Und was ist dann mit der Schweiz, war sie neutral? Schließlich hat sie sowohl an die Alliierten als auch den Achsenmächten mit Waffenlieferungen Geld verdient. Stichwort Oerlikon. Als Anregung zum Nachdenken.
Apvar
Neutral so wie wir das Wort verstehen gibt und gab es nicht. Es gibt unterschiedliche Neutralitätsformen.
Die Schweiz hatte und hat nicht einfach eine Neutralität so wie wir es im Volksmund kennen und es im Duden definiert wird.
2009 schrieb ich diesen Beitrag ins Forum:
Zur Neutraliät der Schweiz.
Es gibt verschiedene Formen der Neutralität. Es gibt die integrale, die wohlwollende, die super-integrale und die differentielle Neutralität. Dazu unten mehr.
Die Neutralität hat nie in einem Vakuum existiert, für den Erfolg war immer das Umfeld von Bedeutung.
Die Neutralität war das Kind der konkurrierenden europäischen Nationalstaaten, genauer des klassischen europäischen Gleichgewichts.
Die Schweiz hat ihre Neutralität seit der Niederlage von Marigniano 1515, vor allem aber seit dem Dreissigjährigen Krieg in der Mitte des 17. Jahrhunderts, als anpassungsfähiges Mittel ihrer Sicherheitspolitik aufgefasst und angewandt. Bei der Gründung des Bundesstaates wurde darauf verzichtet die Neutralität als rechtliche Verpflichtung in die Verfassung aufzunehmen. Die Neutralität ist ein Mittel, aber kein Zweck, deshalb erscheint sie in der Verfassung als Mittel und nicht als Staatszweck.
Die schweizerische Konzeption wird als Kern und Schale dargestellt: Der Kern ist völkerrechtlicher Natur und basiert auf den Haager Konventionen von 1907, die Schale dagegen ist politisch und umfasst die von der Schweiz eigenständig definierten Vorwirkungen des völkerrechtlichen Kerns.
Im V. und XIII. Haager Abkommen werden dem neutralen Staat bestimmte Rechte eingeräumt und Pflichten auferlegt.
So ist den Kriegsführenden jeder Angriff auf das neutrale Staatsgebiet verboten. Sie dürfen keine Truppen, Munitions- oder Verpflegungstransporte durch das Gebiet einer neutralen Macht führen.
Ferner steht dem Neutralen das Recht auf freien Wirtschaftsverkehr und auf unbehinderten privaten Handel zu Land und zu See mit allen Staaten, auch den Kriegsführenden zu.
Folgende Punkte sind zur Schweizer Neutralität zu erwähnen:
Rüstungsgebot
Mit dem Rüstungsgebot will die Schweiz nicht nur Neutraliätsverletzungen im Krieg verhindern, wie dies das Recht verlangt, sie will damit bereits im Frieden zum Ausdruck bringen, dass sie im Fall eines Angriffes bereit ist, ihre Souveränität und Unabhängigkeit zu verteidigen. Die Schweiz hat eine bewaffnete Neutralität.
Bündnisverbot
Die Schweiz geht keine sicherheitspolitischen Bindungen oder Allianzen ein. Allerdings gilt dies nur im Frieden, bei Verletzungen der Schweizer Grenze gilt dies nicht mehr.
Während der Völkerbundszeit praktizierte die Schweiz die differentielle Neutralität. Sie schränkte die integrale Neutralität ein. Einerseits anerkannte der Völkerbund die Neutralität der Schweiz, andererseits verlangte er die Teilnahme an Wirtschaftssanktionen. Doch diese Politik war vorübergehend. 1938 kehrte die Schweiz zur integralen Neutralitätskonzeption zurück.
Die Schweiz durfte im 2 WK. mit Deutschland und den Allierten wirtschaftlich verhandeln und Güter austauschen. Das war keine Verletzung der Neutralität.
Im zweiten Weltkrieg gab es zwischen General Guisan und dem französischen Oberkommando konkrete Abmachungen über eine militärische Zusammenarbeit im Falle eines deutschen Angriffs im Raume Basel. Hier wurde die Neutralität gegenüber den Alliierten eingeschränkt.
Die Schweiz änderte ihre Neutralitätskonzeption im laufe der Geschichte mehrfach, manchmal freiwillig, manchmal unter Druck. Die Neutralität ist ein flexibles Instrument, der Inhalt der Neutralitätspolitik war niemals klar bestimmt. Dem Bürgern und auch den Schweizern ist diese Flexibilität der Neutralität nicht bewusst, vieles ist ein Mythos und hat nichts mit der Realität zu tun.