Kalkriese:Schauplatz der Schlacht im Teutoburger Wald?

Bin ein weder in numismatischen Fragen noch der Übersetzung römischer Militärkürzel bewanderter "Feierabend-Römer".
Dennoch ein Gedanke zur mitunter hitzigen Schwertscheidendebatte.
Keine Frage, die Möglichkeit, dass sich in Kalkriese eine bislang nicht dort vermutete Legion als ganzes oder in Teilen rumgetrieben haben könnte ist extrem spannend. Ebenso die daraus ableitbaren Argumente eines Pro und Contras für den Ort der Varusschlacht.
Ebenso spannend erachte ich jedoch auch die Möglichkeit, dass bspw. ein Legionär, Centurio, Legat oder sonstwer ein Erb- oder Erinnerungsstück mit sich rumgetragen hat.
Bei aller Uniformität militärischer Strukturen fällt mir die Vorstellung nicht schwer, dass selbst einem einfachen Soldaten ein so explizit militärischer Gegenstand wie ein Schwert in ganz individueller Ausprägung zugestanden wurde.
Ich habe bei der Interpretation archäologischer Fundstücke immer wieder den Eindruck, dass der Ansatz, einen Einzelfund in den "großen" Zusammenhang einordnen zu wollen, den Blick auf die Vielfältigkeit und Individualität menschlichen Handelns ins Hintertreffen geraten lässt.
Vielleicht seh ich es ja zu simpel, doch etwas mehr Toleranz bezüglich der Interpretations-Möglichkeiten hätte den Einsatz manch polemischer Ausflüge in diesem Thread unnötig gemacht.
 
Hallo!

Ich muß noch mal auf die Fundinschriften zurückkommen.

Es wurden gefunden:

2 Kettenpanzerschließen mit Inschrift M AIVS I FABRICI,

1 Senkblei (?) mit Inschrift CO P VIBI S,

1 Schwertscheide mit Inschrift T VIBI TADI L P A.

Wurden den Senkblei und Schwertscheide am gleichen Ort gefunden? Ist das doppelte Auftreten
der Inschrift TIBI nicht etwas bizarr? Hat der Hr. Vibius erst sein Senkblei weggeworfen und dann seine Schwertscheide hinterher? Oder kann es sein, daß Vibius der Kohortenführer war, so daß auf dem Senkblei sein Name als Kohortenführer, auf der Schwertscheide aber sein Name als Eigentümer stand? Und was bedeutet das "S"? Und dann dauernd diese I en bzw. Ps für "Erste". Das ist doch alles sehr seltsam!

Hat jemand eine Erklärung parat?

Euer Schleppschreck
 
....Ich muß noch mal auf die Fundinschriften zurückkommen.Es wurden gefunden:
2 Kettenpanzerschließen mit Inschrift M AIVS I FABRICI,
1 Senkblei (?) mit Inschrift CO P VIBI S,
1 Schwertscheide mit Inschrift T VIBI TADI L P A.
Wurden den Senkblei und Schwertscheide am gleichen Ort gefunden? Ist das doppelte Auftreten der Inschrift TIBI nicht etwas bizarr? Hat der Hr. Vibius erst sein Senkblei weggeworfen und dann seine Schwertscheide hinterher? Oder kann es sein, daß Vibius der Kohortenführer war, so daß auf dem Senkblei sein Name als Kohortenführer, auf der Schwertscheide aber sein Name als Eigentümer stand? Und was bedeutet das "S"? Und dann dauernd diese I en bzw. Ps für "Erste". Das ist doch alles sehr seltsam! ....
Ave Schleppchreck,

über die exakten Fundorte müsste ich mich nochmal schlau machen, woraus zu schliessen wäre ob zwischen den beiden VIBI(us) ein Zusammenhang möglich wäre. Vibius ist allerdings ein geläufiger Name damals gewesen.

Ich habe mich zuletzt mit der Schwertscheide bzw. dessen Mundblech beschäftigt. In der Arbeit Wiegels befindet sich auch ein Bild der Inschrift. Sie ist gekratz und nicht gepunzt, wodurch sie eh schon etwas schwierig zu lesen ist, dazu noch über- oder unterkratzt mit anderem Kram.

Sie ist zweizeilig:

T VIBI TADI (C)
L P A (L X)

Dabei ist (C) eine sogenannte Haste, ein nach rechts zeigender grosser Winkel über beide Zeilen. Eine solche Haste bezeichnet i.d.R. den Rang eines Centurios.
Unten befindet sich nach L P A noch ein L X , allerdings noch schlechter zu lesen.

Vollständig also T VIBI TADI C L P A L X

Das L X wurde hier als mögliche Preisangabe der Schwertscheide gedeutet: 50 (L) Denarii (X). Nunja, wie Wiegels eben sagt, hier sind noch einige Fragen offen.

Wiegels führt auch einige epigraphische Beispiel für Kennzeichnungen der Legio Prima an. Darunter aber keine einzige die so stark verkürzt, nämlich auf die drei behaupteten Anfangsbuchstaben, ist. Denn um die Sache einigermassen eindeutig zu machen, pflegte man wenigstens eins der sinnbildenden Wörter nicht völlig zu verkürzen.

In obigen Beispielen: I FABRICI (erste (Einheit?) des Fabrici) und CO P (cohors prima).
Entsprechend finden sich für Legio Prima meistens LEG I oder einmal auch L PR, niemals aber fand sich bisher L P A. Insofern bleibt die Sache unsicher.

Wie das S in CO P VIBI S gedeutet wird weiss ich nicht, ich schau mir heute abend noch mal den Artikel an (kleiner Scherz am Rande. vielleicht heisst es ja (S)enkblei).

Beste Grüsse, Trajan.
 
Das L X wurde hier als mögliche Preisangabe der Schwertscheide gedeutet: 50(L) Denarii (X). Nunja, wie Wiegels eben sagt, hier sind noch einige Fragen offen.

Hallo Trajan,
dass ein Legionär den Preis einer Schwertscheide einritzt (zur Erinnerung?), halte ich für sehr unwahrscheinlich.

Im Übrigen begrüße ich den Hinweis von Wiegels, dass noch einige Fragen offen sind. Es ist somit derzeit nicht angebracht, den Fundort irgendeinem historiographisch überlieferten Ereignis zuzuordnen. Insbesondere dann nicht, wenn man von der Hypothese der Varusschlacht ausgeht, da nicht der geringste Hinweis für eine Anwesenheit der XVII., XVIII. oder XIX. Legion vorliegt.

Gruß Cato
 
Ave Cato,


ich habe gestern abend noch mal den Wiegels-Artikel gelesen, und muss mich daher nochmal in der Lesung korrigieren, da hatte mich meine Erinnerung ein wenig im Stich gelassen:

Es ist auf der Rückseite des Mundbleches zu lesen:

T VIBI (Haste) TAD(I)
L P A X (L X)

alles völlig verkritzelt, auf dem Foto sieht man garnix, erst auf der Zeichnung ist dass erkennbar. Die schlecht lesbaren Teile habe ich hier mit Klammern versehen.

Wichtig: die Haste (umgekehrtes eckiges C, über beide Zeilen reichend) steht nach VIBI. Das erst gibt der Lesung von L P A einige Wahrscheinlichkeit, denn jetzt heisst die mögliche Interpretation:

T(itus) VIBI(us) (aus der) C(enturie) des TAD(ius)
L(egio) P(rima) A(ugusta) X(denarios) L X (60)

Denn in dieser Reihenfolge ergibt die Haste, die das Rangabzeichen eines Centurios (sieht man heute noch beim Feldwebel) ist, die notwendige Feindifferenzierung für den Besitzanzeig des Schwertes. Dann kann danach durchaus die Legion angeführt werden. Aber dass ist wackelig, da es keinen Referenzbeleg für L P A gibt. Selbst seine Kronzeugin Fr.Paz führt nur Kürzungen mit PR und nicht mit P an. Die Idee des 60-denare-Preisschildes stammt wohl auch von Paz, ist aber natürlich auch unsicher.

Die Interpretation von Kalkriese als (Teil) der Varusschlacht wird aber von Wiegels in keinerweise in Frage gestellt. Warum habe ich ja schon gesagt, aber ich wiederhole nochmal kurz: (A) das Mundblech ist nach der Lesung zum Zeitpunkt des Verlustes schon ca. 30 Jahre alt gewesen, also schon lange nicht mehr aktuell (B) erläutert Wiegels dass die tatsächliche Zusammensetzung der Varustruppen keineswegs so klar ist, wie oft behauptet. Dies liegt u.a. daran, dass die Cohorten in der frühen Kaiserzeit als Einheiten sehr beweglich und relativ autark waren. (C) selbst wenn die Lesung stimmt UND das Blech wirklich noch im Besitz der ersten Legion war, so ändert das an der Interpretation von Kalkriese nichts.

Aber dafür sollte jeder den Artikel einmal selbst lesen.

Zu den Fundorten kann ich im Moment noch nicht viel sagen, ausser dass das Mundblech im Grabungsschnitt XX-FNr.10926 gefunden wurde. Die anderen beiden Objekte muss ich noch suchen, dann schaunmermal.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Ergänzung

Ave Cato,

....dass ein Legionär den Preis einer Schwertscheide einritzt (zur Erinnerung?), halte ich für sehr unwahrscheinlich. ...

Die stark verkratzte zweite Zeile

L P A X L X

lässt sich ohne weiteres auch als

L P A X I X

lesen. Die Varus-Legionen XIIIX, XIIX und XIX hatten alle zur Zeit des Varus den Beinamen Augusta, ganz im Gegensatz zu Legio I, die seit 19 v.Chr. ja Germanica hiess. Dann wäre die mögliche Lesung z.B.:

L(egio) pro (P)raetore A(ugusta) XIX (19.)

Somit nicht am Ende das von Fr. Paz reklamierte Preisschild, dass ich auch für etwas weit hergeholt halte, sondern ehr schon die 19.te Legion. Die Idee scheint den beiden aber noch nicht gekommen zu sein, obwohl sie garnicht sofern liegt.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Hallo Trajan,

die Deutung der Graffiti ist schon für Experten schwierig, für Laien sowieso. Wenn Prof. Wiegels mehr als zehn Jahre Zeit zur Begutachtung hatte, nehme ich nicht an, dass ihm eine Interpretationsmöglichkeit entging. Letzendlich schließt er sich seiner spanischen Kollegin an, dass LPA mit Legio Prima Augusta zu übersetzen ist.

Auf jeden Fall ist es bedauerlich zu sehen, wie schnell aus LPA ein LKA wurde. Eine anonyme Anzeige ist wirklich lächerlich, denn ein Gericht wird nicht zur Klärung einer wissenschaftlichen Frage beitragen können. Der Vorwurf des Subventionsbetruges hat m.E. wenig Aussicht auf Erfolg.

Gruß Cato
 
Finde die Deutung auch recht schwer, zumal ich keinerlei Vergleichsstücke kenne aus denen man auf "übliche" Abkürzungen auf Schwertscheiden schließen könnte.
Allerdings scheint mir Legio pro praetore augusta doch sehr ungewöhnlich.
Aber ich würde mich nicht zu sehr auf ein einzelnen Blech versteifen und einfach bei der Aussage bleiben das bei Kalkriese eine der großen Schlachten stattgefunden hat.
 
Ave Cato,


Cato schrieb:
...die Deutung der Graffiti ist schon für Experten schwierig, für Laien sowieso. Wenn Prof. Wiegels mehr als zehn Jahre Zeit zur Begutachtung hatte, nehme ich nicht an, dass ihm eine Interpretationsmöglichkeit entging. Letzendlich schließt er sich seiner spanischen Kollegin an, dass LPA mit Legio Prima Augusta zu übersetzen ist.....


Yep, dass ist so. Aber schauen wir uns die Geschichte doch mal näher an. Man findet schon 1992 (veröffentlicht Franzius 1999) ein Mundblech mit zwei Zeilen gekritzeltes,
man liest in der interessanten zweiten Zeile: L P A X (?) X

Das Fragezeichen steht da, weil die beiden X-en unschwer zu identifizieren sind, aber das Gekritzele dazwischen dass kann viel heisen: I, II, L , T, es ist kaum zu sagen, wobei eigentlich aber die I oder II am naheliegensten wären, da die beiden Striche gut erkennbar sind.

Wenn Wiegels jetzt so ein Atlantishistoriker wäre, würde er sofort jubeln und dann veröffentlichen: Sicherer Beleg für die Anwesenheit der Legionen XIX oder XIIX in Kalkriese gefunden!

Tut er aber nicht, schliesslich ist er Profi. Denn viel markanter als die deutelbaren Kratzungen ist die umgearbeitete Münze, die offensichtlich auch zum Beiwerk der Schwertscheide gehörte: Diese Silberscheibe(Gemme) zeigt ein Münzbild, dass in 19 v.Chr in Cordoba/Hispanien anzusiedeln ist. Da waren die XIX oder XIIX aber vermutlich nie.

Er könnte zwar jetzt behaupten, dass sie ja später und auch woanders eingarbeitet werden konnte und nix zu bedeuten hätte, aber er ist ja Profi. Er wendet sich also nach Spanien an Fr.Paz, die Expertin für Inschriften der dortigen Legionen ist. So schreibt er am Beginn seines Artikels S.90:".....jedoch sei schon an dieser Stelle angemerkt, dass die hispanische Prägung des Denars zwar nicht 'zwingend' auch die Herstellung der Kalkrieser Beschläge oder den Erwerb der Gemme in Hispania indiziert, aber doch ein nicht zu unterschätzender Hinweis auf einen Zusammenhang mit Hispanien liefert, worauf noch zurückzukommen sein wird."
Die Münze ist der entscheidende Hinweis, nicht die Inschrift als solche!


Nun versuchen die beiden also die Inschrift entsprechend zu deuten. Einen eindeutigen Referenzbeleg für LPA können sie zwar nicht finden, aber Paz kann zeigen dass statt der üblichen I öfters PR(ima) verwendet wurde und auch schonmal SEC(unda) für die II. Somit kommt man also zu Legio Prima Augusta für LPA. Was ist jetzt aber mit X?X zu machen? Paz schlägt vor, dass X für denarius steht und hinter dem X müsste dann L für Fünzig stehen (denn die leichter erkennbaren I oder II würden das Teil nämlich zu billig machen) und dann wäre es dass Preisschild zu LX (60) Denaren gewesen.
Dazu Wiegels S.95:"...Das folgende X lässt sich vielleicht als Wertzeichen für Denare verstehen, gefolgt von einer Ziffer, die man eventuell als LX (?) lesen kann, zusammen genommen also (denarios) LX (?)....Eine sichere Deutung dieser Details erscheint vorerst nicht möglich."


Cato schrieb:
...Auf jeden Fall ist es bedauerlich zu sehen, wie schnell aus LPA ein LKA wurde. Eine anonyme Anzeige ist wirklich lächerlich, denn ein Gericht wird nicht zur Klärung einer wissenschaftlichen Frage beitragen können. Der Vorwurf des Subventionsbetruges hat m.E. wenig Aussicht auf Erfolg......


An dieser Stelle möchte ich zweierlei Dinge feststellen:


Erstens: Diese äusserst sorgfältige Vorgehensweise Wiegels zeugt von der excellenten Qualität seiner Arbeit. Statt gleich über XIX oder XIIX zu jubeln, begibt er sich an die zehn Jahre lang auf Wahrheitsfindung. Die von den Schoppes unterstellte Unwissenschaftlichkeit und Komplotttheorie ist daher von kaum zu überbietender Frechheit.

Zweitens: Wegen der Gemme/Münze schliesse ich mich hier der Lesung von Wiegels/Paz an! Zumindest was das LPA angeht und solange nichts besseres vorliegt.

So, und nun komme ich noch mal zum X?X zurück: Gehen wir also davon aus, das dieLPA-Lesung von Wiegels/Paz stimmt, dann lässt sich also in 19 v.Chr. ein junger Soldat, Anfang 20, in Spanien eine Schwertscheide herstellen. Das Ding ist nicht billig, und er ritzt wie üblich auf wertvolle Ausrüstungsstücke einen Besitzanzeig, also sein Name plus die Untereinheit. Es ist noch etwas Platz, und da kratzt er ganz stolz noch ein LPA für die legio prima augusta.

Nun, fast 30 Jahre später, zur Zeit des Varus ist dieser Legionär aber schon Anfang 50, also ein alter Knochen. Ob er jetzt überhaupt noch in der LPA ist, die ja schon seit genauso langer Zeit LPG heisst, wissen wir nicht, vielleicht wurde er in eine der Varuslegionen versetzt, oder er gab die Schwertscheide z.B. seinem Sohn weiter, der jetzt in einer Varuslegion dient. Nun, wer auch immer, er ritz jetzt auf dem gerade noch verfügbaren Platz auf dem Mundblech, direkt hinter LPA, noch XIX oder XIIX ein, um die Sache klar zu machen. Ausradieren ging ja nicht.

Das es vermutlich so war, ist auch nachvollziehbar: Der Sinn solcher Einritzungen bestand lediglich darin, einen Ausrüstungsgegenstand nach vorübergehendem Verlust wieder zuordnen zu können, und nicht um historische Nachrichten zu übermitteln. Dafür ist der konkrete Inhalt der Ritzung ziemlich unwichtig, man muss lediglich sozusagen die "Seriennummer" des Geräts kennen, um seinen Besitzanspruch zu untermauern.

Und somit haben wir 2000 Jahre später den Salat: Zwei inkonsistente Legionenkennungen und eine wackelige Interpretation eines hochinteressanten Fundstückes.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Hallo!

@Trajan

Der Prof. Wiegels hat wahrscheinlich 12 oder mehr Jahre gewartet, ob man noch irgendwas findet, was die Sache erhellt. Dies ist offensichtlich nicht geschehen.

Deine Interpretation des XLX ist für mich mindestens so gut nachvollziehbar wie die eines eingekratzten Preises.

Das Besondere an der Sache ist, daß man von dem Vibius (falls VIBI wirklich einen Namen meint) zwei Stücke gefunden hat. Vielleicht war er einer der ersten Gefallenen (an diesem Hinterhalt in Kalkriese), so daß er nicht mal Zeit hatte, sein Marschgepäck mit dem darin befindlichen Senkblei abzulegen, dann sollten die Fundorte nahe beieinander gelegen haben.

Ich hoffe, man hat einen Graphologen beauftragt, um herauszufinden, ob die beiden Inschriften von der gleichen Person vorgenommen wurden, ich meine jetzt

CO P VIBI S

T VIBI \ TAD(I)
-L P A / X L X

(Habe ich übrigens die Position dieser Haste jetzt korrekt wiedergegeben oder nicht? Das Minuszeichen vor LPA ist nur ein Platzhalter, damit die beiden Teile der Haste übereinanderstehen.)

Sehr bedauerlich finde ich, daß die Uni Osnabrück auf ihrer Webseite keine Fotos von den beiden Inschriften zur Verfügung stellt, oder finde ich sie nur nicht?

Euer Schleppschreck
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Leute,
weiß jemand etwas mehr über die Legio Prima Augusta? Worin lag ihr Fehlverhalten in Spanien, aufgrund dessen sie ihren Beinamen 19 v.Chr. verlor? Weshalb verlieh man ihr die Bezeichnung Germanica bereits 19 v.Chr., wenn die Feldzüge gegen die Germanen erst 16 v.Chr. begannen? Auf http://www.livius.org/le-lh/legio/i_germanica.html
steht, dass die Umbenennung 19 (n.Chr. ?) stattfand.
Wer kennt sich hier im Forum aus mit der Geschichte der römischen Legionen?
Gruß Cato
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Für die früheste Kaiserzeit lassen sich kaum Daten für einzelne Legionen nennen, in deinem Link steht schon außergewöhnlich viel.

Das Standardwerk "Die Legionen des Augustus" erzählt uns folgendes:
"Legio I Germanica: Scheint ursprünglich den Beinamen Augusta getragen zu haben, der ihr aber aufgrund eines Fehlverhaltens in Spanien 19 v. Chr. aberkannt wurde. Spätestens im Triumvirat von Octavian gegründet. Anfänglich in Spanien stationiert, wohl bald nach 19 v. Chr. nach Gallien und dann an den Rhein verlegt. 9 n. Chr. vermutlich in Mainz, 14 n. Chr. in Köln, dann nach Bonn gebracht. 70/71 von Vespasian aufgelöst. Emblem unbekannt."

Fehlverhalten die bestraft wurden waren in der Regel Meutereien.
Zumindest die Auflösung dieser Legion ist bekannt, erst zog ein Teil der Legion mit Vitellius nach Italien, der andere Teil bekleckerte sich im Bataveraufstand nicht mit Ruhm. Als sich dann noch eine Erhebung gegen den mittlerweile siegreichen Vespasian ereignete war für diesen das Maß voll.
 
Hallo Trajan,

ich denke, es ist allen klar, dass nicht Prof. Schoppe die anonyme Anzeige veranlasst hat. Ich hoffe, es wird keine weiteren Verdächtigungen in dieser Richtung geben.
Ich möchte noch einmal auf meine Frage nach weiteren Informationen zur Legio Prima Augusta/Germanica verweisen (Beitrag Nr. 314). Diese Sache erscheint mir wichtiger, als irgendwelche Denunziationen.

Gruß Cato
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
In der Hinsicht kann ich nur für weitere Konfussion sorgen.
Zwar veraltet, aber m.E. nicht umgeworfen ist folgende Behauptung Ritterlings, der in der RE die Legionsartikel verfasste:
"Denn die legio prima in dem Heere der iulisch-claudischen Kaiser kann erst ganz am Ende der Regierung des Augustus neu errichtet sein. Die bekannten Worte des Tacitus (...) ann. I 42: primane et vicensima legiones, illa signis a Tiberio acceptis, tu tot proeliorum socia ... können von dem unbefangenen Leser nicht anders verstanden werden (...) als das die legio prima von Tiberius aufgestellt ist (...)"
Was bedeuten würde, dass es sich um nicht identische Legionen handelt. Das paßt auch zu den fehlenden Informationen in den Jahren nach der letzten spanischen Vermortung.


Es empfiehlt sich ein Blick in das mir gerade nicht erreichbare "The making of the roman army" von Keppie, der darin Neugründungen und Auflösungen der endenden Republik behandelt.
 
Ave zusammen,

Secundus schrieb:
....Fehlverhalten die bestraft wurden waren in der Regel Meutereien.
Zumindest die Auflösung dieser Legion ist bekannt, erst zog ein Teil der Legion mit Vitellius nach Italien, der andere Teil bekleckerte sich im Bataveraufstand nicht mit Ruhm. Als sich dann noch eine Erhebung gegen den mittlerweile siegreichen Vespasian ereignete war für diesen das Maß voll.....


Nunja, das ist eben das Ding. Die LEG I AVG wurde um 19v.Chr. möglicherweise zerschlagen, nahm als Legion oder Teile davon mit Drusus ab 12 v.Chr. an den Germanienfeldzügen teil, wo sie möglicherweise zur LEG I GER erneuert wurde.

Ist aber alles unsicher, steht auch im Artikel von Wiegels. Klar ist jedenfalls, dass die Schwertscheide als sie in Kalkriese in die Erde kam uralt war, sie stammt aus der Hispanischen Zeit der LEG I. Die gekritzelten Zeichen hinter LPA sehen etwa wie folgt aus:
_
XIIX

ein X zwei senkrechte Striche und wieder ein X. Über (!) den zwei senkrechten Strichen sieht man einen Querstrich, der allerdinges kaum zu irgendetwas zugeordnet werden kann,so dass das ganze wie ein Pi aussieht. Wiegels/Paz folgern hier nach jahrelanger Diskussion aber XLX, weil das Blech einen Schaden unterhalb(!) der zwei senkrechten Striche hat, so dass hier auch ein L und ein zufälliger senkrechter Strich stehen könnte, weil der Unterstrich des L abgerissen sein könnte. Warum sie dass tun, habe ich ja erläutert, denn nach der Paz Erklärung würde XIIX ja sonst einen Preis von nur 8 Denaren bedeuten, was mit Sicherheit zu billig wäre.

Die wahrscheinlichste Lesung dieser Stelle ist aber tatsächlich XIIX. Da die Legio Prima nach Ihrer Meuterei (?) mehr oder weniger zerschlagen wurde, ist eine Neuverteilung der Soldaten auf andere Legionen, aber auch Zuzug aus anderen Legionen, zumal in Germanien, absolut naheliegend. Hochachtungsvoll ist jedenfalls, dass Wiegels nicht der naheligenden Versuchung erlegen ist, die mögliche Lesung XIIX=18.Legion in den Vordergrund zu bringen, sondern seiner Kollegin Paz den Vortritt lässt, die dafür eine abenteuerliche Preisschildtheorie, inkl.eines tatsächlich nicht vorhandenen, denn nur gemutmassten,L, ins Spiel bringt.

Ich verstehe ihn da auch, denn das LPA ist deutlicher erkennbar als dass XIIX und daher erstmal einer wissenschaftlichen Untersuchung zugänglicher. Kommt Zeit, kommt Rat, irgendwann wird man sich auch wieder mit dem schwächeren XIIX beschäftigen.

Jeder vergleiche dazu mal die hier deutlich gemachte Qualität Wiegelscher Arbeit mit der des Herrn Schoppes, hier z.B. vom 19.01.2007 in kalkriese.blogspot.com: "Erste Legion in Kalkriese eindeutig nachgewiesen!
Das Mundblech einer Schwertscheide in Bronze vom Oberesch in Kalkriese (Fundnummer 10.926) trägt ganz klar die Initialen "LP" als Ritzinschrift (Varus-Kurier Nr. 8, Dez. 2006, S. 3)......Das bedeutet eindeutig Legio Prima - erste Legion........Das beweist, dass Varus nicht in Kalkriese gewesen sein kann, weil die Legio I Germanica 9 nach Christus in Mainz stationiert und an der Varusschlacht nicht beteiligt war ....."


Unwissenschaftlicher geht es kaum noch, den offensichtlichsten Unfug habe ich mal fett dargestellt. Insbesondere im Zusammenhang mit den Schoppeschen Unterstellungen an die Gegenseite (Zitierkartell, Abteilung kreative Münzinterpretation etc.pp., wer mag darf sich auf den www-Seiten der Schoppes reichlich bedienen) ist dass schon mehr als merkwürdig!


Schliesslich kann man nach dem Studium der Wiegelschen Arbeit zwar unterschiedlicher Meinung sein, aber von irgendeiner Eindeutigkeit, insbesondere der Zuordnung des Schlachtplatzes von Kalkriese weg von Varus, kann nicht mal im entferntesten die Rede sein. Und obwohl die Inschrift ungewöhnlich lang und interessant ist, bringt er nur das LP, weil dass der einzige Teil der Inschrift ist, der zu seiner Vorstellung passt. Er unterschlägt sogar das A für Augusta, weil er offensichtlich genau weiss, dass alleine deswegen schon,aber nicht nur, seine Interpretation eines "Beweises" nicht haltbar ist. Später nimmt er es aber wieder hinzu, da es ja eh nicht zu verheimlichen ist, unterschlägt jetzt aber die damit zusammenhängende zeitliche Problematik, mit der sich Wiegels/Paz sehr ausführlich und auf hohem wissenschaftlichen Niveau beschäftigen. Vom X?X mal ganz zu schweigen.

Die Dinge liegen nun mal nicht so simpel da, wie es sich so mancher gerne wünschte. Ich kann dazu nur sagen, wer sich qualifiziert informieren möchte, der bemühe sich bitte die zugrundeliegenden Originaltexte zu lesen, und sich nicht von solchermassen manipulierten Informationen fernlenken zu lassen.


atlantis3345 schrieb:
...Die Anzeige kommt N I C H T aus dem Schoppe-Umfeld und wir wissen auch nicht, von wem sie kommt....


Was die Schoppes angeht, ich habe nirgends behauptet dass Hr.Schoppe selbst den anonymen Brief in den Kasten geworfen hätte, ich sprach vom "Dunstkreis" der Schoppes. Dazu gehören ja inzwischen auch einige Lokalgrössen, die hektisch vor 2009 an einer Verlegung des Varusschlachtplatzes interessiert sind. Die Diktion der Anzeige jedenfalls weist ganz klar in die Richtung Schoppescher Unterstellungen, die ihr schon in eurem Dezember Artikel formuliert hattet. Wer ist mehr schuldig, der das Gift anmischt oder der das Gift zur Anwendung bringt? Für das Schoppe-Umfeld kannst Du wohl kaum garantieren, denn Die habt ihr ja mit eurer grossangelegten Verleumdungskampagne so richtig in Fahrt gebracht.

Wenn Du sagst, Du warst es nicht, so will ich dir das glauben. In dubio pro reo ist euch natürlich zugestanden und ich attestiere Euch allen hiermit die selbstverständliche Unschuldigkeit.


Schöne Osterferien und bunte Eier wünsche ich Allen,

beste Grüsse, Trajan.
 
.....Die LEG I AVG wurde um 19v.Chr. möglicherweise zerschlagen, nahm als Legion oder Teile davon mit Drusus ab 12 v.Chr. an den Germanienfeldzügen teil, wo sie möglicherweise zur LEG I GER erneuert wurde.....
Genau hier liegt das Problem. „Möglicherweise“ bedeutet, dass man nichts genaues über den Werdegang dieser Legion weiß. Deshalb mein Dank an Secundus und Tib. Gabinius für die tatsächlichen Informationen, die hierzu vorliegen.
Sollte es so sein, wie man aus Ritterlings Aussage und dem Text von Jona Lendering entnehmen kann, nämlich dass die Umbenennung von AUGUSTA in GERMANICA erst unter Tiberius bzw.19 n.Chr., also unmittelbar nach dem Tod des Germanicus stattfand, dann ergäbe sich ein völlig anderes Bild.
Es gibt übrigens eine spanische Internetseite der Legio Prima Augusta, auf der von einer Umbenennung wegen Fehlverhaltens leider auch nichts zu finden ist.
Ein schwerwiegendes Fehlverhalten der Legio Prima ist allein durch Tacitus belegt, der berichtet, dass sich diese Legion an der Meuterei am Rhein 14 n.Chr. in besonderem Maße beteiligte.


Hochachtungsvoll ist jedenfalls, dass Wiegels nicht der naheligenden Versuchung erlegen ist, die mögliche Lesung XIIX=18.Legion in den Vordergrund zu bringen,...
Nun, wer die Inschrift auf der Schwertscheide kennt, wird sich denken können, warum Wiegels so handelte.


Jeder vergleiche dazu mal die hier deutlich gemachte Qualität Wiegelscher Arbeit mit der des Herrn Schoppes,....
...Unwissenschaftlicher geht es kaum noch, den offensichtlichsten Unfug habe ich mal fett dargestellt.
Unwissenschaftlichkeit kann man Prof. Schoppe nicht vorwerfen. Er vertritt eben die Seite, die andere Schlüsse aus der Existenz dieser Inschrift zieht.

Schliesslich kann man nach dem Studium der Wiegelschen Arbeit zwar unterschiedlicher Meinung sein, aber von irgendeiner Eindeutigkeit, insbesondere der Zuordnung des Schlachtplatzes von Kalkriese weg von Varus, kann nicht mal im entferntesten die Rede sein.
Beim Lesen des letzten Teils des Satzes schleicht sich bei mir das Gefühl ein, hier ist jemand etwas ignorant gegenüber möglichen neuen Erkenntnissen. Genau dieses deduktive Verhalten wird den Kalkrieseforschern von ihren Kritikern vorgeworfen. Die „Varusschlacht bei Kalkriese“ wurde als Tatsache vorausgesetzt und alle Funde und Befunde mussten zur Verifizierung dieser Aussage herhalten.



Die Diktion der Anzeige jedenfalls weist ganz klar in die Richtung Schoppescher Unterstellungen, die ihr schon in eurem Dezember Artikel formuliert hattet. Wer ist mehr schuldig, der das Gift anmischt oder der das Gift zur Anwendung bringt?
Gift ? Ich muss schon bitten… Wir sind hier doch nicht in der DDR, in der Kritik als Vergiftung oder Verunreinigung der Wahrheit betrachtet wurde.
Was bezeichnest Du denn als „Dunstkreis der Schoppes“? Auch Prof. Wolters, Dr. Kehne, Dr. Glüsing, Dr. Berke usw. oder nur seine Söhne und nächsten Verwandten?


Etwas weniger „Gift“ täte dieser Diskussion wohl wieder gut. Falls es Dir nicht aufgefallen ist, möchte ich dich darauf hinweisen, dass Christian Schoppe hier unter seinem richtigen Namen, also NICHT anonym schreibt. Ich will hier keine Lanze für die eine Seite brechen, aber die Schoppes haben mit Offenheit wohl keine Probleme.

Gruß Cato
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Kleine Korrektur: die Annalenstelle bezieht sich nicht auf einen Zeitpunkt nach dem Tod des Germanicus.
Im Gegenteil, hier sind wir im Bereich 14 / 15 n. Chr. in einer Rede des Germanicus, er spricht in der Vergangenheit von der Verleihung der Feldzeichen durch Tiberius und von alltgedienten Veteranen.
Hieraus kann man also die These einer Neuaufstellung dieser Legion durch, also mgl. i.A., oder unter Tiberius schlußfolgern, die vor 14 / 15 liegen muß.
In der Regel stiftet nur der Kaiser den aquila, darum ist das "unter" die wahrscheinlichere Variante.
Da allerdings auch von Veteranen die Rede ist, sollte es sich als entweder um eine reaktivierende Rekrutierung handeln, die in Germanien wenig fruchtbar wäre zu diesem frühen Zeitpunkt, oder um eine doch länger zurückliegende Rekrutierung, welche die Soldaten bereits durch Kriege und Schlachten geführt hat.

Was man also daraus sieht: es gereicht höchstens zur weiteren Verwirrung.
 
@ Tib. Gab.


Das hatte ich auch so verstanden. Die „19 n.Chr.“ bezogen sich auf den Text von Jona Lendering (www.livius.org).
Die Angaben, die uns über das Militär in den frühen Jahren des Tiberius zur Verfügung stehen sind tatsächlich verwirrend. Vielleicht wissen die spanischen Wissenschaftler mehr über den Werdegang der Legio Prima, bevor sie nach Germanien kam.

Cato
 
Buch

Hallo,

erlaubt mir als gelegentlichem Beiträgeschreiber den Hinweis, dass das angekündige, von mir mitgeschriebene Buch inzwischen erschienen ist.

http://www.arminius-varusschlacht.de/Varusschlacht-Schoppe.pdfIch denke, dass wir einige gute und neue Ansätze haben. Auch wenn wir da landen, wo man zuerst vermutete (und wo die meisten anderen Autoren auch das Varusschlachtfeld sehen) gibt es doch einige neue Interpretationen und Sichtweisen, die es meines Erachtens lesenswert machen. Die Kernaussagen findet ihr auch auf unserer Webseite (Hauptdomain s.o.), wobei wir die Kalkriesekritik im Buch nur knapp gehalten haben. Es geht uns dabei vor allem um die Konstruktion der Gegenhypothese.

Grüße
 
@ Schoppe: hier liegt ihr meines Erachtens falsch:

Saltus Teutoburgiensis meint ganz ursprünglich nicht, wie zumeist vermutet, das lateinische Wort "saltus" für Wald, Sprung oder Unebenheit. Saltus bezieht sich auf ein heute noch vorhandenes Hydronom, das von den Römern wie Ems (Amisia), Lippe (Lupia) oder Rhein (Rhenus) übernommen wurde.
Der Begriff saltus für eine Verwaltungseinheit taucht auch in anderen Zusammenhängen auf (z.B. Saltus Sumelocennensis - Gebiet um Rottenburg/Baden-Württemberg). Es kann auch nicht sein, dass der Begriff im Zuge der Varusschlacht entstand, denn er ist schon wesentlich älter bezeugt (u.a. bei Varro).

Zu den restlichen Punkten will ich mich mal nicht äußern, das haben wir alles so oft schon im Forum diskutiert.
 
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