Konstantin und das Christentum

Eumolp

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Ein neues Buch über Kaiser Konstantin: Paul Veyne: "Als unsere Welt christlich wurde", Verlag C. H. Beck 2008, 223 Seiten

Der Übergang vom Urchristentum zu einer Weltreligion ist mit einem Namen verbunden: Kaiser Konstantin. Er sorgte für die Kirchlichwerdung des Urchristentums. Und das - so die These von Paul Veyne in "Als unsere Welt christlich wurde" - nicht nur aus reiner Machtgier, sondern weil der Kaiser wirklich vom Christentum überzeugt war.

Aus der Rezension:
"Eines schönen Tages im Jahr 312 fasste Konstantin den Entschluss, Christ zu sein." So einfach ist das für Paul Veyne, und doch auch kompliziert. Denn damit fallen all die einfachen Erklärungen für diese spektakulärste aller Bekehrungen weg. Konstantin habe nicht aus Kalkül gehandelt - er bekehrte sich als Herrscher zur Minderheitsreligion in seinem Reich, welche Heerscharen hätte er dadurch gewinnen können? Es war auch kein Synkretismus aus Unwissenheit oder Überzeugung, dafür spricht die konstante Bevorzugung der christlichen Religion und der Verbot heidnischer Opfer in der unmittelbaren Umgebung des Kaisers. Konstantin war wirklich von dem begeistert, was er tat. Über den ganz persönlichen Glauben des Herrschers sind keine Aussagen mehr möglich, aber Paul Veyne ist überzeugt: Für Konstantin war allein die immer noch neue Religion des Christentums des kaiserlichen Throns würdig, sie hatte Glanz und eine Leidenschaft, die den zur Gewohnheit erstarrten römisch-heidnischen Ritualen lange fehlte und die auch andere neue Glaubensmoden wie orientalische Mysterienkulte und Neuplatonismus nicht aufbringen konnten.


Mehr: Deutschlandradio Kultur - Kritik - Das Ende des Urchristentums
 
Wie immer trifft das Thema Spätantike und frühes Christentum kein großes Entgegenkommen ;).

Ich habe die Rezension gelesen und muss sagen, für mich schießt Veyne weit über das Ziel hinaus. Die Argumente die er für einen Christusglauben und vor allem die Absicht Konstantins anführt sind eher schwach. Für mich hätte es spätestens 324 mehr als genug Möglichkeiten gegeben den Glauben stärker zu fördern als es von Konstantin getan wurde.

Falls ich mich nicht vorher erhänge oder wider erwarten eine gute Magisterarbeit schreiben sollte, werde ich mich mal in das Buch einfühlen. Ich hoffe nur Veynes schreibstiel ist besser geworden.
 
...Für mich hätte es spätestens 324 mehr als genug Möglichkeiten gegeben den Glauben stärker zu fördern als es von Konstantin getan wurde.

Ich habe dieses Buch nicht gelesen. Mein Eindruck, den ich bislang im Zusammenhang mit Konstantin und seiner Hinwendung zum Christentum bekommen habe ist, dass die Folgen von Konstantins Entscheidung immer wenigstens 2 Ebenen gehabt haben muss.

Da wäre einmal seine persönliche Entscheidung für das Christentum. Hier gibt es eigentlich m.E. keine Gründe daran zu zweifeln, dass er davon überzeugt war, in Christus den wahren Gott gefunden zu haben. Denn welchen Vorteil hätte es für ihn als Politiker gehabt sich zu einer "Sekte" zu bekennen, die traditionell von vielen seiner Vorgänger als "Reichsfeindlich" eingestuft gewesen worden war und die außerdem noch eine relativ kleine Minderheit in seinem Reich war!

Die zweite Ebene ist politisch und muss sich damit auseinandersetzen, welchen Platz er dem Christentum in seinem Reiche zumessen wollte? Es hat in der Geschichte zahlreiche Herrscher gegeben, die für sich persönlich ihrem Gott folgten, ohne besondere Versuche zu wagen diesem Glauben eine hervorragende Bedeutung in ihrem Herrschaftsbereich zu verschaffen. Was also trieb Konstantin dazu das Christentum derart zu fördern, dass es nicht nur zu Reibungen mit den traditionellen Kulten kommen musste (die letztlich die Mehrheit der Reichsbevölkerung UND der Eliten des Reiches stellten!), sondern das die plötzlich geänderte Situation als geförderte Religion sogar zu ganz erheblichen Spannungen und Ausbrüchen zwischen den verschiedenen Ausprägungen des Christentums selbst führte! Da es damals eine stark übergeordnete "Kirchenführung" oberhalb regionaler/bischöflicher Organisation im Christentum noch nicht gab, hätte dergleichen - nüchtern betrachtet - eigentlich sogar vorhersehbar sein können!
Dieser letzte Punkt ist m.E. nach auch ein sehr wichtiger Beweggrund für die von mir oben zitierte Frage nach der Intensität der konstantinschen Förderung. Falls Konstantin die Verwerfungen nicht vorausgesehen hatte, die seine Entscheidung innerhalb des Christentums und gegenüber den altgläubigen Heiden hervorgerufen hat, dann war dies gewiss ein Grund seinen Eifer für den neuen Glauben nicht zu übertreiben...
 
Nurmal ein Denkansatz dazu :

Könnte es nicht eine Rolle gespielt haben , daß er Vertreter etablierter Religionen , die ihm zu einflussreich geworden sind , entmachten wollte ?

Also so ähnlich wie man es von Echnaton vermutet ?
 
Der Aufstieg der Katholischn Kirche ist eine interessante Geschichte. Ich hab was von der Taufe Klodwigs gehört, und hab es rausgsucht:
Siehe Kirchengeschichte II - 1. usser Entstehung der mittl. Kirche..., B. bertritt der Germanen(1)

Der entscheidende erste Schritt begann damit, dass sich der Frankenkönig Klodwig zu Weihnachten des Jahres 496 zusammen mit anderen fränkischen Adeligen auf das katholische Bekenntnis taufen liess. ... Im Hintergrund der Taufe Klodwigs jedoch stand ein zweifaches politisches Motiv: Klodwig beabsichtigte die Unterwerfung der arianischen Westgoten und Bur*gunder, die sich inzwischen in Südgallien niedergelassen hatten. Gegen sie konnte er - nunmehr im Besitz der katholischen Taufe - seine Eroberungszüge als Glaubenskriege führen. Dies wiederum kam dem Bischof von Rom entgegen, dem die Gegenwart der arianischen Germanen auf dem Boden Italiens immer mehr zu einem Dom im Auge wurde. ...
Für Klodwig brachte der Übertritt zum katholischen Glauben noch einen weiteren Vorteil. Durch diesen Schritt verschwand der religiöse Gegensatz zwischen den Franken und den von ihnen unterworfenen gallo-romanischen Untertanen, die schon seit langem zur katholischen Kirche gehörten. In der Folge konnten die fränkischen Herrscher in Gallien ihren politischen Willen der unterworfenen romanischen Bevölkerung verhältnismässig mühelos aufzwingen.

Kurz gesagt: mit dem Kreuz des Christentums konnte Klodwig den Krieg wesentlich besser führen.

Ähnliches vermute ich bei Konstanin. Ob er nun mit der Religion etwas im Sinn hatte oder nicht, ist zweitrangig. Zum Zweck einer erfolgreichen Regentschaft hat er sich vermutlich nicht auf ein privat motiviertes Religionsabenteuer eingelassen. Das Christentum wird ihm entsprechende Vorteile geboten haben, die aber eventuell heute nicht mehr rekonstruierbar sind.

Generell würde ich davon ausgehen, dass politische Entscheidungen bezüglich Religionen fast immer rein politische Gründe haben. Der Grund dafür liegt darin, dass Politik ein Geschäft ist, das keine Offenheit zuläßt, während ein tiefer gehender religiöser Austausch mit Geben und Nehmen Offenheit benötigt. Daher spielt Religiöse Überzeugung in der Politik eine verschwindend geringe Rolle.
Das trifft auf die religiöse Überzeugung zu, aber nicht auf die religiösen Strukturen. Religion wird sehr wohl politisch verwendet und legt Politiker auf bestimmte politisch/moralische Bekenntnisse fest.
 
Der Aufstieg der Katholischn Kirche ist eine interessante Geschichte. Ich hab was von der Taufe Klodwigs gehört, und hab es rausgsucht:
Siehe Kirchengeschichte II - 1. usser Entstehung der mittl. Kirche..., B. bertritt der Germanen(1)
Das ist aber keine historische Site: Die Siebenten-Tags-Adventisten
Generell würde ich davon ausgehen, dass politische Entscheidungen bezüglich Religionen fast immer rein politische Gründe haben.
Nicht nur fast sondern immer.
In Ewigkeit. Amen.
 
Ob er nun mit der Religion etwas im Sinn hatte oder nicht, ist zweitrangig. Zum Zweck einer erfolgreichen Regentschaft hat er sich vermutlich nicht auf ein privat motiviertes Religionsabenteuer eingelassen. Das Christentum wird ihm entsprechende Vorteile geboten haben, die aber eventuell heute nicht mehr rekonstruierbar sind.
Konstantin war meines Wissens schon ein spirituell Suchender, der sich dem Monotheismus zuwandte, so ist auf seinen Münzen ab irgendwann zu Beginn des 4. Jahrhunderts der "Sol invictus" abgebildet. Der unbesiegte Sonnengott hat also auf der Münze die alten Götter abgelöst.

Der "Sieg" über die Arianer im Nicäischen Konzil mit Hilfe der "Wesensgleichheit" war sicherlich von hoher politischer Relevanz. Die Ost- und Westkirche einig, Konstantin als oberste moralische Instanz "vorneweg".

So muss man ihm meines Erachtens beides zugestehen, religiöses (nicht theologisches!) und politisches Interesse.
 
Was mich interessieren würde ist, welche Bedeutung der "klassische" römische Pantheon (also die Götter wie Jupiter, Juno, Mars etc.) in der römischen Gesellschaft hatte. Die Einflüsse aus den eroberten Gebieten (vor allem dem Osten) scheinen ja nicht unerheblich gewesen zu sein und auch monotheistische Strömungen wie der Mithras- oder Sol Invictus-Kult und natürlich das Christentum hatten wohl einige Bedeutung, aber ich lese nur in wenigen Quellen über den alten Götterkult.
 
Konstantin hat sich ab 328 aber dem Arianismus zugewandt. Erst schickte er die Bischöfe in die Verbannung, dann werden sie zurückbeordert und zu Ratgebern erhoben.

War Konstantins Überzeugung dann wirklich so echt oder war das ein politisches Lavieren. Mal son bißchen vortasten, was passiert wenn, aber ohne allzu großes Risiko? Vielleicht war die späte Taufe auch eher politisch als theologisch motiviert? Ich will ihm nicht absprechen, daß er eine persönliche Affinität zum Christentum hatte, aber wenn es nicht nur um die Möglichkeit der Sünde nach der Taufe ging, sondern auch darum, sich nicht zu früh festzulegen, ist es schon naheliegend, daß er sich erst in einem Moment zur Taufe entschloß, in dem er selber aus dem Schneider war.
Damit war er im vierten Jh. schon guter Durchschnitt, als es "in" war, die Taufe vor sich herzuschieben, um nicht wieder zu sündigen. Deshalb wurde das Photizomenat für diejenigen eingeführt, die wirklich ernst machen wollten.
Und was die Rituale angeht: Wendet man sich von einer Religion ab, weil sie nicht glanzvoll genug ist? Was macht denn den Glanz des Christentums aus? Sind das vielleicht die zweckentfremdeten Elemente des byzantinischen Kaiserkultes, wie Weihrauch, Gold, Gewänder etc.?
Mit solchen pathetischen Sätzen wie in dem Textauszug oben kann ich wenig anfangen.

Welche Quellen gibt es denn noch für Konstantin, die etwas objektiver als Eusebius über sein religiöses Empfinden berichten?

Ich habe das Buch nicht gelesen und ob ich das jemals tun werde, weiß ich noch nicht. Mir fiel gerade ein Vers von Erich Kästner ein: "Der Mensch ist gut. In Lesebüchern schmeckt das wie Kompott."
So geht mir das, wenn ich Sätze lese wie den einleitenden "Eines Tages..."
Oder die kleine Notiz, daß Theodosius 380 das Christentum zur Staatsreligion erhoben hat. Das Gemetzel drumrum (Blutbad von Mailand) wird geflissentlich ausgelassen, als ob das alles am Schreibtsch passiert ist. Und so erscheinen die Freizeittyrannen als lichtbringende Heilsgestalten.

Meine Meinung.

LG Kassia
 
Kurze Zwischenfrage: kennt jemand das 2007 erschienene Buch von Alexander Demandt und Joseph Engemann Konstantin der Große und wenn ja, ist es empfehlenswert? Ich brauche eine aktuelle zitierfähige Gesamtdarstellung.:winke:
 
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Ein neues Buch über Kaiser Konstantin: Paul Veyne: "Als unsere Welt christlich wurde", Verlag C. H. Beck 2008, 223 Seiten

Die frische Rezension bei Rez. AG: P. Veyne: Als unsere Welt christlich wurde (312-394) - H-Soz-u-Kult / Rezensionen / Bücher ist etwas zwiespältig ausgefallen. Dabei ist Rezensent selbst "Fachkollege" (Theologe) - wie wohl die Meinung eines Agnostikers aussehen würde?

Zwei andere Werke zum Thema, die ich für nach wie vor lesenswert halte:
- Carl Schneider, Geistesgeschichte des antiken Christentums (2 Bd. 1954)
- Rudolf Hernegger, Macht ohne Auftrag. Die Entstehung der Staats- und Volkskirche (1963)
 
Nurmal ein Denkansatz dazu :

Könnte es nicht eine Rolle gespielt haben , daß er Vertreter etablierter Religionen , die ihm zu einflussreich geworden sind , entmachten wollte ?

Also so ähnlich wie man es von Echnaton vermutet ?

Zeitlich langer Rückgriff, aber eine deutliche Antwort:

Im Römischen Reich konnten die öffentlichen "Staats"kulte niemals eine bedrohliche Macht werden. Seit Augustus gehörten die Kaiser nominal jeder der bedeutenden Priestergemeinschaften an und der Kaiser selbst war immer der "Pontifex Maximus", also ein allen anderen Priestern (in gewisser Weise) übergeordneter Oberpriester. Da überrascht es nicht, das inzwischen die römischen Päpste diesen, seit Kaiser Theodosius I. nicht mehr von Kaisern getragenen Titel inzwischen angenommen haben, um auf ihren Anspruch als oberster Priester der Christenheit hinzuweisen.

Im Übrigen wurden die Priesterstellen der klassischen Kulte in Rom immer im Rahmen des politischen Werdegangs der führenden Schichten besetzt. Die Römer hatten diese Praxis seit der Republik immer als einen wichtigen Schritt zur politischen Stabilität betrachtet.
 
Auf einer Münze wirsd Konstantin mit einem Helm abebildet, auf dem ein XP-Monogramm zu sehen ist. Dies wird traditionell als Christusmonogramm gewertet.
Nun lese ich
Rolf Bergmeier FAZ 3.1.2009 schrieb:
Auch auf die Gefahr hin, dass die gesamte althistorische Gelehrtenriege gequält auf schreit: Das mit bloßem Auge praktisch nicht identifizierbare sogenannte Christus-Monogramm am Helmbusch Kaiser Constantins (Silbermedaillon von 315 n. Chr.) ist mit großer Wahrscheinlichkeit weder ein Christogramm noch ein anderes christliches Symbol. Die Behauptung einer christlichen Symbolik wurde erst mals in den dreißiger Jahren durch den ungarischen Althistoriker und Numismatiker Andreas Alföldi ins Gespräch ge bracht und in den fünfziger Jahren vor allem durch den Althistoriker Konrad Kraft wiederholt. Diese seither durchgängig als „opinio communis" verkündete Lehrmeinung hat Zweifel an dem als Christus-Monogramm gedeuteten Symbol praktisch nicht zugelassen. Diese Festlegung ist um so bemerkenswerter, da die heidnischen Motive auf dem Silbermedaillon im Gegensatz zum „Christogramm" vergleichsweise groß gestaltet sind: Auf der Rückseite des Medaillons hält Constantin eine Ansprache an sein Heer („adlocutio"), hinter ihm steht die ihn bekränzende Siegesgöttin Victoria, mehrfach größer als das angebliche Christogramm auf der Vorderseite. Und auf der Vorderseite erkennen wir einen Prunkschild mit dem zentralen Emblem der „lupa Romana", der römischen Wölfin mit den Zwillingen, dem traditionellen heidnischen Symbol aus der Gründungssage Roms. Das angeblich christliche Symbol geht also in der heidnischen Symbolik völlig unter. Victor Gardthausen hat bereits 1924 in einer gründlichen Untersuchung über die antiken Monogramme den mehrstrahligen Stern mit darüber gesetzten Diskos/ Halbdiskos der Sonne (XP) als ein „uraltes Symbol des Orients" nachgewiesen und eine Fülle von Belegen für die Verwendung der XP-Ligatur in Inschriften und auf ägyptischen und .griechischen Münzen geliefert. Gardthausen deutet das XP bis 312 n. Christus als rein heidnisches Sonnensymbol und bis 337 n. Christus als ein Symbol im Übergang, als „heidnisch-kaiserlich-christlich". Der britische Historiker Arnold J. Toynbee (1889 bis 1975) ergänzt, es sei in der Forschung unbestritten, dass die Ligatur Chi-Rho schon in heidnischen Texten verwendet worden sei. Diese Forschungen, die Constantin als Sol-Verehrer rekonstituieren können, der bestenfalls den christlichen Gott in die Sonnengott-Religion zu integrieren sucht, sind in der modernen historischen Forschung (zuletzt Brandt, Demandt, Girardet) praktisch nicht zur Kenntnis genommen worden. Die Annahme, Constantin demonstriere sein christliches Bekenntnis in Form eines kryptisch verschlüsselten, nur Insidern zugänglichen, winzig kleinen Symbols macht einfach keinen Sinn, wenn das Sinnbild mit bloßem Auge nicht erkennbar und die Münze ansonsten mit heidnischem Emblemen überladen ist. Es macht noch weniger Sinn, anzunehmen, Kaiser Constantin habe sich 315 n. Christus in einem nicht dechriffierbaren Symbol zum Christentum bekannt und im gleichen Jahr auf tausend Tonnen Stein die heidnische Götterwelt verherrlicht (Konstantin-bogen). Ebenso wenig glaubhaft ist die Annahme, dass Constantin, der Sohn der Götter, der noch bis etwa 320 n. Chr. die Kreuzigung als entehrende Strafe für Sklaven und Verbrecher anwendet, sich ausgerechnet einem von den Römern gekreuzigten Christus als Gott unterwirft.
Weiß jemand genaueres zu dieser Auseinandersetzung?
 
Genaueres weiß ich nicht, wage mich aber trotzdem mal vor. Den Gardthausen werde ich mal - vorausgesetzt ich finde ihn* - auf Herz und Nieren überprüfen. Denn wofür sollte XP (Chi-Rho, lateinisch KR) anders stehen, als für ChRistus? Bei den Allegorien (Roma, Victoria) sehe ich auch kein Problem. Warum sollte man diese in einer Welt die von kommunikativen Symbolen lebt aufgeben? Ich sehe darin keine heidnische Symbolik sondern eine politische Aussage.


*Edit: Den Gardthausen kann ich mir am Montag abholen, vor Dienstag werde ich es allerdings nicht schaffen.
 
Wenn allerdings dieses Medaillon gemeint ist, dann halte ich die Sichtung des XP-Monogramms für eine Fehlinterpretation eines Teils des Helmbusches:
 

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Es geht um diese Münze hier :Staatliche Muenzsammlung Muenchen

Dabei denke ich spiegelt sich in der Diskussion über das chi-rho auch die schon sehr lange strittige Frage der "Konversion" Konstantins wieder. Ich kenne zwar die Aussagen von Alföldi und Kraft, genauso wie die von Brandt und Co, aber das diese Münze als unumstrittenes Zeichen einer frühen Christianisierung Konstantins gilt, habe ich so noch nicht gehört. Ich glaub B. Overbeck datierte die Münze sogar erst ins Jahr 321 und auch andere Forscher sprechen nicht von einer Bekehrung Konstantins. Selbst wenn Konstantin damals schon dem christlichen Glauben anhängig war, so sehe ich keine Probleme mit der Darstellung auf dieser Münze. Wenn man am Prägejahr 315 festhällt, so fällt dieses auf die Decenalien Konstantins ( Ausrufung 305/306) und die Symbolik ziehlt auf die Eroberung Roms ab ( Victoria, lupa romana auf dem Schild). Möglicherweise ist dann in diesem Zusammenhang die Darstellung Konstantins mit seinem Parade/Kampfhelm ebenfalls nur ein Symbol für seine Soldaten. (Sollte Konstantin persönlich also Christ bzw. Anhänger gewesen sein, so war das chi-rho für seine Gefolgsleute eher nur ein Erkennungssymbol, was es letztendlich für Konstantin bedeutete läßt sich nicht mehr sagen).

@EQ : ich denke schon, dass man eine merkliche Unterscheidung der ersten "Scheibe" am Helmbusch von den restlichen erkennen kann. Ich glaube mich sogar zu erinnern, dass es auf der Münze im Original noch deutlicher erkennbar ist. Ausserdem kenn ich keine nennenswerte Kritik die der Münze dieses Symbol abstreitet.
 
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Mich würde interessieren, ob jemand die im Leserbrief zitierte Untersuchung von Victor Gardthausen kennt, wonach dieses XP vorchristlich gewesen sein soll.
 
Chi-Rho oder Jota-Rho?

Ich kenne diese Interpretation nicht. Da bin ich mal gespannt was El Quijote im Buch finden wird.

Bei den Allegorien (Roma, Victoria) sehe ich auch kein Problem. Warum sollte man diese in einer Welt die von kommunikativen Symbolen lebt aufgeben? Ich sehe darin keine heidnische Symbolik sondern eine politische Aussage.

Da römische Münzen immer eine politische Aussage transferierten, kann dieser Fakt gar nicht klar genug heraus gestellt werden. Dazu kommt, dass in jener Zeit das Christentum noch eine Religion der Minderheit war und Constantin den Bruch mit den Heiden des Reiches nicht vollzog. Es sind damit im Wesentlichen politische Symbole und erst in zweiter Linie heidnische Symbole, wenn ein christlicher Kaiser sie auf seinen Münzen verwendet. Das XP (Chi-Rho) dagegen gilt bislang als ein rein christliches Motiv. Eine andere Deutung wäre eine Sensation.

In seinem Aufsatz "Konstantin – Wegbereiter des Christentums als Weltreligion“ von Klaus Martin Girardet zur großen Konstantinausstellung erwähnt der Autor ein Symbol, dass dem Chi-Rho sehr ähnlich ist, aber heidnischen Ursprungs. Basis für all diese Überlegungen ist das überlieferte Phänomen, in dem Konstantin in Gallien eine Vision Christi sah, die zunächst aber heidnisch interpretiert wurde. Auf dieser ersten Auslegung begründet sich die Nähe Konstantins zum Sonnengott Sol Invictus und der Göttin Victoria.

Girardet nimmt an, dass bereits damals die neue, kaiserliche Standarte entworfen wurde. An der Spitze der Stange mit dem Tuch – oder bereits auf dem Tuch selbst könnte ein sechsstrahliger Stern angebracht worden sein, der einem Ineinanderziehen der Buchstaben I und X – analog zu den Buchstaben P und X beim Chi-Rho entspricht. Eine entsprechende Darstellung eines Vexillums (Standarte) wird als Umzeichnung einer möglichen REKONSTRUKTION eines Freskos aus Dura Euporos abgebildet. Das veränderte Zeichen selbst ist eine alte, heidnische Sonnensymbolik. Sie wurde bereits früh auch christlich interpretiert, durch Zusammenziehen der Buchstaben I (Jota für Jesus) und X (Rho für Christus). Ein wahrscheinliches Beispiel für die christliche Verwendung dieses Symbols ist auf dem so genannten „Prinzen-Sarkophag“ theodosianischer Zeit aus Konstantinopel bekannt, wo das Zeichen durch zwei Engel getragen wird. Girardet hält es für Möglich, dass Konstantin erst 311 diese Symbolik durch das bekannte Chi-Rho ersetzen ließ.

Christliche und heidnische Ikonographie in der Kunst

Christliche Neuibewertungen alter, heidnischer Symbole waren nicht nur damals üblich. Beispielsweise war der "Gute Hirte", welcher ein Lamm auf der Schulter trägt auch als heidnische Darstellung früher genutzt worden. Der Aufsatz "Nichtchristliche und christliche Ikonographie" von Josef Engemann im gleichen Katalog nennt dafür einige Beispiele. Darüber hinaus stellt er fest, dass von Konstantin und seinen Söhne bislang keine bildlichen Darstellungen über das Christusmonogramm hinaus überliefert/erhalten geblieben sind. Schafträger, Hirtenszenen und der Fischer (alles auch christlich interpretierbare Darstellungen) können - besonders auf Sarkophagen und im Kontext mit Begräbnissen - auch als Wunsch nach einem ruhigen und friedlichen Lebem im Jenseits ausgelegt werden. Die Ikonographie jener Zeit mit ihren Darstellungsformen erlaubten es, dass althergebrachte Darstellungen mit neuen, christlichen Inhalten gefüllt wurden und somit in der Kunst weiterlebten und sich entsprechend anpassten. Ein "Beharrungsvermögen" der Künstler also. Der in frühchristlichen Darstellungen so beliebte Jonas etwa, wurde unter der Kürbislaube in der gleichen, entspannten Haltung wieder gegeben, wie die heidnischen Figuren Dyonysos oder Endymion.

Eine weitere Umwälzung und Neuinterpretierung der dann christlichen Kunst war später auch Bestandteil der Auseinandersetzungen zwischen den christlichen Auslegungen des Arianismus mit dem Anasthasionismus. Die Arianer bevorzugten menschliche Darstellungen wie den "Guten Hirten", da sie sich Jesus als angenommenen Sohn Gottes, körperlich rein menschlicher Herkunft vorstellten. Die Anasthasier bevorzugten zur besseren Verdeutlichung des ewigen, göttlichen Jesus von da an die Darstellung als Weltenherrscher. Diese Beispiele zeigen wie sehr künstlerische Traditionen nachleben können und gleichzeitig als Bekenntnis eines Auftraggebers gelten konnten. Ein Künstler, der sich darauf verstand den "Guten Hirten" darzustellen, konnte auf christliche wie heidnische Aufträge hoffen. Das hat allerdings mit dem Chi-Rho nur noch entfernt etwas zu tun.
 
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