Kalkriese:Schauplatz der Schlacht im Teutoburger Wald?

Es gibt 2 Textstellen, die für die I.Legion in Frage kommen:
1. Velleius Paterculus II.Buch (3): "Hier soll nun auch L.Asprenas mit Fug und Recht Erwähnung finden. Er war Legat unter seinem Onkel Varus gewesen und hatte durch sein tapferes, mannhaftes Verhalten das aus 2 Legionen bestehende Heer, das er befehligte, unversehrt aus der großen Katastrophe gerettet. ..."

2. Tacitus, Annalen, I.Buch (65): "... Während Caecina versuchte, den Kampf zum Stehen zu bringen, wurde sein Pferd unter ihm durchstochen. Er stürzte herab und wäre umzingelt worden, wenn nicht die erste Legion sich dem Feind entgegengeworfen hätte. ..."

zu 1.: Diese Begebenheit spielt sich im gleichen Zeitraum der Varusschlacht also 9n.Chr. ab. Asprenas soll u.a. dem Oberbefehl über die I.Legion gehabt haben. In Kalkriese besteht auch die Möglichkeit, das dort der zum Rhein zurückziehende Asprenas überfallen wurde.

zu 2.: diese Textpassage stammt aus der "Schlacht an den Langen Brücken" (pontes longi) im Jahre 15n.Chr.. Dort kämpfte die 1., 5., 20. und 21.Legion unter dem Oberbefehl von Caecina gegen die Truppen von Arminius.
Im gleichen Jahr war vorher auch die I.Legion bei der Bestattung der Varusarmee dabei. Hierbei führte Germanicus selbst den Oberbefehl.

Verlorene Gegenstände der I.Legion lassen aber eher auf Kampfhandlungen schließen.

P.S.
Übrigens habe ich bei einem Vortrag die Archäologin Frau Wilbers-Rost gefragt, ob es außer auf der bekannten Schließe noch weitere Inschriften geben würde? Die Antwort lautete dahin, daß die anderen Inschriften keine Deutung bzw. Hinweise zuließen. Anscheinend konnte WIEGELS das jetzt doch nutzen.....
 
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Ave zusammen,

Cato schrieb:
...Im Einzelnen handelt es sich um die bekannte Kettenpanzerschließe (M AIVS I FABRICI), ein Senkblei (CO P VIBI S) sowie die Schwertscheide (T VIBI TADI L P A). ...

Von den drei Inschriften ist nur eine klar, nämlich CO P für cohors prima. Sowohl das I der ersten Inschrift als auch das L P A erfordern schon einiges an Phantasie. Die Legion wurde im übrigen ja üblicherweise mit LEG abgekürzt (sieht man schonmal auf Legionsziegeln) und nicht mit L (sowie cohorte mit CO und nicht mit C).

Interessant das zweimal auftauchende VIBI, wie wird das eigentlich gedeutet?

Cherusker schrieb:
....1. Velleius Paterculus II.Buch (3): "Hier soll nun auch L.Asprenas mit Fug und Recht Erwähnung finden. Er war Legat unter seinem Onkel Varus gewesen und hatte durch sein tapferes, mannhaftes Verhalten das aus 2 Legionen bestehende Heer, das er befehligte, unversehrt aus der großen Katastrophe gerettet. ..."....

Eben drum. Selbst wenn letztere Inschrift tatsächlich legio prima hies, bedeutet dies nicht viel. Asprenas und die erste Legion waren ja schliesslich am Varusdesaster beteiligt.


Ashigaru schrieb:
....Das L I ist interessant, ohne epigraphischen Beweis aber aus dem A gleich ein Augusta zu machen, halte ich für zu weitgehend - zumal die 1. Legion zu diesem Zeitpunkt den Ehrennamen schon entzogen bekommen hatte. ....

Das ist der nächste Punkt:Wo ist denn der epigraphische Beleg zu finden, dass L P A schonmal als Abkürzung für legio prima augusta verwendet wurde? Falls es da einen gibt wäre das schön, wenn nicht ist es äusserst spekulativ.

Obwohl ich es schon gelegentlich angemerkt hatte, hier noch einmal: Es ist durch die Quellen belegt, dass Germanicuslegionen am Varusschlachtort anwesend waren und dort sogar in Kampfhandlungen verwickelt waren.Es ist daher zu erwarten und sogar zu fordern, dass auch einige Germanicusfundstücke zu finden sind!

Solche Fundstücke (Militaria und Münzen) wären erst dann bedenklich, wenn sie unerwartet häufig vorkämen. Davon kann aber überhaupt keine Rede sein! Wenn die L P A Vermutung bestätigt werden könnte, so wäre das gerade mal ein Fundstück, das eventuell Germanicus in 15 zuzuweisen wäre, es könnte aber genauso gut unter Varus in die Erde gekommen sein.

Nach wie vor gilt das statistische Argument. 98 % aller bis augusteiischen Fundmünzen im Grossraum Weserbergland liegen in Kalkriese. Der Fundplatz ist dermassen abgehoben, da kommen die kleineren Konkurrenzschlachten einfach nicht in Frage. Allein schon die europaweit in ihrer hohen Anzahl absolut einzigartigen Goldmünzen-Streufunde sind nur mit der Varusschlacht zu erklären.

Eine einzelne Schwertscheideninschrift kann daran garnichts ändern.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Hallo Trajan,
die Deutung LPA als Legio Prima Augusta stammt nicht von mir, sondern von Prof. Dr. Rainer Wiegels, Epigraphiker seines Zeichens. Eine ausführliche Darstellung des Sachverhalts liefert die Publikation (von Lehmann und Wiegels), die Herr Schoppe freundlicherweise oben erwähnte.
Mit der Legio Prima lässt sich Varus nur unter großer interpretatorischer Anstrengung in Verbindung bringen.

Gruß Cato
 
Ave Cato,


Also, den Varus-Kurier in dem er dasmit dem LPA beschreibt habe ich mir mal per Fernleihe bestellt, welches Buch Schoppe meint weis ich nicht. Schaumermal.


Wiegels Deutung von LPA erscheint mir aber ziemlich gewagt. Ich habe mal in den Epigraphic Databases nachgeforscht, Legion wird regelmässig mit LEG abgekürzt, und nicht mit L. L steht häufig z.B. für libertas, also Freigelassener des..usw. P prima kann man vielleicht noch durchgehen lassen, das A für Augustus ist aber auch wieder dubios, da wie Ashigaru anmerkte die erste Legion zu der fraglichen Zeit den Titel Augusta garnicht führte. Wobei da auch ehr das übliche AVG zu erwarten wäre.


Ausrüstungsgegenstände wurden häufig gekennzeichnet, um eine Identifizierung gleichartiger Gegenstände zu ermöglichen. Dazu war also der Name und ggf.die Untereinheit notwendig. Daher bezeichnet das P auch viel ehr die Untereinheit prima (cohors) als die sehr viel grössere Legion, da letztere für eine Zuordnung eines Gegenstandes zum persönlichen Besitz eines Soldaten in der Regel überhaupt nicht hilfreich war, erstere dagegen schon.


Vielleicht steht L P A ja auch für L(egatus) (pro) P(raetore) A(ugusti) also z.B. der T. Vibius Tadius aus der Untereinheit des Offizierstabs des Legaten Varus. Wäre auch eine naheliegende Interpretation.


Von Wiegels gibt es wohl zwei neue Publikationen:


Wiegels: Die Varusschlacht. Wendepunkt der Geschichte; Gebundene Ausgabe: 128 Seiten Verlag: Theiss (März 2007) Sprache: Deutsch ISBN-10: 3806217602 ISBN-13: 978-3806217605

und

Lehmann/Wiegels: Römische Präsenz und Herrschaft im Germanien der augusteischen Zeit Gebundene Ausgabe: 449 Seiten Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht; Auflage: 1 (2007) Sprache: Deutsch ISBN-10: 352582551X ISBN-13: 978-3525825518


Letzteres meint wohl Schoppe, es hat den stolzen Preis von 196 Euro.


Zu ersterem allerneusten Werk schreibt Wiegels (siehe amazon):

"Kurzbeschreibung:
Mit den Entdeckungen in Kalkriese hat die Jahrhunderte lange Suche nach dem Ort der Schlacht, in welcher der römische Statthalter Varus mit drei Legionen von germanischen Cheruskern unter Arminius vernichtend geschlagen wurde, ein (vorläufiges) Ende gefunden. Die Kleinarbeit der Archäologen lässt nicht nur die Schlacht vor den Augen der Leser entstehen, sondern vermittelt gleichzeitig eine Vorstellung vom Alltag eines römischen Heeresverbands. Die Autoren, namhafte Archäologen und Historiker, ordnen die Varusschlacht in den historischen Kontext der römisch-germanischen Beziehungen ein. Neueste Forschungen zeichnen ein faszinierendes Bild von Zusammenleben und Krieg zwischen Römern und Germanen in den Grenzregionen rechts des Rheins. "


Das lass ich einfach mal so stehen.


Beste Grüsse, Trajan.
 
Eben drum. Selbst wenn letztere Inschrift tatsächlich legio prima hies, bedeutet dies nicht viel. Asprenas und die erste Legion waren ja schliesslich am Varusdesaster beteiligt.

So? Wo steht das geschrieben, daß Asprenas und sein 2Legionen-Heer zusammen mit Varus gekämpft haben? Eher deutet es doch daraufhin, daß Asprenas z.Z. der Varusschlacht irgendwoanders sich aufhielt.



... Es ist durch die Quellen belegt, dass Germanicuslegionen am Varusschlachtort anwesend waren und dort sogar in Kampfhandlungen verwickelt waren.Es ist daher zu erwarten und sogar zu fordern, dass auch einige Germanicusfundstücke zu finden sind!

Welche Quelle meinst Du? Wo steht etwas von Kampfhandlungen während der Bestattung der Gebeine?
Bei Tacitus Annalen, I.Buch (63) steht: " Aber Germanicus folgte dem Arminius, der sich in unwegsame Gegenden zurückzog, und befahl der Reiterei, sobald sich Gelegenheit dazu bot, vorzustürmen...".
Diese Begebenheiten der kriegerischen Auseinandersetzungen sind eindeutig nach der Bestattungszeremonie und auch in einer anderen Gegend zu suchen. Oder gibt es noch andere Quellen?
 
Also, den Varus-Kurier in dem er dasmit dem LPA beschreibt habe ich mir mal per Fernleihe bestellt, welches Buch Schoppe meint weis ich nicht. Schaumermal.

Schoppe meint jenes für EUR 196,-.


Wiegels Deutung von LPA erscheint mir aber ziemlich gewagt. Ich habe mal in den Epigraphic Databases nachgeforscht, Legion wird regelmässig mit LEG abgekürzt, und nicht mit L. L steht häufig z.B. für libertas, also Freigelassener des..usw. P prima kann

Wiegels ist anerkannter Epigraphiker und hat das betreffende Graffito mehr als 12 Jahre begutachtet. Ich denke, ihm werden die anderen Interpretationsmöglichkeiten bekannt sein. Sein Ergebnis lautet: L P A ist die Kürzung für Legio Prima Augusta.

Ausrüstungsgegenstände wurden häufig gekennzeichnet, um eine Identifizierung gleichartiger Gegenstände zu ermöglichen. Dazu war also der Name und ggf.die Untereinheit notwendig. Daher bezeichnet das P auch viel ehr die Untereinheit prima (cohors) als die sehr viel grössere Legion, da letztere für eine Zuordnung eines Gegenstandes zum persönlichen Besitz eines Soldaten in der Regel überhaupt nicht hilfreich war, erstere dagegen schon.
Siehe Kommentar oben.

Vielleicht steht L P A ja auch für L(egatus) (pro) P(raetore) A(ugusti) also z.B. der T. Vibius Tadius aus der Untereinheit des Offizierstabs des Legaten Varus. Wäre auch eine naheliegende Interpretation.

Einfallsreich, aber nicht weiterführend.


Ich schließe mich Wiegels in der Deutung des Graffito an (was sollte ich als Laie auch anderes tun). Wer eine andere Deutung favorisiert, dem sei dieses nicht verwehrt.

Gruß von der Legio Prima Augusta
Cato !
 
Zusammenfassend lässt sich aussagen:

Der Fundort Kalkriese ist das Zeugnis eines militärischen Konfliktes zwischen Römern und Germanen in augusteisch-tiberischer Zeit. Nach den Münzfunden lässt sich das dort stattgefundene Ereignis nach F.Berger mit großer Wahrscheinlichkeit in das Jahr 9 n.Chr. datieren. H. Chantraine konnte diese Aussage bestätigen. R.Wolters gab dagegen zur Diskussion, dass der Münzhorizont von Kalkriese ebenso in die Jahre 14-16 n.Chr. einzuordnen sei. Allein aus diesen Aussagen ließ sich jedoch nicht auf ein historisch belegtes Ereignis schließen.
Ritz- und Punzinschriften auf einigen am Oberesch gefundenen Objekten geben nach derzeitigem Erkenntnisstand verschiedene Besitzernamen wieder, die offensichtlich der 1. Kohorte einer nicht genannten Legion angehörten. Einzig eine Ritzinschrift auf dem Mundblech einer Schwertscheide liefert eine Legionsnennung und zwar, laut R.Wiegels, jene der L(egio) P(rima) A(ugusta).
Aus den Ergebnissen der numismatischen und epigraphischen Begutachtung der Funde sowie der Auswertung der historiographischen Quellen lassen sich zwei Deutungsmöglichkeiten festhalten:

1.) Das Ereignis von Kalkriese fand 9 n.Chr. statt. Die Legio Prima Augusta unterstand in dieser Zeit dem Lucius N. Asprenas. Jenem gelang es, sein Heer (bestehend aus den Legionen I und V) aus der Katastrophe (dem „bello variano“) zum Oberrhein zu führen, um die Provinz Belgica zu schützen. (siehe auch Textstellen in Beitrag Nr. 281 von Cherusker)

2.) Das Ereignis lässt sich numismatisch in die Feldzüge des Germanicus datieren (14-16 n.Chr.). In jenem Zeitraum unterstand die betreffende Legion dem Befehl des Germanicus bzw. dem des Legaten A. Caecina. Letzterer wurde 15 n.Chr. laut Tacitus mit einem Vier-Legionen-Heer, zu dem auch die Legio Prima gehörte, in einen verlustreichen Kampf verwickelt (an den sog.“ Pontes longi“). (Verweis auf Beitrag Nr. 281)

Mit Publius Quinctilius Varus lässt sich die archäologisch in Kalkriese nachgewiesene Legio Prima Augusta nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht in Verbindung bringen.
Die Vorstellung von der Varusschlacht in Kalkriese bleibt somit Fiktion.


Gruß
Cato
 
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Die beiden historischen Varianten sind - zum Glück - in erfrischender Kürze zusammengefasst. Konkretere Aussagen lassen sich gegenwärtig nicht machen und müssen so lange warten, bis man weiteres Fundmaterial zutage fördert, dass sich noch eindeutiger bestimmen lässt.

Eins lässt aber vielleicht jetzt schon mit großer Bestimmtheit sagen: Von der "Schlacht im Teutoburger Wald" müssen wir wohl Abschied nehmen ... oder siehst du das anders, Cato?
 
Eins lässt aber vielleicht jetzt schon mit großer Bestimmtheit sagen: Von der "Schlacht im Teutoburger Wald" müssen wir wohl Abschied nehmen ... oder siehst du das anders, Cato?

Hallo Dieter,
dass die Varusschlacht im „teutoburgiensi saltu“ stattgefunden hat, wie man es Tacitus entnehmen kann, bleibt natürlich gültig. Die gebräuchliche Übersetzung „Wald“ bzw. „Waldgebirge“ für „saltu“ halte ich für die wahrscheinlichste. Ob man aber im 17.Jh. mit dem Osning den richtigen Gebirgszug zum „Teutoburger Wald“ erklärte, bleibt fraglich.
Allerdings kann „saltu“ auch mit „Sprung“ oder „Pass“ übersetzt werden.
Auf Sardinien soll es übrigens noch heute den Begriff „saltu“ geben und zwar für eine landwirtschaftlich ungenutzte, verödete Landschaft.

Gruß Cato
 
Ave Zusammen,


Cherusker schrieb:
...Wo steht das geschrieben, daß Asprenas und sein 2Legionen-Heer zusammen mit Varus gekämpft haben? Eher deutet es doch daraufhin, daß Asprenas z.Z. der Varusschlacht irgendwoanders sich aufhielt....


Während der Varusaktion war meines Wissens auch Asprenas unterwegs, wo genau ist nicht so klar. Er war wohl in Mainz mit zwei Legionen zurückgelassen worden, um die Rheingrenze nicht völlig schutzlos zu hinterlassen. Gut möglich das er sich wie üblich im Süden des Varus mit den Chatten beschäftigte. Kann aber auch gut sein, dass Teile seiner Einheiten Varus verstärkten. Asprenas war ein Neffe des Varus, die Zusammenarbeit vermutlich nicht nur verwandtschaftlich sondern auch militärisch intensiv.


Cherusker schrieb:
...Bei Tacitus Annalen, I.Buch (63) steht: " Aber Germanicus folgte dem Arminius, der sich in unwegsame Gegenden zurückzog, und befahl der Reiterei, sobald sich Gelegenheit dazu bot, vorzustürmen...".....


Aus der Tatsache, das sich Arminus "zurückzog" und Germanicus ihm "folgte", kannst du schliessen, dass er vorher Germanicus am Bestattungsplatz angegriffen hatte.


Cato schrieb:
...Ich schließe mich Wiegels in der Deutung des Graffito an ...


Ob ich dass dann auch tue, mache ich mal vom Studium seines Textes abhängig.

Vielleicht hat er ja einen wichtigen epigraphischen Referenzbeleg vorzuweisen. In den epigraphischen Databases konnte ich da jedenfalls kein passendes Referenzbeispiel finden (Legio in der Regel immer LEG), aber dass heisst ja noch nicht viel. Und der verfügbare Platz auf einer Schwertscheide mag die Wahl der Abkürzung ja auch scharf begrenzen.

http://en.wikipedia.org/wiki/Legio_I_Augusta
Die legio prima war übrigens bis 16 v.Chr. in Spanien stationiert, und ab 16 v.Chr. mit Drusus in Germanien unterwegs. Es wird vermutet, dass sie durch die Verdienste unter Drusus, spätestens mit dessen Tod 9 v.Chr, den Beinamen Germanica bekam.

Zeitweise könnte sie möglicherweise auch den Beinamen Augusta getragen haben, was aber wohl nur schwach belegt ist und wohl auch nicht zur relevanten Zeit in Germanien. (siehe unter "Origin" und "Possible Spanish disgrace").
Demnach sollte da eigentlich nicht LPA sondern eher LPG dastehen. Die übliche Abkürzung war aber wohl LEG I GER oder LEG I AVG. Auf dem Grabstein des Caelius steht übrigens, I O LEG XIIX, wobei I ergänzt wurde, also O(rdini) LEG(ionis) XIIX, somit der Befehlshaber (Ordini) der ersten Kohorte (I) der 18. (XIIX) Legion (LEG). Also auch ein LEG und kein L.


In seinem druckfrischen Werk (März 2007) sagt Wiegels aber auch unzweideutig:
"Mit den Entdeckungen in Kalkriese hat die Jahrhunderte lange Suche nach dem Ort der Schlacht,..., ein (vorläufiges) Ende gefunden. "
Was soviel heisst wie:Ein Schwertblech allein macht noch keinen Germanicus! Einzelfunde besagen eben wenig, egal was draufsteht. Erst eine statistische unannehmbare Häufung würde den Kohl fett machen.



Cato schrieb:
...Die Vorstellung von der Varusschlacht in Kalkriese bleibt somit Fiktion....


Durch das einzelne Fundstück, das sich (in diesem Fall auch nur eventuell) Germanicus zuordnen lässt, ändert sich rein garnichts an der Interpretation von Kalkriese!

Niemand bezweiflet ja ernsthaft, dass Germanicus am Schlachtort des Varus gewesen ist, einzelne Fundstücke von ihm sind somit zu erwarten und sind keinesfalls ein zugkräftiger Gegenbeleg zur Varusschlachtinterpretation.

Das ist nichts als Wunschdenken der Kalkriesegegner.


Beste Grüsse, Trajan.
 
Anmerkung

Während der Varusaktion war meines Wissens auch Asprenas unterwegs, wo genau ist nicht so klar. Er war wohl in Mainz mit zwei Legionen zurückgelassen worden, um die Rheingrenze nicht völlig schutzlos zu hinterlassen. Gut möglich das er sich wie üblich im Süden des Varus mit den Chatten beschäftigte. Kann aber auch gut sein, dass Teile seiner Einheiten Varus verstärkten. Asprenas war ein Neffe des Varus, die Zusammenarbeit vermutlich nicht nur verwandtschaftlich sondern auch militärisch intensiv.

Das sind reine Spekulationen, Phantasie bzw. Vermutungen, die sich nicht aus den vorhandenen Quellen bestätigen lassen. Nach dieser Art kann man auch vermuten, daß Aspenas im Raum Minden stationiert war und dann über den Helweg vor dem Sandforte gen Rhein zog, um die Grenze zu sichern. Das ist genauso spekuliert ohne Beweis in den Quellen.
Und da die Chatten offensichtlich bei der Varusschlacht zugegen waren, haben sie Asprenas bestimmt nicht mit 2Legionen in ihrem Gebiet zurückgelassen.



Aus der Tatsache, das sich Arminus "zurückzog" und Germanicus ihm "folgte", kannst du schliessen, dass er vorher Germanicus am Bestattungsplatz angegriffen hatte.

Das ist Deine Interpretation. Wenn sich jemand "zurückzog", dann muß er nicht vorher angegriffen haben, sondern kann auch nur "beobachtet" haben!
Das war z.B. beim Gallischen Krieg zwischen Caesar und Vercingetorix der Fall. Dort zogen die beiden Heere tagelang nebeneinander her und es kam auch nur zu wenigen großen Kämpfen (Gergovia, Armancon). Es ist keine Seltenheit, daß sich antike Heere auf Sichtweise aufhielten.
Und da erst nach der Bestattungszeremonie größere Kampfhandlungen beschrieben wurden, ist die Vermutung von einem umkämpften Bestattungsort reines Wunschdenken.


P.S.
CATOs Ausführungen erscheinen mir sehr viel glaubhafter als Deine bisherigen Erklärungsversuche. Schließlich ist WIEGELS kein Kalkriesegegner, aber er urteilt dann auch neutral, wenn es für ihn keine andere Deutung der Buchstaben gibt. Die Erklärung, wie dann die I.Legion dahingeraten ist, lädt wieder zur Diskussion ein.
 
CATOs Ausführungen erscheinen mir sehr viel glaubhafter als Deine bisherigen Erklärungsversuche. Schließlich ist WIEGELS kein Kalkriesegegner, aber er urteilt dann auch neutral, wenn es für ihn keine andere Deutung der Buchstaben gibt. Die Erklärung, wie dann die I.Legion dahingeraten ist, lädt wieder zur Diskussion ein.


Da möchte ich dir zustimmen! Was Cato in seinem Beitrag formuliert hat, basiert auf dem letzten Kenntnisstand seriös interpretierter Archäologie, sodass sich folglich auch zwei Varinaten ergeben. Alle weiteren Hypothesen sind pure Spekulation und von den Quellen nicht gedeckt.
 
Hallo,

"LPA" und die Frage der Veröffentlichung zieht weitere Kreise:

nun prüft die Staatsanwaltschaft die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Subventionsbetrug, wie heute einer Bielefelder Zeitung zu entnehmen war. Anlaß ist eine anonyme Strafanzeige betr. die Zuschüsse von 10 Mio. Euro.
 
Ave zusammen,

mir liegt inzwischen auch der 196-Euro-Band vor, für den ich allerdings nur die Fernleihgebühr investiert habe(Lehmann, G. A./Wiegels, R. „Römische Präsenz und Herrschaft im Germanien der augusteischen Zeit.).


Der Titel des hier heiss diskutierten Artikels darin ist:

Wiegels: Legio I in Kalkriese ? S.89-111

Mit Fragezeichen, versteht sich. Und wer den Artikel gelesen hat, der müsste auch genau wissen warum das Ding da steht.

Die Esszenz des Artikels, über dessen Details ich ggf. gerne diskuttiere,
ist folgende:

(a) Die LPA Lesung Wiegels ist durch keinen eindeutigen epigraphischen Beleg verifiziert, deswegen u.a. auch das Fragezeichen. Aber keineswegs alleine deswegen.

(b) Falls die Lesung stimmt, so stellt Wiegels klar, dann war die Schwertscheide zu diesem Zeitrpunkt bereits etwa 30 Jahre unterwegs mit dieser Inschrift, denn die Legio Prima hies ab 19 v.Chr. nicht mehr Augusta sondern Germanica.


Der Schriftzug ist also, auch wenn die Lesung stimmig sein sollte, zur Zeit des Varus/Germanicus so aktuell wie eine 30 Jahre alte Bildzeitung gewesen. Sie ist keinesfalls ein Beweis für die Anwesenheit der Legio I in Kalkriese.


Wiegels Aussagen im betreffenden Artikel sind eigentlich unmissverständlich, nicht destotrotz wird man hier von den Schoppes völlig entstellend informiert.


Silesia schrieb:
..."LPA" und die Frage der Veröffentlichung zieht weitere Kreise: nun prüft die Staatsanwaltschaft die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Subventionsbetrug, wie heute einer Bielefelder Zeitung zu entnehmen war. Anlaß ist eine anonyme Strafanzeige betr. die Zuschüsse von 10 Mio. Euro.....

Der Unfug stammt höchstwahrscheinlich auch aus dem Schoppe-Dunstkreis, das haben die ja schon im Rahmen ihres, hier diskuttierten, Dezemberartikels verbreitet. Eine solche Anzeige ist natürlich völlig sinnfrei, aber sie wirbelt halt viel Staub auf in dem sich herrlich wühlen und rumsudeln lässt. Zu einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung reicht es bei den Anzeigestellern nämlich nicht, im zünden von argumentativen Nebelbomben hat man aber reichlich Erfahrung.


Beste Grüsse, Trajan.
 
(b) Falls die Lesung stimmt, so stellt Wiegels klar, dann war die Schwertscheide zu diesem Zeitrpunkt bereits etwa 30 Jahre unterwegs mit dieser Inschrift, denn die Legio Prima hies ab 19 v.Chr. nicht mehr Augusta sondern Germanica.


Es stellt sich jetzt die Frage, ob 19 v.Chr. oder n.Chr. gemeint ist? In englischen Quellen habe ich nur das Jahr 19 gefunden, während es in den deutschen Quellen als 19 v.Chr. beschrieben wurde.
Die I.Legion befand sich 19v.Chr. noch in Spanien und Augustus faßte erst 16 v.Chr. den Plan die Gegend bis zur Elbe zu befrieden und dieser Feldzug wird bis zum Jahre 13v.Chr. vorbereitet. Von irgendwelchen Verfehlungen in Spanien seitens der I.Legion ist mir bisher nichts bekannt. Weshalb sie deshalb umbenannt wurde, ist daher schleierhaft.

Für das Jahr 19 n.Chr. und deren Umbenennung würde sprechen: das Todesjahr des Germanicus.

Die I.Legion war an der Meuterei der Rheinlegionen beteiligt. Das war eine Verfehlung, die sie anschließend nur durch die Germanenkriege wieder beseitigen konnte (Besonderheit: Rettung des Caecina bei pontes longi). Hätte es schon vorhergehende Verfehlungen gegeben, so wären diese doch erwähnt worden, oder?
Ich gehe aber davon aus, daß WIEGELS genauere Informationen vorliegen. Im Varus-Kurier (#8;Dez.2006) bezeichnet WIEGELS mit der Inschrift eine Legion und keine Kohorte.
 
Ave Cherusker,

Da ist schon 19 v.Chr. gemeint. Wiegels, S.107:“...so bleibt zu fragen, wie sich hier unsere Inschrift auf dem Mundblech einordnet, das fast drei Jahrzehnte nach Aberkennung des Beinamens Augusta in den Boden geraten sein dürfte.“

Weiter gestützt wird dies auch durch einen umgearbeiteten Denar, der sich auf den Resten der Schwertscheide als Verzierung findet. Dieser umgearbeitete Denar hat das Prägejahr 19/18.v.Chr.

Das Ding war also zum Zeitpunkt 9 n.Chr, und erst recht 15/16 n.Chr, uralt! Zumal Experten davon ausgehen, dass Schwerter selten mal mehr als 10 bis 20 Jahre benutzt wurden.


Ein weiterer Aspekt ist auch die Frage der Truppenzusammensetzung: So wird gezeigt, dass die Legionen in augusteiischer Zeit sehr mobil waren, auch einzelne Cohorten konnten leicht ausgetauscht werden. Die Varustruppen bestanden aus drei Legionen, drei Alen und sechs Kohorten Verstärkung. Zwar gelten die drei Legionen XIIIX,XIIX,XIX als gesichert, über die sechs Kohorten und drei Alen, selbst also wieder praktisch eine weitere Legion stark, gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Aufgrund der wahrscheinlichen Stationierung der Leg I in Mainz (unter dem Varusneffen) können da ohne weiteres auch deren Kohorten gewesen sein.


Kann man alles ohne Anstrengung in Wiegels Artikel finden, Schoppes scheinen da aber massive Wahrnehmungsschwierigkeiten zu haben.

Und so endet Wiegels dann auch eindeutig zweideutig:“...So müssen in Bezug auf die Inschrift...als auch was den historischen Zusammenhang..betrifft...manche Fragen offen bleiben...“

Das Mundblech ist ein interessantes Fundstück, zweifellos, aber nicht der rauchende Colt, den sich einige Kritiker gewünscht haben.


Beste Grüsse, Trajan.
 
Vorsicht! Das Alter der Münze eignet sich lediglich als terminus post quem zur Datierung der Schwertscheide, nicht als definitives Datum. Da ein Münzumlauf sehr lange dauern kann (es gibt einige Hortfunde im Ostseeraum, in denen Münzen aus dem zweiten und dritten Jahrhundert zusammen mit sassanidischen Münzen und ottonischen Pfennigen gefunden wurden) muss die Münze nicht prägefrisch als Verzierung in die Schwertscheide eingearbeitet sein!
 
Ave,

Vorsicht! Das Alter der Münze eignet sich lediglich als terminus post quem zur Datierung der Schwertscheide, nicht als definitives Datum....


Streng genommen noch nicht einmal das! Das Aufbringen der Münzverzierung muss ja nicht zeitgleich mit der Herstellung der Schwertscheide/Mundblech gewesen sein. Daher "stützt" die Münze zwar die Interpretation, "beweist" aber in der Tat kaum etwas.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Kohorte nicht gleich römische Kohorte!

Ein weiterer Aspekt ist auch die Frage der Truppenzusammensetzung: So wird gezeigt, dass die Legionen in augusteiischer Zeit sehr mobil waren, auch einzelne Cohorten konnten leicht ausgetauscht werden. Die Varustruppen bestanden aus drei Legionen, drei Alen und sechs Kohorten Verstärkung. Zwar gelten die drei Legionen XIIIX,XIIX,XIX als gesichert, über die sechs Kohorten und drei Alen, selbst also wieder praktisch eine weitere Legion stark, gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Aufgrund der wahrscheinlichen Stationierung der Leg I in Mainz (unter dem Varusneffen) können da ohne weiteres auch deren Kohorten gewesen sein.

TIMPE hat sich dazu in seinem Buch "Arminius-Studien" geäußert. Diese zusätzlichen Kohorten sind nicht zwingend römische Legionäre gewesen, sondern es kann sich wie bei Germanicus um Gallier und romfreundliche Germanen gehandelt haben (Tac. Ann.2,16,3), so auch Raetorum, Vindelicorum et Gallicae cohorts (2,17,4).
So gab es Kohorten der Canninefaten, Ubier, Bataver,... und selbst der Sugambrer, obwohl diese seit 8v.Chr. deportiert wurden und sich ihr Stammesname verliert. So wurden die Ubierkohorten sogar von Italikern kommandiert, während die anderen Kohorten noch ihre Stammesführer hatten, die von römischen "rectores" überwacht und angeleitet wurden.

Laut KRAFT ist die Kohorte ein taktischer Verband mit einer bestimmten Größe und nicht zwangsläufig eine reguläre-römische Truppe. Das geht besonders deutlich aus dem Begriff "tumultuariae cohorts" (Tac. hist. 4,20,2) hervor.

Somit sind diese Kohorten zusätzliche Hilfstruppen. Ebenso sieht es mit den Alen aus. Ausführlich beschreibt das TIMPE in seinem Buch.
 
Am Rande erwähnt: Abordnungen römischer Legionen wurden vexilationes genannt.
Was nicht ausschließt, dass eine Kohorte aus den Legionen stammte, die Wahrscheinlichkeit aber herabsetzt.
Auch wäre gerade die I. Kohorte abzukommandieren ausgesprochen merkwürdig. Handwerker aus einer I. Kohorte abzukommandieren war dagegen nicht ungewöhnlich.
 
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