Kaiser WIlhelm II. - Wegbereiter des Nationalsozialismus

Grebing, Helga: Der "deutsche Sonderweg" in Europa 1806-1945. Eine Kritik, Stuttgart u.a. 1986.
Nipperdey, Thomas:1933 und die KOntinuität der deutschen Geschichte, in: Historische Zeitschrift, 227, 1978, S. 86-111.
Kater, Michael H.: The Nazi Party. A Social Profile of its Members and Leaders 1919-1945, Oxford 1983.
Wirsching, Andreas: Weimarer Republik, München 2008.
 
Lafayette II.,
ja meiner Meinung nach waren die politischen und gesellschaftlichen Bedingungen für den NS von großer Bedeutung. Da der Großteil der Bevölkerung antidemokratisch und nationalistisch erzogen wurde, gab es einen gewissen Nährboden von dem die Nationalsozialisten profitierten. Heutzutage ist so etwas nicht mehr möglich, da wir kritikbewusst und nicht autoritär erzogen werden.

Wie würdet ihr denn eine Gliederung zu diesem Thema aufbauen?
Da die Präsentation nur 10 Minuten gehen darf kann ich die Fragestellung ja nicht zu 100% beantworten...
I. Erziehung im Kaiserreich
II. Antisemitismus
III. Ausbreitung der rechten Parteien im Kaiserreich z.B Alldeutscher Verband
IV. Außenpolitik Wilhelms "Platz an der Sonne" im Vergleich zu Hitler
V. Deutschlands Sonderweg

Als Fazit würde ich so etwas sagen wie Wilhelm II. hat in seinem Reich einen Nährboden für rechte Gesinnungen zugelassen, jedoch war es nie seine Absicht einer Person wie Hitler den Weg zu bahnen.

Kling das für euch logisch oder gehört viel mehr zu dieser Thematik?
 
Ich würde generell auf die Tendenzen, die vom Kaiserreich zum NS Staat führen, aufzählen und nicht nur einzelne Aspekte.

Und eine kritische Würdigung, siehe die Diskussion um den Sonderweg.
 
Lafayette II.,
ja meiner Meinung nach waren die politischen und gesellschaftlichen Bedingungen für den NS von großer Bedeutung. Da der Großteil der Bevölkerung antidemokratisch und nationalistisch erzogen wurde, gab es einen gewissen Nährboden von dem die Nationalsozialisten profitierten. Heutzutage ist so etwas nicht mehr möglich, da wir kritikbewusst und nicht autoritär erzogen werden.

Wie würdet ihr denn eine Gliederung zu diesem Thema aufbauen?
Da die Präsentation nur 10 Minuten gehen darf kann ich die Fragestellung ja nicht zu 100% beantworten...
I. Erziehung im Kaiserreich
II. Antisemitismus
III. Ausbreitung der rechten Parteien im Kaiserreich z.B Alldeutscher Verband
IV. Außenpolitik Wilhelms "Platz an der Sonne" im Vergleich zu Hitler
V. Deutschlands Sonderweg

Als Fazit würde ich so etwas sagen wie Wilhelm II. hat in seinem Reich einen Nährboden für rechte Gesinnungen zugelassen, jedoch war es nie seine Absicht einer Person wie Hitler den Weg zu bahnen.

Kling das für euch logisch oder gehört viel mehr zu dieser Thematik?

Das klingt logisch, du solltest aber bei deiner Präsentation auch auf Brüche hinweisen. es ist ja nun nicht so, dass die Entwicklung vom Kaiserreich zwingend zum Nationalsozialismus hätte führen müssen. Antisemitismus gab und gibt es in praktisch allen europäischen Staaten und weiß Gott nicht nur dort. Vom Ende her betrachtet, gibt es vieles, das auf eine gewisse Kontinuität vom Kaiserreich zum NS hindeutet. Wenn man aber um 1900 jemanden gefragt hätte, wo sich solche Greuel wie die Shoah ereignen könnten, wäre Deutschland vermutlich nicht zuerst genannt worden. Man hätte zuallererst an Russland gedacht, wo es noch 1905 zu Pogromen kam. Man hätte vielleicht unter dem Eindruck der Dreyfus-Affäre an Frankreich gedacht, vielleicht an die Donaumonarchie. Der Antisemitismus war in Deutschland nicht stärker ausgeprägt als in den Nachbarländern, und viele der deutschen Juden wie Fritz Haber waren ausgeprägte Patrioten. Der Militarismus und autoritäre Strukturen hat dem NS zugearbeitet, es war aber keineswegs so, dass diese besorgniserregenden Tendenzen nicht innerhalb des liberalen Bürgertums oder in Kreisen, die der Sozialdemokratie oder auch dem Zentrum gegenüber aufgeschlossen waren nicht in Frage gestellt wurde. Selten wurde ein Monarch und die schnarrenden Leutnants witziger verspottet, als im Simplizissimus. So hätte es kommen müssen-ja! So und nur so musste es kommen-nein! Die Weimarer Republik hätte nicht zwangsläufig scheitern müssen, und auch der 1. Weltkrieg hätte nicht sein müssen. Mit etwas Kulanz und Entgegenkommen wäre er leicht zu vermeiden gewesen. Ohne den Weltkrieg und ohne die Weltwirtschaftskrise hätte es keinen NS in Deutschland gegeben, und faschistische und faschistoide Staaten gab es nicht nur in Deutschland. Sie wurden aber vor allem in Staaten stark, die besonders durch den Weltkrieg und die Verwerfungen die er mit sich brachte in Mitleidenschaft gezogen wurden und kaum liberale und demokratische Traditionen hatten. neben den rechten Parteien hatte Deutschland auch die wohl stärkste und am besten organisierte Arbeiterbewegung. Die Alldeutschen hatten Einfluss, aber so groß war der auch wieder nicht. Die SPD war viel stärker. Auch der "deutsche Sonderweg" hätte nicht zwingend nach Auschwitz führen müssen. Ein zentralistischer Nationalstaat war auch nicht das Nonplusultra. Autoritäre Erziehung begünstigte sicher den NS, aber die war nicht nur in Deutschland verbreitet. Die Deutschen nach 1945 waren keine besseren Demokraten als die von 1918. Das Wirtschaftswunder versöhnte sie aber leichter mit der Bundesrepublik, während die Weimarer Republik nicht nur mit der Kriegsschuld, sondern auch mit Kriegsschulden und Inflation belastet war. Etliche Menschen verloren ihre Ersparnisse durch Inflation, Krisen und weil sie Kriegsanleihen gekauft hatten. Ohne den Versailler Vertrag und Wirtschaftskrisen, zuletzt die Weltwirtschaftskrise hätte die erste Republik in Deutschland nicht scheitern müssen.

Um den Platz an der Sonne ging es auch dem demokratischen Frankreich und Großbritannien, dessen Empire gut ein Sechstel der Welt ausmachte. Als eine neue, verspätete europäische Großmacht in der Mitte Europas konnte sich Deutschland aber kaum ausdehnen, ohne die Besorgnis seiner Nachbarn zu erregen. Es konnte nur Hegemonialmacht werden oder explodieren.

Dass so etwas nicht mehr passieren kann, ist optimistisch, aber da haben schon andere falsch gelegen. Um 1900 war Konsens in der Geschichtsforschung, dass sich ähnliche Gräuel wie die Hexenprozesse in Europa nicht mehr ereignen können. Politische und soziale Bedingungen sind immer wichtig, sie hätten sich aber in Deutschland nicht zwingend in Richtung NS entwickeln müssen. Nach dem 2. Weltkrieg gab es Leute, die in der deutschen Geschichte nur die Vorgeschichte des 3. Reichs sahen. Kontinuitäten sind schnell konstruiert, Rückblickend allemal, aber es sind doch eher historische Brüche, die für diese Katastrophe verantwortlich waren, und die Urkatastrophe war der 1. Weltkrieg. An dessen Ausbruch hat Deutschland, hat Wilhelm II. aber entscheidenden Anteil. Deutschland hatte zwar nicht die Alleinschuld, aber die Hauptverantwortung. Es war ein Staat, vor dem man erschrecken konnte. In nur wenigen Jahren hatte das reich GB überflügelt. es verfügte über die stärkste Armee, eine der besten organisierten Arbeiterbewegungen, die stärkste Industrie. Ein Nobelpreis nach dem anderen ging an deutsche Wissenschaftler, es war führend in der chemischen Industrie. Es stellt sich die Frage, ob das von Bismarck gegründete Reich nicht ein Auslaufmodell war, wenn es nur Hegemonialmacht werden konnte oder explodieren musste, weil es seine Nachbarn beunruhigte, beunruhigen musste.
 
Ich würde generell auf die Tendenzen, die vom Kaiserreich zum NS Staat führen, aufzählen und nicht nur einzelne Aspekte.

Und eine kritische Würdigung, siehe die Diskussion um den Sonderweg.

So konstruiert man Kontinuitäten, die sicher nicht zu vernachlässigen sind, erklärt aber nicht die Entwicklung ohne die Brüche wie den Weltkrieg und die Weltwirtschaftskrise. Viele Entwicklungen, die das Kaiserreich auszeichnen, existierten in ähnlicher Form auch in anderen europäischen Großmächten. Imperialistisch waren sie alle, autoritäre Erziehung gab es auch in GB, Frankreich, Russland und der Donaumonarchie. Von den 5 Großmächten verschwanden das Zarenreich, Österreich-Ungarn und das Kaiserreich nach dem Weltkrieg ganz. Autoritäre und totalitäre Systeme aber entstanden in den Nachfolgestaaten der Donaumonarchie, In Deutschland und Russland, ohne dass dort eine Persönlichkeit ähnlich wie Wilhelm II. den Weg bereitet hat. Überall aber waren es massive Brüche, die verantwortlich dafür waren.

Hinter die Ausgangsfrage ob Wilhelm II. ein Wegbereiter war, gehört, meiner Meinung nach ein ? Um die Frage einigermaßen sinnvoll beantworten zu können, würde ich das, was dafür spricht auflisten, das ist einiges. Einige der genannten Kontinuitäten kann man aufzählen. Es gibt aber auch einiges, was dagegen spricht. Ohne Wilhelm II. hätte es einen Hitler geben können, nicht aber ohne den 1. Weltkrieg und seine Verwerfungen. Hitler, Mussolini und in gewisser Weise auch Lenin, Stalin und Atatürk hätten ohne den Weltkrieg kaum eine solche Karriere gemacht.
 
Um ehrlich zu sein, habe ich mich mit der Sonderwegsthese zu wenig beschäftigt.

Das Problem der Einordnung wird noch unübersichtlicher, sofern man die Diskussion zum "Zweiten 30 Jährigen Krieg" berücksichtigt.

Zum einen, weil es eine historische "Klammer" um die Ereignisse macht, die die Abfolge "determinstisch" interpretieren. Dieses auch teilweise unter apologetischen Gesichtspunkten, da dann der Ausbruch des WW2 als Ergebnis des ungerechten Vertrags von Versailles interpretiert wird.

Allgemein formuliert Evans den Einfluss des Militarismus folgendermaßen: " Military force and military action created the Reich; .....with a radicalism and a ruthless that cast a long shadow over the subsequent development of Germany. They also thereby legitimized the use of force for political end to a degree well beyond what was common in most other countries except when they contemplated imperial conquests in other parts of the world . Militarism in state and society was to play an important part in undermining German democracy in the 1920 and in the coming of the the Third Reich."(Evans: The coming of the Third Reich, Pos. 632)

Und an diesem Punkt wird deutlich, wie kritisch man sich die einzelnen Interpretationen ansehen sollte.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Art von "Kontinuität" gemeint sein könnte.
Varinaten von Kontinuität:
1. Kontinuität im Sinne von bruchlose Entwicklung. Das ist sicherlich nicht zutreffend. In diesem Sinne ist auch Fischer (Bündnis der Eliten) und seine Vorstellung auch von der Konstanz der Eliten keine angemessener Narrativ mehr.
2. Luther, Wagner und KW II. als ideologischer Vorläufer von Hitler. Auch diese These wird ernsthaft wohl nicht vertreten, da die Widersprüche und Brüche zu gravierend sind.
3. "Wegbereiter": KW II als handelnde Person, der Einfluss nimmt und durch sein Handeln den NS Staat begünstigt. Auch diese These kann man ad Acta legen, weil KW II. - als Person - weitgehend irrelevant war für den Prozess der Machtergreifung von Hitler und das Aufkommen der NSDAP
4. Voraussetzung: Die NS-Bewegung war nicht voraussetzungslos. Sie hat partielle Ideologien adaptiert, die aus einem breiten Umfeld kamen.

Neben der ideologischen Fundierung im "Trümmerfeld" vieler politischer Ideen - rechter wie linker Ausrichtung - nach 1918, waren andere rechtsextreme nationalistische Parteien wichtig für die Wahlerfolge der NSDAP.

Die Wählerbewegung - folgt man Falter - verlief nicht in einem Schritt von der Mitte zur NSDAP. sondern die Wähler machten häufig einen "Zwischenschritt" bei der Wahlentscheidung. Weil sie die Alternativen zur NSDAP für nicht so radikal hielten.

Auch unter dieser Voraussetzung haben nicht nur die extremen deutschnationalen im Rahmen der "Harzburger Front" die NSDAP "wählbar" gemacht, sie haben auch als Parteien durch das Radikalisieren der politischen Sichten, das akzeptable ideologische Spektrum weiter nach Rechts, Richtung NSDAP, verschoben.

In diesem Sinne gab es viele Traditionslinien, die das Ausbilden der NS-Bewegung begünstigt haben. Aber es war auch der WW1 und noch vielmehr die Erfahrung der Wirtschaftskrisen in den zwanziger Jahren, die die politische Radikalisierung begünstigt haben.

Allerdings gibt es keinen Determinismus, wie Scorpio es richtig beschreibt, der vom 2. Deutschen Reich in das 3. Reich führen würde.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hey und viele Dank :)
Mein Gedanke war, dass Wilhelm II. nur zu einem geringen Teil Schuld an dem Nationalsozialismus hatte.
Dafür sprechen eben wie genannt die Erziehungspolitik der nun im NS Wahlberechtigten als auch eine gewisse Schuld am 1.Weltkrieg, welcher einen großen Einfluss auf die Entstehung des Nationalsozialismus hatte.

Nun will ich natürlich Wilhelm II. nicht als Sündenbock dastehen lassen.
Also sollte ich doch einfach eine These in meiner Präsentation aufstellen, die hinterfragt ob es auch ohne Wilhelm II. oder sogar in einem anderen Staat zu einem Faschismus kommen könnte.
Und dann könnte ich natürlich auf Italien und Mussolini deuten, indem sich auch ohne eine Persönlichkeit wie Wilhelm II. eine Faschismus entwickelt hat. Somit kann man ja die These, dass Wilhelm II. ein Wegbereiter des NS war ausschließen oder?
 
Chris, es geht doch nicht darum, was du "willst", sondern darum, zu welchem Urteil auf Grundlage der dir vorliegenden Argumente pro und contra der These kommst.
 
Ja ist mir schon bewusst...
nach all dem was ich bisher in Erfahrung gebracht habe ist Wilhelm II. meiner Meinung nach kein Wegbereiter (es komm ja auch immer darauf an wie man "Wegbereiter" interpretiert).
Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass er zu einem kleinen Teil verantwortlich ist und somit stellt sich mir nun die Frage wie ich diese "Unschuld" Wilhelms begründe. Und das geht nur indem ich die Faktoren für den Nationalsozialismus darstelle die unabhängig von Wilhelm sind. Dazu viel mir in erster Linie die These ein, dass der Nationalsozialismus auch in einem anderen Staat hätte stattfinden können^^.
 
Man sollte Schuld und Verantwortung voneinander unterscheiden. Über den Einfluss von Wilhem II. auf die Politik gibt es unterschiedliche Standpunkte. Manche Historiker sehen in Wilhelm eher so etwas wie eine Gallionsfigur, die Entscheidungen Günstlingen überließ, andere John Röhl sehen das etwas anders. Ein gerüttelt Maß an Verantwortung trifft ihn sicher daran, dass sein Reich sich zunehmend isolierte in Europa, dass Deutschland unbeliebt und gefürchtet wurde und schließlich sehenden Auges in die "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts", den Weltkrieg taumelte, den Krieg vom Zaun brach aus Angst "eingekreist" zu werden und später einem großen Krieg gegen mehrere Großmächte nicht mehr gewachsen zu sein.

Wilhelm teilte weitverbreitete rassistische Vorstellungen mit vielen Zeitgenossen. Er hielt blutrünstige Reden, die einem heute eine Anklage wegen Volksverhetzung einbringen können. Das hat er gemeinsam mit Martin Luther, der noch übler gegen Juden hetzte. Er war in einer herausragenden Stellung und machte durch sein Ansehen solche Ansichten hoffähig und akzeptabel. Mitglieder seiner Familie wie der Kronprinz und sein Sohn August Wilhelm haben zu Zeiten die NSDAP unterstützt. Manchmal gab er Sprüche von sich, die von Vernichtungsphantasien geprägt waren. Wie zum Beispiel der Spruch "gegen die Presse, Juden und Mücken hilft nur Gas. Eigentlich war er aber kein böser oder brutaler Mensch, man mag bezweifeln, ob er wirklich ernstlich russische Kriegsgefangene verhungern oder Juden vergasen wollte. Er hätte niemals allen Juden die Lebensberechtigung abgesprochen. Dass andere solche Sprüche in die Tat umsetzen würden hätte ihn wohl tief erschüttert. Das, was er von den Novemberpogromen 1938 mitbekam hat ihn ehrlich entsetzt. Die Nazis versuchten, ihn zu vereinnahmen, dem hat er sich widersetzt. Seine 2. Frau und seine Söhne Wilhelm und August Wilhelm waren aber durchaus empfänglich für braunes Gedankengut. Er hat niemals vor Antisemitismus gewarnt und sicher auch gewisse antisemitische und rassistische Vorurteile geteilt. Mit seiner Hunnenrede, mit zahlreichen Taktlosigkeiten hat er Deutschlands Ansehen beschädigt, hat dazu beigetragen, dass man die Deutschen the "Huns" nannte. Manches im Kaiserreich, in den Kolonien oder in den besetzten Gebieten während des Krieges nahm tatsächlich gewisse Dinge vorweg, die noch radikaler im 2. Weltkrieg fortgesetzt wurden. Wenn Wilhelm auch nicht unbedingt ein Wegbereiter der Nazis war, So hat er auch nicht energisch vor ihnen gewarnt. Kein Wort war von ihm zu den Entwicklungen seit 1933 zu hören, und zu den Novemberpogromen 1938 hat er sich eher im privaten Kreis geäußert. Ob man ihm da überhaupt noch zugehört hätte, ist fraglich, als er 1918 nach Holland ins Exil ging, war kaum noch jemand in Deutschland traurig darüber. Das Ansehen, das er einmal hatte, war 1918 ziemlich verspielt. Wenn er ein Wegbereiter war, dann in dem, was er vergeigt, unterlassen und versäumt hat. Ob man ihm das vorwerfen kann, mag jeder selbst entscheiden.
 
..
Somit kann man ja die These, dass Wilhelm II. ein Wegbereiter des NS war ausschließen oder?
Chris, ich würde sagen man kann nicht leicht entscheiden ob die These richtig ist oder nicht.
Scorpio und Thane haben bereits darauf hingewiesen, dass kein Automatismus vorliegt.
Das ist auch nicht ungewöhnlich wenn man sich mit einem einmaligen Ereignis beschäftigt, und nicht mit einem das sich wiederholen lässt.
Man kann durchaus zu dem Schluss kommen, dass man es nicht entscheiden kann ob der Willy maßgeblich war oder nicht und findet sich damit in guter Gesellschaft.

Also in der Hinsicht kann man auch mal locker an die Sache in punkto Ergebnis gehen und sich bei der Gelegenheit das Drumherum anschauen.
"Wir stehn betroffen, der Vorhang fällt und alle Fragen offen".;)
 
Hallo,
ich würde meine Präsentation also folgendermaßen aufbauen.
Wilhelm II. - Wegbereiter des Nationalsozialismus?
I.
Wilhelm II. beeinflusste die Gesellschaft und vor allem die Jugend im Hinblick auf den Militarismus ,Nationalismus und Antisemitismus und den Untertanengedanken. Anschließend beantworte ich die Frage inwiefern das "unterwürfige" Volk Hitler beim Machterhalt verholfen hatte und ihn nicht gestürzt hat.
II.
Im zweiten Punkt würde ich dann auf die Versäumnisse Wilhelm II. eingehen.
1.Nährboden für extreme Parteien durch seine antisemitische und nationalistischen Reden
2.Anteil am ersten Weltkrieg, welcher den NS stark beeinflusste.
Kennt ihr noch mehr Versäumnisse?
III.
Ich würde dann die Deutsche Sonderwegstheorie behandeln und die Kontinuitätsfrage vom Kaiserreich zum Nationalsozialismus erörtern
IV.
Am Ende würde ich nun die Schuld von Wilhelm II. beurteilen und die Frage beantworten ob der Nationalsozialismus auch ohne das vorschreitende Kaiserreich existieren konnte.

Habt ihr Verbesserungsvorschläge? Und findet ihr die Präsentation so gut Zusammengefasst?
Bin euch für jede Hilfe dankbar
 
Hallo,
ich würde meine Präsentation also folgendermaßen aufbauen.
Wilhelm II. - Wegbereiter des Nationalsozialismus?
I.
Wilhelm II. beeinflusste die Gesellschaft und vor allem die Jugend im Hinblick auf den Militarismus ,Nationalismus und Antisemitismus und den Untertanengedanken. Anschließend beantworte ich die Frage inwiefern das "unterwürfige" Volk Hitler beim Machterhalt verholfen hatte und ihn nicht gestürzt hat.
II.
Im zweiten Punkt würde ich dann auf die Versäumnisse Wilhelm II. eingehen.
1.Nährboden für extreme Parteien durch seine antisemitische und nationalistischen Reden
2.Anteil am ersten Weltkrieg, welcher den NS stark beeinflusste.
Kennt ihr noch mehr Versäumnisse?
III.
Ich würde dann die Deutsche Sonderwegstheorie behandeln und die Kontinuitätsfrage vom Kaiserreich zum Nationalsozialismus erörtern
IV.
Am Ende würde ich nun die Schuld von Wilhelm II. beurteilen und die Frage beantworten ob der Nationalsozialismus auch ohne das vorschreitende Kaiserreich existieren konnte.

Habt ihr Verbesserungsvorschläge? Und findet ihr die Präsentation so gut Zusammengefasst?
Bin euch für jede Hilfe dankbar

Es ist ja die Frage, ob Wilhelm II. wirklich so einen großen Einfluss hatte.
Die extremen Parteien sind ja erst nach dem 1.Weltkrieg groß geworden und haben an Zulauf gewonnen, und die NSDAP, die Deutschnationale Volkspartei haben sich nicht auf Wilhelm II. berufen. Wilhelm II. teilte viele antisemitische, imperialistische, bellizistische (kriegsverherrlichende), militaristische Vorurteile, Vorstellungen und Stereotype aber er hatte es nicht erfunden.

Auch die Jugendverbände wie die Wandervogelbewegung, die Pfadfinder u. a. waren nicht so unkritisch, dass sie die lobhudelnde Verherrlichung "Seiner Majestät" wie in Heinrich Manns Roman "Der Untertan" beschrieben nicht in Frage gestellt hätte. Eher im Gegenteil. Die waren ja gerade abgestoßen von der "schwarzen Pädagogik" wie sie für das Schul- und Bildungssystem der wilhelminischen Zeit charakteristisch war. Die wollten ja gerade daraus ausbrechen, gaben sich eine Organisation nach dem Motto, das später die Hitlerjugend übernahm "Jugend soll von Jugend" geführt werden. Dass viele dieser Jugendlichen 1914 begeistert in den Krieg zogen, lag nicht daran, dass die total obrigkeitshörig und autoritär waren. Eher war das Gegenteil der Fall. Europa hatte seit fast einem Menschenalter Frieden gehabt, die letzte Kriegserfahrung war der Deutsch-Französische Krieg. Der Krieg versprach ein ungeheures Abenteuer zu werden, viele Jugendliche versprachen sich davon gerade, aus autoritären Verhältnissen herauszukommen, etwas erleben zu können, was ihnen der Alltag nicht geben konnte.


Ich würde erst einmal überlegen, was den Nationalsozialismus auszeichnete und was der Kern dieser "Weltanschauung" war: 1. Antisemitismus, und zwar ein exterminatorischer Antisemitismus. Alle Juden, egal ob alt oder jung,, Greise und Kinder sind Parasiten so wie Ratten und müssen verschwinden

Dann würde ich mich fragen, ob es Gemeinsamkeiten und Schnittmengen, Übereinstimmungen und Überzeugungen gibt, die der NS und Wilhem II. teilten.

Die gibt es, es gibt aber auch innerhalb dieser Schnittmengen erhebliche Unterschiede. Das würde ich herausarbeiten.

Hitler hasste alle Juden, und alle Juden, egal ob Kinder oder Kreise mussten ausgerottet werden wie Schädlinge, wie Ratten oder Läuse. Vernichtungsphantasien werden en Detail in die Tat umgesetzt

Wilhelm II. verabscheute einige Juden. Er sprach davon, dass Gas das beste wäre, sich ihrer zu entledigen. Er hat aber Juden wie Fritz Haber durchaus Respekt gezollt, und er hat Juden Zugang zu seiner Hofgesellschaft gewährt. furchtbare Sprüche, aber keine Anstalten, sie in die Tat umzusetzen

Gemeinsamkeiten-Unterschiede würde ich herausarbeiten und sie gegenüberstellen.
Es ist zu fragen, hat Wilhelm II. es erfunden? Haben sich Faschisten und Nationalsozialisten auf ihn berufen, oder teilte Wilhelm II. bloß bestimmte antisemitische Vorurteile, rassistische Klischees, Imperialismus, Ablehnung von Sozialismus, Demokratie und Parlamentarismus (Reichstag eine Schwatzbude) mit vielen seiner Zeitgenossen?

-Was spricht dafür, in Wilhelm II. einen Wegbereiter des NS zu sehen- Was spricht dagegen? Inwiefern hat er dem NS den Weg geebnet, und hat er das wirklich?

-Entwicklungen, Phänomene, Missstände im deutschen Kaiserreich, die in ähnlicher oder extremer Form im Nazireich weiterexistierten?

Was spricht dagegen, in Wilhelm II. einen Wegbereiter des Nationalsozialismus zu sehen?
Wie groß war eigentlich Wilhelms II. Einfluss. Hat er es erfunden oder eher vorgefunden? Gab es bestimmte Phänomene unabhängig von W II.?

Antisemitismus

Kaiserreich: Juden haben seit der Reichsgründung 1870 die vollen Bürgerrechte. In vielen Berufen gelingt Juden gesellschaftlicher Aufstieg, was auch Neid und Missgunst weckt. der Historiker Heinrich von Treitschke prägt den Satz: "Die Juden sind unser Unglück". der von Wilhelm II. sehr geschätzte Hofprediger Stoecker gründet eine antisemitische Partei. Antisemitische Agitation verbreitet sich. Das alles ändert aber nichts am rechtlichen Status der deutschen Juden, von denen sehr viele glühende Patrioten sind. Wilhelm II. plappert antisemitische Sprüche nach, er unternimmt aber nichts, was den rechtlichen Status ändern könnte. Manches wäre heute Volksverhetzung- aber macht das Wilhelm II. zum Vorläufer Hitlers?

3. Reich
April 1933 erster Boykott jüdischer Geschäfte, 1935 Nürnberger Gesetze, 1938 Novemberpogrome 1. 9. 1941 der Judenstern wird im Reich eingeführt, mit dem deutsch-sowjetischen Krieg 1941 beginnt der Holocaust/die Shoah 1942 Wannseekonferenz, Organisation der "Endlösung" bis 1945 Ermordung von 6 Millionen Juden, ca. 0, 5 Millionen Roma und Sinti, Rasse- und Vernichtungskrieg

Parallelen? politische Verantwortung Wilhelms II., trifft Wilhelm II. eine moralische Schuld, weil er bestimmte Dinge getan oder unterlassen hat?

- Imperialismus, Griff nach der Weltmacht

Kaiserreich
Deutschland entwickelt sich innerhalb kurzer Zeit zur stärksten Industriemacht und europäischen Großmacht. D erwirbt Kolonien, baut eine Kriegsflotte auf , isoliert sich aber.
D soll eine ebenbürtige Großmacht, eine Weltmacht werden so wie das britische Empire. Annexionspläne; Kriegsverbrechen in Belgien, Kaiser kaltgestellt, D wird Militärdiktatur unter Hindenburg/Ludendorff

3. Reich
D soll dominierende Weltmacht werden und die Welt beherrschen.
Lebensraum im Osten statt Kolonien. Ausrottung von Juden, Zigeunern, Homosexuellen, Slawen. Russen und Polen sind als Sklavenvölker vorgesehen und Arbeitskräftereservoir, der Rest soll ermordet werden, Endlösung der Judenfrage, eugenische Maßnahmen, Ermordung von Behinderten

-Militarismus im Kaiserreich, Schwäche des Parlamentarismus (Reichstag eine "Schwatzbude" Wilhelm II.)
fehlende demokratisch-parlamentarische Traditionen im Kaiserreich; Reichstag gewählt vom Volk, Reichskanzler und -Regierung aber nicht gewählt, sondern vom Kaiser ernannt. Am Ende Zusammenbruch des Kaiserreichs, die Weimarer Republik eine ohne Republikaner, Kriegselend und bei vielen Hoffnung auf "den starken Mann", der es besser macht, als W II. Die alten Eliten, die D ins Verderben geführt haben, belasten die Weimarer Republik mit der Niederlage, die sie selbst verschuldet haben. "Dolchstoßlegende" Anteil Wilhelm II. an der Katastrophe. Ohne Katastrophe Teil 1 keine Fortsetzung mit Hitler und Katastrophe Teil 2

Fehler und Versagen Wilhelm II. Anteil an Katastrophe Teil 1, moralische Schuld und Verantwortung durch Fehler und Versäumnisse.

Fazit
 
Forderungen wie Lebensraum im Osten und Deutschland als Weltmacht waren auch bei späteren Demokraten wie Stresemann oder Thomas Mann Forderungen. Du kannst diese Forderungen mit Hitler vergleichen, aber beachte dabei, dass das so etwas wie "gesellschaftlicher Konsens" war (das ist bewusst in Anführungszeichen).

Zu Punkt 4. War Wilhelm so antisemitisch? Sicher begünstigte er die strukturelle Unterdrückung der Juden in Armee und Verwaltung, Kunst und Pressewesen. Allerdings sagte er auch: "Eine Austreibung der Juden aus dem REich sei ganz ausgeschlossen, nicht nur, weil dadurch der deutsche Wohlstand um ein Jahrhundert zurückgeworfen werde werde, sondern auch, weil das Reich damit zugleich aus der Reihe der Kulturnationen ausscheiden würde. (Reden Kaiser Wilhelms II. in den Jahren 1906- Ende 1912, gesammelt und hrsg. von Bogdan Krieger, Leipzieg o.J. 1913, S. 85ff.)


Kannst Du die Quelle zu 4. bitte prüfen. Hier stimmt mE etwas nicht.
Das Zitat betrifft nach Röhl einen Wilhelm-Brief 1913, und hat einen bestimmten Kontext.

Die "späteren Demokraten Stresemann und Mann" bezieht sich offensichtlich auf die Zeit vor 1918.
Ohne Zweifel existierten Lebensraum-Phantasien auch vor 1918.
Zu den personalisierten Lebensraum-Forderungen Stresemann und Thomas Mann wäre allerdings eine Quelle/ein Kontext sinnvoll.

Ansonsten sehe ich das wie Waldi und thanepower:

Was mich an der sonstigen "Wegbereiter"-Debatte verwundert, ist überhaupt die (Denk-)Richtung "Schnittmenge"/Übereinstimmungen.
Dass der (schließlich) durchbrechende Erfolg des NS nicht ohne eine Kausalkette Krieg/Kriegsverlust/ökonomische Katastrophe als hinreichende Bedingung denkbar ist, wird - soweit ich sehe - nirgends in Frage gestellt. Wegbereiter-Diskussionen sollten vor der Suche nach Schnittmengen aber wohl eher auf weitere notwendige Bedingungen abstellen.

Die sind bereits oben angeführt.
 
Ich habe hier noch einiges zum (mglw. angeblichen) Antisemitismus von Wilhelm II. gefunden:

[...]

Quellen werden auch genannt. Allerdings erscheint mir die Seite auf den ersten Blick etwas apologetisch. Vielleicht wurden dann auch Quellen, die den Antisemitismus Wilhelms II. belegen, nicht aufgeführt.

Das fiel mir direkt auf:

1907 machte der Kaiser den Juden Bernhard Dernburg (1865-1937), den Leiter der Darmstädter Bank, zum Direktor des Kolonialamtes.
Bernhard Dernburg war zwar jüdischer Abstammung, aber bereits sein Vater Friedrich Dernburg – Wikipedia ist zum Protestantismus übergetreten.
 
Bernhard Dernburg war zwar jüdischer Abstammung, aber bereits sein Vater Friedrich Dernburg – Wikipedia ist zum Protestantismus übergetreten.
Hier schlägt beim Judentum eben dessen "dualistische Existenz" zu (https://www.jstor.org/stable/40185279?seq=1#page_scan_tab_contents): Man ist eben sowohl Religionsgemeinschaft als auch Volk.

Im Prinzip ist Jude, wer eine jüdische Mutter hat. Da kann & konnte man noch soviel taufen - Jude blieb Jude. Nicht umsonst wurde ein Jude durch Taufe nicht etwa zum Christen, sondern war fortan eben ein "getaufter Jude". Zumindest aus Sicht der Mehrheitsbevölkerung. Vermutlich auch aus Sicht zumindest eines Teils der jüdischen Gemeinde.

https://de.wikipedia.org/wiki/Wer_ist_Jude?
https://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/15829

Im konservativen preußisch-deutschen Milieu - für das Wilhelm II.nun mal die Gallionsfigur war - und dessen gesellschaftliche führende Schicht, das Offizierskorps, wurden Juden aussen vor gehalten und zwar (schon) nicht (mehr) aus religiösen, sondern aus (proto-)rassistischen Gründen. Siehe Messerschmidt, Manfred, Juden im preußisch-deutschen Heer, in: Deutsche Jüdische Soldaten (aus Faulheitsgründen keine vollständige Quellenangabe), S. 48:
Kuno Graf von Westarp hat die Vorbehalte der Konservativen Partei später so beschrieben: 'Unsere grundsätzliche Gegnerschaft gegen jüdische Offiziere beruht indessen nicht so sehr auf religiösen als auf völkischen Gründen. Angehörige der jüdischen 'Rasse' sollten und könnten den deutschen Soldtaen nicht kommandieren.'
Auf der selben Seite nennt Messerschmidt Zahlen für die Anzahl jüdischer Offiziere in verschiedenen europäsichen Staaten im Jahre 1910:
Österreich-Ungarn: 2 179
Frankreich: 720
Italien: 500
Preußen: 0 (nicht ein einziger!)

Halber Themenwechsel:
Wie sehr die (preußisch-)deutsche Bevölkerung nach konservativ und fortschrittlich gespalten gewesen zu sein scheint, hat jüngst ein interessanter Zeitungsartikel gezeigt, der ganz gut in diesen Faden zu passen scheint, in dem er gar nicht so recht reinpassen mag:
http://www.faz.net/aktuell/feuillet...kaiserreich-1900-wir-untertanen-15647068.html
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,
....
IV.
Am Ende würde ich nun die Schuld von Wilhelm II. beurteilen und die Frage beantworten ob der Nationalsozialismus auch ohne das vorschreitende Kaiserreich existieren konnte.
..
Ich denke das wird so nicht ganz funktionieren.
Nicht die "Schuld", sondern der Einfluss sollte betrachtet werden, und nicht 'beurteilt'.
Und die Frage selbst wirst Du nicht 'beantworten' können, sondern nur untersuchen.
Mehr wird nicht gehen, ohne die Weltformel zu knacken. :)
 
3.Platz an der Sonne (ähnliche Einstellung wie die Nazis, Lebensraumerweiterung und Größenwahn)

Du weißt von wem diese Aussage stammt?

Hier die Rede von Reichskanzler Bülow aus dem Jahre 1897.

. . . ] In Ostasien schien der Herr Abgeordnete Dr. Schoenlank zu fürchten, daß wir uns in Abenteuer stürzen wollten. Fürchten Sie gar nichts, meine Herren! Der Herr Reichskanzler ist nicht der Mann, und seine Mitarbeiter sind nicht die Leute, irgend unnütze Händel zu suchen. Wir empfinden auch durchaus nicht das Bedürfniß, unsere Finger in jeden Topf zu stecken. Aber allerdings sind wir der Ansicht, daß es sich nicht empfiehlt, Deutschland in zukunftsreichen Ländern von vornherein auszuschließen vom Mitbewerb anderer Völker.

(Bravo!)

Die Zeiten, wo der Deutsche dem einen seiner Nachbarn die Erde überließ, dem anderen das Meer und sich selbst den Himmel reservirte, wo die reine Doktrin thront

(Heiterkeit – Bravo!)

– diese Zeiten sind vorüber. Wir betrachten es als eine unserer vornehmsten Aufgaben, gerade in Ostasien die Interessen unserer Schiffahrt, unseres Handels und unserer Industrie zu fördern und zu pflegen.

Die Entsendung unserer Kreuzerdivision nach der Kiaotschaubucht und die Besetzung dieser Bucht ist erfolgt einerseits, um für die Ermordung deutscher und katholischer Missionare volle Sühne, andererseits für die Zukunft größere Sicherheit als bisher gegen die Wiederkehr solcher Vorkommnisse zu erlangen. In beiden Richtungen schweben Unterhandlungen, und bei der Natur diplomatischer Unterhandlungen und Geschäfte nöthigt mich dies, meine Worte sehr sorgsam abzuwägen. Ich kann aber doch Folgendes sagen: wir sind gegenüber China erfüllt von wohlwollenden und freundlichen Absichten,

(Heiterkeit links);

wir wollen China weder brüskiren noch provoziren. Trotz der uns widerfahrenen schweren Unbill ist die Besetzung der Kiaotschaubucht in schonender Weise ausgeführt worden. Wir wünschen die Fortdauer der Freundschaft, welche Deutschland seit langem mit China verbindet, und die bisher nie getrübt wurde. Aber die Voraussetzung für die Fortdauer dieser Freundschaft ist die gegenseitige Achtung der beiderseitigen Rechte. Die Niedermetzelung unserer Missionare war der nächstliegende und war ein zwingender Grund für unser Einschreiten; denn wir waren nicht der Ansicht, daß diese frommen Leute, welche friedlich ihrem heiligen Berufe nachgingen, als vogelfrei zu betrachten wären.

(Sehr gut!)

Aber auch abgesehen von diesem traurigen Vorfall hatten wir gegenüber China eine Reihe anderer Beschwerdepunkte. Wir hoffen, daß es gelingen wird, diese Beschwerden auf dem Wege loyaler Unterhandlung gütlich beizulegen. Wir könnten aber nicht zugeben, daß sich in China die Ansicht festsetze, uns gegenüber sei erlaubt, was man sich Anderen gegenüber nicht herausnehmen würde.

Wir müssen verlangen, daß der deutsche Missionar und der deutsche Unternehmer, die deutschen Waaren, die deutsche Flagge und das deutsche Schiff in China geradeso geachtet werden, wie diejenigen anderer Mächte.

(Lebhaftes Bravo.)

Wir sind endlich gern bereit, in Ostasien den Interessen anderer Großmächte Rechnung zu tragen, in der sicheren Voraussicht, daß unsere eigenen Interessen gleichfalls die ihnen gebührende Würdigung finden.

(Bravo!)

Mit einem Worte: wir wollen niemand in den Schatten stellen, aber wir verlangen auch unseren Platz an der Sonne.

(Bravo!)

In Ostasien wie in Westindien werden wir bestrebt sein, getreu den Ueberlieferungen der deutschen Politik, ohne unnöthige Schärfe, aber auch ohne Schwäche unsere Rechte und unsere Interessen zu wahren.

(Lebhafter Beifall.)

Im Prinzip ging es Bülow bei seiner Aussage darum, das er auch einen Platz an dem Tisch der Großmächte, Deutschland war ja in diesem Sinne eine verspätete Nation, und entsprechende Gleichberechtigung und Behandlung einforderte. Und mit diesem Anliegen stieß man überall auf die Interessen der anderen Großmächte.
 
Das Deutsche Reich hattes es schwer seinen Platz als Großmacht zu beanspruchen bzw. zu behaupten. Die anderen Großmächte machten es den Deutschen nicht gerade leicht. Als 1884/85 das deutsche Kolonialreich, konkret der Angra-Pequena Küste, begründet wurde, da hat das deutsche Auswärtige Amt vollkommen korrekt und in London angefragt, ob sie Ansprüche auf diese Region erheben will. Aus London kam nicht gerade eine höfliche Erwiderung, nämlich das Großbritannien es nicht akzeptieren würde, dass ein anderes Land zwischen dem portugiesischen Angola und der britischen Kapkolonie Fuß zu fassen. Bismarck antwortet mit Fragen, nämlich, worauf sich der britische Anspruch gründet und ob die Briten die deutschen Siedler schützen würden.? Irgendwann gaben die Deutschen offiziell die Inbesitznahme bekannt und die Briten protestierten sofort.

Die Transvaalkrise 1894/95 ist auch so ein Beispiel. Die Unabhängigkeit des Transvaal war international, auch von Großbritannien, garantiert. Aber der Lockruf des Goldes weckte die Gier der Briten, als im Transvaal sehr beachtliche Goldvorkommen entdeckt wurden. Cecil Rhodes verlangte einfach die Annexion des Transvaal. Was scherte ihn internationales Recht. Aber es lebten auch deutsche Siedler im Transvaal, die in der Wirtschaft nicht eine unbedeutende Rolle spielten. Berlin hatte also folgerichtig ein Interesse die Unabhängigkeit des Transvaal zu erhalten. Berlin beteiligte mittels Finanzierung an dem Bau einer Bahnlinie , die den Transvaal mit der Delagoa-Bucht, also im portugiesischen Mosambik verband. London protestierte lautstark und dachte über eine militärische Intervention nach, zur Besetzung der Delagoa-Bucht. 1895 griff Jameson, Chamberlain war darüber informiert, den Transvaal an. Das endete in einem Fiasko. Wilhelm schickte das weltberühmte Telegramm an Krüger, wo genau eigentlich nichts Schlimmes drinsteht. In London schäumte man vor Wut. Dabei hat Wilhelm lediglich zur erfolgreichen Verteidigung gratuliert, ohne an befreundete Mächte um Hilfe zu bitten. Trotzdem zog sich das Deutsche Reich zurück.

Bertie, damals stellvertetender Staatssekretär im Foreign Office führte gegenüber Eckhardstein aus:" Sollten die Deutschen auch nur ein Finger wegen Transvall rührern, so würde die britische Regierung vor keiner Maßnahme, nicht einmal der äußersten, zurückschrecken, um eine Einmischung Deutschlands zurückzuweisen."

Die Deutschen stießen eigentlich häufig auf angeblich vitale Interessen, insbesondere Großbritanniens, kein Wunder bei der schieren Größe, anderer Großmächte. Den Deutschen wurde schlicht verweigert, was für die anderen Großmächte selbstverständlich war.
 
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Die Deutschen stießen eigentlich häufig auf angeblich vitale Interessen, insbesondere Großbritanniens, kein Wunder bei der schieren Größe, anderer Großmächte. Den Deutschen wurde schlicht verweigert, was für die anderen Großmächte selbstverständlich war.

Ich denke man kann zwischen Großmacht und Weltmacht unterscheiden.
Das geographisch landgestützte DR war dominierende Großmacht auf dem europäischen Kontinent, während die Insel GB, als sogenannte Weltmacht, das auf dem Kontinent weder darstellen konnte, noch wollte.
Frankreich befindet sich am Rande der Landmasse, und daher mit großer Küste, irgendwo dazwischen, zwischen (europäischer) Großmacht und Weltmacht.
Die Idee der Führung des Kaiserreichs, als aufblühende Großmacht des Kontinents, die brüchigen Weltmächte auf den Meeren herauszufordern, war einfach nur blöd.
Und natürlich auch aggressiv.
Denn es konnte ja als ausgeschlossen gelten, dass GB dergleichen, auf dem Felde der deutschen Kontinental-Dominanz, unternehmen konnte.
 
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