Und das besteht worin? Handelt es sich dabei um einen sog. Wissenschaftlichen Scherz, ist der Autor eine fiktive Person und das Buch niemals geschrieben worden, also die Verweise auf es nur als surrealen Witz zu verstehen?
Dem ist wohl so; interessant wäre jetzt in der Tat, wie Lévy aus der fiktiven Biographie über Kants Sexualleben nun eine positive Bezugnahme als Kritik an Kants Philosophie hinbekam. In der Regel läßt man doch auch sein Werk Werk Korrektur-Lesen: da müssen also einige Leute geschlafen haben, einschließlich des Lektors!
Aber ernsthaft, auch Philosophen werden sonst wie Popstars gefeiert, warum hier nicht?
Ob sich die Behauptung, daß Phiosophen "sonst wie Popstars gefeiert [werden]" historisch haltbar ist, möchte ich bezweifeln, zumindest wenn es gesamtgesellschaftlich gemeint sein sollte und eher die Ausnahme ist. Bei Jean-Paul Sartre könnte man das vielleicht ganz gut behaupten, ein paar gibt es bestimmt noch (z. B. wohl auch Hegel). Oder vielleicht gibt es z. Zt. einen gewissen Kult um die Philosophen der gegenwärtigen Philosophie des Geistes; mag auch sein, daß in Franfurt am Main Judith Butler angesichts ihrer Adorno-Vorlesung 2002 vor einem brechend vollen Auditorium sprach oder ähnliches.
Freilich eher historisch haltbar ist, daß Philosophen unter den eigenen Schülern durchaus Bewunderung zuteil wurde - was psychologisch auch durchaus plausibel ist. Und entsprechend heißt es durchaus über Kant, daß er unter den Zuhörern seiner Vorlesungen seit 1755 wohl schon "fast vergöttert" wurde (so zit. bei Otfried Höffe,
Immanuel Kant. München: Beck: 2007, S.28).
Betrachten wir kurz die zeitgenössiche Wirkungsgeschichte seines Hauptwerke,* so entstand bald ab 1785 einig Alt-Kantianische Bewegung, in Assoziation mit der
Jenaer Allgemeinen Literaturzeitung - so Auskunft etwa bei Höffe (S.289) und es erschienen rasch Erläuterungsschriften, und es wurde das
Philosophische Magazin gegen solch einen Kanitianismus gegründet und sogar ein zweibändiges "Anti-Kant"-Buch geschrieben.Das mag beachtlich sein, man sollte aber bedenken, daß "Kant (vielleicht nach Chr. Wolff) der erste [große Philosoph der Neuzeit ist], der seinen Lebensunterhalt als professioneller Leherer seines Faches verdient." (Höffe, S.20)
Schließlich ist zu bemerken, daß Kant auch nicht etwa in Berlin (wie etwa der spätere Hegel quasi als Staatsphilosoph) lehrte, sondern in einer sehr viel kleineren, zudem gerade erst gewissermaßen gegründeten Stadt im weiteren Osten.
* À propos:
Meines Wissens wurden seine Kritiken doch so heiß diskutiert, dass er sogar eine Verwechslungsgefahr mit anderen hatte (so mit Fichtes "Kritik aller Offenbarung").
Mag sein, daß man als Laie manchmal durcheinander kommt bei verschiendenen Kritiken in den Titeln der Philosophiegeschichte insonders bei oder seit Kants Hauptschriften. Meinst du das in diesem Sinne?