L Domitius Ahenobarbus' Zug über die Elbe - noch von der Donau o. bereits vom Rhein?

Johne hat dem Thema der Elbquelle ein eigenes Kapitel gewidmet, Die Elbquelle in den Vandalischen Bergen, Seite 235.
Weswegen es durchaus möglich ist, dass mit der Elbquelle in den Sudeten die Moldau gemeint ist:
bei Ptolemaios: die Koordinaten für die Quelle sind 39° ö.L. und 50° n.Breite und damit in den östlichen Sudenten lokalisiert.Eigentlich scheint damit die Quellen richtig plaziert zu sein, wenn nicht Ptolemaios die Sudeten viel weiter südlich und westlicher kartiert hätte, eher im Bayrischen oder dem Böhmer Wald. Daher vermutete man anscheinend schon im 19.Jahrhundert, dass Ptolemaios die Moldauquelle gemeint haben könnte. Die Moldau ist der wasserstärkerer Fluss wenn Elbe und Moldau zusammenfließen, und die Fließrichtung Süd-Nord ändert sich nicht. Außerdem erwähnt Ptolemaios eine "zur Elbe führende Quelle" unter den Koordinanten 40° 10' östl. L und 52° 40' nördl. Br. westlich der Weichselquelle. Diese Quelle hat der griechische Gelehrte richtig im Askiburgion-Gebirge angesiedelt, womit er das Riesengebirge bezeichnete.

Zur strategischen Bedeutung: Feldzüge hatten Bevölkerungsschwerpunkte zum Ziel.
Wenn Ihr die Karte in meinem Beitrag 23 anschaut, ist auch gut sichtbar, dass das Marbod-Reich seinen Zentrum im nördlichen Böhmen hatte, also durchaus Nördlich des Oberlaufs der Elbe, an der Eger und unteren Moldau. Mich verwundert nur, dass dann nicht in keiner Textstelle erwähnt wird, dass der anvisierte Stamm die Markomannen gewesen sind. Für die Unterwerfung der germanischen Stämme "zwischen Rhein und Elbe" (Aufidius Bassus für 8 v Chr.) habe ich bisher keine genaue Aufstellung gefunden,
welche Stämme, und insbesondere ob sich die Markomannen unterworfen haben, oder nicht einfach den Römer ausgewichen sind. Velleius schreibt für das Jahr 4.n.Chr, außer den Markomannen gebe es in Germanien nichts mehr zu besiegen, nach Beendigung des Immensum bellum (Vell.Pat. 2, 108,1). War das auch ihr Status, eben nicht unterworfen, zwischen 8. bis 2 v.Chr.?
 
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Zur strategischen Bedeutung: Feldzüge hatten Bevölkerungsschwerpunkte zum Ziel.
Wenn Ihr die Karte in meinem Beitrag 23 anschaut, ist auch gut sichtbar, dass das Marbod-Reich seinen Zentrum im nördlichen Böhmen hatte, also durchaus Nördlich des Oberlaufs der Elbe, an der Eger und unteren Moldau.

Wenn ich es richtig sehe, hast Du damit Deine Frage "Welchen Sinn würde eine solche Überquerung machen?" selbst beantwortet.

Velleius schreibt für das Jahr 4.n.Chr, außer den Markomannen gebe es in Germanien nichts mehr zu besiegen, nach Beendigung des Immensum bellum (Vell.Pat. 2, 108,1). War das auch ihr Status, eben nicht unterworfen, zwischen 8. bis 2 v.Chr.?

Erinnern wir uns, was Velleius zum Zustand 8 v. Chr. schreibt. Damals hatte Tiberius Germanien "so vollständig unterworfen, dass er es fast zu einer steuerpflichtigen Provinz machte."

Das half aber nichts, schon kurz danach rebellierte Germanien erneut (nach Velleius um oder bald nach 6 v. Chr.), und im Jahr 4 n. Chr. musste Tiberius praktisch alle Germanenstämme, die er schon 8 v. Chr. so "vollständig unterworfen" hatte, noch ein zweites Mal unterwerfen.

Was sollen wir aus der Velleius-Stelle "4 n. Chr." also für den Status der Markomannen "zwischen 8 bis 2 v. Chr." herauslesen?
 
Wenn ich es richtig sehe, hast Du damit Deine Frage "Welchen Sinn würde eine solche Überquerung machen?" selbst beantwortet.
Jep, gut, nicht? :yes: wie hat er das nur rausgefunden? :grübel:


Erinnern wir uns, was Velleius zum Zustand 8 v. Chr. schreibt. Damals hatte Tiberius Germanien "so vollständig unterworfen, dass er es fast zu einer steuerpflichtigen Provinz machte."

Das half aber nichts, schon kurz danach rebellierte Germanien erneut (nach Velleius um oder bald nach 6 v. Chr.), und im Jahr 4 n. Chr. musste Tiberius praktisch alle Germanenstämme, die er schon 8 v. Chr. so "vollständig unterworfen" hatte, noch ein zweites Mal unterwerfen.

Was sollen wir aus der Velleius-Stelle "4 n. Chr." also für den Status der Markomannen "zwischen 8 bis 2 v. Chr." herauslesen?

Unsicherheit. Aufidius Bassus kann sich mit der Aussage, alle Stämme zwischen Rhein und Elbe hätten sich unterworfen (8 v.Chr.), auf unseren "Lieblingsraum" Niederhein und Mittelrhein" bis Unter - und Mittelelbe" beziehen. Dann wären die nach Böhmen in die Tiefen des Herkynischen Waldes geflohenen Markomannen nicht gemeint.Timpe und Wolters folgen dem Gedanken, dass sich nach 9 v.Chr. ein politischer Germanienbegriff (das von Rom beanspruchte Germanien, die Provinz in spe) gebildet habe, analog zu Gallia, Africa, Asia, neben dem älteren ethnographischen Begriff (Wolters, Germanien, Timpe, Arminius). Ich habe schon mehrmals nach dem Status der Markomannen gefragt, die zweifellos militärisch 10 v.Chr noch von Drusus geschlagen wurden, jedoch finde ich bisher keine Quelle, die sie in die große Deditio des Jahres 8 v.Chr. mit einbezieht.
Wenn sie, genauso wie die Semnonen östlich der Elbe sich nicht unterworfen haben, dann hätte der Feldzug des Aehnobarbus eine ganz andere militärische Bedeutung - man erinnere sich, 6 n.Chr wollte Tiberius mit 10 Legionen, der größten Truppenmasse (2/5 des römischen Heeres) in einer Zangebewegung von Carnuntum entlang der March und der Bernsteinstraße, und von Mogantiacum entlang des Mains (-> Legionslager Marktbreit) in Marbods Zentrum in Nord - und Westböhmen vorstoßen. Und dies soll Ahenobarbus so en passant ein paar Jahre vorher ohne Kämpfe getan haben? Gegen Marbod, der angeblich über 70.000 Fußkämpfer und 4000 Reiter verfügte? Johne meint, dass es schwerlich vorstellbar ist, dass die Absetzbewegung der Markomannen mit römischer Billigung stattfand - es sieht eher nach einer Flucht vor Zwangsumsiedlung (wie im Jahr 8 v.Chr. von Sugambrern und Sueben) aus. Oder war Ahenobarbus Kampagne nur ein diplomatischer Feldzug, der die römische Stärke demonstrieren sollte?

Hier der Überblick einer Tagung zum Markomannenreich in Böhmen - Mitteleuropa zur Zeit Marbods
http://www.arup.cas.cz/wp-content/uploads/2010/11/mitteleuropa.pdf


, leider finde ich Dobeschs und Kehnes Referate online nicht:
GERHARD DOBESCH : Politik zwischen Marbod und Rom
PETER KEHNE: Das Reich der Markomannen und seine auswärtigen Beziehungen unter König Marbod (Maroboduus) ca. 3 v. – 18 n. Chr.
 
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Die Frage nach den Elbequellen haben wir auch hier bereits angegangen:
http://www.geschichtsforum.de/f35/wo-siedelten-die-hermunduren-49405/
Nur als Hinweis für weiteren Stoff.

Danke für den Stoff ;-)
Schön, dass ich Dekumatlands Frage 3 Jahre später beantworten konnte, ohne es zu wissen (Lokalisierung der Elbequelle bei Ptolemaios).

Ich tendiere jetzt dazu, dass die römischen und griechischen Ethnographen und Militärs die Moldau für den Quellfluß der Elbe gehalten haben.

@Sepiola: was denkst du denn zur zweiten hypothetischen Südvariante des Feldzuges von Ahenobarbus über Regensburg, Regen -Naab -Saale - Mittelelbe? Distanz ca 350 km
Regensburg - Dessau. Diese Variante umgeht das markommanische Kernland.

@ Hermundure: zu den Boiern, würde ich mehr sagen, wenn ich dazu richtig Zeit hätte, die engen Beziehungen zwischen Boiern und Manching sind verifiziert, sie politisch zu deuten, als Teil des Machtbereichs der Boier - ich tendiere eher zu einer engen Koalition - ist schwierig. In Manching gibt es ein Viertel, in dem man eine böhmische Einwanderergruppe archäologisch festgestellt hat, sozusagen ein böhmisches Viertel (Latene D1, Sievers et al. Protourbanisation). Darüber könnte man im Kelten-Ordner diskutieren - Platzhater gibt es!
 
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Danke für den Stoff ;-)
Schön, dass ich Dekumatlands Frage 3 Jahre später beantworten konnte, ohne es zu wissen (Lokalisierung der Elbequelle bei Ptolemaios).

Ich tendiere jetzt dazu, dass die römischen und griechischen Ethnographen und Militärs die Moldau für den Quellfluß der Elbe gehalten haben.


Ausschliessen kann ich das nicht. Aber Ptolemaios hat mit ziemlicher Sicherheit nicht die Moldau-Quelle genannt. Die Albis-Quelle ist bei ihm in einem gemeinsamen Konstruktionsprozess mit den Quellen von Rhein und Donau sowie der Mündung der Rhone entstanden. Diese Konstruktionslinie könnte meiner Meinung nach eher der von Dir genannten Route Regensburg, Regen -Naab -Saale - Mittelelbe entsprechen.
Rhone_Elbe_o300.jpg
Die Albis-Quelle wurde sehr weit nördlich auf dem selben Längengrad wie Carnuntum platziert. Das passt nicht zur Moldau. Es passt aber zu der auch archäologisch sehr gut belegten Vormarschtrasse und Bernsteinstrasse entlang der March. Es ist also wahrscheinlicher das Entfernungsangaben dieses Weges in seine Karten eingeflossen sind, gegenüber der für den Mittelmeerhandel doch schon etwas deplatzierten Verbindung über die Moldau.

gruss
jchatt
 
@jchatt: spannend, danke für den Text (noch nur oberflächlich gelesen).

Dein Flussvorschlag verstehe ich allerdings nicht, die March fließt ja nach Süden, also wenn die Elbequelle auf der Höhe von Carnuntum bei Ptolemaios verzeichnet ist (sind das schon entzerrte Werte?), kann ich keinen passenden Zufluß finden. Man kann natürlich kulant sein, und die Abweichung von ca. einem Längengrad (Carnuntum 16°, Elbquelle 15° östlicher Länge) als geringfügig hinnehmen. Was allerdings zu deiner bzw. Jürgen Heß Karte nicht passt, ist, dass die eigentliche Elbe zuerst nach Süden und dann nach Westen fließt, bei Ptolemaios jedoch der Elbeverlauf anscheinend gleich nach Nordwest kartiert ist.
 
@jchatt: spannend, danke für den Text (noch nur oberflächlich gelesen).

Dein Flussvorschlag verstehe ich allerdings nicht, die March fließt ja nach Süden, also wenn die Elbequelle auf der Höhe von Carnuntum bei Ptolemaios verzeichnet ist (sind das schon entzerrte Werte?), kann ich keinen passenden Zufluß finden. Man kann natürlich kulant sein, und die Abweichung von ca. einem Längengrad (Carnuntum 16°, Elbquelle 15° östlicher Länge) als geringfügig hinnehmen. Was allerdings zu deiner bzw. Jürgen Heß Karte nicht passt, ist, dass die eigentliche Elbe zuerst nach Süden und dann nach Westen fließt, bei Ptolemaios jedoch der Elbeverlauf anscheinend gleich nach Nordwest kartiert ist.

Die Karten sind auf Basis der Daten der Edition Stückelberger/Graßhoff entstanden. Also nicht entzerrt im Sinne der Arbeiten von Lelgemann/Kleineberg. Wenn man die Konstruktionsweise des Ptolemaios ergünden will, dann muss man natürlich auch die Daten benutzen, die ihm am nächsten liegen.

Die Flüsse bei Ptolemaios sind oft nur mit zwei Punkten beschrieben(Quelle und Mündung). Das wird daran liegen, dass die zugrundeliegenden Reisebeschreibungen zu spärlich waren um den tatsächlichen Verlauf darzustellen. Ptolemaios hat im Wesentlichen Entfernungsangaben und grobe Richtungsangaben benutzt. Eine genaue astronomische Messung für die Position der Elbe-Quelle dürfen wir sehr wahrscheinlich ausschliessen. Sie wurde stattdessen eher aus zwei Entfernungsangaben zeichnerisch ermittelt. Der Winkel der Geraden über Rhone-Mündung und Quellen von Rhein-Donau-Elbe in meiner Karte musste ja auch bestimmt werden. Meine Vermutung ist deshalb das eine grobe Reisebeschreibung wie "Die Quellen der Elbe liegen 1600 Stadien nördlich von Carnuntum" hierfür verantwortlich sein könnte. Dieses würde wiederum eine Route entlang der March implizieren.

Gruß
jchatt
 
.... Meine Vermutung ist deshalb das eine grobe Reisebeschreibung wie "Die Quellen der Elbe liegen 1600 Stadien nördlich von Carnuntum" hierfür verantwortlich sein könnte. Dieses würde wiederum eine Route entlang der March implizieren.

Du meinst als Route für Ahenobarbus Feldzug? Bisher wurden römische Hinterlassenschaften nur bei der Wüstung Mušov in Südmähren gefunden, allerdings ist dies ein Legionslager aus der Zeit der Markomannenkriege im 2.Jahrhundert AD.
Das Lager stand an der Thaya, dem westlichen Quellfluss der March.
In der Nähe der heute untergangenen Siedlung (Stausee) wurde auch das Königsgrab von Musow gefunden, https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6nigsgrab_von_Mu%C5%A1ov , wahrscheinlich das Grab eines romfreundlichen Markomannenfürsten. Allerdings gibt es keine Funde aus der Okkupationszeit. Die Vormarschroute wäre wahrscheinlich diesselbe gewesen, wenn römische Legionen von Carnuntum als Basis gestartet wären.

Das frühe Eisengerät. In : J. Peska, J. Tejral, Das germanische Königsgrab von Musov in Mähren | Michel Feugère - Academia.edu

Unten Bronzekessel aus dem Königsgrab von Musow, mit vier Köpfen mit dem berühmten Suebenknoten
 

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Ich habe bischen gesucht und etwas für mich Überraschendes gefunden: der Artikel unten bezieht sich auf die Zeit der Markomannenkriege, die Kette der Marschlager und Standlager von Carnuntum (Petronell)
in Abstand von ca. 35 km entlang der March und Thaya sind auf der Karte ganz rechts - Engelhartstetten - Stillfried - Bernhardstal - Pasohlávky / Musow (Standlager, militärische Einrichtungen).
Eine kleine Sensation folgte: Im Gebiet von Pasohlávky (Weißstätten) fanden Archäologen der Brünner Universität eindeutige römische Baureste. Weitere Grabungen bestätigten die ersten archäologischen Vermutungen: Im Gebiet von Pasohlávky und Hradiská, hoch über der seinerzeitigen Thaya, befand sich ein römisches Kastell, angelegt wie alle Militärlager mit Doppeltor, rechteckiger Bauweise, Prätorium mit Sitz des Lagerkommandanten und einer Besonderheit, einem Lagerspital für hunderte Patienten, sowie Verwaltungsgebäude, einem Gästehaus und einer Badeanstalt....
Die methodische Ergrabung des bis heute namenlos gebliebenen Kastells
brachte zahlreiche militärische Metallfunde zutage, viele Münzen aus der Zeit der Kaiser Mark Aurel, Hadrian, Nerva u. a. Ein besonders wertvoller Fund stellt ein Aureus (Goldmünze) der Kaisergattin Faustina dar. Ferner terra sigillata, das teure Tafelgeschirr aus Rom, Öllampen, viele Schmuckstücke (die Legionäre dürften nicht unbeweibt gewesen sein).
Beweise für eine eigene „Zivilstadt“, wie sie beispielsweise in Vindobona bestand, wurden nicht gefunden. Es wurden bis jetzt auch keine Schiffsreste festgestellt, obwohl die Thaya im 2. Jahrhundert nach Christus mit Sicherheit schiffbar war und das Lager nicht ohne Grund praktisch am Fluss erbaut wurde.
aus dem Artikel, siehe PDF
http://www.morgen.at/htm/downloads/0616-Roemer-in-Maehren.pdf

Zusätzlich noch die Entdeckung des bisher frühesten römischen Militärlagers in Carnuntum, leider keine Datierung: http://www.archaeologie-online.de/magazin/nachrichten/carnuntums-fruehestes-roemerlager-30840/

Unten rekonstruiertes Gebäude aus dem Legionslager von Pasohlávky
 

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Natürlich müssen wir die republikanischen Denare auch noch unter Saturninus und Tiberius mit einbeziehen, jedoch können wir beide für die Saale ausschließen, da sie von den römisch/griechischer Seite nicht genannt werden.

Das ist doch gerade das, was ich beim besten Willen nicht verstehe (siehe Beitrag Nr. 1):

Für Ahenobarbus gibt es keine römisch/griechische Quelle, die ihn auch nur mit der Nähe der Saale in Verbindung bringt.
Wenn Du Saturninus und Tiberius ausschließt, müsstest Du ja Ahenobarbus erst recht ausschließen.
Stattdessen lässt Du ihn - den Quellen zum Trotz - quer durch Thüringen und Sachsen-Anhalt marschieren.
 
man erinnere sich, 6 n.Chr wollte Tiberius mit 10 Legionen, der größten Truppenmasse (2/5 des römischen Heeres) in einer Zangebewegung von Carnuntum entlang der March und der Bernsteinstraße, und von Mogantiacum entlang des Mains (-> Legionslager Marktbreit) in Marbods Zentrum in Nord - und Westböhmen vorstoßen. Und dies soll Ahenobarbus so en passant ein paar Jahre vorher ohne Kämpfe getan haben? Gegen Marbod, der angeblich über 70.000 Fußkämpfer und 4000 Reiter verfügte?

Diese Frage wirst Du Dir vermutlich auch selbst beantworten können.
Hat Marbod von Anfang an über durchtrainierte und disziplinierte 70.000 Fußkämpfer und 4000 Reiter verfügt oder musste er mit seinem Auswandererhaufen erst mal klein anfangen? Sich möglicherweise erst mal die nötigsten Lebensgrundlagen sichern?
 
Das ist doch gerade das, was ich beim besten Willen nicht verstehe (siehe Beitrag Nr. 1):

Für Ahenobarbus gibt es keine römisch/griechische Quelle, die ihn auch nur mit der Nähe der Saale in Verbindung bringt.
Wenn Du Saturninus und Tiberius ausschließt, müsstest Du ja Ahenobarbus erst recht ausschließen.
Stattdessen lässt Du ihn - den Quellen zum Trotz - quer durch Thüringen und Sachsen-Anhalt marschieren.
Da kommt dann wieder die Archäologie ins Spiel, denn die Archäologie lügt ja nicht. ;)
 
@Sepiola: was denkst du denn zur zweiten hypothetischen Südvariante des Feldzuges von Ahenobarbus über Regensburg, Regen -Naab -Saale - Mittelelbe? Distanz ca 350 km
Regensburg - Dessau. Diese Variante umgeht das markommanische Kernland.

Diese Variante umgeht nicht nur das markomannische Kernland, sondern das markomannische Gebiet insgesamt.

Welchen Sinn hätte ein solcher Ausflug machen sollen? Wozu hätte ihn Dio an dieser Stelle erwähnen sollen?
 
Meine Vermutung ist deshalb dass eine grobe Reisebeschreibung wie "Die Quellen der Elbe liegen 1600 Stadien nördlich von Carnuntum" hierfür verantwortlich sein könnte. Dieses würde wiederum eine Route entlang der March implizieren.
Du meinst als Route für Ahenobarbus Feldzug?

Dann habe ich das missverständlich ausgedrückt. Die Route von Carnuntum zur Elbe-Quelle habe ich als mögliche Ursache der Positionierung bei Ptolemaios gedacht.

Die schönen Münzfunde von Hermundure sehe ich eher nicht als Indiz für einen Feldzug, egal von wem. Die Republik-Denare mit dem hohen Silberanteil stehen nach der Tacitus-Stelle ja primär in einem wirtschaftlichen Kontext. Ziel eines römischen Feldzuges wäre es aber vermutlich gewesen sich Grund und Boden der Germanen gewaltsam anzueignen als mit ihnen zu handeln.

Die für mich wahrscheinlichste Route des Ahenobarbus wäre für mich von der oberen Donau aus zum Main und weiter Richtung Thüringer Becken zur Elbe. Dort bestand sicherlich schon eine Handelsverbindung. Also schön um die Markomannen herum. Auf dieser Route liegen wahrscheinlich ebenso die Fundorte der Hermunduren sowie der Platz Ihrer vermuteten späteren Ansiedlung. Auch die von Tacitus berichteten Handelbeziehungen der Hermunduren mit den Römern in Raetien könnten dafür sprechen.

Gruss
jchatt
 
Die für mich wahrscheinlichste Route des Ahenobarbus wäre für mich von der oberen Donau aus zum Main und weiter Richtung Thüringer Becken zur Elbe. Dort bestand sicherlich schon eine Handelsverbindung. Also schön um die Markomannen herum. Auf dieser Route liegen wahrscheinlich ebenso die Fundorte der Hermunduren sowie der Platz Ihrer vermuteten späteren Ansiedlung.

Auch diese schöne Vermutung widerspricht Dios Angabe, die Hermunduren seien im Gebiet der Markomannen angesiedelt worden.
 
Diese Variante umgeht nicht nur das markomannische Kernland, sondern das markomannische Gebiet insgesamt.

Welchen Sinn hätte ein solcher Ausflug machen sollen? Wozu hätte ihn Dio an dieser Stelle erwähnen sollen?

1.Cassius Dio ist der Einzige, der von der Markomannis spricht. Es gibt also keine vergleichbare Überlieferung des Begriffs. Boiohaemum oder Bojohemum nennt (Kap.IV, 290) es Strabon, bei Tacitus wird der Wohnsitz erwähnt, aus dem die Boier durch die Markomannen vertrieben wurden. Sein Königsitz Marobudum wird bei Strabon, Geographika 7, 1, 3; Tacitus, Annalen 2, 62, 2 und Claudius Ptolemaios 2, 11, 14 erwähnt.

2.Es gibt anscheinend bisher keine römischen Funde auf der Vormarschroute entlang der Bernsteinstraße/March, die vor den Markomannenkriegen des 2. Jahrhunderts AD datiert sind. Auch das Legionslager Marktbreit am Main in Mainfranken, bisher entweder dem Feldzug des Tiberius gegen das Marbodreich 6 n.Chr. zugeordnet, oder einer beginnenden Provinzialisierung, so Bernd Steidl, als möglicherweise projektierter Standort der Legionen aus Mainz / Mogantiacum, scheint kein Kandidat für die alternative Route zu sein. https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6merlager_Marktbreit Es ist immer noch das bisher östlichste gefundene römische Lager, und immer noch weit von der zweiten potentiellen Route Ahenobarbus an die Elbe (Donau - Naab - Main - Saale)
entfernt.

3. Ungeklärt für mich und unbeantwortet für mich ist die Frage nach dem Rechtstatus der Markomannen - wie wikipedia unbelegt behauptet, sind sie von Tiberius 8 v.Chr unterworfen worden? Was war der Status quo vor 6 n.Chr? Die Markommanen schließen sich mit den Quaden zusammen - ist diese Stammesgemeinschaft intakt, und siedelte schon in Mähren?- mir erscheint die politische Autonomie der Markommannen nicht eingeschränkt.
Wie wahrscheinlich ist es, dass Marbod nicht als Vertragspartner des Ahenobarbus erwähnt wird, wenn dieser Verträge abgeschlossen hat, Amici Roms, so Cassius Dio, aber mit wem? Mit Marbod?

Unten ein Text, der versucht einen historischen Zusammenhang über das Fundspektrum der Augenfibeln Almgren 45-46 zwischen Römern und Hermunduren als mögliche Träger herzustellen. Tacitus, Germania,41,1
Näher an uns - um, wie vorhin dem Lauf des Rheins, so jetzt dem der Donau zu folgen - wohnt das Volk der Hermunduren. Sie sind den Römern ergeben und haben deshalb allein von allen Germanen nicht nur am Donauufer Handelsverkehr, sondern weit ins Innere und in der glänzenden Pflanzstadt der Provinz Rätien. (2) An beliebigen Stellen kommen sie ohne Bewachung herüber; und während wir den anderen Völkern nur unsere Waffen und Feldlager zeigen, haben wir diesen unsere Stadt- und Landhäuser geöffnet, ohne dass sie darum bitten mussten. Im Hermundurenland entspringt die Elbe, ein ehemals berühmter und wohlbekannter Fluss; jetzt kennt man ihn nur vom Hörensagen.
Der zweite Text ist der von Volkmann, der das Legionslager Marktbreit räumlich in eine germanische Siedlungskammer verortet, und mögliche Marschrouten der römischen Legionen mit einem GIS-System errechnet hat (Seite 16-19).
Die Augenfibeln Almgren 45-46 in Raetien und den Nordwestprovinzen. Eine Sachform als Spiegel historischer Vorgänge? | Bernd Steidl - Academia.edu
http://www.deutsche-limeskommission.de/fileadmin/dlk/images/dlk/pdfs/Limes_10__2016_2.pdf
 
1.Cassius Dio ist der Einzige, der von der Markomannis spricht. Es gibt also keine vergleichbare Überlieferung des Begriffs.
Vergleichbar ist sicher der lateinische Begriff Marcomannia. Mit den Markomannenkriegen verbunden war angeblich der Plan, eine Provinz Marcomannia zu errichten:
"Voluit Marcomanniam provinciam, voluit etiam Sarmatiam facere..."
Marcus Aurelius

Es dürfte wohl keinen Streit darüber geben, nach welchem germanischen Stamm Dio die Markomannis benannt hat.

Unten ein Text, der versucht einen historischen Zusammenhang über das Fundspektrum der Augenfibeln Almgren 45-46 zwischen Römern und Hermunduren als mögliche Träger herzustellen.
Der Autor Bernd Steidl scheint auch kein Problem mit dem Begriff "Marcomannia" zu haben:
"Auffallenderweise bleiben die der Marcomannia und dem regnum Vannianum nächstgelegenen römischen Provinzgebiete in Noricum und Pannonien fast vollständig frei von Augenfibeln A 45/4651. Das ist vor allem deswegen bemerkenswert, weil die Handelskontakte des Markomannenreiches gerade in diesen Bereich besonders intensiv bestanden."

Es gibt anscheinend bisher keine römischen Funde auf der Vormarschroute entlang der Bernsteinstraße/March, die vor den Markomannenkriegen des 2. Jahrhunderts AD datiert sind.
Die gibt es schon, allerdings beweisen diese Funde nichts.
(Hermundure ist anderer Meinung, bei ihm ergeben schon einzelne Denare und Fibeln ganze Feldzüge, siehe http://www.geschichtsforum.de/739900-post73.html und http://www.geschichtsforum.de/740196-post85.html)

der zweiten potentiellen Route Ahenobarbus an die Elbe (Donau - Naab - Main - Saale)
... von der die römischen Funde ebenso fehlen.

3. Ungeklärt für mich und unbeantwortet für mich ist die Frage nach dem Rechtstatus der Markomannen - wie wikipedia unbelegt behauptet, sind sie von Tiberius 8 v.Chr unterworfen worden?
Der ungenannte Beleg dürfte wohl bei Florus zu finden sein. Drusus schmückte sein Siegesdenkmal Trophäen, die er von den Markomannen erbeutet hatte. Das setzt einen Sieg über die Markomannen voraus:
Nam Marcomannorum spoliis et insignibus quendam editum tumulum in tropaei modum excoluit.
LacusCurtius ? Epitoma Flori ? Liber*II, Pars*VIII ex*IX

Was war der Status quo vor 6 n.Chr?
Der lässt sich nur indirekt aus Velleius erschließen. Marbod nahm gegenüber den Römern zeitweise eine unterwürfige Haltung ein (interdum ut supplicem*), zeitweise sah er sich auf Augenhöhe (interdum ut pro pari). Die unterwürfige Haltung würde eher zu den früheren Jahren passen, die auftrumpfende in die Zeit direkt vor dem Tiberius-Feldzug.

Wie wahrscheinlich ist es, dass Marbod nicht als Vertragspartner des Ahenobarbus erwähnt wird, wenn dieser Verträge abgeschlossen hat, Amici Roms, so Cassius Dio, aber mit wem? Mit Marbod?
Um Fragen an einen Text zu stellen, muss der Zusammenhang beachtet werden:
Dio behandelt hier das Jahr 1 n. Chr. und den fehlgeschlagenen Versuch, die versprengten Cherusker zurückzubringen.
Bei dieser Gelegenheit erwähnt er eine frühere gelungene Aktion des Ahenobarbus (Ansiedlung der herumirrenden Hermunduren).


* EDIT: supplex wäre nach meinem Wörterbuch substantivisch auch als "Schützling" zu übersetzen. Also: "zeitweise wie ein Schützling - zeitweise wie ein Ebenbürtiger"
 
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Ich habe bischen gesucht und etwas für mich Überraschendes gefunden: der Artikel unten bezieht sich auf die Zeit der Markomannenkriege, die Kette der Marschlager und Standlager von Carnuntum (Petronell)
in Abstand von ca. 35 km entlang der March und Thaya sind auf der Karte ganz rechts - Engelhartstetten - Stillfried - Bernhardstal - Pasohlávky / Musow (Standlager, militärische Einrichtungen).

Auch wenn es nicht mehr zum Thema Ahenobarbus gehört - da gibt es noch mehr:
Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (2001)

30 km nördlich von Mušov muss es noch ein Marschlager bei Modřice gegeben haben.

Das auf der Karte weiter östlich erwähnte "LAVGARITO" (Laugaricium) ist durch eine erhaltene Inschrift bei Trenčín belegt:
Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (2001)

Wie in Deinem Link erwähnt, sind die Römer aber anscheinend noch viel weiter nach Norden vorgestoßen, "in Mähren bis Olomouc (unveröffentlichte Grabungen aus dem Jahr 2001)":
Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (2003)
 
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