Karl Marx und seine Vision von einer klassenlosen Gesellschaft

Zitat:" Also die "Vision" des selbstlosen Menschen bei Marx seh ich mehr als einen Fehler in seiner Theorie, für den man ihn sehr wohl verantwortlich machen kann."

Stimmt! Zu anderen Zeiten sind schon welche an einen Baumstamm genagelt worden, weil sie den Faktor Mensch in ihrer Ideologie zu positiv bewerteten.
 
askan schrieb:
Stimmt! Zu anderen Zeiten sind schon welche an einen Baumstamm genagelt worden, weil sie den Faktor Mensch in ihrer Ideologie zu positiv bewerteten.
Versteh jetzt nicht wie das gemeint ist ?
Ein Fehler den Marx imo gemacht hat war doch, daß er nicht hinreichend wahr nahm, daß durch Enteignung ( =Beseitigung der bestehenden Heschaftsform) ein Machtvakuum entsteht, daß auch gar nicht so wohlwollende Individuen an sich reißen können.
Wie Fischof schon gesagt hat:

Fischhof schrieb:
Doch mit einem hat er sich grundlegend geirrt. Daß es eine kleine Gruppe politischer Führer sein könne, die die Massen aus der Ungerechtigkeit und Ungleichheit leiten könne.
Ich versuch mal die Entwicklungslinien zum Kommunismus zu skizzieren
(bitte korrigieren wenn ich falsch liege):
Nach der Theorie von Marx bricht der Kapitalismus doch zwangsläufig zusammen, die folgende "Dikatatur des Proletariats" übernimmt dann das Ruder. Wenn ich richtig informiert bin, soll in einer "sozialistischen Zwischenphase" der Enteignungsprozeß der Produktionsmittel stattfinden und parallel dazu bei einem Zurückdrängen der Konsumwünsche ersteinmal das gesammtwirtschaftliche Produktionskapital aufgebaut werden ( Verteilungsgerechtigkeit ist hierbei Nebensache!), um eine materiele Grundlage zu schaffen und später auch individuelle Konsumwünsche erfüllen zu können.
Die Elendslage des Proletariats wird für Marx in dieser Zwischenphase als afaik als unüberwindar angesehen. Die Lösung der sozialen probleme wird in eine unbestimmte Zukunft verlagert.
Schließlich kommt es zu dem Aufbau einer gesellschaftlichen Selbststeuereung (Engels :"Der Staat stirbt ab"), das Haben bestimmt das Sein, die klassenlose, selbsttragende kommunistische Gesellschaft entsteht. Und das kann eben auch nur durch altruistische handelnde Menschen von statten gehen (als Folge der Nicht-Besitzverhältnisse).

Fischhof schrieb:
... sondern alle können ihre unterschiedlichen Interessen mit gleichen Recht und gleich gut Gütermäßig abgesichert ausleben, der Mensch sozial mitfühlend und nicht egoistisch ist. Und an dieser These ist nicht viel zu rütteln und kritisieren
Schön wärs, glaube aber nicht daran.

Selbst wenn wirklich fürsorgende Lenker der sozialistischen Zwischenphase die Macht innehaben würden, seh ich nicht wirklich, wie dieser kommunistische Endzustand tatsächlich entstehen sollte. Hier habe ich leider ein anderes Menschenbild, was aber bitte nicht mit fehlenden Werten meinerseits zu tun hat.

john Lennon schrieb:
Imagine no posessions
I wonder if you can
No need for greed or hunger
Or Brotherhood of Man
Imagine all the people
Sharing all the world

You may say I'm a dreamer
But I'm not the only one
Maybe someday you will join us
And the world will be as one
Mit zu träumen reicht imho leider nicht aus !
 
Der Nachteil des marxistischen Modells ist es, dass es sich in der Wirklichkeit nie bewährt hat.
Weil der Mensch anscheinend nicht nur gut ist. :rolleyes:
 
askan schrieb:
Stimmt! Zu anderen Zeiten sind schon welche an einen Baumstamm genagelt worden, weil sie den Faktor Mensch in ihrer Ideologie zu positiv bewerteten.

Gib doch bitte dafür mal ein Beispiel... Außer Jesus, der ist mir zu naheligend... :)
 
Themistokles schrieb:
Marx Vision bleibt allerdings die am besten ausgearbeite Utopie die ich kenne.
Da muss ich dir leider widersprechen MArx hat es immer abgelehnt eine genauere Gesellschaftutopie zu entwerfen. Der Sozialismus sollte kein fertiges Modell sein, dass man nur noch umsetzen müsse, sondern das Produkt eines geschichtlcihen gewollten Prozesses. Eine festgelegte Utopie wäre außerdem sehr undemokratisch, da den Menschen dann die Gestaltungsmöglichkeit weitgehend genommen wäre. MArx hat nur die allernötigsten Grundzüge erklärt.
 
Papa_Leo schrieb:
Aber klar ist: Da braucht es schon einen ganz besonderen Typen von Menschen, damit das klappt - und der ist selten.
Die Frage ist eben ob es eine eigentliche menschliche NAtur gibt?
In seinen Frühschriften (Phiosophisch-Ökonomische Manuskripte) geht auch Marx noch von einem menschlichen Wesen aus, dass sich durch den Kapitalismus entfremdet hätte und das man zurückgewinnen müsse. Mit den "Thesen über Feuerbach" verwirft er aber diese Theorie und stellt an Stelle der Antropologie die Soziologie und kommt zu dem oft (und noch öfter verkürzten) Schluss:" Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußsein bestimmt." (MEW,13, S. 9)

Daher kann man nicht von einem Menschenwesen ausgehen. Der Mensch des Feudalismus war für den kapitalismus ebensowenig reif wie der Mensch des Kapitalismus für den Sozialismus. Aber bereits im Feudalismus reiften neu Menschen heran, ebenso wie es sich die demokratischen SouialistInnen (vor allem die AurtomarxistInnen) zur Aufgabe gemacht haben das Gefühl der Solidaritär bereits in der kapitalistischen Gesellschaft zu stärken.
 
Was viele immer wieder in den falschen HAls bekommen ist, das sie glauben das Marx eine Anleitung für eine bessere Welt gegeben hat.
Er hat lediglich nur beschrieben wie sich die Gesellschaft entwicklet hat und wie sie sich weiterentwickln könnte ,wenn alles nach dem vorrangegangenen Muster abläuft. Nur das er Hinweise gibt wie man fehlentwicklungen der vergangen Zeitalter vermeiden könne.
 
Fugger schrieb:
Ich versuch mal die Entwicklungslinien zum Kommunismus zu skizzieren
(bitte korrigieren wenn ich falsch liege):
Nach der Theorie von Marx bricht der Kapitalismus doch zwangsläufig zusammen, die folgende "Dikatatur des Proletariats" übernimmt dann das Ruder.
Ja du liegst falsch. Der Kapitalismus bricht nach MArx nicht von selbst zusammen. Obwohl es bei Marx und vor allem Engels Stellen gibt die dasannehmen lassen, wird bei genauerem Hinsehen klar, das Marx und Engels nie von einem Geschichtdeterminismus ausgegangen sind(LeninistInnen haben aber diese Stellen für ihre verkürzte Theorie verwendet). Der Kapitalismus produziert zwar unweigerlich Krisen, die dem Widerspruch von Tausch-und Gebrauchswert entspringen, bzw. der Akkumulation des Kapitals sowie Brüchenin der Zirkulation (und anderen Ursachen) die aber Krisen im Kapitalismus sind und nich des selben.

Der Kapitalismus hat zwar die Möglichkeit der sozialistischen Gesellschaft geschaffen, bedingt diese aber nicht. Um den Sozialismus zu erreichen bedarf es des subjektiven geschichtlichen Faktors der Arbeitenden. Eines Aktes der Freiheit.
 
askan schrieb:
Was viele immer wieder in den falschen HAls bekommen ist, das sie glauben das Marx eine Anleitung für eine bessere Welt gegeben hat.
Er hat lediglich nur beschrieben wie sich die Gesellschaft entwicklet hat und wie sie sich weiterentwickln könnte ,wenn alles nach dem vorrangegangenen Muster abläuft. Nur das er Hinweise gibt wie man fehlentwicklungen der vergangen Zeitalter vermeiden könne.
Richtig. Marx und sein Erzkapitalist Engels haben nur den Kapitalismus beschrieben und ihn theoretisch weiterentwickelt. Deshalb funktioniert Kapitalismus ja bis heute, weil die Schriften von Marx/Engels von den marktbeherrschenden Subjekten gelesen und umgesetzt werden.
Linke würden das nie verstehen, dass Marx und Engels einen Leitfaden für den vollendeten Kapitalismus geschrieben haben.
 
Hurvinek schrieb:
Richtig. Marx und sein Erzkapitalist Engels haben nur den Kapitalismus beschrieben und ihn theoretisch weiterentwickelt. Deshalb funktioniert Kapitalismus ja bis heute, weil die Schriften von Marx/Engels von den marktbeherrschenden Subjekten gelesen und umgesetzt werden.
Linke würden das nie verstehen, dass Marx und Engels einen Leitfaden für den vollendeten Kapitalismus geschrieben haben.

Da mutest Du den "Kapitalisten" aber viel zu viel intelektuelle Fähigkeiten zu. Vielmehr war es doch so, daß nach dem 1. Weltkrieg die "Kapitalisten" bereit waren, Kompromisse mit den Gewerkschaften und der SPD einzugehen (8-Stunden-Tag, Streikrecht und anderes) um einer kompletten Enteignung, wie dies in Rußland geschehen war, zu entgehen. Darauf gingen Gewerkschaften und SPD ein und verkauften dies auch noch als Errungenschaften, obwohl es vielmehr Brosamen waren, die von Fabriks- und Zechenbesitzern gern bezahlt wurden, um ihren Besitz an Produktionsmitteln zu behalten.
Durch diese Rechte stieg letztlich der Wohlstand der Arbeiter (klammern wir Währungs- und Weltwirtschaftskrise aus, denn die hatten damit nichts zu tun) und es entstand nun eine Industrie, die die Konsumbedürfnisse neuer Käuferschichten befriedigen konnte. Die höhere Löhne und die Kosten der längeren Freizeit flossen so wieder in die alten Kassen der "Kapitalisten". Der Arbeiter konnte besser leben und war zufriedener und der Produktionsmittelbesitzer hatte keinen wirklichen Nachteile.
Da waren keine marktbeherrschenden Kapitalisten, die Marx und Engels bis in die kleinsten Tiefen verstanden hatten, sondern die praktische Notwendigkeit, soviel Reformen zuzulassen, damit sich möglichst wenig ändert. Dies erwies sich dann, in der Rückschau, als Außerkraftsetzung der Konsequenzen des Marx mit den Theorien von Marx.

Und - das zeigt die heutige Zeit - hat Marx alles andere beschrieben, als den vollendeten Kapitalismus, denn auch wenn es der Kommunismus nicht geschafft hat, die Menschen von freiheitlichen - nicht im österreichischen Sinne - Ideen zu überzeugen, so tut es inzwischen der heutige Kapitalismus. Eine öffentliche Diskussion wie hier in "Opel etc." wäre vor einigen Jahren undenkbar gewesen in diesen unseren Ländern.
Wenn Du nun sagen würdest, Du meinst mit vollendetem Kapitalismus gar nicht die jetzige "freie" sondern die vorherige "soziale Marktwirtschaft", so muß ich antworten, wenn das die vollendete Form gewesen wäre, hätte es nach 1989 nicht diese Wandlung im Kapitalismus gegeben.
Nach einer "Außerkraftsetzung der Konsequenzen des Marx mit den Theorien von Marx" finden wir wieder zurück zu Marx Entwicklungsbeschreibung, als ob die ca. 150 Jahre inzwischen gar nicht vergangen wären. Sozusagen es bedurfte zweier Weltkriege und des langen kalten Krieges, um Marx Entwicklungsbeschreibung für 70 Jahre durcheinanderzubringen. Danach bagann sich aber alles wieder so zu ordnen, wie er es analysiert hatte.
 
Hurvinek schrieb:
Richtig. Marx und sein Erzkapitalist Engels haben nur den Kapitalismus beschrieben und ihn theoretisch weiterentwickelt. Deshalb funktioniert Kapitalismus ja bis heute, weil die Schriften von Marx/Engels von den marktbeherrschenden Subjekten gelesen und umgesetzt werden.
Linke würden das nie verstehen, dass Marx und Engels einen Leitfaden für den vollendeten Kapitalismus geschrieben haben.
Ich weiß ja nicht was die "marktbeherrschenden Subjekte" so lesen, du hast Marxe entweder nicht gelesen, oder nicht verstanden. Denn hättest du das, dann hättest du verstanden, dass der Kapitalismus ein apersonales System ist und daher keine MArktbeherrschenden Subjekte kennt, da die KapitalistInnen nur "Charaktermasken" sind. MArx und Engels haben die kapitalistischen Widersprüche aufgezeigt. Ob der Kapitalismus funktioniert ist eine relative Sache. Er funktioniert soweit, dass er nicht von selber untergeht, aber dennoch immerwieder Krisen hervorbringt, die einem Zusammenbruch gleichkommen auch wenn das nicht gleichbedeutend mit seiner Überwindung ist.
 
Die freie Marktwirtschaft ist die vollendete Form des Kapitalismus, denn hier steigt der Profit einiger ins Unermessliche. Jedes System baut seine Existenz auf Gewinn auf. Und dieser Gewinn wird über die Marktbeherrschenden/Regierenden (nicht die Politiker!)bestimmt.
Lieber Fischhof,
in den 20er-/30er-Jahren mußte ein Gegengewicht zum sowjetischen Sozialismus erstellt werden, dem wurde Rechnung getragen durch Deine Ausführungen. Hier ging es nicht um Kaufkraft und Wohlstand der Arbeiter.
In meinem Unternehmen will ich nicht, dass meine Angestellten es genauso gut haben wie ich. Schliesslich gründet man kein Unternehmen aus Nächstenliebe.

Lieber Linker,
auch hinter Charaktermasken verbergen sich Menschen. Und ob ein Herrscher eine Maske auf hat oder nicht, ist egal, herrschen tut er trotzdem.
 
Sascha Maletic schrieb:
Leider hat Marx an der menschlichen Natur vorbeigeschrieben.

Nimm's mir bitte nicht übel, aber hoffentlich hast Du Hobbes besser verstanden, als Marx. Denn (auch) Hobbes ist um einiges komplexer, als man gemeinhin denkt/gelernt hat. Und das Zitat von Dir ist nur in einem größeren Sinnzusammenhang verständlich und gehört zu dem schwächsten Teil seiner ansonsten hochinteressanten Theorie.

Hurvinek, natürlich ging es nicht um Wohlstand und Kaufkraft der Arbeiter.
Wenn Du nun die freie Marktwirtschaft als die vollendete Form des Kapitalismus betrachtest, dann verstehe ich Deine Aussage nicht:

Hurvinek schrieb:
dass Marx und Engels einen Leitfaden für den vollendeten Kapitalismus geschrieben haben.

Denn "Beschreibung" und "Leitfaden" sind ganz unterschiedliche Sachen. Und die bisherige These, daß Marx einen "Kapitalismus mit menschlichem Gesicht" bewirkt habe, bezog sich meines Wissens auf die "soziale Marktwirtschaft".
 
Fischhof schrieb:
Nimm's mir bitte nicht übel, aber hoffentlich hast Du Hobbes besser verstanden, als Marx. Denn (auch) Hobbes ist um einiges komplexer, als man gemeinhin denkt/gelernt hat.
Nun, auch wenn ich Hobbes rechtspositivistische Einstellung nicht voll teile, so denke ich doch, dass seine Sichtweise von der Natur des Menschen deutlich näher an der Realität liegt als von Marx.


Fischhof schrieb:
Und das Zitat von Dir ist nur in einem größeren Sinnzusammenhang verständlich und gehört zu dem schwächsten Teil seiner ansonsten hochinteressanten Theorie.
Sicher, aber bei maximal 100 Zeichen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Sascha Maletic schrieb:
Nun, auch wenn ich Hobbes rechtspositivistische Einstellung nicht voll teile, so denke ich doch, dass seine Sichtweise von der Natur des Menschen deutlich näher an der Realität liegt als von Marx.

Das würde ich bezweifeln, denn genau in diesem Punkt sind beide letztlich gar nicht weit auseinander: das Sein bestimmt das Handeln und Denken des Menschen. Weder bei Hobbes noch bei Marx ist ein neuer Mensch für eine bessere (bei Hobbes sicherere) Zukunft notwendig. Derselbe Mensch, der bei Hobbes im Naturzustand des (anderen) Menschen Wolf ist, ist nach dem Gesellschaftsvertrag keine Gefahr mehr für andere. Und so ähnlich verhält es sich letztlich auch bei Marx. Nicht der neue Mensch macht die neue Gesellschaft, sondern die neue Gesellschaft den neuen Menschen. Dabei darf man nicht vergessen, daß Marx' Ideen beeinflußt sind durch Hegels Philosiphie und Hegel, wenn auch kein Spinozist, so doch viel von Spinozas Überlegungen übernommen hat. Und Spinozas Entwicklung vom Natur- zum Gesellschaftszustand des Menschen ähnelt der von Hobbes sehr, obwohl es natürlich gravierende Unterschiede gibt, die zu einem ganz anderen Staatsideal führen (das letzte Kapitel in seinem berühmten Werk "Tractatus theologico-politicus" heißt: "Warum der Mensch denken darf, was er glaubt und sagen darf, was er denkt", geschrieben um 1670).
 
Hurvinek schrieb:
Lieber Linker,
auch hinter Charaktermasken verbergen sich Menschen. Und ob ein Herrscher eine Maske auf hat oder nicht, ist egal, herrschen tut er trotzdem.
Das stimmt nicht. Im Kapitalismus herrschen nicht die KapitalistInnen, sondern die sozialen Verhältnisse, also das Kapital. Charktermasekn war nur ein gebräuchlicher marxistischer begriff dafür, das KapitalistInnen nur das tun was sie tun müssen. Du hast schon recht wenn du sagst, dass Unternehemn nicht aus Nächstenliebe gegründet werden und der/die UnternehmerIn nicht will, dass sein ArbeiterInnen soviel bekommen wie er, bzw. sollen sie wenig bekommen wie möglich um den Anteil des variablen Kapitals so niedrig zu halten wie möglich und damit mehr Mehrwert abzuschöpfen. Und nur durch Mehrwert kann Kapital akkumuliert werden und das ist das eigentliche Ziel das einE KapitalistIn verfolgen will wenn sie nicht untergehen will.
 
Fischhof schrieb:
Er war Wirtschaftswissenschaftler, Historiker und Philosoph. Er gehört jeder dieser Disziplinen an.
Da muss ich dir leider widersprechen. auch wenn ich deinen Ausführungen ansonsten im Grunde zustimmen kann. Obwohl du Recht damit du Recht hast, dass er in alle diese Gebiete sehr wichtig hineingewirkt hat, so war er im Endeffekt eigentlich nur eines nähmlich Gesellschaftswissenschaft (und auch wenn das weniger wichtig ist war er auch und speziell Engels Naturwissenschaftler) "Der Marxismus ist nicht Nationalökonomie, sondern Gesellschaftswissenschaft" (MAx Adler, Grundlegung der materialistischen Geschichtsauffsung, S. 30)
Auch Philosoph war er keiner, zumindest nicht nach dem Niederschreiben der "Thesen über Feuerbach" "Die geistige Entwicklung von Marx führte weg von jeder Philosophie hin zur Wissenschaft" (Wal Buchenberg, Hegel und die Dialektik, S.1) Marx selbst bemerkt zu der Philosophie "Übrigens löstb sich in der Auffassung der Dinge, wie sie wirklich sind und geschehen sind und geschehen sind ... jedes tiefsinnige philosophische Frage ganz einfach in einem empirsichen Fakt auf" (Marx/Engels, Deutsche Ideologie, MEW 3, S. 43)

Marx kritisert alle diese Disziplinen und wirkt auf diese Weise in diesen Berereichen. Was die Nationalökonomie betrifft, so gehört Marx sicher der Respekt dafür, dass er wesentliche ökonomische Prozesse erkannt hat, aber darin unterscheidet er sich nicht von seinen VorgängerInnen wie Ricardo. Sein verdienst liegt vielmehr darin, dass er erklärt hat wieso der Tauschwert und mit ihm die ganze Nationalökonomie nichts gegebenes und nur noch zu erklärendes sind, sondern er hat den Tauschwert als Gesellschaftliches Verhältnis erkannt, das nicht immer bestanden hat. Indem er das tut wird er vom Ökonomen zum Gesellschaftswissenschaftler
 
Zuletzt bearbeitet:
Leonidas schrieb:
Wahrscheinlich war daher das Geld, die verhängnisvollste Erfindung überhaupt.
Tut mir leid, aber deine Kritik greift hier nur sehr flach. Geld ist keine Erfindung von irgend einem bösen Menschen (im übrigen brigt die reine Kritik am Geld immer die Gefahr des Antisemitismus) sondern umbedingt nötig, da eine Gesellschaft der Tauschwerte ein allgemeines Äquivalent benötigt. "In einer auf Tausch beruhenden Gesellschaft ist Geld nicht nur ein mehr oder weniger wichtiges Hilfsmittel, es ist ein notwendiges medium der ökonomischen Vergesellschaftung. [...] Geld ist nicht nur, eine Vereinfachung des Austausches, auf die im Prinzip auch verzichtet werden kan. Geld ist vielmehr das Medium, in dem sich der gesellschaftlcihe Zusammenhang der ungesellschaftlcihen Warenproduzente überhaupt erst herstellt [...] Warenproduktion ist also nicht möglich ohne Beziehung der Waren auf Geld. Damit ist für alle utopischen Entwürfe eine prinzipelle Grenze gesetzt. Will man Geld abschaffen, dann muss man auch die gesellschaftlichen Verhältnisse abschaffen, die Geld notwendig machen" (Michael Heinrich, Übersinnliche Qualitäten - GEld als soziales Verhältnis, S. 90-91)
 
Linker schrieb:
Da muss ich dir leider widersprechen.

Deine Kritik ehrt mich. Dennoch will ich in dieser Sache zumindest folgendes zu bedenken geben. Zum einen kann man die Aussage, daß jemand etwas ist vom Standpunkt des Jemand sehen oder von dem des Etwas. Also, wenn ich sage Marx war "Wirtschaftswissenschaftler, Historiker und Philosoph", so kann ich das von Marx oder von den Wissenschaften aus sehen (die in dieser Spektakelgesellschaft wirkliche Entitäten sind). Betrachtet man Marx, so ist er ganz sicher "Gesellschaftswissenschaftler". Aber was sagt dies? Zunächst nichts anderes, als daß er interdisziplinär gearbeitet hat, sozusagen - mit dem alten Wort - er war "Universalgelehrter". Er führte verschiedene Disziplinen zusammen. Er schrieb nicht nur historische Abhandlungen, er schrieb nicht nur über wirtschaftswissenschaftliche Zusammenhänge, er schrieb nicht nur über die theoretischen Grundlagen und er schrieb nicht einmal über alle aber getrennt voneinander, sondern er führte diese zusammen in einen Hauptstrom. Somit ist er natürlich mehr als die Summe seiner einzelnen Tätigkeitsfelder. Wie er sich selbst verstand, harrt einer Untersuchung. Aber dennoch - vom Standpunkt der Wissenschaften - verbleibt Marx auch in jeder dieser Teildisziplinen und ist somit auch Wirtschaftswissenschaftler, Historiker und Philosoph. So ist die Volkswirtschaft ohne Marx nicht mehr zu denken (und wo man ihn ausklammert, ist sie in mehrfacher Weise inhaltlich, wenn auch nicht realpolitisch bredeutungslos). Detto Geschichte.
Bei der Philosophie möchte ich jedoch noch auf folgendes hinweisen: 1. zunächst ist die Empirie durchaus eine philosophische Denkrichtung, 2. ist die Philosophie generell der Versuch, das Sein des Menschen und seine Bedingungen zu beschreiben. Daß sich dann - im Idealfall - die theoretische Überlegung mit der Realität deckt, oder - anders formuliert - daß "jede tiefsinnige philosophische Frage ganz einfach in einem empirsichen Fakt auf"(-gehoben wird), ist das Ziel der Philosophie. Und 3. muß ich nachfragen, ob dies Zitat - wie von mir oben ergänzt - als Verb das Wort "aufheben"="hebt jede Frage in einen Fakt auf" - enthält. Wenn ja, dann muß dies natürlich im hegelschen Sinne verstanden werden, der gerne Worte umdeutete. Unter "aufheben" ist dann nicht zu verstehen "verschwindend machen" sondern "hochheben, erhöhen". So muß man dann Marx verstehen: daß "jede tiefsinnige philosophische Frage" zum "empirsichen Fakt" hochgehoben/erhöht wird; also durch das Ende der Entfremdung etc. wird die Theorie Realität und der Philosoph vom Interpreten der Welt und des Menschen zum einfachen Beschreiber. Dies wurde schon von einigen Philosophen festgestellt: es gibt die Philosophie nur, weil die Welt ungenügend ist und Philosophie versucht a) die Ursachen dessen zu ergründen um sie b) zu überwinden. In dem Moment wo b gelänge, verlöre dann die Philosophie ihre Funktion. Dennoch ist dieser Tag X noch nicht eingetreten und daher müssen wir Marx als in der Philosophie verharrend ansehen.
 
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