Lager der Römer in Thüringen

Salve,
das ist interessant, wenn es da neue Erkenntnisse gibt. Interessant wäre dann auch die Frage, wo das nächste Lager Richtung Osten liegen könnte. Strategisch gesehen vielleicht Nähe Artern/ Unstrut? Wenn man dort die Unstrut erreicht, könnte man diese mit Kähnen zu Tal fahren, durch die Saale und zur Elbe. Aus heutiger Sicht habe ich dem "Boote-Forum" entnehmen können, dass man heutzutage auch mit Motor Unstrut und Saale befahren kann, je nach Tiefgang 60-80 cm. Das wäre viel, da könnte man schon ordentlich beladene Kähne einsetzen. Das größte Problem aus heutiger Sicht soll die Saale bei Bad Dürrenberg sein. Dort hat man unter einer Brücke eine Passage frei gemacht, die es vorher dort nicht gab, man hätte umladen müssen.
 
Hallo jchatt,

die Thüringer gehen davon aus, dass das Lager dem Gelände angepasst wurde. Sie müssen sich aber absolut sicher gefühlt haben, denn wären die Anhöhen von Feinden besetzt gewesen, säßen sie in der sprichwörtlichen Mausefalle. Ich war ja dort - der Ort hat etwas beklemmendes.
 
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Und eine Gewandspange keine Römersiedlung. Findet man in Meck-Pomm Münzen eines Bagdader Kalifen aus dem Mittelalter, geht man ja auch nicht von einer arabisch-muslimischen Siedlung aus. Wikinger haben über Nowgorod mit den Arabern gehandelt und dies wahrscheinlich nur indirekt.
Ist doch arge Spekulation anzunehmen, dass die Römer an der Gera eine Siedlung hatten. Viel wahrscheinlicher ist es, dass sich dort eine germanische Siedlung befand, in deren Reste man römisches Importgut entdeckt. Um dort Geschmeide zu finden, bedarf es keine Anwesenheit von Römern - ob Militär oder Händler. Das konnte genauso gut ein germanischer Händler beschaffen, welcher germanisches Exportgut in Nida verkaufte.
 
Hallo flavius-sterius,

soweit alles richtig, jedoch sagt schon Bonifazius im Jahr 742 das Erfurt eine sehr alter befestigter Ort ist (Oethon. II,2) - siehe dazu auch Wikipedia. Viel interessanter ist für mich Artern, auch als Aratora bekannt. Ich hatte mal vor längerer Zeit hier was geschrieben. Allerdings vermutete ich damals einen Altar des Donnergottes.

Lager der Römer in Thüringen

Einen Altar (Ara) vermutete auch schon Walther Pflug bei Artern (unveröffentlicht). Letztens bin ich auf den torarius/toraria (Wärter/Wärterin) gestoßen.

toraria

Den Landmann kann man getrost vergessen, da Artern von Sumpflandschaft umgeben ist (Ried - Ritteburg, Kalbsrieth, Katharinenrieth).

Es fragt sich für mich, welcher Altar bewacht werden sollte - noch dazu mitten in Germanien ? Artern ist auch nur 26 km zu Fuß vom Mehrlegionenlager in Hachelbich weg.

Grüße
 
Die Frage wäre ja, ob es sich bei Aratora um einen lateinischen Begriff handelt. Wenn dem so wäre, wäre eigentlich die hochdeutsche Lautverschiebung anzusetzen, die aber in der von dir vorgesehenen Etymologie nicht vorkommt. Insofern ist - neben dem Umstand, dass der Erstbeleg aus dem 9. Jhdt. stammt - eine römische Herkunft des Ortsnamens bzw. die von dir rückerschlossene Bedeutung auszuschließen.
Wenn du aber unbedingt ohne Lautverschiebungen zu berücksichtigen ein lateinisches Etymon ansetzen wolltest, dann wäre wohl der arator, also der Pflugmann die wahrscheinlichere Variante als alles andere. Da könnte man sogar davon ausgehen, dass die Mönche den Ort im 8./9. Jhdt. lateinisch benannt haben, dann ergibt sich auch das Problem der Lautverschiebung nicht.
 
es ist auch nur ein Gedanke meinerseits - mehr nicht. Jedoch schließe ich persönlich den Landmann aus, da ringsum fast alles Sumpfland ist (mein Cousin wohnt dort in der Nähe).
 
Die Frage wäre ja, ob es sich bei Aratora um einen lateinischen Begriff handelt.

Wohl kaum, eine altdeutsche Herleitung ist wesentlich wahrscheinlicher:


Artern bei Sangerhausen, nach H. Walther: 9. Jahrhundert (Aratora, Latinisierung), 1136 de Artera, zu idg. *ar(m)- "pflügen", "vorgerm. *Artār-?"; da diese Sippe auch germ. belegt ist, wie ahd. art "das Pfügen", ae. earð "Ertrag, gepflügtes Land" zeigt, ist eine gut germanische Bildung *Art-er‑/*Art-ar- m.E. durchaus möglich, ja wahrscheinlich.
Namenkundliche Studien zum Germanenproblem", Jürgen Udolph, Berlin - New York, 1994, Seite 170

Zusammenfassung von Prof. Udolph: auszugehen ist von einer Grundform Ard-r-; altertümliche Bildung mit dem -r-Suffix (Element) wie bei Bachra. Die Grundlage ist ein germanisches Wort, das zum Beispiel in mittelhochdeutsch art "Ackerbau, Ackerland, Pflugland" fortlebt. Das angenommene Grundwort ist auch im Altengl. belegt: eard "a native place".

Grundbedeutung demnach: "Ort, Stelle, wo man pflügt, Ackerbau betreibt". Sehr alte, etwa 1.500 Jahre alte Ortsnamenbildung. Vergleichbare Bildungen wurden schon bei "Bachra" genannt.
Artern an der Unstrut | MDR.DE

es ist auch nur ein Gedanke meinerseits - mehr nicht. Jedoch schließe ich persönlich den Landmann aus, da ringsum fast alles Sumpfland ist (mein Cousin wohnt dort in der Nähe).

Artern besteht nicht komplett aus Sumpf, und ganz sicher wurde da auch schon in alter Zeit Landwirtschaft betrieben:

"Ums Jahr 900 wird es in einem Besitz des Klosters Hersfeld mit Zins von etlichen Hufen angeführt."
(Otto Wagner, Zur Geschichte der Stadt Artern)
http://www.heimatverein-aratora.de/dokumente.html?file=tl_files/images/Ganzseitiges Foto.pdf

„Das Wort Hufe bezeichnet ein landwirthschaftliches Gut, welches mit einem Pfluge bestellt werden kann und demnach der Arbeitskraft einer Familie entspricht“
Hufe – Wikipedia
 
Guten Morgen,

@ Sepiola,

was argumentierst du mit ein paar Hufe Ackerland ? Die findest du überall ! Ohne entsprechende Entwässerung (Drainage) würde es bis heute keinen Ackerbau in der Goldenen Aue geben. Siehe auch hierzu:

"Die Goldene Aue entstand als Kulturlandschaft durch die von Kaiser Friedrich I. Barbarossa veranlasste Entwässerung und Urbarmachung der Helmeniederung durch Zisterziensermönche aus dem Kloster Walkenried. Der Begriff wird 1144 in einer Urkunde des Klosters Walkenried erstmals genannt."

Goldene Aue – Sachsen-Anhalt-Wiki

Goldene Aue – Wikipedia

Vor Friedrich I. war das bis auf wenige Ausnahmen reines Sumpfland ! Es gab in alter Zeit nur 2 Übergänge über die Unstrut und Helme.
 
Guten Morgen,

@ Sepiola,

was argumentierst du mit ein paar Hufe Ackerland ? Die findest du überall !

Du lieferst mir doch die entscheidenden Argumente selber: In einer Gegend, wo es ringsherum nur Sümpfe gibt, ist die Bezeichnung "Ackerland" für den Flecken Land, wo tatsächlich geackert wird, absolut sinnvoll und überaus einleuchtend.

(In einer Gegend, wo es in weitem Umkreis sowieso nichts als lauter Äcker gibt, wäre die Bezeichnung "Ackerland" als Ortsname sinnlos.)
 
Den Namen ara tora gab es aber bereits VOR dem Jahr 900 - nämlich schon seit 786! Für diese Zeit gibt keinerlei schriftliche Aufzeichnungen über Ackerbau in Artern.

Da hast du den etwas sperrig formulierten Wikipedia-Text falsch verstanden:

Zu Beginn des 9. Jahrhunderts wurde Artern in einem Verzeichnis der Güter des vom Erzbischof Lullus († 786) von Mainz erbauten Klosters Hersfeld als Aratora urkundlich erwähnt.
  1. 786 ist das Todesjahr des Erzbischofs Lullus.
  2. Lullus hat das Kloster Hersfeld gegründet.
  3. "Zu Beginn des 9. Jahrhunderts" - also 8xx - ist das Datum der ersten urkundlichen Erwähnung Arterns in einem Güterverzeichnis Hersfelds.
Ergo: Der Tod des Lullus 786 hat mit der Ersterwähnung Arterns gar nichts zu tun. Wir erfahren nicht, ob Artern bereits zur Gründungsmasse des Klosters gehörte oder erst 8xx dazukam und wann Artern gegründet oder benannt wurde. Wir haben also einen terminus ante quem, nichts weiter.
 
Wohl kaum, eine altdeutsche Herleitung ist wesentlich wahrscheinlicher:
Artern an der Unstrut | MDR.DE
Artern besteht nicht komplett aus Sumpf, und ganz sicher wurde da auch schon in alter Zeit Landwirtschaft betrieben:
"Ums Jahr 900 wird es in einem Besitz des Klosters Hersfeld mit Zins von etlichen Hufen angeführt."
(Otto Wagner, Zur Geschichte der Stadt Artern)
http://www.heimatverein-aratora.de/dokumente.html?file=tl_files/images/Ganzseitiges Foto.pdf

„Das Wort Hufe bezeichnet ein landwirthschaftliches Gut, welches mit einem Pfluge bestellt werden kann und demnach der Arbeitskraft einer Familie entspricht“
Hufe – Wikipedia
Im Zusammenhang mit ara sei auch auf eine ehemalige Kirche in dieser Region hingewiesen: Araride, die von einigen als älteste Kirche Mitteldeutschlands angesehen wird.
 
Den Namen ara tora gab es aber bereits VOR dem Jahr 900 - nämlich schon seit 786! Für diese Zeit gibt keinerlei schriftliche Aufzeichnungen über Ackerbau in Artern.

Unabhängig von der genauen Datierung - Du meinst das Breviarium des Bischofs Lullus († 786), da stehen die Dörfer drin, in denen das Kloster landwirtschaftlichen Besitz (Hufe, lat. hubas):

"In Aratora et Edieslebo et Cazstat hubas VI..."

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Das ist die älteste Quelle, die wir haben.
 
Im Zusammenhang mit ara sei auch auf eine ehemalige Kirche in dieser Region hingewiesen: Araride, die von einigen als älteste Kirche Mitteldeutschlands angesehen wird.

Wer behauptet, dass diese Kirche in Mitteldeutschland anzusiedeln ist?

Der Ort wird im Testament Willibrords genannt:

"Item Ansbaldus Clericus mihi condonabat vel tradebat villam quæ vocatur Diosna in pago Taxandrio,
super fluvio Digena. Et Thietbaldus mihi condonabat vel tradebat Ecclesiam aliquam quæ est in villâ
Montnahim, quæ Araride vocatur, cum appendiciis suis. Et illuster vir Hedenus mihi condonabat vel tradebat omnem portionem suam in villâ quæ vocatur Aimistadi, super fluvio Wielheo, in pago Turingasnes."


Diplomata, chartae, epistolae et alia documenta ad res Francicas spectantia

Leider wimmelt es in diesem Text vor Abschreib- bzw. Lesefehlern.

"Aimistadi" ist wohl "Arnistadi" zu lesen, der Fluss "Wielheo" als "Wittheo". Das ist sicher Arnstadt in Thüringen, wo die Wilde Weiße in die Gera mündet.

Der Ort vor "Montnahim" lässt sich auch lokalisieren, er liegt in Toxandrien (Nord-Brabant). "Diosna super fluvio Digena" wäre dann Diessen am Flüsschen Dieze (heute Reusel).

"Montnahim" wird in jüngeren Veröffentlichungen als "Mulnehe(i)m" oder "Mulnaim" wiedergegeben und mit Köln-Mülheim in Verbindung gebracht:

TW lemma Araride


Tätigkeitsfelder und Erfahrungshorizonte des ländlichen Menschen in der frühmittelalterlichen Grundherrschaft (bis ca. 1000)

Aber auch dafür sehe ich keinen konkreten Hinweis, der Ortsname Mü(h)lheim ist ja nicht gerade selten.
 
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