Karikatur: "So kolonisiert der Deutsche"

DerAhnungslose

Neues Mitglied
Hallo Leute,

ich muss bald ein Vortrag halten bezüglich des Imperialismus. Dazu muss ich eine Karikatur beschreiben und interpretieren. Leider kann ich überhaupt nichts mit dieser anfangen. Es handelt sich hierbei um die Karikatur "So kolonisiert der Deutsche" aus der satirischen Zeitschrift "Simplicissimus" Ich danke Ihnen im Voraus skdd.jpg

MfG DerAhnungslose
 
Kleinteilig anfangen:

Was ist denn auf der Karikatur zu sehen?
Was steht auf dem Schild an der Palme?
 
Also die ersten Wörter kann ich nicht erkennen, aber danach steht: ... Abladen ist hier verboten.

Die Tiere sind in einer Reihe und stehen und stehen alle einheitlich. Desweiteren sind sie sie alle mit einer Zahl versehen. Während eine Person wahrscheinlich die Giraffen im Auge behält, stülpt die andere einem Krokodil einen Maulkorb über.
 
Wozu mussten die Giraffen eine Registriernummer tragen?
...du könntest auch fragen, warum die Giraffen in Reih und Glied exakt marschieren, noch dazu im Stechschritt...:winke:

Und ist das Schild an der Palme relevant?
zumindest dürfte ein deutschsprachiges Schild mit der Aufschrift "Schutt abladen ist hier verboten" im afrikanischen Dschungel um 1900 herum sicher eine Novität gewesen sein :winke:

die Karikatur überzeichnet satirisch, wie "typisch preussische, wilhelminische" Tugenden in den wilden Dschungel gebracht und durchgesetzt werden, so a la "endlich siegt das militär´sche / stramm jestanden! hoch det Been!"
 
Noch ein bisschen Kontext (besonders ab Seite 55 der Zeitschrift)
http://www.simplicissimus.info/uploads/tx_lombkswjournaldb/pdf/1/09/09_06.pdf

Eigentlich hatte ich ja angenommen, in Deutschland könne jeder quasi reflexhaft das Richtige ergänzen, wenn irgendwo steht "... abladen verboten" :pfeif:
Weil das aber anscheinend doch nicht ganz so ist:
Dateichutt abladen verboten.jpg ? Wikipedia
http://www.nuernberg.de/imperia/md/...ienst_stra__enreinig_verordungung_850_780.pdf (§21)
Einleitung zur Unterrichtsreihe <i>Recht und Ordnung</i> | Unterrichtsreihen - Recht und Ordnung | DW.DE |
 
Da steht "Satire und Schutt abladen verboten". Richtig, die Giraffen stehen (oder marschieren im Stechschritt) in Reih und Glied, sie sind durchnummeriert, ebenso sind die Palmen im Hintergrund aufgereiht. Auch das Krokodil, dem der Kolonialsoldat zwar einen Maulkorb aufbindet, wirkt friedlich.

Wir haben also zwei Dinge herausgearbeitet:
Das Verhalten der Tiere ist .............. (hier bitte Wort einfügen)
Man versucht in Afrika die sprichwörtlichen p...... T...... einzuführen.

Was lässt sich daraus über die mögliche Aussageabsicht des Karikaturisten herleiten?

Auf dem Halsband des Krokos steht im Übrigen auch noch etwas, aber das ist zu blass oder verwischt.
 
Da steht "Satire und Schutt abladen verboten".
ich hab den Simplicissimus-Link von Liborius vergrößert, da ist die Karikatur auf Seite 5 abgebildet - mir kommts so vor, als stünde da "Schutt und Schnee (sic) abladen ist hier verboten" (das auf dem Kroko-Halsband kann ich auch nicht entziffern, zu undeutlich)
 
"Schutt- und Schneeabladen verboten" ist die Botschaft des typisch deutschen Verbotschildes. Die Nummerierung der Giraffen spielt auf die gleiche typisch deutsche/preußische Ordnung an.
Der Stechschritt spielt dabei auf den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. an.

Der Maulkorb des Krokodils lässt sich auf viele Arten interpretieren.
Mir persönlich gefällt der "persönliche Ansatz" am besten. So wird gesagt, dass Heine dabei auf seine eigene Lage anspielen wollte. Er wurde immer wieder vor Gericht gezogen wegen Karikaturen und Texten. Dort wurde ihm dann immer wieder ein "Maulkorb" verpasst.
In diesem Sinne könnte er selbst das "wilde Krokodil" sein, dass von den Deutschen besänftigt und zum Verstummen gebracht wird.

Außerdem muss bei der Interpretation auch bedacht werden, dass der Teil "So kolonisiert der Deutsche" auch nur "ein Teil des Ganzen" ist.
Für eine genauere Interpretation muss die ganze Karikatur betrachtet werden.
342px-So_kolonisiert_der_Deutsche_Simplicissimus_1904.jpg

Und daraus lässt sich der Verdacht erschließen, dass eigentlich nicht die Deutschen im Mittelpunkt stehen, sondern die Kritik in Richtung Belgien (unten rechts) abgeschossen worden ist.
So wird die belgische Kolonisation mit dem Braten und dem Verzehren der Einheimischen dargestellt.
 
Außerdem muss bei der Interpretation auch bedacht werden, dass der Teil "So kolonisiert der Deutsche" auch nur "ein Teil des Ganzen" ist.
Für eine genauere Interpretation muss die ganze Karikatur betrachtet werden.
Anhang anzeigen 11643

Und daraus lässt sich der Verdacht erschließen, dass eigentlich nicht die Deutschen im Mittelpunkt stehen, sondern die Kritik in Richtung Belgien (unten rechts) abgeschossen worden ist.
So wird die belgische Kolonisation mit dem Braten und dem Verzehren der Einheimischen dargestellt.
Guter Hinweis!
 
"Schutt- und Schneeabladen verboten" ist die Botschaft des typisch deutschen Verbotschildes. Die Nummerierung der Giraffen spielt auf die gleiche typisch deutsche/preußische Ordnung an.
Der Stechschritt spielt dabei auf den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. an.

Der Maulkorb des Krokodils lässt sich auf viele Arten interpretieren.
Mir persönlich gefällt der "persönliche Ansatz" am besten. So wird gesagt, dass Heine dabei auf seine eigene Lage anspielen wollte. Er wurde immer wieder vor Gericht gezogen wegen Karikaturen und Texten. Dort wurde ihm dann immer wieder ein "Maulkorb" verpasst.
In diesem Sinne könnte er selbst das "wilde Krokodil" sein, dass von den Deutschen besänftigt und zum Verstummen gebracht wird.

Außerdem muss bei der Interpretation auch bedacht werden, dass der Teil "So kolonisiert der Deutsche" auch nur "ein Teil des Ganzen" ist.
Für eine genauere Interpretation muss die ganze Karikatur betrachtet werden.
Anhang anzeigen 11643

Und daraus lässt sich der Verdacht erschließen, dass eigentlich nicht die Deutschen im Mittelpunkt stehen, sondern die Kritik in Richtung Belgien (unten rechts) abgeschossen worden ist.
So wird die belgische Kolonisation mit dem Braten und dem Verzehren der Einheimischen dargestellt.


Ich sehe es eher so, dass hier alle Kolonialmächte und "Kulturnationen" ihr teil abbekommen. Die sind ja selbstverständlich nicht wegen des schnöden Mammons nach Afrika gekommen, sondern um die Afrikaner von der Sklaverei zu befreien, sie mit der Zivilisation zu beglücken.

Diese Absichten werden als hohle Phrasen kariiert, ebenso wie die unterschiedlichen Konzepte der Herrschaft.

Dem Briten geht es ums Geld, das er aus einem Schwarzen presst, der reichlich mit Schnaps und Religion abgefüllt wird.

Die Franzosen machen die Afrikaner zu "Citoyens francaises"und fraternisieren und feiern eifrig, wobei hier aber fraglich scheint wer von wem lernt.

Die Deutschen bringen Ordnung, Sauberkeit, militärischen Drill und Gehorsam, alles hat in Reih und Glied zu stehen, Krokodile müssen einen Maulkorb tragen, der Wesenstest für "Listenreptilien" ist ihnen offenbar noch erspart.

Ganz als Bonvivant und Kulturträger präsentiert sich Leopold II., der einen wie ein Spanferkel dekorierten Schwarzen zu verspeisen im Begriff ist. Kannibalismus der von Affrikaforschern wie Leopolds Agent Stanley behauptet wurde und die Befreiung von arabischen Sklavenhändlern waren Argumente die die Kolonialisierung Afrikas als Akt der Humanität verherrlichten, und gerade Leopold II. war ein Meister der Selbstdarstellung, der in seiner Privatkolonie, seit 1908 Belgisch- Kongo, rein philanthropische Projekte verfolgte. Leopold kam aber doch ins Gerede, die vielen abgeschlagenen Hände, niedergebrannten Dörfer und ermordeten Kongolesen ließen sich nicht mehr vertuschen.
 
Dem widerspreche ich nicht, aber wenn es dem Autor wirklich um einen Rundumschlag gegangen ist, dann fehlen auch andere (blutige) Teile der Geschichte. Neben Leopold hab es auch von anderer Seite Massaker. Der Hereroaufstand nur als ein Beispiel von vielen.
Na klar, in einer Karikatur wird hier und da überzogen, aber die Briten als grausame Ausbeuter hinzustellen, ist auch nicht unbedingt die "europäische" Sicht der Dinge.

Ob jetzt die Afrikaner von den Franzosen lernten oder umgekehrt lasse ich jetzt mal dahingestellt... Allerdings sind die Franzosen ja immer gerne mit dabei, wenn es um das Ausrufen von Repbliken geht :)
 
Man rechnet wohl, neben dem Kolonialismus, (so als Seitenhieb) vor allem auch mit der eigenen Regulierungswut ab. Steckt uns heute noch in den Knochen.
Das würde ich nicht nur den Preußen in die Schuhe schieben wollen. Die Bayern z.B. (das Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit, 1951, haben sie forciert) regulieren auch ganz gerne und ob die sich was von den S...preußen abgucken, ist eher anzuzweifeln.
 
Wenn ich das richtig sehe, steht auf dem Halsring für das Krokodil "1 2 3 Steuer...(gesetz, verwaltung, recht?)"

Offenbar kam das Krokodil in den Kolonien nicht so recht zum Zuge, bzw. zum Fressen.
 
Dem widerspreche ich nicht, aber wenn es dem Autor wirklich um einen Rundumschlag gegangen ist, dann fehlen auch andere (blutige) Teile der Geschichte. Neben Leopold hab es auch von anderer Seite Massaker. Der Hereroaufstand nur als ein Beispiel von vielen.
Die Simplicissimus-Ausgabe ist vom 3. Mai 1904. Der Völkermord an den Herero infolge der Schlacht am Waterberg (August 1904) lag da noch in der Zukunft. Eine Karikatur kann nicht die komplette Kolonialgeschichte darstellen. Es ist daher nur logisch, dass der Karikaturist sich auf einige Elemente konzentriert.

Der Stechschritt spielt dabei auf den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. an.
Zu Zeiten von Friedrich Wilhelm I. gab es den Stechschritt noch nicht. Meinst du vielleicht die Einführung des Gleichschritts durch Leopold von Anhalt-Dessau? Auf die Zeit um 1700 wird jedenfalls nicht angespielt. Beim Interpretieren von Bildquellen sollte man nicht zu sehr ins fantastische abdriften.
 
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