Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Man muss evtl. zu einer Neubewertung finden, wobei ich mich damit schwertue.

Wir haben zum einen die beiden Spitzgräben an den jeweiligen Enden des 400 m-Walls. Zusätzlich haben wir an dessen Süd- bzw. Hangseite den Drainagegraben. Der hat mit den Spitzgräben nichts zu tun. Die Spitzgräben sind theoretisch Annäherungshindernisse an den Wall. Schnitt 38 birgt da für die Lagerwalltheorie kein Problem, Schnitt 30 schon, da sich der Graben hier (der Lagerwalltheorie folgend) im Inneren des Lagers befindet. Der Drainagegraben dagegen ist kein Annäherungshindernis. Er ist zu flach (0,05 - 0,5 m) und auch kaum mehr als 0,5 m breit.

Ja, irgendwo in den Tiefen dieses Treads gibt es die entsprechende Literaturangabe zu Schlüters Hypothese.
 
Ja, die Ecke zwischen Schnitt 30 und Schnitt 36 ist wohl gemeint. Schaut man sich diese Ecke in jchatts Karte (Post #5113) an, so könnte man anzweifeln, ob die beiden Wälle (also der mit dem Drainagegraben und der mit dem Spitzgraben) überhaupt noch zueinander finden!

Hat Wolfgang Schlüter sich eigentlich mal speziell dazu geäußert? Ich habe nichts gefunden!

Man muss evtl. zu einer Neubewertung finden, wobei ich mich damit schwertue.

Wir haben zum einen die beiden Spitzgräben an den jeweiligen Enden des 400 m-Walls. Zusätzlich haben wir an dessen Süd- bzw. Hangseite den Drainagegraben. Der hat mit den Spitzgräben nichts zu tun. Die Spitzgräben sind theoretisch Annäherungshindernisse an den Wall. Schnitt 38 birgt da für die Lagerwalltheorie kein Problem, Schnitt 30 schon, da sich der Graben hier (der Lagerwalltheorie folgend) im Inneren des Lagers befindet. Der Drainagegraben dagegen ist kein Annäherungshindernis. Er ist zu flach (0,05 - 0,5 m) und auch kaum mehr als 0,5 m breit.

Ja, irgendwo in den Tiefen dieses Treads gibt es die entsprechende Literaturangabe zu Schlüters Hypothese.

Ich hatte in Beitrag #5111 (Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft ) auf eine Aussage von Schlüter zur Position des Walls hingewiesen:

Allerdings sind sich auch die Befürworter der Varusthese in der Deutung der Funde und Befunde nicht immer einig. Unlängststellte Prof. Dr. Wolfgang Schlüter eine neue Theorie vor: Dieseinerzeit von ihm ergrabene und als germanisch definierteWallanlage auf dem Oberesch sei doch römisch und begrenzedas zweite (letzte) Lager des Varus.
(2)
Er verlegt die Standspur der Erdmauer, die nach dem jetzigenWallverfluss und der postulierten fundfreien Zone (auf die weiter unten einzugehen sein wird) definiert wurde, um ca. zwei Meter nach Norden, und so ergibt sich ein mögliches anderes Bild. WoProf. Schlüter und die ihm in Kalkriese nachfolgenden Archäologen zuvor davon ausgegangen waren, dass sich dieGermanen südlich der von ihnen gebauten Erdmauer ver-schanzten und die nördlich davon vorbeimarschierenden Römer von hier aus angriffen, sieht er jetzt die Römer nördlich desWalles in einem Lager, um die von Süden anstürmendenGermanen abzuwehren.
 
Hallo Forum,

In der momentanen Diskussion hier dreht sich viel um den „Südwall“, der ursprünglich als Germanenwall angesehen wurde. Dabei geht aus den Beiträgen hervor, dass der Wall an seinen Enden endet. Nun, wenn ich mir den 13 Jahre alten Plan der Uni Osnabrück, einen anderen hab ich nicht, ansehe, dann ist im Schnitt 38 tatsächlich zu sehen, dass der Wall hier endet. Am anderen Ende des Walls aber gibt es nur den Schnitt 30 u. in diesem Schnitt ist nicht zu sehen, dass der Wall da endet. In diesem Schnitt ist ein Wall zu sehen, der durch den Schnitt hindurch geht. Ich kann es mir nur so erklären, dass der Schnittplan eine spätere Grabung noch nicht enthält, die zeigt, dass der Wall auch hier endet. Ist es so? Gibt es einen weiteren Schnitt, der zeigt, dass der Wall hier endet od. woher habt ihr das?

Gruß
Oleger
 
Diese spezielle Website der Uni Osnabrück wurde wahrscheinlich vor Jahren (ich kenne sie seit mindestens zehn Jahren) mal von einem Seminar angelegt, dessen Studierende mittlerweile alle ihren Abschluss haben dürften und nun als Historiker oder Archäologen (mit etwas Glück auch in diesen Berufen) ihren Lebensunterhalt verdienen. Sie wird nicht aktualisiert.
In jüngeren Publikationen jedoch findest du auch jüngere Schnitte. fraglich wäre hier Schnitt 45. In Schnitt 45 setzt sich der Graben noch kurz fort, der Wall aber gar nicht.
 
Hallo Forum,

irgen wo im Thread glaube ich mal gelesen zu haben, dass ein römischer Soldat, der dem Varusgemetzel entkommen war, ohne in Gefangenschaft zu geraten, sich im römischen Reich nichtmehr blicken lassen brauchte, weil er als Fahnenflüchtig gegolten hätte u. die Todesstrafe auf ihn gewartet hätte. Nun ist ja, wie bekannt, die römische Reiterei dem Gemetzel entkommen, weil, so heißt es im Lied, sie zu Pferde war. Aber entkommen heißt, den Kampfplatz verlassen, die Fußsoldaten im Stich lassen, desertieren. Weiß man, was mit dieser Reiterei passiert ist. So viele konnten ja schlecht untertauchen. Oder war das ein Sonderfall, der anders gehandhabt wurde. Bei einer verlorenen Schlacht werden die davongekommenen Soldaten ja auch nicht exekutiert?

Gruß
Oleger
 
Augustus hat den Überlebenden der Schlacht verboten Italien zu betreten.

Und die Reiterei wurde von den Germanen abgefangen, ist also dann doch nicht entkommen.

Ich hatte einmal geschrieben, dass auch ein Deserteur sich sicher als Gefangener ausgegeben hätte.
 
Velleius schreibt, dass Vala Numonius als Deserteur den Tod fand. Vorher: Das Schicksal ereilte ihn und seine Reiterei...
 
Das heißt, sie wurden von den Germanen abgefangen u. niedergemacht? Die müssen ja wirklich stark gewesen sein. So Reiter abfangen, da braucht es doch selber Reiter u. nicht wenige.

Gruß
Oleger
 
Augustus hat den Überlebenden der Schlacht verboten Italien zu betreten.
Nicht allen Überlebenden der Schlacht, sondern nur den Gefangenen, die von ihren Angehörigen freigekauft wurden.


"Später kehrten einige der Gefangenen zurück; sie waren von ihren Angehörigen freigekauft worden, denen dies gestattet worden war, allerdings nur unter der Bedingung, daß die Losgekauften außerhalb Italiens leben sollten." (Cassius Dio)
Internet-Portal "Westfälische Geschichte" / [o. D.]: Cassius Dio über die Varusschlacht (Cassius Dio 56,18,1-24,5)
 
Das heißt, sie wurden von den Germanen abgefangen u. niedergemacht? Die müssen ja wirklich stark gewesen sein. So Reiter abfangen, da braucht es doch selber Reiter u. nicht wenige.

Dass es bei den Germanen schlagkräftige Reiterverbände gab, ist ja bekannt.
Schon Gaius Iulius Caesar hat sich germanische Reiter zunutze gemacht.
 
Dass die ganze mit Numonius Vala geflohene Reiterei abgefangen und niedergemacht wurde, steht bei Velleius aber nicht, sondern nur, dass ihn das Schicksal ereilte und er nicht überlebte.
 
Dass es bei den Germanen schlagkräftige Reiterverbände gab, ist ja bekannt.
Schon Gaius Iulius Caesar hat sich germanische Reiter zunutze gemacht.

Hallo Sepiola,

wie haben die Germanen das gemacht? Ich kenn mich da ja nicht aus, aber Kriegspferde sind zum Arbeiten doch nicht od. weniger geeignet. Ein Kleinbauer, was die Germanen doch waren, kann sich kein Pferd leisten, das haupsächlich für den Krieg ist. Dann müssen sie auch trainiert werden. Ein Selbstversorger hat genug mit seinem Lebensunterhalt zu tun, der kann sich nicht mit einem teueren, wenig nützlichen Pferd beschweren. Für eine Reiterei ist doch ein Staat nötig der Steuereinnahmen hat, die die Reiter unterhalten. Wenn Caesar germanische Reiter hatte, bekamen die Sold. Die Krieger auf germanischer Seite werden für Ehre, Freiheit u. vielleicht Beute gekämpft haben, Sold wird es keinen gegeben haben. Haben die Germanen überhaupt schon eigenes Geld gehabt?
 
Die Unterscheidung in Arbeits- und Reitpferd wäre so einem alten Germanen fremd gewesen. Die Pferde waren kleiner als heute. Zwar scheint der Pflug in unserer Region erfunden worden zu sein, das älteste bisher bekannteste Exemplar stammt aus Ostfriesland (Bronzezeit). Als Arbeitstier benutzte man Ochsen.
 
Oleger, Du machst da dasselbe wie die Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts. Du gehst von den Verhältnissen späterer Jahrhunderte aus. Die germanische Landwirtschaft konzentrierte sich im höheren Maß auf Vieh und der Besitz von Pferden wurde auch nicht künstlich verknappt. Aber es war natürlich bei weitem nicht jeder Germane beritten.

Es gibt auch Zahlen. Zwischen Rhein und Weser gab es keine Grabbeigaben. Weiter östlich sind auch Sporen in Gräbern gefunden worden. Ich bin zu schlapp um nachzuschauen, habe aber etwas von 20% im Kopf. Doch sind das nicht die wirklich als Reiterkrieger in der Schlacht auftretenden. In Schriftquellen werden mehrfach 5% als Reiter genannt. So z.B. Caesar in Bezug auf Ariovist.

Caesar hat übrigens die kleinen germanischen Pferde bei seinen germanischen Söldnern durch größere römische ersetzt, was auch später so gehandhabt worden sein soll.

Wir wissen zu wenig, um zu sagen, was genau geschehen ist. Vielleicht sind die Reiter durch Zufall auf ein heranrückendes Aufgebot gestoßen oder durch das Gelände behindert worden oder, oder, oder... Da muss man keine germanische Elitekavallerie bemühen, auch wenn eine solche klar bezeugt ist. D.h. zumindest die germanischen Reiter hatten Fähigkeiten, die die römischen nicht hatten. Das mag auch daran liegen, dass die kleineren germanischen Pferde evt. duldsamer oder zäher waren. Oder ihnen ob der mangelnden Infrastruktur Fähigkeiten abverlangt wurden, die bei den Römern nicht trainiert wurden. Oder, oder, oder ...

Jedenfalls gab es germanische Reiter. Und es mögen auch Krieger, die zu Fuß kämpften mit Pferden zur Schlacht geritten sein.

(Edit: Die 5 % sind sicher. Das Buch lag neben mir.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Pferde und die Reiterei werden nach 3-tägigem Marsch und Kampf auch nicht mehr in gutem Zustand gewesen sein.

Interessant übrigens, daß man in Kalkriese bei den Ausgrabungen am vermuteten Nordwall auch Anhänger gefunden hat, die Pferdezaumzeug zugeordnet werden.

Es ist natürlich die Frage, wessen Pferde waren das?

Die Legaten, die Tribunen, die höheren zivilen Beamten und natürlich Varus werden Pferde gehabt haben. Dann gab es noch die geringen Reitertruppen, die jede Legion hatte, und schließlich die Reiterei unter Numonius Vala.
 
120 Reiter pro Legion, 3 Alen zu 480 macht mindestens 1.800 Reiter, wenn man von Vollzähligkeit ausgeht.
(Die 1000er Einheiten wurden erst später gebildet.) Wenn alle 6 Kohorten equitata waren, kommen je Kohorte 120 Reiter hinzu, also 720. Macht maximal 2.520 Reiter. Selbst wenn da noch etwas hinzuvermutet wird, bleibt die Größe der Reiter des Numonius Vala doch recht überschaubar.

Bei 20% Verlust bis dahin wären es 2.020 Reiter. Keine riesige "Aufgabe" für die Gegenseite.
 
Interessant übrigens, daß man in Kalkriese bei den Ausgrabungen am vermuteten Nordwall auch Anhänger gefunden hat, die Pferdezaumzeug zugeordnet werden.

Es ist natürlich die Frage, wessen Pferde waren das?

Die Legaten, die Tribunen, die höheren zivilen Beamten und natürlich Varus werden Pferde gehabt haben. Dann gab es noch die geringen Reitertruppen, die jede Legion hatte, und schließlich die Reiterei unter Numonius Vala.
Richtig, dieses Jahr hat es wieder Funde von Pferdegeschirrteilen gegeben. Aber Pferdegeschirrteile und zwar sowohl römische als auch wahrscheinlich germanischem Zaumzeg zuzuordnende Teile sind auch schon länger aus K'Riese bekannt.
 
Korrektur zu meiner gestrigen Behauptung der älteste Plug stamme aus Ostfriesland: Es scheint doch auch noch ältere Exemplare zu geben.
Pferde waren aber für solche Geräte ineffektiv, weil man nur das Joch und noch nicht das Kummet kannte, das erst so ca. um 1300 auftaucht.
 
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