Karl IV. - Größter Kaiser des Spätmittelalters

Konradin

Gesperrt
Karl von Luxemburg, geboren am 14.5.1316 in Prag, gestorben am 29.11.1378 in Prag.

Römischer König 1346-1378
Römischer Kaiser 1355-1378
König von Böhmen 1346-1378
König von Italien 1355-1378
König von Burgund 1365-1378


"Karl IV. ist die größte Herrscherfigur des deutschen Spätmittelalters [...] Karl führte die deutsche Zentralgewalt im Spätmittelalter auf den Höhepunkt [...] Das königsferne nördliche Drittel des Reiches erreichte Karl besser als irgendein anderer König (Besuch in Lübeck 1375) [...] Als erster König seit langem war Karl den Päpsten gewachsen [...]" (Lexikon des Mittelalters, Band V, Spalte 971)

Karl IV. ließ sich am 4.6.1365 in Arles als letzer Herrscher überhaupt zum König von Burgund krönen.
Was war der Grund für diese Handlung?
Wollte er seine Machtansprüche gegenüber dem neuen König von Frankreich [Charles V. der Weise (1364-1380)] demonstrieren?
 
Also wenn du sagst, Karl IV. war der letzte Herrscher, der zum König von Burgund gekrönt wurde, heißt das, dass zuvor so ziemlich jeder römische König zum König von Burgund gekrönt wurde. Viel wichtiger wäre da die Frage: warum wurden Karls Nachfolger nicht mehr gekrönt? Weil sie in Burgund kaum Macht hatten und es demnach egal war, ob sie gekrönt wurden oder nicht? Warum wurden dann alle bis Karl gekrönt? Diese hatten doch ebenfalls kaum Macht.
 
Der letzte, der vor ihm zum König von Burgund gekrönt wurde, ist meines Wissens Friedrich I. (1178). Davor sind mir nur Heinrich III. (1038) und Konrad II. (1033) bekannt.
 
Konradin schrieb:
Der letzte, der vor ihm zum König von Burgund gekrönt wurde, ist meines Wissens Friedrich I. (1178). Davor sind mir nur Heinrich III. (1038) und Konrad II. (1033) bekannt.

Ich finde das ja alles ganz interessant, aber wie Imperator schon anmerkte, was soll uns das alles sagen? Ich sehe noch nicht ganz den Zweck der Übung...
 
Einen "Zweck" hatte dies weniger.
Viel mehr ist es nur erstaunlich, daß sich ein Kaiser noch einmal zum König von Burgund krönen ließ, obwohl der Titel eigentlich inhaltsleer war: Er brachte ihm ja schwerlich mehr Macht.
Das ihnen der Titel "Rex Burgundiae" wenig bringt, erkannten ja selbst Herrscher wie Heinrich VI. oder Friedrich II.
Umso auffälliger ist es, daß Karl IV. am Ende seines Lebens Burgund quasi an Frankreich verschenkte: Er vergab 1378, kurz vor seinem Tod also, die Vikariatsrechte an den Dauphin von Frankreich, dem er 1349 schon die Grafschaft Vienne übertragen hatte.
Insofern sah er wohl ein, daß seine Ambitionen bzgl. Burgund sinnlos waren und gab es auch praktisch preis.
 
"Karl führte die deutsche Zentralgewalt im Spätmittelalter auf den Höhepunkt"

Stimmt ja wohl nur teilweise:
Goldene Bulle 1356 hat die kurfürstlichen Rechte ja wohl beträchtlich gestärkt und dem Reich einen eher föderativen Charakter verliehen. Auch der erste Italienzug war ja wohl nicht unbedingt eine Stärkung der kaiserlichen Autorität, wie schon Petrarca beklagte.
 
@Konradin: mit dieser Aussage aus dem LexMA wäre ich sehr vorsichtig. Der Verfasser dieses Beitrags (Peter Moraw) ist ohnehin ein Karls-Verehrer (der ich nicht bin). In der Zeitschrift für bay. Landesgeschichte (ZBLG 60, 1997) hatte Heinz Thomas (der Verfasser der wohl mit Abstand besten Darstellung der politischen Geschichte des deutschen Spätmittelalters, siehe Heinz Thomas, Deutsche Geschichte des Spätmittelalters, Stuttgart 1983) darauf hingewiesen, dass die neuere Forschung in Karl oft nur die strahlende Erscheinung des (in der älteren Forschung) als Verfallszeit begriffenen Spätmittelalters sieht.

Moraws Lexkonartikel ist ja fast panegyrisch. Es wird nur leider oft unter den Teppich gekehrt, dass Karl fleissig von den Pestpogromen profitiert hat (er liess sich sogar vertraglich Zahlungen zusichern: Judenverpfändungen am 23.,25., 27. und 28. Juni 1349 für Nürnberg, Rothenburg o.d.T. und Frankfurt a.M.). Auch sein "Abgang" bei der Schlacht von Crecy, wo sein Vater Johann fiel und er sich lieber davon ritt...das alles wirft schon einige Fragen bezüglich Karls Charakter auf. Hinzu kommt seine Reichspolitik: Ja, er liess sich in Arles krönen...doch realpolitisch gab er die Dauphine auf. In Italien unternahm er nichts, um dort regulierend einzugreifen. Und Dank seiner Verpfändungspolitik stärkte er zwar die Hausmacht, sorgte aber für eine immanente Schwächung des Königtums.

Wer eine abgewogene Darstellung lesen will, sollte "Hoensch, Die Luxemburger" oder "Thomas, Geschichte" lesen.

MfG Benowar

ps: Es ist natürlich so, dass z.B. der Tourismus in der Tschechei enorm von Karls Nimbus profitiert - noch heute. Da stören dann solch unappetitliche Fakten. Allerdings will ich gar nicht Karls Intelligenz und Geschick bezweifeln, nur seine Weitsicht in Reichsfragen und seinen Charakter - wenigstens wirft der letzte Punkt Fragen auf.
 
Benowar schrieb:
@Konradin: mit dieser Aussage aus dem LexMA wäre ich sehr vorsichtig. Der Verfasser dieses Beitrags (Peter Moraw) ist ohnehin ein Karls-Verehrer (der ich nicht bin). In der Zeitschrift für bay. Landesgeschichte (ZBLG 60, 1997) hatte Heinz Thomas (der Verfasser der wohl mit Abstand besten Darstellung der politischen Geschichte des deutschen Spätmittelalters, siehe Heinz Thomas, Deutsche Geschichte des Spätmittelalters, Stuttgart 1983) darauf hingewiesen, dass die neuere Forschung in Karl oft nur die strahlende Erscheinung des (in der älteren Forschung) als Verfallszeit begriffenen Spätmittelalters sieht.

Moraws Lexkonartikel ist ja fast panegyrisch. Es wird nur leider oft unter den Teppich gekehrt, dass Karl fleissig von den Pestpogromen profitiert hat (er liess sich sogar vertraglich Zahlungen zusichern: Judenverpfändungen am 23.,25., 27. und 28. Juni 1349 für Nürnberg, Rothenburg o.d.T. und Frankfurt a.M.). Auch sein "Abgang" bei der Schlacht von Crecy, wo sein Vater Johann fiel und er sich lieber davon ritt...das alles wirft schon einige Fragen bezüglich Karls Charakter auf. Hinzu kommt seine Reichspolitik: Ja, er liess sich in Arles krönen...doch realpolitisch gab er die Dauphine auf. In Italien unternahm er nichts, um dort regulierend einzugreifen. Und Dank seiner Verpfändungspolitik stärkte er zwar die Hausmacht, sorgte aber für eine immanente Schwächung des Königtums.

Wer eine abgewogene Darstellung lesen will, sollte "Hoensch, Die Luxemburger" oder "Thomas, Geschichte" lesen.

MfG Benowar

ps: Es ist natürlich so, dass z.B. der Tourismus in der Tschechei enorm von Karls Nimbus profitiert - noch heute. Da stören dann solch unappetitliche Fakten. Allerdings will ich gar nicht Karls Intelligenz und Geschick bezweifeln, nur seine Weitsicht in Reichsfragen und seinen Charakter - wenigstens wirft der letzte Punkt Fragen auf.

Das mag alles sein, doch bleibt dann die Frage offen, wer denn anstatt Karl IV. der wichtigste spätmittelalterliche Kaiser ist.
Die Auswahl ist nicht groß: Heinrich VII. (1312-1313), Ludwig IV. der Bayer (1328-1347), Sigismund (1433-1437) und Friedrich III. (1452-1493); alle anderen waren "nur" König, nicht Kaiser.
Heinrich VII. wird wohl wegfallen, da er so kurz war, Friedrich III. war im Reich fast machtlos, Sigismund strotzte ebenfalls nicht gerade vor Stärke im Reich selbst.
Bleibt Ludwig der Bayer - der stritt aber Zeit seines Lebens mit den Päpsten.
Was meinst Du?
 
"Größe" ist eine wage Kategorie.

Heinrich VII.: Nein, kein großer Kaiser wenn man ihn mit Friedrich II. (nicht I. !!!, da hätte ich Einwände) oder auch Otto I. vergleicht. Aber als Mensch wird er in der zeitgenössischen Historiographie als fromm, mutig, intelligent und als liebender Vater und Ehemann , als Verkörperung des Ritterideals bezeichnet. Ich habe über den Bereich meine Abschlussarbeit geschrieben, daher kenne ich mich da ganz gut aus :) Und er erneuerte das Kaisertum...und dies in seiner schwierigen Ausgangslage.

Ludwig IV. widersetzte sich wie Heinrich VII. den Befehlen des Papstes und handelte selbständig. Es ist ja auch keineswegs ausgemacht gewesen, dass Karl IV. sich gegen ihn durchgesetzt hätte.

Sigismund hatte viele Ideen und ging teils neue Wege.

Ich habe ein Problem mit dem Begriff der Größe. Was heisst das? Wer ein guter General war? Da wäre von den genannten noch am ehesten Heinrich und Ludwig zu nennen. Wer erfolgreich das Reich stärkte? Karls Goldene Bulle war ja ein Kompromiss, keine Durchsetzung der Programmatik Karls.

Ich finde, man muss die Ausgangslage sehen, die Vorgaben und das Erreichte. Heinrich erneuerte das Kaisertum und schuf in Deutschland eine selten einige Front der großen Häuser. Ludwig war ein erfolgreicher Territorialpolitiker, aber kein erfolgreicher Kaiser (da schon seine Kaiserkrönung nicht "mittelalterlich" war). Aber fähig waren bis auf Wenzel (auf jeden Fall was die Reichsangelegenheiten betrifft), vielleicht mit Abstrichen auch bei Ruprecht und bei Friedrich III. (der sehr auf das Reich und seine Ländereien, wenig aber auf die Welt blickte), eigentlich alle Könige dieses Zeitraums. Es kommt eben darauf an,. wie man es definiert.
 
Benowar schrieb:
"Größe" ist eine wage Kategorie.

Heinrich VII.: Nein, kein großer Kaiser wenn man ihn mit Friedrich II. (nicht I. !!!, da hätte ich Einwände) oder auch Otto I. vergleicht. Aber als Mensch wird er in der zeitgenössischen Historiographie als fromm, mutig, intelligent und als liebender Vater und Ehemann , als Verkörperung des Ritterideals bezeichnet. Ich habe über den Bereich meine Abschlussarbeit geschrieben, daher kenne ich mich da ganz gut aus :) Und er erneuerte das Kaisertum...und dies in seiner schwierigen Ausgangslage.

Ludwig IV. widersetzte sich wie Heinrich VII. den Befehlen des Papstes und handelte selbständig. Es ist ja auch keineswegs ausgemacht gewesen, dass Karl IV. sich gegen ihn durchgesetzt hätte.

Sigismund hatte viele Ideen und ging teils neue Wege.

Ich habe ein Problem mit dem Begriff der Größe. Was heisst das? Wer ein guter General war? Da wäre von den genannten noch am ehesten Heinrich und Ludwig zu nennen. Wer erfolgreich das Reich stärkte? Karls Goldene Bulle war ja ein Kompromiss, keine Durchsetzung der Programmatik Karls.

Ich finde, man muss die Ausgangslage sehen, die Vorgaben und das Erreichte. Heinrich erneuerte das Kaisertum und schuf in Deutschland eine selten einige Front der großen Häuser. Ludwig war ein erfolgreicher Territorialpolitiker, aber kein erfolgreicher Kaiser (da schon seine Kaiserkrönung nicht "mittelalterlich" war). Aber fähig waren bis auf Wenzel (auf jeden Fall was die Reichsangelegenheiten betrifft), vielleicht mit Abstrichen auch bei Ruprecht und bei Friedrich III. (der sehr auf das Reich und seine Ländereien, wenig aber auf die Welt blickte), eigentlich alle Könige dieses Zeitraums. Es kommt eben darauf an,. wie man es definiert.

Verstehe mich nicht falsch: ich bin kein Karl IV.-Verehrer.
Deine Argumente sind sehr gut, muß ich sagen.
Du hast vollkommen recht im Falle Ruprechts von der Pfalz: er war ein fähiger König, der an der zu geringen Hausmacht scheitern mußte, aber das beste daraus machte. So wagte er sogar einen Romzug, der leider scheiterte.

Gab es eigentlich außer Ruprecht Könige, deren Romzüge in Italien scheiterten?
 
Oh ja: Der Romzug Rudolfs von Habsburg fand nie statt :)

Und der Romzug Heinrichs VII. (siehe den berühmten Bilderzyklus) scheiterte auch, da der Kaiser vor Beginn der Kampfhandlungen gegen Robert von Anjou am 24.8.1313 bei Buonconvento starb.

Der erste Romzug Karls war am Ende auch fast eine Flucht (so drückte es Petrarca und Matteo Villani aus).. Aber er war ja Kaise rund hatte Geld von den Kommunen eingesammelt.

Maximilian I. kam ja nicht weit und nahm nur den Titel eines erwählten Kaisers an.

Es gibt da ein Buch von Pauler: "Roland Pauler, Die deutschen Könige und Italien im 14. Jahrhundert, Darmstadt 1997". Bin nicht immer mit seiner Wertung einverstanden, aber ist ein solider Überblick. Und es ist gerade ein neues Buch aus der Reihe "Geschichte kompakt" erschienen: "Malte Prietzel: Das Heilige Römische Reich im Spätmittelalter, Darmstadt 2004"

Man kann wohl sagen, dass die Romzüge aller römisch-deutschen Könige im Spätmittelalter (mit Ausnahme des Romzugs Heinrichs VII.) keine Ziele mehr verfolgten, wie die Italienunternehmen der fürheren, besonders der staufischen Kaiser...aus ganz unterschiedlichen Gründen.

MfG Benowar

ps: Ach was, ob nun Karlsverehrer oder nicht...jeder nach seinem Gusto :) Ich hoffe nur, dass ich dir auch ein paar andere Blickwinkel auszeigen konnte. Ich hasse es, wenn Historiker ihre Fakten als die einzig wahren präsentieren und sich nicht die Mühe machen, auf Probleme aufmerksam zu machen (wie es Moraw im LexMA nicht getan hat).
 
Benowar schrieb:
Ich hasse es, wenn Historiker ihre Fakten als die einzig wahren präsentieren und sich nicht die Mühe machen, auf Probleme aufmerksam zu machen (wie es Moraw im LexMA nicht getan hat).
Darüber ließe sich streiten (De mortuis nihil nisi bene); vielleicht ist Thomas erst auf dem Hintergrund der Forschungen und Wertungen von Moraw gerecht einzuordnen. Dein Verdikt riecht auch nach alleinseligmachendem Urteil.
 
Ach, ich habe doch nicht behauptet die allein richtige Antwort zu haben. Allerdings kenne ich Moraws Forschungen ziemlich gut.

Es gibt in der Hinsicht nun mal mehrere Schulen. Du solltest mal Seibt, Hoensch, Moraw, Thomas, Leuschner und Boockmann (nur mal als Beispiele) im Vergleich lesen. Was Moraw da im LexMA geschrieben hat, ist IMO (!!! betone, meiner Meinung nach) jedoch schon ziemlich fahrlässig. Die Probleme Sigismunds im Reich beruhten zu einem nicht unerheblichen Teil darauf, dass ihm keine Hausmacht zur Verfügung stand (Karl hatte den geschlossenen Komplex ja auch in seinem Erbe verteilt).

Moraw hat seine Wertschätzung bezüglich Karl IV. schon früh postuliert (bereits im Jubiläumsjahr 1978). Das setzte sich in diversen Studien fort (besonders: "Propyläen Geschichte Deutschlands 3" und "Über König und Reich"). Sowohl Moraw als auch Thomas haben ja als Schwerpunkt ihrer Darstellungen die Verfassungsgeschichte gewählt. Nicht falsch verstehen: Moraws Analysen schätze ich teils sehr hoch ein, aber in Bezug auch Karl hat da manches wenig mit Objektivität zu tun. Ist ja nicht so, als wenn Thomas Karl verteufeln würde. Aber es betrachtet das Gesamtbild differenzierter. Ich mag eben keine Pauschalurteile - und ich sehe auch nicht, wo ich hier eines getroffen habe.

Ich würde aber gerne wissen, wo genau ich denn "alleinseligmachend" klang. Vielleicht kann ich das Mißverständnis ja ausräumen.

MfG Benowar.
 
Ich finde schon, dass man als Historiker (auch in einem Lexikonartikel) durchaus Sympathien ausdrücken kann. Aber ich kann doch erwarten, dass auch die umstrittenen Fragen wenigstens angesprochen werden. Wenn nun Moraw die Judenpogrome übergeht, ist das mehr als enttäuschend, da sie in der Forschung zu den kontroversesten Punkten in Karls Regierungszeit zählen...besonders bei der relativen Länge des Beitrags.

Nichts anderes habe ich gemeint.

MfG Benowar
 
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