Kriegskasse des Varus = Nibelungenschatz?

Ist der Nibelungenschatz ursprünglich die Kriegskasse des Varus?

  • Ja, ich glaube schon

    Stimmen: 2 5,6%
  • Nein, das denke ich nicht

    Stimmen: 30 83,3%
  • Ich habe dazu keine Meinung

    Stimmen: 4 11,1%

  • Umfrageteilnehmer
    36
Das beweist gar nichts: Der Autor wird die Stadt so genannt haben, weil er eben ihre Verknüpfung mit Dietrich kannte.
 
@ R.A: angesichts der quellenkritischen Problematik wird man nie auf einen grünen Zweig kommen und das Gebiet des hypothetischen auch nur ein kleines bißchen verlassen.
Da sind wir uns einig. Mein Widerspruch zu Deinen folgenden Punkten ist daher auch nur eine andere Variante von Spekulation.

Ich sehe auf jeden Fall keinen Anlass dafür, dass man sich noch Jahrhunderte später zwingend an Arminius und die Cherusker erinnern musste.
Zwingend natürlich nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch wenn man bedenkt, wie wichtig solche mündlichen Überlieferungen waren.
Für die Germanen war der Kontakt und der Konflikt mit Rom über die ganzen Jahrhunderte DIE wesentliche "außenpolitische" Komponente. Das römische Reich und seine Legionen war Gegner, war Vorbild, war Trauma, war Handelspartner, war Geldgeber, war Plünderungsziel und war mit Sicherheit beständiges Thema wo immer Germanen über Politik oder Geschichte gesprochen haben. Da wird m. E. ein so einschneidendes Ereignis wie die Varusschlacht in Erinnerung geblieben sein. Insbesondere bei einem Volk, daß kriegerische Tüchtigkeit und Schlachtenerfolg so hoch bewertete.

1. verschwanden die Cherusker im Gegensatz zu anderen Stämmen der frühen Kaiserzeit dann relativ schnell und spurlos aus den historiografischen Quellen um 100 nach Christus.
Sie verschwanden als eigenständiger Stamm - und sind als Personen (und mit ihren Überlieferungen) bei den Nachbarstämmen eingegliedert worden. Bei den Stämmen, die damals Verbündete waren und wohl ebenfalls Erinnerungen an die Schlacht gepflegt haben.

2. fand mit Marbod der zweite große germanische König auch keinen Widerhall in den Sagen.
Siehe Antwort von Maellonn - der hat ja außer König sein nichts Spektakuläres gerissen.

3. gab es in den frühmittelalterlichen Herrscherhäusern - z.B. dem Fränkischen - schon kurz nach Untergang des römischen Reiches einen mythologischen Rückgriff auf die Antike (Troia-Mythos). Arminius spielte dabei keine Rolle.
Das ist ja dann auch ein ganz anderer politischer Hintergrund!
Zu diesem Zeitpunkt wollten die fränkischen Herrscher Rom nicht mehr besiegen (das hatten sie schon ...), sondern beerben.
Der Rückgriff auf den Troja-Mythos ist ja nun völlig aus der Luft gegriffen (das wird den Frankenkönigen wohl auch bewußt gewesen sein). Er suggeriert eine Verwandtschaft von Römern (die sich ja auch als Trojaner-Nachkommen sahen) und Franken.
Eine solche Botschaft ist natürlich gegenüber den neuen Untertanen in den ehemals römischen Gebieten viel geeigneter als der Hinweis darauf, daß man in der Tradition von Römer-Killern stand.

Sobald sich die siegreichen Germanen (auch in den anderen Völkerwanderungsreichen) als Römer gerieren, wird die Erinnerung an Arminius eher peinlich. Und es ist nachzuvollziehen, daß keine weitere Traditionspflege mehr stattfand - und wir heute davon nur noch aus römischen Quellen wissen.
 
Und was dabei herausgekommen ist, kann alles oder nichts sein. Deine Gegenargumente sind genauso überzeugend wie die Argumente der Befürworter. Darauf wollte ich ja hinaus. Nix weiß man.

Es ist unzweifelhaft, dass der Burgundenherrscher Gunther des Nibelungenlieds identisch ist mit dem historisch gesicherten Gundahar der Burgunden. Ferner ist der Untergang der Burgunder durch die Hunnen Attilas ebenfalls gesichert, wie sie das Nibelungenlied gleichfalls erzählt. Man muss schon gehörige Verdrehungen und Spagate anbringen, um diesen Hintergrund der Völkerwanderung im Nibelungenlied zu leugnen und die seit 400 Jahren toten Varus und Arminius ins Spiel zu bringen.

Da wäre es vielleicht praktisch, Dietrich von Bern - also Theoderich von Ravenna - nicht als Ostgotenkönig zu betrachten, sondern als Widergänger des in Trier residierenden römischen Kaisers Konstantin II. Auch dafür kann man - bei ausreichend Fantasie - genügend Argumente vorbringen.
 
Oder ist das eine Information, die nach Rom kam, als die Römer Arminius' Neffen Italicus als rex Cheruscae investierten? Dann ist diese Nachricht nämlich auch schon wieder 60 Jahre alt.
Oder es ist keine Information, sondern eine Spekulation von Tacitus.
Freilich wäre das wiederum ein Totschlageargument, welches aber immerhin auch in der Kalkriese-Diskussion gegenüber dem Tumulus und sonstwas angeführt wurde.

Allerdings bringt eine Diskussion, ob der Nibelungenschatz nun mit der Kriegskasse des Varus gleichzusetzen ist, tatsächlich hauptsächlich wieder die Diskussionspartner zu dem Thema zurück ob Arminius Siegfried oder zumindest ein Teil von Siegfried gewesen ist oder eben wieviel des Nibelungenliedes auf eine so frühe Zeit zurückgeht.

Schon den Völkerwanderungsaspekt wollte ich schon immer nicht überbewertet wissen. Ich kann mich noch an eine Diskussion mit El Quijote erinnern, worin wir herausarbeiteten, dass ritterliche Themen und welche der Minne insbesondere einen größere Rolle für die Aussage des Werkes spielen, als die meisten gern aufgebauschten Aspekte wie der völkerwanderungszeitliche Hintergrund.

Wenn man davon ausgeht, dass sich das Niebelungenlied auch damals schon als Geschichtswerk begriffen sehen wollte, so würden wir es heute auf jeden Fall als ein sehr ungenaues bezeichnen. Denn verschiedenste Ereignisse und historische Persönlichkeiten wurden zusammen geworfen. Dass Attila mit Theoderich nicht ganz zusammen passt, scheint mir da noch als eine der kleineren Abweichungen. Überhaupt werden ja völkerwanderungszeitlichen Gruppierungen (Hunnen, Burgunder, Franken) durch den historischen Hintergrund des 13.Jh. Wesensmerkmale beigelegt, die eben garnicht zu denen passen.
Nichts destominder bleibt doch bspw., dass wir außer Attila keinen bedeutenden Führer der Hunnen kennen, welcher verdient hätte in der Form, wie bei der Niebelungensage, als Oberhaupt Würdigung zu finden. Dem könnte man entgegenhalten - auch wieder ein schönes Totschlageargument - dass Kenntnisse über andere ähnlich bedeutende Anführer der Hunnen nach oder vor Attilas Zeit uns einfach nicht überkommen sind und sich die Figur des Etzel auf einen solchen Herrn bezieht.

Ich fand bis jetzt einen Teil der Argumente von Maelonn (nach dem Motto: "was Genaues weiß man nicht") gut, aber mich überzeugte eben auch die Argumentation von El Quijote und die schön gegliederte von Ashigaru.

Soviel kann ich immerhin sagen:
Wenn man davon ausgeht, dass Siegfried Arminius sein kann - oder noch besser sein MUSS - dann ist es naheliegend, dass der Schatz der Niebelungen die Regimentskasse vom alten General Varus war.=)
 
Schon den Völkerwanderungsaspekt wollte ich schon immer nicht überbewertet wissen. Ich kann mich noch an eine Diskussion mit El Quijote erinnern, worin wir herausarbeiteten, dass ritterliche Themen und welche der Minne insbesondere einen größere Rolle für die Aussage des Werkes spielen, als die meisten gern aufgebauschten Aspekte wie der völkerwanderungszeitliche Hintergrund.

Es geht doch hier um den historischen Kern und der ist - wie sich an den historisch belegbaren Personen und der Handlung festmachen lässt - unzweifelhaft die Zeit der Völkerwanderung und die Vernichtung der Burgunder durch eine hunnische Streifschae im Jahr 436. Daran ändern die hochmittelalterlichen Zutaten nit Minne und Rittertum nicht das geringste und machen auch Herrn Varus nicht plausibler.

Soviel kann ich immerhin sagen:
Wenn man davon ausgeht, dass Siegfried Arminius sein kann - oder noch besser sein MUSS - dann ist es naheliegend, dass der Schatz der Niebelungen die Regimentskasse vom alten General Varus war.=)

Wenn Siegfried Arminius sein MUSS, dann ist König Gunther sicherlich Marbod gewesen!
 
Wieso? Ist doch ganz einfach: Siegfried wurde von Hagen verraten, Arminius von Segestes. Außerdem war er mit Arminius verschwägert, ebenso wie Hagen mit Siegfried. :yes:
 
Zwei wichtige Sachen habe ich doch glatt vergessen:
- Tronje ist natürlich nur eine verballhornte Form von Troja. Troja war bekanntlich die Mutterstadt von Rom, und Segestes arbeitete mit den Römern zusammen. "Hagen von Tronje" bedeutet also nichts anderes als "Segestes von Rom".
- Falls sich jemand fragt, wie aus Segestes Hagen werden konnte: Segestes ist natürlich eine latinisierte Form, eigentlich hieß der Mann Hegest, woraus die Römer Segestes machten und die Germanen Hegen -> Hagen.
Also selbst wenn Arminius nicht Siegfried sein sollte, steht unzweifelhaft fest, dass zumindest Segestes Hagen ist!:devil:


So, jetzt wieder ernsthaft:
Die Argumente der Arminius=Siegfried-Gleichsetzer sind doch oft noch hanebüchener als meine Parodie. Vor allem bei der Sache mit der Gleichsetzung der langen Varus-Armee mit dem Drachen kann ich echt nur den Kopf schütteln. Die Germanen konnten sich nicht erinnern, dass sie einmal ein großes Heer besiegt haben, sehr wohl aber, dass das, was sie besiegt haben, lang war?
 
Schon den Völkerwanderungsaspekt wollte ich schon immer nicht überbewertet wissen. Ich kann mich noch an eine Diskussion mit El Quijote erinnern, worin wir herausarbeiteten, dass ritterliche Themen und welche der Minne insbesondere einen größere Rolle für die Aussage des Werkes spielen, als die meisten gern aufgebauschten Aspekte wie der völkerwanderungszeitliche Hintergrund.

Ja sicher. Man muss hier trennen zwischen dem Nibelungenlied als literarischen Text und dem Nibelungenlied als historische Quelle. Als historische Quelle ist es ein Text, der Wertvorstellungen und Lebensumwelt des 13. Jhdts. abbildet. Der literarische Text aber ist - entsprechend unserem historischen Roman - in eine völkerwandeurngszeitliche Vergangenheit zurückverlegt.

Wenn man davon ausgeht, dass sich das Niebelungenlied auch damals schon als Geschichtswerk begriffen sehen wollte, so würden wir es heute auf jeden Fall als ein sehr ungenaues bezeichnen. Denn verschiedenste Ereignisse und historische Persönlichkeiten wurden zusammen geworfen. Dass Attila mit Theoderich nicht ganz zusammen passt, scheint mir da noch als eine der kleineren Abweichungen.

Reden wir besser vom Nibelungen-Dietrich-Sagenkreis. Es gab solche, die ihn auch im MA als historisch missverstanden haben. Zeugnisse dafür sind die oben zitierten kognitiven Dissonanzen bei Frutolf und dem Verfasser der Kaiserchronik. Das heißt aber umgekehrt nicht, dass das gesamte MA an die Historizität der in den Sagen geschilderten Begegnungen geglaubt hätte.
 
Sagen sind vielfach verschliffene Erzählungen

Sagen und Sagenkreise zu beurteilen fällt sehr schwer. Es fällt leichter die Wirkmechanismen auf solche Stoffe zu verstehen, wenn man sich die heutige Zeit ansieht und wie da mit gewachsenen Stoffen umgegangen wird/werden kann, wobei in alten Zeiten solch krasse Schnitte in der Darstellung gewiss nicht in derart kurzen Abständen möglich gewesen sein dürften. Die Stoffe wurden eben verschliffen und den politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten angepasst:


Wir finden das gleiche „Problem“ bei heutigen Verfilmungen altbekannter Märchen und Sagen: Ich nenne hier nur einmal Robin Hood, wobei Russell Crowe (2010), Kevin Kostner (1991) oder Errol Flynn (1938) in ihrer Darstellungsweise des Helden völlig Unterschiedlich sind! Die Filme sind jeweils vom vorherrschenden Zeitgeist mit geprägt. Nicht anders als heutige Regisseure werden auch mittelalterliche Barden gehandelt haben.
Ein weiteres Beispiel sind m.E. Comic-Superhelden, wo man doch ebenfalls einen Hang zu „Erzählungskreisen“ mit der Zeit feststellen kann. Zum Superhelden gruppieren sich dann nach und nach nicht selten andere Helden aus dem gleichen Verlag, wie etwa bei Marvel..



Bei Sagen kann sich bei solchen Wirkmechanismen die Frage gar nicht stellen, ob die handelnden Helden zur gleichen Zeit gelebt haben. Das ist schlichtweg zweitrangig bei jedem Versuch, den Sagenfiguren geschichtliche Personen zuzuordnen. Sagenkreise bildeten sich um bekannte Helden, an die erzählerisch auch originär fremde Sagen „angegliedert“ werden konnten: Etwa um Siegfried, Dietrich von Bern aber auch Arthus…



Die Kreise um Siegfried und Dietrich von Bern werden beispielsweise zusammengeführt beim Untergang der Nibelungen. Bei dieser Zentralisierung wundert es nicht, wenn sich in Adelskreisen Vorlieben für gewisse Helden ausbildeten. Da stellte sich natürlich die Frage, ob etwa Siegfried stärker gewesen sei als Dietrich? Eine entsprechende Sage gibt es ebenfalls von einem eher ausgeglichenen Zweikampf der Beiden, bei dem Siegfried durch seine Unverwundbarkeit lange führte, ehe Dietrich durch einen Trick so in Wut/Hitze (Feueratem) geriet, dass Siegfrieds „Drachenpanzer“ begonnen habe weich zu werden und er Treffer landen konnte. Wenn ich mich recht erinnere endet der Kampf unentschieden, als die Protagonisten sich erschöpft gegenseitig ihre Gleichwertigkeit versichern… Nicht viel anders als einige Kämpfe zwischen Comic-Superhelden in Dutzendheftchen.

Da der Vater/Onkel des historischen Dietrich von Bern (Theoderich) ein gotischer König unter Oberherrschaft des Hunnen Attila gewesen ist, gab es auch an und für sich einen guten Anknüpfungspunkt an die Nibelungensage, deren Ende am Hofe des Hunnen spielt. Mir stellt sich eher die Frage, ob die Nibelungensage nicht vielleicht eher einfach in den Sagenkreis um Siegfried (durch einen der bereits genannten "unhistorischen Wirkmechanismen") irgendwie vereinnahmt worden ist? Wäre es möglich diese Ahnung zu beweisen, würde sich das ganze Thema des Threads erübrigen, dass der Schatz des Varus und jener der Nibelungen identisch sein könnten!


Besonders erfolgreich mag es für mittelalterliche Barden gewesen sein, auch aktuellere Ereignisse in ihren Sagenkreisen sich widerspiegeln zu lassen, oder vielleicht sogar einzubauen! Dass beim Untergang der Nibelungen geschichtliche Ereignisse aus der Zeit der Christianisierung der Ungarn ihren Niederschlag gefunden haben könnten, haben schon einige Forscher angenommen. Ich denke da etwa an die Hochzeit des gerade christlich gewordenen Königs Stefan I. mit der bayerischen Prinzessin Giesela, die von einem Schwarm deutscher Ritter und Missionare begleitet wurde. Die Verbindungen zwischen Ungarn und Deutschland blieben noch längere Zeit prägend und die „Deutschen“ bildeten eine wichtige Adelspartei in Ungarn aus… Besonders nach dem Tode Stefans kam es zu Kämpfen an deren Ende Giesela nach Deutschland flüchten musste...
Stephan I. (Ungarn) ? Wikipedia
 
An dieser Identität müssen wir noch heftig arbeiten! :D

Wieso? Ist doch ganz einfach: Siegfried wurde von Hagen verraten, Arminius von Segestes. Außerdem war er mit Arminius verschwägert, ebenso wie Hagen mit Siegfried. :yes:
Wieso? Högni/Hagen hatte nur ein Auge. Welchen einäugigen Germanen kennen wir aus der römischen Literatur? Mir fällt nur Flavus ein. Warum heißt der Drachentöter in der Beowulf-Sage (vermutlich die älteste "Überlieferung" aus diesem Sagenkreis) nicht Siegfried sondern Siegmund? Demnach wäre Siegmund (=Arminius) der Drachentöter und sein Sohn Siegfried (=Thumelicus) wäre ausgezogen, um den Tod des Vaters zu rächen. Und Siegfried (=Thumelicus) wurde dann ermordet von Hagen (=Flavus). Und in den folgenden Jahrhunderten sind die Geschichten so sehr vermischt worden, dass Vater und Sohn ununterscheidbar geworden sind. Was FÜR diese mögliche Deutung spricht, ist der Umstand, dass der Kampf gegen den Drachen in der Nibelungen-Sage eine "Nebenrolle" spielt. Der wird nur drei- oder viermal ganz nebenbei, en passant, erwähnt - so als wäre es ein Hinweis auf eine ganz andere Geschichte, die man nur mit einem Stichwort erwähnen muss, weil sowieso jeder weiß, worum es geht.

Über die Frage kann man schier endlos weiter disputieren, ohne dass man zu einem Ergebnis kommt, aber auch ohne, dass Polemik nötig wäre.

Wenn du doch den Thread kennst, dann müsste dir doch auch klar sein, dass es sich bei mittelalterlichen Epen nicht um ereignishistorisch valide Quellen handelt.
Lieber El Quijote, ich schätze Dich und Deine Beiträge sehr, aber warum Du mir das antwortest, verstehe ich nicht. Das ist nämlich ziemlich genau das, was ich die ganze Zeit sage! Bei den Epen handelt es sich nicht um überprüf-/beweisbare Quellen, sondern um eine Vermischung aus allen möglichen Wahrheiten und allen möglichen Fiktionen. Was Wahrheit war (und was WELCHE Wahrheit war) und was Fiktion, lässt sich heute unmöglich beurteilen. Deswegen ist es für eine historisch motivierte Diskussion VÖLLIG IRRELEVANT, ob es sich beim Varusschatz um den Nibelungenhort handelte oder nicht. Die einzige Möglichkeit, darüber Klarheit zu gewinnen, wäre eine Zeitreise. Nichts anderes sage ich die ganze Zeit. ABER:

Deine Haltung, dass die Varusniederlage in der (mündlichen) germanischen Überlieferung keinen oder keinen langfristigen Niederschlag gefunden haben dürfte, kann ich nicht teilen! Fest steht, dass die Römer nach Germanien gekommen sind. Fest steht, dass sie das mit Feuer und Schwert (wie pathetisch!) getan haben. Fest steht, dass dieses Vordringen für die Germanen über viele Jahre hinweg mit äußerst "unangenehmen" Folgen verbunden war. Und fest steht weiterhin, dass das Vordringen nach der Varusniederlage (beziehungsweise nach den vergeblichen Rachezügen des Germanicus) ein Ende hatte. Für die Germanen - und nicht nur für die Cherusker, sondern für alle Stämme im Kampfgebiet - waren diese ganzen Vorgänge von zentraler, geradezu lebenswichtiger Bedeutung. Die Idee, dass Ereignisse von solcher Bedeutung innerhalb weniger Jahre in Vergessenheit geraten könnten, erscheint mir abstrus.

Die Frage, woher Tacitus von der Befindlichkeit der Germanen gewusst haben soll, ist auch nicht erhellend, denn die Kontakte sind ja nicht abgerissen. Wie wir heute wissen, haben germanische Krieger auch nach dem Jahr 16 in den römischen Legionen "gedient" und auch die Römer haben sich wohl immer wieder nach Germanien hineinbegeben (siehe Harzhorn).

Wenn Tacitus berichtet, dass die Germanen noch ungefähr hundert Jahre nach der Schlacht den Arminius in Heldenliedern besungen hätten, dann sagt er damit nicht mehr als folgendes: Drei, vielleicht vier Generationen nach der Schlacht wussten die Leute noch von dem Ereignis und seiner Bedeutung. Das kann heißen, dass die Sänger sich noch an Berichte des eigenen Großwaters erinnerten, der in der Schlacht mitgekämpft hat. Das haben sie dann so an ihre eigenen Kinder weitergegeben: "Mein Opa war dabei, als Varus..." So berichtet Tacitus zum Beispiel, dass der Sieg gegen die Varus-Legionen im Bataver-Aufstand zur Mobilisierung germanischer Stämme angeführt worden ist. Der Krieg gegen die römischen Legionen war so umfassend, dass er sicher nicht schnell in Vergessenheit geraten ist.

Und was Deine sonstige Kritik angeht: Lies den Link, den @Amalaswintha in Beitrag 21 gepostet hat. Da ist ziemlich genau beschrieben, was ich auch meine (Vermischung von Sagenkreisen etc.). Waren natürlich keine Wissenschaftler, sondern nur Spiegel-Journalisten, die das alles so zusammengefasst haben.

Was bleibt, ist der Umstand, dass der Sieg im Kampf gegen die Varus-Legionen für die germanischen Stämme so schwer, so überwältigend und mit so nachhaltigen Folgen verbunden war, dass es überraschend wäre, wenn sich das alles NICHT in Sagen niedergeschlagen hätte. Schon die Verbreitung der der Sagen - vom Nordrand der Alpen bis nach Island - deutet auf die Bedeutung hin, die das alles für die beteiligten Völker hatte.

MfG
 
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