Kurze Einführung in die Geschichte des Islam (II): Herrscherdynastien

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Leopold Bloom

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Kurze Einführung in die Geschichte des Islam (II)


Dynastien

Die Omayyaden

Gleich nach dem Tod des Prophetenschweigersohns Ali (661) entsteht durch dessen Nachfolger Kalif Muawija eine neue mächtige Dynastie: Die Omayyaden.
Sie machen Damaskus zu ihrer Residenz und verlagern damit das Zentrum politischer Macht nach Syrien. Gleichzeitig dringt der Islam weiter rasant vor bis nach Afghanistan und weit nach Nordafrika hinein.
Ende des 7. Jahrhunderts lässt Kalif Abd al-Malik in Jerusalem den Felsendom errichten und macht damit Jerusalem auch faktisch zu einer heiligen Stadt des Islam.
Ab 705 erobert Kalif Walid für die Omayyaden Spanien (Andalusien/ al Andalus) und Zentralasien (das heutige Usbekistan und die Städte Buchara und Samarkand). Auch lässt er in Damaskus eine Basilika abreißen und an gleicher Stelle die noch heute sehr bekannte Omayyadenmoschee bauen.

In Andalusien hingegen können sich die Omayyaden unter einem Seitenzweig in Cordoba halten. Sie werden zwar mächtig und für die Nachbarn im Norden zur Bedrohung, erreichen aber nie die Macht und den Einfluss der Abbasiden.



Die Abbasiden

Mitte des 8. Jahrhunderts stürzen die arabischen Abbasiden, die sich nach ihrem Gründer Abbas nennen, unter Mithilfe persischer Vasallen die Omayyaden. Die persisch beeinflusste Dynastie soll 500 Jahre lang die Entwicklung des Islam entscheidend prägen.
Die Abbasiden bekennen sich zur sunnitischen Richtung und verfolgen die Schiiten. Jahrhundertelang spielen die Schiiten nur eine unbedeutende Rolle. Erst später werden auch sie zu einem Machtfaktor.
762 legt Kalif Mansur den Grundstein zu "Medinat as Salam" (Stadt des Friedens). Sie soll neue Hauptstadt werden. Er läßt mit großer Geschwindikeit unzählige Gebäude errichten und "stampft" regelrecht eine Kapitale aus dem Boden, wie sie die Welt bis dahin allenfalls in Rom oder China gesehen hatte. Die Bewohner allerdings behielten den alten Namen des damaligen Marktfleckens am Tigrisufer bei: Bagdad.
Nun beginnt die Blüte des Islam. Kalif Harun al-Raschid, ein Zeitgenosse Karls des Großen macht Bagdad zur größten, mächtigsten und prächtigsten Stadt. Universitäten und Bibliotheken entstehen, aus China wird die Papierherstellung übernommen, aus Indien das Zahlensystem (das wir noch heute als arabische Zahlen kennen), al Quarizmi entwickelt nahezu parallel dazu das Rechnen mit Logarithmen und die Algebra.
Wenige Jahre später "träumt" Kalif Mamun, Aristoteles sei ihm im Traum erschienen und bindet damit die griechische Philosophie mit in den Islam ein.

Aber schon einige Jahre später setzte der politische Niedergang der Abbasiden ein. Zwar war der Islam weiter in einer kulturellen Blüte. Die Entwicklung hatte sich aber verselbständigt und die "Duftmarken" setzten andere. Lokaldynastien entstanden. Zunehmend vermehrt sich der persische Einfluss auf den Islam. Formal unterstellen sich die Lokalregenden zwar der abbasidischen Oberhoheit, sind aber teilweise so dreist wie die Buyiden, die sich ungeniert als "Schutzmacht" des Kalifats gerieren und Bagdad besetzen. Der Kalif ist mittlerweile auf das jeweilige Wohlwollen der Provinzfürsten angewiesen, die immer autonomer agieren. Eine Zeit der politischen Unruhen beginnt.
Deutlich wird das nicht zuletzt an den Lebensläufen zweier berühmter Perser: Firdusi und Ibn Sina (Avicenna). Beide in der gleichen Gegend geboren wechseln sie zwischen den verschiedenen Herrscherhäusern hin und her, müssen fliehen, werden gar teilweise ins Gefängnis geworfen.

Unter Omayyaden wie unter Abbasiden entwickelt sich der Islam in verschiedene Richtungen. So führen die Omayyaden alte Stammestraditionen ein, die nirgends im Koran gefordert werden (mittlerweile berühmt und berüchtigt: Die Verschleierung der Frau), die Abbasiden berufen sich auf persische Traditionen wenn sie den Harem (zuvor nur unter den Sassaniden bekannt) und Turban an ihren Hof bringen.

Doch es sind nicht nur die inneren Streitigkeiten:
Hinzu kommen Auseinandersetzungen mit den Kreuzfahrern, die anfangs erfolgreich Jerusalem erobern und erst unter Saladin zurückgeschlagen werden können. Die Kreuzzüge haben sich bis heute tief ins Bewußtsein jedes Moslem eingegraben.


Im 13. Jahrhundert nähert sich allerdings aus dem Osten die wahre Katastrophe: 1258 zerstören die Mongolen Bagdad.
 
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