KPdSU 1917-1945

ichichich

Neues Mitglied
Hallo zusammen,

ich habe hier ein paar Zahlen der KPdSU vorliegen und ich soll diese untersuchen und die Entwicklungsphasen identifizieren.
Ich hab mir darüber bereits einige Gedanken gemacht.
Und zwar glaube ich, dass 1921 die Mitgliedszahlen sanken, aufgrund der NÖP (neue ökonomische Politik), weil das ja ein Konzept von Lenin und Trotzki gegen die eigene Partei war und meiner Meinung nach die Partei mit der NÖP nicht in der Weise zufrieden war, aufgrund der Einbußen, die als sozialer Kompromiss bezeichnet werden können..
Außerdem war ja 1921 der Kronstädter (Matrosen-)Aufstand, bei dem die Roten zunächst viel 'einstecken' mussten, bis sie den Aufstand niederschlagen konnte. Dabei verlor die Partei wahrscheinlich auch recht viele Anhänger. Außerdem brachte der Bürgerkrieg (1918-22) viele Tote (9-10Mio = mehr als im ersten WK) mit sich, was vielleicht Auswirkungen in dem Jahre 1923 zeigt.
Der reativ starke Zuwachs ab 1925, der bis 1931 anhielt, ist wahrscheinlich den Auswirkungen bzw Verbesserungen durch die NÖP zuzuschreiben. Die NÖP brachte eine allgemeine Verbesserung des Lebens mit sich.
Aufgrund des "Großen Terrors" (1936-39) kann man vielleicht noch sagen, dass in diesem Zeitraum ein Verlust vieler Parteimitglieder aufzuzeigen ist, aufgrund der von Stalin angesetzten 'politischen Säuberung' auch gegen politische Mitglieder/alle die ihm im Weg standen.
Inwiefern könnte man Stalin nach Lenins Rücktritt als Regierungschef 1922 einen Entwicklungsabschnitt zuordnen?
Und in den Jahren des 2.WK (ab 1939) ist ein deutlicher Zuwachs an Parteimitgliedern zu verzeichnen. woran liegt das? und in wie weit stimmen meine 'Ideen'?

Die zweite Aufgabe dazu wäre "Erklären Sie die Phasen in der Mitgliederentwicklung der KPdSU (m.H. des Anhangs) vor dem Hintergrund der sowjetischen Geschichte in dem genannten Zeitraum" - die Aufgabe verstehe ich leider gar nicht:rotwerd:
 

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Man wurde nicht einfach so Mitglied, daher sind Schwankungen auch nicht mit Ein- und Austritten zu erklären aufgrund politischer Ereignisse. Die Bolschewiki verstanden sich als Kaderpartei, bei denen nur aktive Revolutionäre, nach Willen Lenins eigentlich nur solche, die keiner anderen Tätigkeit nachgingen Mitglied wurden. Der Konflikt zwischen Trotzki und Stalin in den 20ern hat zu vielen Ausschlüssen im Rahmen einer Säuberung geführt, gleiches galt für die große Säuberung Mitte/Ende der 30er Jahre. Gleichzeitig wurde eine Mitgliedschaft ein Muss um in der Bürokratie oder beim Militär voran zu kommen. Musste man unter Lenin vor verschiedenen lokalen Parteiausschüssen auftreten um seine Loyalität und bolschewistische Gesinnung zu beweisen um Mitglied zu werden, versuchte Stalin die alten Parteieliten durch intensive Anwerbung unter den Arbeitern und Bauern zahlenmäßig zu übertrumpfen und so eine loyale Machtbasis zu errichten. Später wurde diese Praxis weiter gelockert und vor allem junge Erwachsene bekamen nach der Mitgliedschaft im Komsomol leichter die Möglichkeit Parteimitglied zu werden.
 
Hatte schon mal vor Jahren im Netz nachgesehen was es zur Anzahl der Mitglieder der KPdSU gibt.
Suchbegriff -> Kommunistische Partei der Sowjetunion.

Die Zahlen die bei wiki genannt werden weichen da etwas von Deinen Zahlen ab.
Habe diese mal herausgezogen – siehe unten.

Soweit ich das beurteilen kann...

· In jeden Fall würde ich mir die Parteitage der KPdSU ansehen. Ab 1917 wurde jährlich ein Parteitag abgehalten, das war dann so bis 1925. Danach in wechselnden Zeitabständen bis 1939. Danach erst wieder 1952.

Kenne das aus der DDR. Im Vorfeld von Parteitagen rührte man sehr stark die Pateitrommel und warb um Kandidaten und nahm auch Kandidaten mit unter vorzeitig als Mitglied auf. Auch bei besonderen Anlässen wurde die Parteitrommel laut geschlagen. In der DDR z.B. als man 1961 in Berlin die Mauer baute.
Das war in der SU nicht viel anders.
Man wollte ja zum Parteitag verkünden, wieder haben soundso viel Menschen den Weg in die Partei gefunden.

· Was die Kandidaten Problematik angeht.
Da müsste ich nachsehen, scheinbar wurde aber erst 1922 in der KPdSU die Kandidatur eingeführt.
Erklärbar wäre es für mich, aber ich finde keine Primärliteratur (z.B. Parteitagsbeschlüsse)darüber.

· Rückgang 1922 zu 1921.
Man sollte zu dem was in der Tabelle steht - neues Parteistatut - auch nicht außeracht lassen, es gab auch vereinzelt Situationen wo Parteiwidrigesverhalten – gerade noch entschuldbar, also nicht direkt schädigend – mit einer Rückstufung in die Kandidatur geahndet werden konnte.

· Gründe zur Entwicklung der Mitgliederzahlen von 1933 – 1938 sind in der Tabelle genannt.

Zahlen von wiki:
· 1917 (März) Bolschewiki = 23.600 Mitglieder.
· 1918 = 115.000 Mitglieder.
· 1919 = 251.000 Mitglieder.
· 1920 = 431.000 Mitglieder.
· 1921 = 576.000 Mitglieder

1919 (Dezember) neues Parteistatut, dh. Verschärfung der Kriterien für die Aufnahme in die Partei.

· 1922 = 410.430 Mitglieder und 117.924 Kandidaten.
· 1926 = 639.652 Mitglieder und 440.162 Kandidaten.
· 1930 = 1.184.651 Mitglieder und 493.259 Kandidaten.
· 1933 = 2.200.000 Mitglieder und 1.300.000 Kandidaten.

· Durch die Parteirevision und die stalinistischen Säuberungen sank die Mitgliederzahl kontinuierlich bis 1938 auf 1,4 Mio.

· Während des Zweiten Weltkriegs wurden wahllos möglichst viele Neumitglieder aufgenommen.

· Vom März 1939 bis zum Oktober 1952 (Malenkow auf dem XIX. Parteitag – 05.- 14.10 1952 in Moskau) Steigerung der Zahl der Vollmitglieder und Kandidaten von 2.477.666 auf 6.882.145.
 
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Okay, vielen Dank an Sie beide, das hat mir sehr weitergeholfen! :))
Meine einzige offene Frage ist, wieso mit Beginn des 2.WK wahllos Neumitglieder aufgenommen wurden? War der Grund, damit die Partei wieder stärker repräsentiert wird und um die Verluste durch die Säuberungen etc. auszumerzen.
 
Man kann es eigentlich nur vermuten, denn ich glaube kaum, dass es da verlässliche Primärquellen gibt aus denen das „warum, weshalb“ hervorgeht.

Meine Vermutungen aus sowjetischer Literatur und Filmen, die sich mit dem „Großen Vaterländischen Krieg“ beschäftigen.

Auf der einen Seite Menschen, die voll blanken Hass gegenüber den deutschen Faschisten waren.

Auf der anderen Seite „geschickt“ agitierende Parteifunktionäre die diesen Hass benutzten, um die gelichteten Reihen der KPdSU aufzufüllen und dabei gleichzeitig erreichend, erwartend, dass diese Neumitglieder eine Vorbildwirkung auf die russischen Menschen ausübten, gleich wo man Stand im Kampf gegen die Eindringlinge.

Eine Mitgliedschaft in der Avantgarde des Volkes, wo der Führer J.W. Stalin ist, war aller höchste Ehre und Verpflichtung.
 
Der 10. Parteitag 1921, auf dem die NEP beschlossen wurde, veranlaßte ebenfalls eine Säuberung des Parteiapparates. Dadurch sollten Trittbrettfahrer, Opportunisten, Trunkenbolde und andere unzuverlässige Elemente entfernt werden, die sich der Partei angeschlossen hatten, als sich der Sieg der Bolschewiki im Bürgerkrieg abzeichnete. Im Sommer 1921 wurden Prüfkommissionen in die Regionen geschickt, die insgesamt 160.000 Mitglieder aus der Partei "säuberten".

Der 13. Parteitag vom Januar 1924 beschloss dann erneut eine großangelegte Mitgliederwerbeaktion; nachdem im selben Monat Lenin gestorben war, wurden diese Neumitglieder als "Lenin-Aufgebot" geworben. Ziel beider Aktionen, sowohl der Säuberung als auch der Neuwerbung, war auch die Veränderung der sozialen Zusammensetzung der Partei. Ausgeschlossen wurden überdurchschnittlich Bauern und Angestellte, neu geworben Arbeiter von der Werkbank; somit wollte die Partei wieder ihren Anspruch bekräftigen, "Avantgarde des Proletariats" zu sein.
 
Die zweite Aufgabe dazu wäre "Erklären Sie die Phasen in der Mitgliederentwicklung der KPdSU (m.H. des Anhangs) vor dem Hintergrund der sowjetischen Geschichte in dem genannten Zeitraum" - die Aufgabe verstehe ich leider gar nicht:rotwerd:

@ichichich:

Ist das aufgrund der Erläuterungen oben jetzt klar geworden?:winke:
 
Dadurch sollten Trittbrettfahrer, Opportunisten, [...] und andere unzuverlässige Elemente entfernt werden, die sich der Partei angeschlossen hatten, als sich der Sieg der Bolschewiki im Bürgerkrieg abzeichnete.
Solche Maßnahmen scheinen einigermaßen typisch für totalitäre Staatsparteien zu sein.
 
Danke! :)
Ich finde die Aufgabe eins und zwei ähneln sich ja extrem. Bei dem ersten soll ich denke ich mal die Phasen nur erkennen bzw zuordnen können und bei zweitens die Phasen jeweils genauer erklären, oder versteh ich die Aufgabenstellung falsch? :eek:
@silesia
 
Noch ergänzend zum Mitgliederzuwachs während des Krieges: Nach dem deutschen Überfall wurden vorrangig Parteimitglieder zur Armee eingezogen. Um die dadurch für die Parteiorganisation entstehenden Verluste auszugleichen, wurde schon im August 1941 entschieden, die Aufnahmekriterien zu erleichtern. Ausgezeichnete Frontkämpfer wurden jetzt ohne Probejahr und Bürgen aufgenommen. Ab Dezember 1941 wurde allen fronterfahrenen Soldaten nach nur dreimonatiger Kandidatenzeit die Vollmitgliedschaft gewährt. So wurden knapp 80% der 1941-1945 aufgenommenen Mitglieder aus der Armee rekrutiert.

(Manfred Hildermeier, Geschichte der Sowjetunion 1917-1991, München 1998, S. 624)
 
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