestimmt. Diese Außenpolitik bestimmten die Militärs, im wesentlichen im Dauerstreit zwischen Marine (-> Pazifik) und Heer (-China).
Hier hilft Dir ein Vergleich der Ausgabendefizite und der Rüstungssteigerungen weiter, Quelle habe ich oben zitiert. Die finanzielle Schieflage resultierte mitnichten aus dem Wachstum der japanischen Binnenwirtschaft, sondern vielmehr aus den Staatsausgaben für Rüstung, die zu wesentlichen Teilen im Ausland verschwanden: "Kanonen statt Butter". Nun kann man um Huhn oder Ei streiten: die Außenpolitik ist der Zwilling der japanischen Rüstung, insofern ist die obige Aussage ("solange diese Voraussetzungen vorliegen, wird die Außenpolitik expansiv sein") ein glatter Zirkelschluß.

Wirtschaftlich war Tsingtau der sechstgrößte Handelsplatz in China (1897 war es noch ein Fischerdorf). Auch diesbezüglich konnten die Japaner nur profitieren.
Bitte den japansichen Profit aus Tsingtao vor 1914 belegen. Sehe ich nicht.

(übrigens Wilhelms Äußerungen in Ereignisse und Gestalten über Japan sind nicht so negativ wie üblicherweise gesagt, vermutlich hängt ihm der Ausdruck die „gelbe Gefahr“ nach, damals ein üblicher Begriff, beruht wohl auf amerikanischer Einwanderungsgesetze, man wollte den Zustrom von Chinesen nach dem großen Eisenbahnbau stoppen).
Es ging nicht darum, wie niedlich Wilhelms Äußerungen aufzufassen sind, sondern wie sie in Japan reflektiert wurden. Die Presse sah übrigens Tsingtao 1914 ebenso als Revanche für 1895 wie Tsushima 1905.

Okumas Aussage ist auch sachlich falsch, denn natürlich wollten die Japaner Kiautschou behalten (sie bekamen Kiautschou von ihren Alliierten auch versprochen), mussten es aber auf amerikanischen Druck kurze Zeit später (1922) an China zurückgeben.
Hier hast du das Zitat oben nicht verstanden?

Okuma und die Armee wollten Tsingtao nicht wieder hergeben. Ansonsten ist das Zitat vom Datum des Ultimatums an das Deutsche Reich, im kleinen Kreis abgegeben. Ob sie "sachlich falsch" ist (vielleicht meinst Du auch "dumm"), möchte ich nicht beurteilen. Sie ist schlicht Fakt und erhellt die Kriegsziele. Für eine quellenkritische Analyse der Aussage wäre ich aber dankbar. Wenn das Ergebnis nicht mit den Meinungen des deutschen Außenamts oder diversen Tirpitz-Ergüssen überein paßt: Ambiguität, siehe oben #46.


Es half Japan gar nichts, dass sie 1914 den einfachsten Weg wählten, Japans Politik endete in einer Sackgasse.
Völlig einverstanden, es war "einfach", naheliegend, zielentsprechend und kurzfristig realisierbar. Aus einer solchen Konstellation entstehen Fakten. Danach wollte man (heißt: Armee und Marine) weitersehen.


P.s auf die "Weltwirtschaftskrise" wollte ich jetzt nicht eingehen, das führt mir zu weit weg.
 
# 71 Lediglich einige kurze Anmerkungen zu den diversen Einzelfragen.

Ich habe Probleme damit etwas zu akzeptieren, das keinen Sinn macht, nur weil jemand ein Zitat liefert. Hinter geschichtlichen Ereignissen stehen Interessen. Die Südseeinseln können keine Bedeutung gehabt haben und haben keine Bedeutung gehabt, ich habe nicht die Möglichkeit die Literatur nachzulesen, aber ich kann erkennen, wann etwas abwegig ist.

Zur Unzufriedenheit mit dem Vertrag von Portsmouh vgl. die Hibiya-Auschreitungen und den Rücktritt der Regierung von Katsura Taro 1906.

Das Ostasiengeschwader konnte niemals der jap. Flotte gefährlich werden. Eine solche Navy-Scare hatte keine Basis im Faktischen. Es war sicherlich keine „Scare“ der Regierung, oder? Deine eigene Wortwahl (Hysterie) belegt das ja selbst.

Die Aussagen zur Rüstungspolitik, Handelsdefizit, gehen am eigentlichen Problem vorbei. Das Japan vor 1854 war ein anderes als nach 1854. Die hier besprochenen Probleme kann nur das Japan nach 1854 haben. Der Grund für die ausgreifende (also imperialistische) Politik war die sehr erfolgreiche Industrialisierung. Wie die anderen Industriemächte (USA, Deutschland) brauchten sie Märkte, die man sich durch die Außenpolitik sichern wollte. Die Interessen aller industrialisierten damaligen Mächte betrieben von der Grundstruktur die gleiche Politik und die musste expansiv sein (egal ob Demokratie, Monarchie, auch mit Komponenten einer Militärdiktatur).

Alle Industriemächte profitieren voneinander, ein deutscher Handelsplatz in China ist die Messe für deutsche Güter und der Einkaufsplatz Japans für diese Güter.
Okuma wollte Tsingtao nicht wieder hergeben, wurde aber von den USA dazu gezwungen, das habe ich so verstanden und geschrieben. Die von Dir gepostete Lansing-Note („..deny…infringe territorial integrity of China…“), Was die Japaner unterschrieben haben, war doch nicht ihre Politik.

Die Sackgasse (und 1945) ist das Gesamtergebnis der japanischen Politik. Da scheinen wir uns ja einig zu sein.

Die – leider nur in Teilen mögliche – Lektüre von Ute Mehnert, Deutschland, Amerika und die „gelbe Gefahr“ finde ich doch sehr aufschlussreich. Da gab es wie von mir vermutet doch einige Aktivitäten bezüglich einer besseren Übereinkunft mit Japan (auch von Wilhelm II. der in seinen Ereignissen S. 67/8 darüber schreibt, wie auch über seine beschränkten Möglichkeit in der Außenpolitik, S. 116/8). Das Problem war nicht Japan, sondern die unrealistische Annäherungspolitik Bethmanns und des Außenamts gegenüber England. Man ging nicht auf Japan zu, um England nicht zu verärgern. Das macht – wenn man Bethmanns Politik akzeptiert – Sinn. Daran sieht man auch wie fehlgeleitet Bethmanns Politik war. Englands Ziel war eine Verringerung der deutschen Flotte auf eine Größe, die den Erstschlag (nach damaliger Theorie) möglich machte. Bethmanns Gegner (z.B. Tirpitz) wollten der Risikotheorie weiter Geltung verschaffen, in dem auf Englands Bündnispolitik (Frankreich, Russland) reagiert wird. Da war Japan eine erste Adresse (man wollte zunächst nur die Neutralität Japans). An Tirpitz Argument, Japan (also seine Neutralität) hätte den Kriegsausbruch vermutlich verhindern können, ist etwas dran. Die Dislozierung der Navy ließ Ostasien faktisch ohne englische Militärpräsenz, eine günstige Gelegenheit für Japan, wenn der Krieg in Europa für England ungünstig lief. England hatte vor solch einen Fall vorgesorgt. Es gab nämlich keine vertragliche Bindung bezüglich Frankreich. England war in seinen Entscheidungen frei. In London hätte ein neutrales Japan zu größerem Nachdenken Anlass gegeben wie Bethmanns „scrap of paper“.

Auch Japans Haltung wird zumindest nachvollziehbar. Was will man machen, wenn Deutschlands Kanzler nicht will. Dann entschied man sich – um # 55 Hayashima zu zitieren " für die japanische Expansion." Da sieht doch eher so aus, dass man realistische Alternativen nicht sah.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Reihe nach:

Ich habe Probleme damit etwas zu akzeptieren, das keinen Sinn macht, nur weil jemand ein Zitat liefert. Hinter geschichtlichen Ereignissen stehen Interessen. Die Südseeinseln können keine Bedeutung gehabt haben und haben keine Bedeutung gehabt, ich habe nicht die Möglichkeit die Literatur nachzulesen, aber ich kann erkennen, wann etwas abwegig ist.
Die Bedeutung zu negieren, heißt, sich mit der Kaiserlichen Marine nicht auszukennen. Daran kann ich nichts ändern, siehe aber die Literaturhinweise.

Zum "haben keine Bedeutung gehabt": das läßt sich natürlich anhand der Folgezeit ablesen. Wir reden hier u.a. über die Strategische Planung ab 1919, bei der (wie oben dargelegt) kontinuierlich die Bedeutung der Inseln verarbeitet wurde. Ein kleiner Randaspekt: Truk in den Karolinen wurden zum zentralen japanischen Flottenstützpunkt im Pazifik. Randnotizen dazu:
Operation Hailstone - Wikipedia, the free encyclopedia
Chuuk - Wikipedia, the free encyclopedia
Weitere Stichworte: Kwajalein, Saipan, Tinian.

Zur Unzufriedenheit mit dem Vertrag von Portsmouh vgl. die Hibiya-Auschreitungen und den Rücktritt der Regierung von Katsura Taro 1906.
Das Mißverständnis liegt wohl hier begraben:
Treaty of Portsmouth - Wikipedia, the free encyclopedia
Der Rücktritt und die Unruhen bezogen sich auf die russisch-japanischen Vereinbarungen,
Hibiya Incendiary Incident - Wikipedia, the free encyclopedia
Anglo-Japanese Alliance - Wikipedia, the free encyclopedia
nicht auf Unzufriedenheit mit der britischen Zusage auf Ausdehung des Einflusses in Ostasien. Zudem brauchte man das Geld.

Daher Nachfrage: wo sind die Folgen der Unzufriedenheit mit dem britisch-japanischen Bündnis abzulesen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Ostasiengeschwader konnte niemals der jap. Flotte gefährlich werden. Eine solche Navy-Scare hatte keine Basis im Faktischen. Es war sicherlich keine „Scare“ der Regierung, oder? Deine eigene Wortwahl (Hysterie) belegt das ja selbst.

Erledigt sich hierdurch mit Deinen Worten:
Hinsichtlich der "scare" sollten auch die Ausführungen von P. Overlack, "Maritime Power in the 20. Century" im Kapitel Australia and Germany, S. 22 ff. (im Internet) gelesen werden. Er berichtet von einer geradezu absurden Angst der Australier vor den wenigen Deutschen (wikipedia schreibt von 2.069 Europäern und Amerikanern und 2.400 Soldaten für 1913 im von Sdney etwa 8.000 km entfernten Tsingtau).

Zu silesia #126 Ich halte es nicht für richtig Stimmungen in der Bevölkerung als Luftblasen zu bezeichnen. Die Politik reagiert auf so etwas, gleich ob in demokratischen oder autoritären Systemen.
http://www.geschichtsforum.de/378662-post127.html
Was also waren die politischen Reaktionen Japans?

Alle Industriemächte profitieren voneinander, ein deutscher Handelsplatz in China ist die Messe für deutsche Güter und der Einkaufsplatz Japans für diese Güter.
Belege für den deutsch-japanischen Handel in Tsingtao?
Zur Bedeutung der dt.-chines. Güterströme für den deutschen Handel habe ich oben Zahlen dargestellt: vernachlässigbar. Es ging um Rohstoffe, wobei die dortige Kohle sich über alles als Enttäuschung erwies. Einige der hoffnungsfrohen Gründungen (siehe oben) gingen in die Pleite, andere benötigten dagegen ständig Kapitalnachschub.


Wie die anderen Industriemächte (USA, Deutschland) brauchten sie Märkte, die man sich durch die Außenpolitik sichern wollte. Die Interessen aller industrialisierten damaligen Mächte betrieben von der Grundstruktur die gleiche Politik und die musste expansiv sein (egal ob Demokratie, Monarchie, auch mit Komponenten einer Militärdiktatur).
Das über einen Kamm zu scheren, verkennt die unterschiedlichen Strukturen.
Welche Güter betraf das deutsche Ausfuhrinteresse, welche davon mit welchem Anteil nach China? Ein Blick in die Statistiken bis 1914: vernachlässigbar.
Welche Güter betraf das deutsche Importinteresse in Bezug auf China: vorwiegend Rohstoffe. Anteil laut Reichsstatistik: vernachlässigbar.

Im übrigen liegt hier ein Irrtum über die Visionen vor: die 410 Mio. Chinesen wurden 1914 nicht - von Billigwaren abgesehen - als "Nachfrager" begriffen. Insofern sind die häufig anzutreffenden "Markt"-Debatten speziell aus der deutschen Sicht schwer verständlich.

Die Diskussion ist aber einem Nebengebiet gewidmet: es ging vielmehr um die japanische Industrialisierung, und das allein rüstungsbedingte Defizitproblem. Wenn hier ein zusammenhang behauptet wird, würden mich möglichst detailliert die japanischen Marktinteressen in China (Werte?) und Korea (Werte?) sowie Mandschuria (Werte?) interessieren. Wie also sah die japanische Außenhandelsbilanz bis 1914 diesbezüglich aus, da ja in dieser Richtung das expansive Interesse lag?
 
Zuletzt bearbeitet:
Es geh um die Zukunftschancen, Tsingtau ist gerade erst gegründet worden. Die Wachtstumsraten und Chancen sind entscheidend, vgl. #31. Zur Erinnerung: Deutschland und Japan wurden im 20. Jahrhundert (nach den USA) zu den größten Industriemächten der Welt. Das ist richtiges Potential, der vielkritisierte Tirpitz war ein kluger Kopf.

Zur Scare: Wie gesagt, es kommt darauf an, ob die Regierung eine scare hat. Ht sie die Bevölkerung, wird eine verantwortliche Regierung entsprechend darauf reagieren.
 
Diese Diskussion entwickelt sich zu meinem Bedauern in eine Recht unbefriedigende Richtung. admiral, silesia hatte oben um Belege zu deiner These des beiderseitigen Nutzens und v.a. Stattfindens deutsch-japanischen Handels gebeten. Ich bitte doch auch um selbige. Es würde sehr viel mehr Licht in die Situation bringen.
Der Betrachtung von Einzelereignissen verstellt den Blick auf die großen Entwicklungslinien.
Und das ist ja wohl einfach nur Unsinn. Denn eine große Entwicklungslinie besteht nun einmal aus kleinen Details und auch die Abweichung ist der Erwähnung stets wert.
In deinem obigen Beitrag weichst du nun auf ein großes "Potenzial" aus. Auch hier konnte ich bislang keinen Beleg finden, der beweist, dass die Deutschen dieses Potenzial erkannt hatten und wahrgenommen hatten. Außerdem, wäre für einen neu erschlossenen Markt ein asiatisches Land wirklich die günstigste Alternative? Das ist beim damaligen Entwicklungsstand Chinas durchaus zu bezweifeln...
 
Der ökonomische Nutzen aus einer Beziehung Deutschlands und Japans ist der Nutzen, den Industriestaaten im 20. Jahrhundert voneinander hatten. Es gab im 20. Jahrhundert (und vorher in der Weltgeschichte) keinen größeren Nutzen. Industriestaaten profitierten von Industriestaaten. Im Gegensatz hierzu funktioniert ein Kolonialsystem anders, es ist ein Wirtschaftskreislaufsystem (zB die Textilwirtschaft England Indien, Rohstoffe und einfache Vorprodukte kommen aus Indien, Veredelung in England, Absatz im bevölkerungsreichen Indien mit Vorzugsstellung des Kolonialherrns). Dieses System macht bei Indudtriestaaten nur bezüglich der Rohstoffe Sinn. Industrieprodukte brauchen entwickeltere Staaten als Abnehmer. Japan hatte hier beste Entwicklungschancen und ist auch zur zweitgrößten Industriemacht aufgestiegen. Die Antwort ergibt sich aus dem Wesen der industrialisierten Welt.

Die große Entwicklungslinie ist, dass Japan allein gegen England und die USA stand und diesen Gegnern nicht gewachsen sein konnte. Der Endpunkt ist Hiroshima. Diese Entwicklung konnte nur durchbrochen werden, wenn sich Japan den USA wirklich unterordnete (anders ausgedrückt, das Einzelereignis muss eine solche Durchbrechung, sonst bleibt es ein Einzelereignis, das keine weiteren Folgen haben kann). Das wollte Japan nicht. Die weitere Entwicklung erfolgte bis zum heutigen unter dem Schutzschirm der USA.

Das Potenzial Chinas ist seine Bevölkerung. China war nach Indien der wichtigste Pfeiler des Empire. China ist vor dem 1. Weltkrieg wichtig gewesen (England) und war nach dem 1. Weltkrieg (Japan, USA) wichtig (der Beleg ist einfach die Geschichte). Aufgrund einer einheitlichen politischen Führung und inneren Reformen wurde China ein eigener beachtlicher Machtfaktor. Sein Potenzial ist wie früher seine enorme Bevölkerung. Der Streit zwischen Japan und den USA über China war ein Grund für den Krieg zwischen beiden Ländern, immerhin Teil des 2. Weltkriegs. Die Politik hat China durchaus Potential beigemessen.

China war damals politisch schwach, es war sicherlich nicht wie Europa entwickelt, aber auch nicht unentwickelt (wie z.B. afrikanische Kolonien). Im Übrigen ist Politik Gestaltung der Zukunft, es geht um Entwicklung, nicht um die Beibehaltung eines gefundenen Status Quo.
 
Der ökonomische Nutzen aus einer Beziehung Deutschlands und Japans ist der Nutzen, den Industriestaaten im 20. Jahrhundert voneinander hatten. ... Japan hatte hier beste Entwicklungschancen und ist auch zur zweitgrößten Industriemacht aufgestiegen. Die Antwort ergibt sich aus dem Wesen der industrialisierten Welt. ...
China war nach Indien der wichtigste Pfeiler des Empire

Das Subthema "Japan" im Kontext von "Das Deutsche Kaiserreich" verlangt eine gewisse zeitliche Eingrenzung. Deshalb wird hier, zu Recht, nach Fakten gefragt, die den Zeitraum von etwa 1890-1920 betreffen - also nach dem, was die handelnden Politiker damals in ihrem Entscheidungs-Portfolio berücksichtigen konnten, und da hilft es eigentlich wenig, aus einer 80 Jahren entfernten Zukunft zu argumentieren.

Ich wäre ja gern bereit, Dir in einigem zuzustimmen, und niemand erwartet auch, dass hier jeder Satz belegt wird. Aber auch eine These wie "China war..." trägt doch nur dann zur Klärung bei, wenn Du anhand von Fakten darlegen kannst, was damals (!) Sache war bzw. durch welche Tatsachen die These gestützt wird.

Und was das "Wesen" betrifft, so wäre es sicher zweckmäßig, zunächst einmal den Bereich des "Verwesentlichbaren" zu bestimmen (vgl. Xavier Zubiri: Vom Wesen. München: Hueber 1968, Kap. 7, S. 81 ff.).
 
Der ökonomische Nutzen aus einer Beziehung ...
Die große Entwicklungslinie ist, ...
Die Antwort ergibt sich aus dem Wesen ...
Das Potenzial Chinas ist ...
Aufgrund einer einheitlichen politischen Führung und inneren Reformen wurde China ...
Die Politik hat China ...
China war damals ...
Im Übrigen ist Politik ...

Die weitere Diskussion hat bei solchen Allgemeinplätzen keinen Sinn mehr. Das Ausweichen hat offenbar Methode, oben sind nunmehr genügend Beispiele nachlesbar.


Sollten wider Erwarten noch Faktendarstellungen mit ihren Bewertungen statt Vermutungen kommen, werde ich weiter gerne versuchen, dazu beizutragen oder zu ergänzen. Vielleicht ist das dann wenigstens für andere Leser interessant. :winke:
 
Sorry, ich verstehe Euch alle drei nicht.
Die Änderung des Wirtschaftssystems (Kolonialwirtschaft, Industriezeitalter) ist doch weniger ein Argument wie ein Faktum. Dass Deutschland und Japan zu den wichtigsten Industrieländern gehören, ist doch kein Argument, sondern eine Tatsache.
Geschichte hat den großen Vorteil, dass man sie aus zeitlicher Distanz betrachten kann. Warum soll ich das nicht machen?
Muss man die Bedeutung von China, insbesondere seine Bevölkerungszahl, für die letzten 100 Jahre hier in einem Forum tatsächlich mit Zahlen belegen?
 
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