Kaiserkrönung Info

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Also meine Frage lautet: Wie wird man Kaiser oder wie sieht der Weg vom DUX zum Kaiser aus?? Nicht unbedingt auf Karl den Großen bezogen. Vielen Dank im voraus
 
Gast schrieb:
Also meine Frage lautet: Wie wird man Kaiser oder wie sieht der Weg vom DUX zum Kaiser aus?? Nicht unbedingt auf Karl den Großen bezogen. Vielen Dank im voraus

Beziehst Du Dich auf das Heilige Römische Reich?

Wenn man das mal annimmt, so mußte der Thronanwärter nicht unbedingt Herzog (dux) sein; er mußte lediglich mit dem Königshaus verwandt sein.

Der dt. König wurde durch die Fürsten (später: Kurfürsten) gewählt (seit 911; vorher de facto Erbmonarchie).
Die Krönung fand meist im Dom zu Aachen (bis 1531) statt, später im Dom zu Frankfurt.

Um Kaiser zu werden, mußte der König nach Rom ziehen und sich vom Papst krönen lassen.

Ab Maximilian I. (1508) und endgültig ab Ferdinand I. (1556/58) nahmen die dt. Könige einfach den Titel Erwählter Römischer Kaiser nach ihrer Königswahl an.

Viele Könige ließen sich aber nicht vom Papst krönen (Heinrich VII. 1312, Ludwig IV. 1328, Karl IV. 1355), sondern von Bischöfen bzw. von ihnen eingesetzten Gegenpäpsten.

Die letzte Kaiserkrönung zu Rom fand 1452 statt (Friedrich III.), die letzte Kaiserkrönung überhaupt 1530 zu Bologna (Karl V.).

Desweiteren konnte nur der dt. König Kaiser werden (seit Otto I. 962).
Prinzipiell waren die Kaiser schon zur Karolingerzeit (800-911) Ostfranken (Deutsche), nur einmal (25.12.875) gelang es einem westfränkischen (frz.) König (Karl II. dem Kahlen), sich in Rom zum Kaiser krönen zu lassen.

Ende des 9./Anfang des 10. Jh. ließen sich auch einige ital. Fürsten (z.B. Lambert von Spoleto) zu Kaisern krönen, doch waren diese meist machtlos.
Ludwig III. der Blinde von Burgund (+ 928) war der letzte dieser machtlosen Kaiser (seit 901).
 
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Konradin schrieb:
Ende des 9./Anfang des 10. Jh. ließen sich auch einige ital. Fürsten (z.B. Lambert von Spoleto) zu Kaisern krönen, doch waren diese meist machtlos.
Ludwig III. der Blinde von Burgund (+ 928) war der letzte dieser machtlosen Kaiser (seit 901).
Berengar von Friaul (ca. 840-924) wurde als letzter vor Otto dem Grossen (912-973) 915 Kaiser. Ludwig war ab 905 in Italien praktisch machtlos.
"905 noch einmal für kurze Zeit nach Oberitalien zurückgekehrt, wurde LUDWIG von BERENGAR in Verona gestellt und geblendet, so daß er in der Folgezeit als praktisch regierungsunfähiger Herrscher in Nieder-Burgund nur noch ein Schattendasein geführt hat."
 
Viele Beispiele zeigen uns, daß man keineswegs Herzog (dux) sein mußte, um König zu werden: so Rudolph (I.) Graf von Habsburg (comes Habspurgi) 1273, Adolph (I.) Graf von Nassau (comes Nassouve) 1292, Heinrich (VII.) Graf von Luxemburg (comes Luxemburgi) 1308 oder Ruprecht (I.) Pfalzgraf bei Rhein (comes palatinus Rheni) 1400.
 
Allgemein kann man sagen, dass man wenn man Deutscher Kaiser werden wollte, von den deutschen Fürsten gewählt worden musste. Man war dann deutscher König und wurde dann von Papst zum Kaiser gekrönt.
 
Tausret schrieb:
Allgemein kann man sagen, dass man wenn man Deutscher Kaiser werden wollte, von den deutschen Fürsten gewählt worden musste.

Jein, man wurde zwar von den deutschen Fürsten bzw. ab dem 13. Jhdt. von den Kurfürsten (endgültig festgelegt in der Goldenen Bulle von 1348) zum deutschen König gewählt, wurde aber zum römischen Kaiser. Deutsche Kaiser gibts erst nach 1871

Man war dann deutscher König und wurde dann von Papst zum Kaiser gekrönt
Bis ins Spätmittelalter war das so - mit einem Ausreisser. Ludwig der Baier nannte sich "erwählter römischer Kaiser" und erlangte so als erster den Kaisertitel ohne Krönung durch den Papst. Maximilian I. ernannte sich ebenfalls zum erwählten römischen Kaiser, ab diesem Zeitpunkt war für den Kaisertitel die Krönung durch den Papst nicht merh notwendig. Es gab ja dann nur noch eine letzte - 1528 Karl V. in Bologna, Kaiser war Karl aber schon vorher mit der Wahl durch die Kurfürsten.

Falls du dich für die Krönungen interessieren solltest empfehle ich dir den Ausstellungskatalog "Krönungen", erschienen im Verlag Philipp von Zabern, Mainz.
 
König Konrad III. bezeichnete sich selbst als Kaiser, wurde vom Papst sogar anerkannt. König Heinrich der Vogler soll nach der Schlacht bei Riade zum Kaiser ausgerufen worden sein, Kaiser Friedrich II. wurde 1212 von den Reichsfürsten zum Kaiser gewählt... es gab eine ganze Menge Ausreisser.
 
Naja, soweit ich das weiß, war der letzte deutsche Kaiser Franz I. Stephan von Habsburg-Lothringen, der in Frankfurt ... usw.
Das hab ich mir deshalb so genau eingeprägt, weil eben jener J.W. Goethe dabei zugegen war und davon ein Bild in der Hofburg in Wien hängt.
 
Die letzte Kaiserkrönung in Frankfurt war erst 1792, damals wurde Kaiser Franz II. gekrönt. Er nahm 1804 den österreichischen Kaisertitel (als Franz I.) an und legte 1806 die Reichskrone nieder.

In der Hofburg - um genau zu sein in der Schatzkammer - hängen der Krönungszyklus gemalt von Martin van Meytens und Werkstatt. Die Bilder zeigen die Krönung Josephs II. zum deutschen König (nicht zum Kaiser, das sein Vater Franz I. Stephan noch lebte und bei der Königskrönung dabei war).

An dieser Königsrkönung nahm auch der junge Goethe teil und berichtete darüber.
Über die Kaiserkrönung Franz I. Stephans hingegen berichtete Goethes Mutter in ihren Memoiren.
 
Eine Anmerkung zu den Begriffen und Schwierigkeiten des mittelalterlichen Reiches und des späteren Deutschen Reiches:

Man sollte dringend unterscheiden zwischen dem "Heiligen Römischen Reich" und dem Deutschen Reich. Ersteres ist jenes, das im Mittelalter und bis 1806 bestand. Zur Niederlegung dieser Krone durch Kaiser Franz II. von Habsburg-Lothringen kam es am 6. August 1806 in Folge eines Ultimatums von Napoleon, der sich am 2. Februar 1804 selbst zum Kaiser der Franzosen gekrönt hatte und einige Traditionen des "Heiligen Römischen Reiches" für sich vereinnahmte. Mit Gründung des Rheinbundes durch die deutschen Gefolgsleute Napoleons im Sommer 1806 war das alte Reich ohnehin nicht mehr existent.

Das "Heilige Römische Reich" war kein Nationalstaat und bestand anfangs theoretisch aus 3 Kronen, nämlich den Königreichen Deutschland, Italien und Burgund. Von wenigen Ausnahmen in den karolingischen Nachwehen abgesehen wurden die Könige Deutschlands, wie andere bereits berichtet haben, üblicherweise auch Kaiser des "Heiligen Römischen Reiches". Da der Einfluß auf Burgund und schließlich auch Italiens im Laufe der Jahrhundere schwand, bürgerte sich bei vielen Menschen die Bezeichnung "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation" für die nördlich der Alpen gelegenen Reichsteile ein.

Einen Kaiser des Deutschen Reiches gab es auch erst nach der Ausrufung des deutschen Kaiserreichs in Versailles. König Wilhelm I. von Preußen wurde damit zum Kaiser Wilhelm I. des Deutschen Reiches. Wie rechtlich verzwickt dieser Titel war geht daraus hervor das im Vorfeld unter den deutschen Fürsten eine Diskussion entbrannt war, ob sich der neue Kaiser nun "Kaiser von Deutschland" oder "deutscher Kaiser" nennen durfte. Diplomatisch wurde er vom badischen Großherzog einfach nur als "Kaiser Wilhelm" ausgerufen. In der Folgezeit bürgerte sich die Bezeichnung "deutscher Kaiser" ein.

Anm: Warum war die Frage des Titels so umstritten? Deutschland war seit Langem mehr eine geographische und volkstümliche Bezeichnung. Im Gegensatz zu FrankREICH sprach man meist von DeutschenLANDEN, bedingt durch die territoriale Zersplitterung seiner feudalen Struktur. Spätestens seit den Einigungskriegen gegen Napoleon war aber im Volke ein einheitliches Zusammengehörigkeitsgefühl erwachsen, das sich mit der Forderung eines Deutschen Reiches im Zuge der Revolution von 1848/49 auch artikulierte. Der dynastische Gegensatz zwischen den beiden führenden deutschen Mächten Preußen und Habsburg stand der damaligen Reichsidee aber entgegen. Militärisch wurden im Deutschen Krieg 1866 die habsburgischen Rivalen ausgebootet. Mit der Gründung des Deutschen Kaiserreiches 1871 fühlten sich die deutschsprachigen Teile des habsburger Reiches ausgesperrt. Bekannt ist ein Ausspruch des Österreichers Franz Grillparzer auf die Gründung des Bismarckschen Reiches:
»Als Deutscher ward ich geboren, bin ich noch einer? Nur was ich Deutsches geschrieben, das nimmt mir keiner!«
Die Titelfrage war also eine Konsequenz der bisherigen Rivalität zwischen den Dynastien der Hohenzollern (Preußen) und Habsburger (Österreich). Ein "Kaiser von Deutschland" hätte Machtansprüche auf die deutschsprachigen Landesteile der Habsburger impliziert, was diese zu neuer Gegnerschaft angespornt hätte.
 
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Rovere schrieb:
Die letzte Kaiserkrönung in Frankfurt war erst 1792, damals wurde Kaiser Franz II. gekrönt. Er nahm 1804 den österreichischen Kaisertitel (als Franz I.) an und legte 1806 die Reichskrone nieder.

In der Hofburg - um genau zu sein in der Schatzkammer - hängen der Krönungszyklus gemalt von Martin van Meytens und Werkstatt. Die Bilder zeigen die Krönung Josephs II. zum deutschen König (nicht zum Kaiser, das sein Vater Franz I. Stephan noch lebte und bei der Königskrönung dabei war).

An dieser Königsrkönung nahm auch der junge Goethe teil und berichtete darüber.
Über die Kaiserkrönung Franz I. Stephans hingegen berichtete Goethes Mutter in ihren Memoiren.

Gut, dann hab ich wohl was verwechselt. :D
Allerdings fällt mir auch gerade ein, dass ja der sogenannte "deutsche Patriot" Joseph II. der Nachkomme von Franz Stephan war, und letzter somit nicht der letzte gewesen sein kann *gg*
Naja, man lernt nie aus, hihi

Was mich auch noch interessieren würde.
Soweit ich mich belesen haben, waren die Kaiser vor Maximilian I. alle römische Kaiser vom Titel. Maximilian I. war sozusagen deutscher Kaiser. Die Bezeichnung römisch oder römisch-deutsch, hängt die zusammen mit der Krönung durch den Papst in Rom oder ist dies lediglich ein "Titel"?
Sorry, für manche ist das sicherlich klar, aber ich bin in kaiserlichen Fragen nicht gerade bewandert (deshalb bin ich ja im Geschichtsforum gg).

Ich bezieh mich auf diese Liste. Weiß nicht, ob sie historisch korrekt dargestellt ist:
http://userpage.chemie.fu-berlin.de/diverse/bib/de-kks.html

http://www.geschichtsthemen.de/daten_zur_geschichte.htm
 
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Deine Links sind ja sehr umfangreich, trotzdem interessant. In solchen Datenmengen muss man eine gewisse Struktur beibehalten, trotzdem wird gern über das Ziel hinaus geschossen. Ein Beispiel ist für mich im letzten Link die Vereinnahmung Chlodwigs I. (481 bis 511) als ersten Regenten Frankreichs ein Beispiel für die Nachteile dieses Systems. Der Merowinger hat wohl das Fränkische Reich gegründet, aber nicht Frankreich^^
Da muss man manchmal Kompromisse eingehen, trotzdem eine hilfreiche Seite.
 
uffty schrieb:
Soweit ich mich belesen haben, waren die Kaiser vor Maximilian I. alle römische Kaiser vom Titel. Maximilian I. war sozusagen deutscher Kaiser. Die Bezeichnung römisch oder römisch-deutsch, hängt die zusammen mit der Krönung durch den Papst in Rom oder ist dies lediglich ein "Titel"?

So wie das da steht, stimmt es leider nicht ganz.

Der Kaisertitel blieb bis 1806 ein "römischer" Kaisertitel, der Begriff "Deutscher Kaiser" gilt erst für das deutsche Kaiserreich ab 1871.

Maximilian I. nahm den Titel "Erwählter römischer Kaiser" an:

http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.r/r789792.htm
 
Hi hyokkose,
das war doch auch meine Frage, ob dies lediglich ein Titel war. Wenn Zeitgenossen vom "deutschen Kaiser" sprachen, dann kann man die Existenz dieses Begriffes nicht wirklich negieren, wohl aber den offiziellen Titel. Weil ob es den tatsächlich im "Inland" des HRR wirklich gab, weiß ich nicht. Umgangssprachlich sagte man jedoch bereits damals und heute auch, dass es sich um deutsche Kaiser handelt (römisch-deutsche Kaiser um sie von den Hohenzollern ab 1871 zu unterscheiden).

Übrigens, aeiou ist nicht so meine Lieblingsquelle. Ich halte viele Angaben da für nicht sehr objektiv in Bezug auf Geschichte.
Ich bevorzuge www.wissen.de
 
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uffty schrieb:
Hi hyokkose,
das war doch auch meine Frage, ob dies lediglich ein Titel war. Wenn Zeitgenossen vom "deutschen Kaiser" sprachen, dann kann man die Existenz dieses Begriffes nicht wirklich negieren

Wie wurde denn Maximilian I. von seinen Zeitgenossen betitelt?


uffty schrieb:
Übrigens, aeiou ist nicht so meine Lieblingsquelle. Ich halte viele Angaben da für nicht sehr objektiv in Bezug auf Geschichte.

Was hältst Du dort für nicht objektiv? Ich habe bis jetzt dort keine unzutreffenden Angaben gefunden.

Abgesehen davon halte ich Internet-Lexika zwar für nützlich, aber sicher nicht für der Weisheit letzten Schluß.
 
hyokkose schrieb:
Wie wurde denn Maximilian I. von seinen Zeitgenossen betitelt?
Wie naheliegend ist es, dass die deutschsprachigen Menschen vor 500 J. den Herrscher ihres Landes "deutschen Kaiser" nannten? Welchen Bezug hatte der Normalbürger zu Formaltiteln wie "römischer Kaiser" oder "erwählter römischer kaiser"?
Es liegt durchaus nahe, dass die Mehrzahl der Menschen im HRR, zweifellos deutscher Muttersprache, den Kaiser als einen der ihren ansahen, also als ihren deutschen Kaiser.
Es ist ebenfalls durchaus nachvollziehbar, dass der gewählte deutsche König vom Volksmund dann auch deutscher Kaiser genannt wurde. So verbissen wie man heute Wert auf Formalitäten und Titel legt, so kann ich mir beim besten Willen nicht den Normalbürger im Mittelalter vorstellen. Man sollte die heutige Zeit nicht zurückprojezieren. Was wir heute im Gesamtbild sehen, sahen diese Menschen nicht. Sie wussten nicht, dass 400 Jahre später das Deutsche Reich gegründet würde...und der Begriff "deutscher Kaiser" eine andere Bedeutung erhält.
Da wir beide allerdings im 20 Jhd geboren wurden, können wir lediglich ewig darüber plaudern und beide so gut wie nichts dazu belegen oder widerlegen, denn wir haben immer das Gesamtgeschichtsbild vor Augen.
Was hältst Du dort für nicht objektiv? Ich habe bis jetzt dort keine unzutreffenden Angaben gefunden.

Abgesehen davon halte ich Internet-Lexika zwar für nützlich, aber sicher nicht für der Weisheit letzten Schluß.

Nicht objektiv zu sein, bedeutet ja nicht, dass etwas falsch dargestellt wird, sondern lediglich aus subjektiver Sicht.

Die Bezeichnungen "Römischer Kaiser" aus deinem Link sind ein Beispiel dafür, wie man Dinge sehr subjektiv darstellen kann. Im gesamten deutschen Sprachraum bezeichnet man die Kaiser der Antike im alten Rom als römische Kaiser (zB Nero). Römische Kaiser des HRR unterscheidet man von diesen, indem man sie römisch-deutsche Kaiser nennt, da sie hauptsächlich aus dem deutschen Adel kamen.
Man spricht zwar vom deutschen König, aber nicht vom römisch-deutschen Kaiser, was für Non-Insider verwirrend sein kann.

Ist nur meine bescheidene Meinung...also steinige mich nicht... ;)

Beim zweiten Punkt geh ich zu 100% konform mit dir.
 
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uffty schrieb:
Wie naheliegend ist es, dass die deutschsprachigen Menschen vor 500 J. den Herrscher ihres Landes "deutschen Kaiser" nannten?

Der Herrscher ihres Landes war je nachdem der Erzbischof von Mainz, der Kurfürst von Sachsen, der Herzog von Bayern etc. etc.

uffty schrieb:
Wie naheliegend ist es...
uffty schrieb:
Es liegt durchaus nahe, dass...
uffty schrieb:
Es ist ebenfalls durchaus nachvollziehbar...
uffty schrieb:
...kann ich mir beim besten Willen nicht den Normalbürger im Mittelalter vorstellen...

Es ist ja nett, zu erfahren, was Du Dir alles vorstellen oder nicht vorstellen kannst, aber ich hatte eher an Quellen gedacht.

Wenn Du mich fragst, werden die Leute einfach "der Kaiser" gesagt haben. Was denn sonst? Es gab ja nur einen.



uffty schrieb:
Nicht objektiv zu sein, bedeutet ja nicht, dass etwas falsch dargestellt wird, sondern lediglich aus subjektiver Sicht.

Die Bezeichnungen "Römischer Kaiser" aus deinem Link sind ein Beispiel dafür, wie man Dinge sehr subjektiv darstellen kann. Im gesamten deutschen Sprachraum bezeichnet man die Kaiser der Antike im alten Rom als römische Kaiser (zB Nero). Römische Kaiser des HRR unterscheidet man von diesen, indem man sie römisch-deutsche Kaiser nennt, da sie hauptsächlich aus dem deutschen Adel kamen.
Man spricht zwar vom deutschen König, aber nicht vom römisch-deutschen Kaiser, was für Non-Insider verwirrend sein kann.

Ist nur meine bescheidene Meinung...also steinige mich nicht... ;)

Nun hast Du Deine subjektive Meinung dargestellt.

Doch das, was im Link geschrieben steht, bleibt objektiv richtig.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
uffty schrieb:
Wie naheliegend ist es, dass die deutschsprachigen Menschen vor 500 J. den Herrscher ihres Landes "deutschen Kaiser" nannten? Welchen Bezug hatte der Normalbürger zu Formaltiteln wie "römischer Kaiser" oder "erwählter römischer kaiser"?
Es liegt durchaus nahe, dass die Mehrzahl der Menschen im HRR, zweifellos deutscher Muttersprache, den Kaiser als einen der ihren ansahen, also als ihren deutschen Kaiser.

Entschiedener Widerspruch! Die Kaiserwürde war ganz grundsätzlich nicht lediglich ein politisches Amt, das seinem Inhaber die Herrschaft über einen bestimmten Herrschaftsraum (wie beispielsweise Deutschland) übertrug. Die Kaiserwürde war in einen heilsgeschichtlichen Kontext eingebettet, in dem der Kaiser das oberste weltliche Haupt der Christenheit war und als solche deren friedliches Fortbestehen und deren Schutz sicherzustellen hatte. Vom theoretischen Hintergrund her stand der Kaiser mit dieser Funktion über allen andern Herrschern und sein Wirken war universal! Ganz in diesem Sinne lautet die Titulatur "römischer Kaiser", weil für den Menschen der Vormoderne kein Bruch zwischen ihrer Gegenwart und der Weltherrschaft Roms Jahrhunderte zuvor bestanden hatte und von den Kaisern des Mittelalters zu denen Roms eine direkte Kontinuitätslinie zu führen schien: Der Kaiser, das war derjenige, der die oberste Spitze der politisch-gesellschaftlichen Hierarchie, das erste und vornehmste Glied der gottgewollten irdischen Ordnung bildete. (Unbestritten, dass das in Mittelalter und Frühneuzeit wenig mehr als theoretischer Anspruch war.) Eine Reduktion dieses universalen Anspruchs auf eine bestimmte Herrschaft, eben als "deutscher Kaiser" in den deutschen Landen, hätte diesen theoretischen Hintergrund massiv erschüttert und obsolet gemacht und ganz nebenher auch die sakrale Dimension der Kaiserwürde verkannt. Erst eine Säkularisierung der Welt und rationalere Herrschaftsideen ermöglichten dann im frühen 19. Jhd. die Befreiung der Kaiserwürde von diesem heilsgeschichtlichen Ballast und ihre Wahrnehmung als Herrschaftstitel neben anderen.

Bleibt die Frage, ob es so etwas wie ein populäres Kaiserbild gegeben hat, in dem fernab politischer Theorie der Kaiser als "deutsch" wahrgenommen wurde - aber auch das scheint mir eher abwegig. Volkstümliche Kaisergestalten gab es sicherlich, Friedrich I. und II. gehören dazu, vielleicht auch Maximilian I., aber deren Wahrnehmung oder besser Verklärung stand doch immer in einem größeren universalhistorischen Kontext. Gerade der schlafende Staufer im Kyffhäuser hat doch etwas sehr Endzeithaftes, eine Lichtgestalt, die alles wieder gut machen wird, was wenig mit einem Herrscher als paternalistischen Vater, der einen gegen allen Unbill schützt, zu tun hat. Für solche Bedürfnisse, da ist hyokkose zustimmen, eigneten sich die Landesherren doch deutlich mehr (und taten häufig ja auch vieles, um von ihren Untertanen so wahrgenommen zu werden).


uffty schrieb:
So verbissen wie man heute Wert auf Formalitäten und Titel legt, so kann ich mir beim besten Willen nicht den Normalbürger im Mittelalter vorstellen.

Da verkennst du die Vormoderne aber gewaltig! In einer aus lauter Ungleichen bestehenden ständischen Gesellschaft, die in einer nicht formell fixirten hierarchischen Ordnung leben, ist ein Titel keineswegs bloße Hülle oder leere Form, sondern konstitutiver Bestandteil der eigenen Existenz. Der mit dem höheren Titel kann gegenüber dem Niederrangigen eine große Menge informeller Vorteile beanspruchen, die mit Geschick in handfeste politische Macht umgemünzt werden können. Vor diesem Hintergrund lässt sich mit dem Titel eines "römischen Kaisers", des (neben dem Papst) prinzipiell höchsten Ranges überhaupt, enorm viel politisches Kapital schlagen. Eine hypothetische Nutzung des Titels eines "deutschen Kaisers" hätte den entsprechenden Würdenträger von diesem extraordinären Rang selbstverschuldet auf eine niedere Ebene zurückgestuft - mit allen formellen wie informellen Nachteilen.
 
Guter Punkt Herold! Dem stimme ich voll und ganz zu. Das Folgende ist als Ergänzung zu verstehen:

Die Bevölkerung hat sich vermutlich gar nicht mit adjektiven abgegeben, es war 'ihr gottgegebener Kaiser'. Im ganzen HRR spielte die Nationalität keine nennenswerte Rolle wenn es um die Verfassung ging. Nationalität war eine von mehreren möglichen Komponenten im Falle eines Konflikts und mit Sicherheit nicht die Wichtigste!
 
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