Kalender

Außer Spekulationen weiß ich auch nichts über zwingende Gründe für die Einführung von "Kalendern"....
- Religiöse Feste?
- In der Schifffahrt das Vermeiden der gefährlichen Jahreszeit?
- Termine für Kreditabwicklung?
- Steuertermine?

Wir müssen eben unterscheiden zwischen dem "beobachteten Kalender" (wie er im orthodoxen Islam ja weiterhin gilt), und einem künstlich-mathematischen, der tagesgenaue Vorausberechnungen gestattet. Letzterer scheint ab einer gewissen Wirtschaftsstufe notwendig zu werden. Wir sehen aber auch, dass selbst die absolute Katastrophe des republikanischen römischen Kalenders nicht politisch-militärischen Erfolg verhindern konnte.

Und die Orientierung nach Sonnenstand und Mondphase ist ja durchaus
in Ordnung: Denn das ist ja genau ein Luni-Solarkalender :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie schon ausgeführt, ist ein vom Sonnenstand abhängiger (ein „tropischer“) Jahresbeginn leicht zu beobachten. Auch der Beginn eines Monats wird durch die uralte und weltweit übliche Sichtung des „Neulichts“ des neuen Mondes recht gut bestimmt; eine Ungenauigkeit von einem oder zwei Tagen ist für die vorindustrielle Zeit akzeptabel, da sich hierbei nichts akkumuliert.

Eine - religiös und auch aus praktischen Gründen erwünschte - Synchronisation des nominellen Jahresanfangs mit den Mondphasen verschiebt nun aber Kalendertermine jährlich um - fast exakt - 11 Tage gegenüber dem Sonnenjahr, bis dies durch einen Schaltmonat mit einem Sprung wieder aufgeholt wird. 19 BEOBACHTETE Luni-Solar Jahre könnten also wie in der folgenden Tabelle aussehen.:
Code:
Jahr    Jahresbeginn
        (willkürliche Tagesnummerierung
         im astronomischen Sonnenjahr)
 1	100
 2	 89
 3	 78 (Schaltmonat 30 Tage wird angefügt)
 4	 97 
 5	 86 (Schaltmonat 30 Tage wird angefügt)
 6	105 
 7	 94 
 8	 83 (Schaltmonat 30 Tage wird angefügt)
 9	102 
10	 91 
11	 80 (Schaltmonat 30 Tage wird angefügt)
12	 99 
13	 88 (Schaltmonat 30 Tage wird angefügt)
14	 107 
15	 96 
16	 85 (Schaltmonat 30 Tage wird angefügt)
17	104 
18	 93 
19	 82 (Schaltmonat 29 Tage wird angefügt)
--------------
20=1  100


So ein Kalender ist eine sehr natürliche und universell nachprüfbare – sozusagen „demokratische“- Angelegenheit!

Über die Gründe, warum im nördlichen Europa (und in Ägypten) ein Bauernkalender, der eine Verschiebung von plus-minus 14 Tagen gegenüber dem Sonnenstand ergibt, problematisch ist, habe ich ja schon spekuliert. Die Untersuchungen von Stonehenge legen jedoch auch hier einen Luni-Solarkalender nahe; dies sind auch die Ansichten des modernen „Druidentums“.

Eine solche Zeitreihe zu prognostizieren, also eine Regel aufzustellen, die dann die Beobachtung ersetzt - und deshalb eine tagesgenaue Vorausberechnung der Monats- und Jahresanfänge erlaubt OHNE WEITERE BEOBACHTUNG - gelang den Babyloniern sehr früh und wurde auch in den meisten griechischen Städten übernommen, ebenfalls im Seleukidenreich. Im griechischen Raum ist hierfür die Bezeichnung METONischer Kalender üblich. Diese Regel gibt einfach an, in welchen Jahren eines 19 jährigen Zyklus’ ein Schaltmonat mit wie viel Tagen einzufügen ist. Es sind hier natürlich mehrere Varianten denkbar (s. auch weiter unten) , was insbesondere zwischen den griechischen Städten gelegentlich zu Abweichungen des Jahresbeginns und zu verschobenen Monatszählungen geführt hat.

Nach 19 Sonnenjahren sind etwa 235 Mondmonate vergangen. Dass dies ziemlich exakt der Fall ist, ist ein außerordentlicher astronomischer Zufall; allerdings muss nach 48 Jahren (theoretisch) ein weiterer Korrekturtag berücksichtigt werden. Eine Systematik hierzu nennt sich Kallippischer Kalender; dieser ist mWn aber in Griechenland nicht angewendet worden. Allerdings wurde er zeitweise in Babylon verwendet, ist auch im Chinesischen Kalender bekannt und dient als Mondmodell in der orthodoxen Kirche.

Vor der 19-jährigen Metonischen Schaltregel wurde häufig ein 8-jähriger Zyklus – die „Oktaeteris“ – verwendet (12-12-13-12-13-12-12-13). Auch der überhaupt einfachste 5-jähriger Zyklus (12-12-13-12-13 Monate) war in Gebrauch (babylonisch, möglicherweise auch bei den Kelten). Die Ungenauigkeit muss dann gelegentlich – wieder nach exakter Beobachtung! – durch einen ausfallenden Schaltmonat korrigiert werden.

Man muss immer bedenken, dass ein Luni-Solar Kalender nicht willkürlich Tage einfügen kann:Ein Monat ist so lang wie der Mond scheint. Ein regelmäßiger Wechsel von 29 und 30 Tagen ist hierfür nahezu unabdingbar (zur Feinabstimmung aber ein kleiner Anteil mehr 30- als 29-tägige Monate, s.o.)

Der Alt-Römische Kalender hat dies (aus dem Aberglauben der unglücklichen geraden Zahlen heraus) etwas übertrieben. Wenn man 29 und 31 Tage abwechselt, dann sind am (Mond-) Jahresende eben einige Tage zuviel verbraucht worden: Am 1. Februar war der neue Mond schon 3 oder 4 Tage alt! Aus diesem Grund hatte dann der Februar anfänglich nur 25 Tage. Danach wurden dann möglicherweise noch die Tage eines Schaltmonat eingefügt, sodass der Februar in solchen Jahren dann faktisch 54 Tage hatte....


Meton-Zyklus (Kalender) ? Wikipedia
Kalender
 
Zuletzt bearbeitet:
Errata:
ich hatte neulich etwas aus alten Aufzeichnungen kopiert, ohne noch genau drüber zu gucken... 2 Fehler finde ich dort:

genauer gesagt nach 365,2522 Tagen
Oops! Das tropische Jahr ist selbstverständlich 365,2422 Tage lang!

Herbst-, Winter- und Frühlingsanfang findet man quer durch die alten Kulturen als Jahresanfangsindikator (Sommer ist mir allerdings nicht bekannt...)
Inzwischen schon :)
Das alt-griechische Jahr begann am Neumond nach der Sommersonnenwende, also meist im Juli. Die damit zusammenhängenden Feste waren Erntefeste (Vielleicht hatte ich das deshalb mit "Herbst" assoziiert"...)

In Ägypten ähnlich (am 19. Juli), aber mit einem anderen Hintergrund (Nilflut) - dazu später mehr.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ägyptische Kalenderwesen ist aus wenigstens zwei Gründen interessant:

- Es ist völlig von der Realität entkoppelt
- Der Sonnenkalender ist der Großvater unseres Gregorianischen Kalenders

(1) Doch wenn wir letzteres nicht wüssten, dann würden wir es kaum vermuten! Der Ägyptische Kalender ist KEIN Mondkalender; dies ist historisch eine Besonderheit! Er ist aber auch kein echter Sonnenkalender. Er ist einfach eine absolut künstliche Konstruktion.
Er teilt das Jahr in 13 Monate: 12 davon haben genau 30 Tage zu 3 Wochen zu je 10 Tagen. Der 13. Monat besteht aus 5 Feiertagen, den sog. „Epagomenen“, den überzähligen Tagen. Schöner kann ein Kalender gar nicht sein! Aber 100 Jahren nach Einführung ist er praktisch unbrauchbar.

Den Grund kennt jedes deutsche Schulkind: Das Sonnenjahr ist einfach länger als 365 Tage, deshalb hätte man alle 4 Jahre 6 Epagomene einschieben sollen, alle 100 Jahre jedoch nicht, jedoch alle 400 Jahre doch wieder :)

In der Tat wussten das die Babylonier und ziemlich sicher auch die ägyptischen Priester. Den Babyloniern half dieses Wissen wenig, weil sie unter der fixen Idee standen, den Mond in den Kalender mit einsynchronisieren zu müssen. Die Ägypter ignorierten einfach die Realität. Es drängt sich der Vergleich zu einem anderen afro-asiatischen Kalender auf, dem islamischen, der – von der anderen Seite her – das Sonnenjahr ignoriert, den manchmal „natürlich“ genannten Kalender.

Wie das islamische ist das ägyptische Jahr also zu kurz und der Jahresanfang („1. Thot“) wandert rückwärts durch das Sonnenjahr. Nach ungefähr 365,2422 / 0,2422 = 1500 Jahren wäre er aber wieder mit dem gregorianischen (!) Kalender, bzw. der Sonne synchron. In der Zwischenzeit müssen Jahrestermine dann jährlich amtlich festgelegt werden. Das alte Ägypten ist eine Bauernland. Nach der Nilflut (AKHET) muss das Land vermessen werden, dann erfolgt die Aussaat (PERET), dann die Ernte (SHEMU), dann werden die Steuern gezahlt und die Steine für Pharaos Pyramide geschleppt. In jedem Jahr zu einem anderen Kalenderdatum.... Die ägyptischen Schreiber wussten schon, wie man sich unentbehrlich macht...

(2) Das „natürliche Jahr“ begann allerdings zur Nilflut... Der Nil schwillt nach den Monsunregenfällen an, dies wird Ende Juni/Anfang Juli im Delta deutlich, August bis September herrscht überall Hochwasser... Doch gibt es natürlich auch trockene Jahre

Es wäre nun schön, einen (astronomischen) Indikator für dieses neue Jahr zu haben, z.B. die Sommersonnenwende am 21. Juni. Die ägyptische Priester haben aber etwas anderes gewählt: Den Morgenerstaufgang des Sirius (oder „Sothis“, beides sind griechischen Bezeichnungen).

An diesem Termin orientiert sich auch der weniger bekannte ägyptische Mondkalender, der – wie auch überall sonst auf der Welt – das Jahr am ersten Neumond nach einem astronomischen Ereignis beginnen lässt. Dieser Mondkalender erlaubt eine Zuordnung zu den Jahreszeiten und ist alt. Der uns so gut bekannte „künstliche“ ägyptische Sonnenkalender ist neuer. Er ist gut aus dem Neuen Reich bekannt, und – vielleicht, vielleicht – gab es ihn vorher auch gar nicht so richtig... Doch das sind wilde Spekulationen.

Das Problem mit diesem frühen Mondkalender war, dass das gewählte astronomisch Ereignis („Morgenerstaufgang des Sirius“) nicht fest im Sonnenjahr lag! Es verschiebt sich vom etwa 14. Juni um 4200 BC zum 5. Juli um 1550 BC bis zum 19. Juli um die Zeitenwende bis zum 5. August heute. Spätestens im Neuen Reich kam dieser Indikator also bereits zu spät zur Ankündigung der Flut! Somit musste der Fluttermin doch wieder berechnet werden und einem künstlichen (aber einfachen, mondlosen) Kalender waren Tür und Tor geöffnet.

(3) Ich muss jetzt eine kleinen Abstecher in die Astronomie machen: Was bitte ist der Morgenerstaufgang?

Es gibt ein Band um den Himmel, das die Babylonier „Weg der Götter“ nannten. Diese „großen Götter“ waren die sichtbaren 5 Planeten sowie Sonne und Mond, wie es in dieser Form dann auch die Griechen und Römer übernommen haben. Sie bewegen sich in teilweise rätselhaften Schleifen auf diesem Band, die Sonne allerdings relativ „gradlinig“. Diese sehr genaue Spur der Sonne nennt man Ekliptik; im weiteren Sinne auch das ganze besagte Band. Es gibt aber noch weitere Himmelslichter, die sich sinnigerweise NICHT bewegen (die Babylonier nannten sie Igigi (bzw. Annunaki), die „kleinen Götter“).Auf dem Ekliptik-Band wurden diese Sterne nun zu Sternzeichen-Bildern zusammengefasst: Widder, Stier, Krebs,... Der Sinn: Man kann hiermit die Position der Planetengötter sehr genau beschreiben.

Nun kann man es zwar nicht wirklich sehen, wenn die Sonne in so einem Sternbild steht, allerdings ergibt sich kurz vor Sonnenaufgang die Situation, dass ein Sternbild „aufgeht“ - und dann die Sonne folgt. Das ist in südlichen Wüsten morgens um 5 Uhr ein Aufsehen erregendes Schauspiel. Die Dämmerung ist ja nur sehr kurz und der klare Himmel voller Sterne... Wir Mitteleuropäer können das eher nicht nachvollziehen... Es gibt aber in Südfrankreich und Spanien auch solche Sommernächte...

So, wenn also ein Stern, der bisher unter dem Horizont stand (also erst bei Tageslicht unsichtbar aufging), zum ersten mal sichtbar vor der Sonne aufgeht, nennt man das eben „Morgenerstaufgang“.

Der Sirius gehört nun zwar zu keinem Ekliptiksternbild , aber er ist nahe dran – und er ist insbesondere sehr hell.

Heutzutage findet dieses Ereignis um den 5. August statt (Um 139 CE war es der 19. Juli – dieses Datum wird auch heute gerne noch irrtümlich genannt!) . Vor 5000 Jahren fand es aber Mitte Juni statt, also gerade rechtzeitig, um im Nildelta als „Flutwarnung“ zu dienen.

(4) Der erste Tag des ägyptische Sonnenkalenders (1. Thot) läuft nun bekanntlich durch das ganze Jahr und trifft – wie oben berechnet – nach 1500 Jahren auf das gleiche tropische Datum (gregorianischer Kalender). Er trifft dann aber nicht den Sothisaufgang! Denn dieser verschiebt sich, wenn auch gering, entsprechend der „Präzession des Äquinoktiums“ um ca 14 Tage in 1000 Jahren; der Sirius hat als sehr naher Stern aber auch eine Eigenbewegung, und über einen genauen Wert dieser „Sothis-Periode“ gibt es deshalb regelmäßig Streitigkeiten. Der „kanonische“ Wert ist 1460 Jahre; der Wert nur aus der Präzession 365,256 / 0,256 = 1427 Jahre. Die Wahrheit wird irgendwo dazwischen liegen...

(5) Warum soviel Theater um diese Periode? Nun, das Ereignis, dass der 1. Thot mal wieder auf den Siriusaufgang fällt, ist historisch gut dokumentiert, aber natürlich nicht in abendländischen Kalenderdaten. Wenn wir die Sothisperiode genau kennen, können wir aber diese Termine zur Deckung bringen:

1599 CE – 139 CE - 1322 BCE – 2782 BCE – 4242 BCE …

Man vermutet auch gerne, dass der ägyptische Sonnenkalender zu einem dieser Zeitpunkte eingeführt worden ist…

Allerdings beruht all dies auf der Annahme, dass der Sonnenkalender niemals reformiert worden ist, also seine 365 Tage strikt durchgehalten wurden. Dies ist in der Tat möglich. Allerdings wissen wir auch, wie die Pharaonen oft mit der Wahrheit umgegangen sind....

Sothis-Zyklus ? Wikipedia
http://apronbadger.ap.funpic.de/sternfreunde/pdf/nil.pdf
http://www.elcappuccino.ch/kaffeesatz/chrono/chrono_sothiszyklus.html
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe mich jetzt einige Zeit mit dem altrömischen Kalender (450 BC bis 45 BC) beschäftigt und beschlossen, dies nicht weiter zu tun :-(

Diese Darstellung hier beruht auf - allerdings lückenhaften! - Schilderungen (Varro, 12. Gesetzestafel,...) einer 4-Jahres-Schaltregel:

Die Monatslängen waren demzufolge (März - Jan):
31-29-31-29-31-29-29-31-29-29-29 = 327 Tage
Der Februar hatte 28, 50 oder 51 Tage = 355, 377, 378 Tage

1. Jahr 355 Tage (Mond 254) Mdifferenz: 1 Sonnendifferenz: -10,25
2. Jahr 378 Tage (Mond 283,5) Mdifferenz: -4,5 Sonnendifferenz: +2,5
3. Jahr 355 Tage (Mond 254) Mdifferenz: -3,5 Sonnendifferenz: -7,75
4. Jahr 377 Tage (Mond 283,5) Mdifferenz: -10 Sonnendifferenz: +4 Tage

Innerhalb eines Schaltzyklus verliert der Mond also 10 Tage und der Jahresanfang wandert um 4 Tage nach vorn. Das gibt alles vorne und hinten keinen Sinn!

Ich kann mir nur eine Reihe von Missverständnissen und Fehldeutungen vorstellen. Glücklicherweise habe ich aber eine wunderbare Arbeit gefunden
altroem 1
in welcher der Jurist Prof. Dr. Manfred Wochner sehr schön darlegt, dass man dies alles juristische erklären kann :)
 
Mesoamerikanische Kalender

Es ist unklar, ob man da von einem oder von mehreren sprechen kann. Die Ähnlichkeit zwischen dem (späteren) aztekischen und den (früheren) Maya Kalendern ist recht groß.

(1) Beide führen ein System von 20 Tage-„Monaten“.
Beim HAAB der Maya werden 18 solcher Monate zu einem 360 Tage-Jahr zusammengefasst, dazu kommen 5 namenlose „Unglückstage“ (WAYEB), so dass sich – wie in Ägypten – ein in etwa 1500 Jahren durch das Sonnenjahr wandernder Jahresanfang ergibt.

Eine Spekulation besagt, dass dieser Kalender zur Wintersonnenwende im Jahre 550 BC begann (Bricker, 1982)

Es ist auch viel spekuliert worden, ob es nicht doch Schaltregeln gibt, aber es sind aus vorspanischer Zeit keine fundierten Indizien hierfür bekannt.

Dieser 365 Tage Kalender wird mit einem anderen Kalender, dem TZOLKIN verbunden, der nur 13 Monate zählt = 260 Tage. Jeder Tag wird jetzt in der Form:

TagImTZOLKINMonat , MonatImTZOLKIN, TagImHAABMonat, MonatIm HAAB

bezeichnet. Diese Bezeichnung ist nun innerhalb von 18.980 Tagen = 52 Jahren eindeutig. Im erste Jahr dieser „Kalenderrunde“ sind die Tagesnummern im jeweils 20 tägigen Monat noch gleich; dann unterbrechen die 5 Unglückstage im HAAB aber hier die Zählung, während im TZOLKIN die Tage weiterzählen. Hierdurch kann man auch feststellen, dass es wohl keine Schalttage (6 statt 5 Unglückstage in jedem 4. Jahr) gegeben haben wird. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass am Ende jeder „Kalenderrunde“ 13 Schalttage eingefügt worden sind; Alexander von Humboldt berichtet dies, doch fehlen auch hier harte Indizien....

Wir finden hier also eine absolut ähnliche Situation wie im alten Ägypten, wo auch jährlich die landwirtschaftlich wichtigen Tage verwaltungsmäßig-religiös festgelegt werden mussten. Im Gegensatz zu Ägypten fehlt hier sogar die Synchronisation mit einem offensichtlichen astronomischen Ereignis, wie dort dem Siriusaufgang. Auch Planetenkonstellation - insbesondere der Venus - haben nichts mit diesem Kalender zu tun...

(2) Zwar nicht bei den Azteken, aber bei den Maya ist zusätzlich noch eine sogenannte „Lange Zählung“ in Gebrauch gewesen, die einfach die Tage in einem 5-stelligen Schema hoch zählt
A . B . C . D . E
Dabei laufen die Stellen A,B,C und E von 0 bis 19, D von 0 bis 17.
Die Angabe 0.0.1.0.0 bedeutet also 18*20 = 360. Auf diese Art konnte ein längerer Zeitraum einfach überschaut werden, wie es ähnlich beim Julianischen Datum in der europäischen Astronomie der Fall ist. Der Nullpunkt dieser Zählung ist – vermutlich! – der 11. August 3114 BC (gregorianisch). Der Tag 13.0.0.0.0 (der 21. Dezember 2012) wird übrigens von manchen Esoterikern als kritisches Datum angesehen... Das Ende der Welt 19.19.19.17.19 ist allerdings noch ein paar tausend Jahre hin....
 
Ich habe lange gezögert, mich zu den Kalendern Mesopotamiens zu äußern... Auf der einen Seite finden sich hier zweifelsohne die Anfänge der präzisen Himmelsbeobachtung, die sehr früh dem Kalenderwesen nutzbar gemacht wurden. Auf der anderen Seite ist die Interpretation der gefundenen Tontafeln und der späteren Überlieferung nicht einfach. Auffassungen ändern sich, insbesondere wenn Einzelpersonen mit astronomischen, linguistischen und historischen Kenntnissen sich solcher Angelegenheit neu annehmen (z.B. vor 20 Jahren Werner Papke: „Die Sterne von Babylon“). Weiterhin sind aber viele Deutungen und Missverständnisse möglich. Beispielsweise ist kaum klar, ob sich manche Angaben auf die Winkelgrad in einem Jahreskreis aus 360 Grad beziehen oder auf Tage in einem (365,2422 Tage) Sonnenjahr.

Kalenderregelungen werden spätestens getroffen, wenn ein Weltreich gegründet wird. Aus der Zeit Sargons (2350 BC) und Hamurabis (1700 BC) gibt es Überlieferungen (= kopierte Tontafeln) aus dem Neu-Assyrischen Reich, zuletzt aus dem Neu-Babylonischen/Perserreich (um 600 BC). Eine weit verbreitete Meinung ist, dass ein systematisches astronomisches Wissen, das eine rationale Kalendergestaltung ermöglichte, nicht vor dem 8 Jh BC vorliegt.... Die 2000 Jahre davor sind in der Tat schlecht belegt. Doch wie auch immer: Alle diese Kalender stehen in der Tradition der Sternzeichen (und der Astrologie), sowie in einer gegenseitigen starken Abhängigkeit.

Ich habe beim ägyptischen Kalender schon einige astronomische Anmerkungen gemacht. Das „babylonische System“ (womit ich jetzt diesen ganzen Bereich zwischen Mitte des 3. und Mitte des 1. vorchristlichen Jahrtausends im Umfeld des Zweistromlands bezeichnen will; das eigentlich schönere Wort „chaldäisch“ ist leider missverständlich) beruht auf der Beobachtung von Sternen- (oder Planeten-) Erstaufgängen am frühen Morgen, kurz vor Sonnenaufgang („heliakischer Aufgang“, s. Erläuterungen beim ägyptische Kalender). Das charmante hieran ist, dass man kein Uhr dazu benötigt, sondern nur den Tag, an dem dies geschieht in einer fortlaufenden Numerieung kennen muss. Der Nachteil ist, dass diese Ereignisse nicht nur abhängig von der geografischen Breite sind, sondern auch von meteorologischen Sichtverhältnissen... Eine Sternensichtung ist (je nach Jahreszeit) zwischen ½ und einer Stunde vor Sonnenaufgang möglich. Die europäischen Astronomen haben später stattdessen den höchsten Stand eines Sterns – den sogenannten „Meridiandurchgang“ - beobachtet, der viel, viel präziser ist, der aber auch eine Uhr benötigt, deren Ganggenauigkeit dann die Messqualität bestimmt.

Wenn man jetzt die Ekliptik in 12 (fast) gleich große Bereiche aufteilt, d.h. die hellen Sterne, die dort stehen, miteinander zu einem „Bild“ verbindet, dann kann man sagen: „Das Sternbild X ist am Morgen zum ersten mal sichtbar gewesen, kurz bevor die Sonne aufging“, oder noch präziser: „Dieser Stern des Sternbilds X ist kurz vor der Sonne aufgegangen.“ Hiermit sind sehr genaue Datierungen im Sonnenjahr möglich! Frühlingsanfang ist, wenn morgens die Sterne des Widder sichtbar werden (jedenfalls zur Zeit Hamurabis).

Diese Naturbeobachtung ermöglicht mit ganz wenig Sachkenntnis (=Sternbilder „sehen“) eine autonome, universelle und dem tropischen Jahr angemessene Zeitbestimmung. Ein Monat in diesem System hat genau 365,256/12 Tage (= 30,42) Tage; je nach der leicht unterschiedlichen Ausdehnung der Ekliptik-Sternbilder bietet sich ein System von abwechselnd 30 und 31 Tagen an; auch die praktische Zählung 11x30 + 35 oder 36 Tagen wäre möglich. Die Beziehungen zum ägyptischen System sind offensichtlich....

(Anm.: In manchen Fällen wurde in Babylonien auch der „letzte Untergang“ eines Sternes beobachtet, d.i. die Situation, dass bei Untergang der Sonne kurz danach auch ein Stern oder das Sternbild unter dem Horizont verschwindet. Da ein babylonischer Tage – wie später auch der jüdische – bei Sonnenuntergang begann (im Gegensatz zu Ägypten), ist auch dies eine sehr natürliche Betrachtungsweise. Aus den Tontafeln geht allerdings in vielen Fällen nicht hervor, welche Situation eigentlich aufgezeichnet wurde...)

Feste orientieren sich jedoch häufig an den Vollmonden; alle alten Monatszählungen sind Mond bezogen. Das Faszinierende ist, dass natürlich auch der Vollmond in einem Sternbild steht, nämlich in dem der Sonne genau diametral gegenüberstehenden. Wenn die Sonne also (zur Zeit Hamurabis) mitten im Widder steht (also ca. am 21. März + 14 Tage = 4. April); dann steht der Vollmond mitten in der Waage... Das heißt: WENN denn Vollmond ist... Das dauert möglicherweise ein paar Tage, bzw. mag schon ein paar Tage vorher der Fall gewesen sein. Nichtsdestotrotz steht der Vollmond alle 354,4/12 = 29,53 Tage in einem neuen Sternbild. In manchen Jahren wird der Mond allerdings ZWEIMAL hintereinander im selben Sternbild stehen, „ganz links“ und dann noch einmal „ganz rechts“. Dies wäre dann eine angemessene Situation für einen Mond-Schaltmonat: z.B. „Löwe1“ und „Löwe2“.

Soweit erst mal die den Babyloniern unstreitig bekannten astronomischen Tatsachen. Kalendermäßig kann man da nun viel Interessantes draus machen.
- Einen ordentlichen Luni-Solarkalender (mit einem beobachtetem Jahresanfang (Sonne im Widder) und Mondmonaten mit beobachtbarer Schaltregel
- Einen reinen Solarkalender (Monatsbeginn bei Sonnenaufgang im neuen Sternbild) mit 30/31 Tagen pro Monat
Wie ich oben schon angedeutet habe, ist da aber nichts wirklich unumstritten; vor 50 Jahren hat man noch ganz klar den Lunisolarkalender vermutet, wie er sich ähnlich dann im jüdischen und im alt-persischen Kalender wiederfindet. Heutzutage ist vieles hypothesen-offen. In der Tat scheint nicht einmal klar zu sein, ob der Jahresbeginn nicht vielleicht doch in den Herbst fiel (Sonne in der Waage).

Bis ins Neu-Babylnische/Perserreich bleiben Kalender aber von Beobachtungen abhängig. D.h. es wird (amtlich) „korrigiert“, wenn astronomische Sachverhalte dies nahe legen. Erst danach wird mit Einführung der 19-jährigen „metonischen“ Schaltregelung unter Darius ein Automatismus geschaffen.

Wie es sich für den Orient gehört, war der babylonische Kalender jedoch mit einem Fluch versehen, den man „Präzession des Äquinoktiums“ nennt. Durch die Bewegung der Rotationsachse der Erde im Raum, die in etwa 25.800 Jahren einen Umlauf vollendet (= 1 Grad pro 72 Jahren), steht die Sonne zum Frühlingsbeginn alle ca 2000 Jahre in einem anderen Sternbild. Wenn man also den Jahresbeginn auf den Widderpunkt legt, dann begeht man einen kleinen Fehler, der zwar noch nicht nach 100 Jahren, aber nach einigen hundert Jahren deutlich wird. Die Größenordnung dieses Fehlers beträgt 1 Tag/72 Jahren (Der Fehler des Julianischen Kalenders beträgt „nur“ 1 Tag/133 Jahren!)

Viel schlimmer allerdings: Der Fehler des Julianischen Kalenders war offensichtlich Menschen-verursacht und konnte leicht korrigiert werden; der „Fehler“ des Sternenkalenders ist aber ein Problem der Götter! Der Frühlingsanfang ist ein klar definierter Zeitpunkt, der mit Wetter, Saat und Ernte zusammenhängt. Wenn zu diesem Zeitpunkt die Sonne aber nicht mehr im Widder, sondern in den Fischen steht, dann ist der Glaube an die Weisheit der alten Götter auf die Probe gestellt....

Diese Angelegenheit ist von den Priesterastronomen vermutlich versteckt worden. Da sie kein mechanischen Weltmodell wie später die Griechen entwickelt hatten, sondern vor allem mit Zeitreihenanalysen arbeiteten, konnten sie keinerlei Erklärung für diesen Effekt anbieten.. Aus diesem Grund gilt immer noch Hipparchos von Samos (um 150 BC) als Entdecker der Präzession.

Eine „Epoche“ - ein Startpunkt einer längeren Kalenderaufzeichnung - ist in der angesprochenen Zeit nicht vorhanden. Die einzelnen Stadtstaaten und Reiche besaßen Königslisten; Zeit wurde ab dem Jahr der Thronbesteigung eines Herrscher gerechnet. In Assyrien wurden die einzelnen Jahre sogar noch einzeln personalisiert, ähnlich wie im Rom die Konsularjahre. In jedem Jahr wurde ein „Angestellter des Jahres“ auserwählt – der „eponyme Beamte“ – nach dem dieses Jahr benannt wurde („... zur Zeit des Augustus als Cyrenius Landpfleger in Syrien war..“). Hier Konkordanzen herzustellen ist eine komplexe Aufgabe....
 
Mesoamerikanische Kalender
Es ist unklar, ob man da von einem oder von mehreren sprechen kann. Die Ähnlichkeit zwischen dem (späteren) aztekischen und den (früheren) Maya Kalendern ist recht groß.

(1) Beide führen ein System von 20 Tage-„Monaten“.
Beim HAAB der Maya werden 18 solcher Monate zu einem 360 Tage-Jahr zusammengefasst, dazu kommen 5 namenlose „Unglückstage“ (WAYEB), so dass sich – wie in Ägypten – ein in etwa 1500 Jahren durch das Sonnenjahr wandernder Jahresanfang ergibt.

Derzeit gibt es etliche Pressemitteilungen zu einer neuen Publikation, die sich mit der Interpretation und Berechnungen der Venus Tafeln (Codex Dresdensis/24) beschäftigt:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Codex_Dresdensis
https://www.sciencedaily.com/releases/2016/08/160816134024.htm

Zum Aufsatz Uni Santa Barbara:
https://escholarship.org/uc/item/6cr1s6jd
 
Die Brown University will nach Untersuchungen nun belegt haben, dass der Grolier-Kodex (ein vierter neben den nach den anderen Aufbewahrungsorten Dresden, Madrid und Paris benannter), der Jahrzehnte in seiner Authentizität umstritten war, echt ist:
13th century Maya codex, long shrouded in controversy, proves genuine | EurekAlert! Science News

Es wäre eine der ältesten (die älteste?) Schriftquelle auf dem Kontinent.

Nun nach weiteren Prüfungen die Bestätigung:
Experts in Mexico Finally Declare the Grolier Codex is the Real Deal
INAH ratifica al Códice Maya de México, antes llamado Grolier, como el manuscrito auténtico más antiguo de América
 
Zurück
Oben