Lager der Römer in Thüringen

Nienburg war mit Sicherheit ein besonderer Punkt am linken Elbufer. Auf einer mittelalterlichen Weltkarte !(ich suche sie noch) ist es der westlichste erwähnte Ort überhaupt.

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Da ist Nienburg nur deswegen am "Rand", weil die Mäuse einen Teil der Karte weggefressen haben.

Da die Karte - wie Rad- bzw. TO-Karten allgemein, nicht genordet sondern »orientiert« (!) sind, handelt es sich auch beim linkerhand liegenden Halle trotzdem nicht um den »nördlichsten« (!) Ort.
 
Viel spannender ist, dass der Harzfeldzug 235/36 n. Chr. in eine Zeit fällt als die Germanen "industriell" Eisen verarbeiteten. Bei der Wüstung Marsleben (Nähe Quedlinburg) fand man vor einigen Jahren eine der größten Rennofenbatterien jener Epoche. Sie datiert in das 3./4. Jh. n. Chr.

Juli: Eisenverhüttung im großen Stil am Nordrand des Harzes - Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt / Landesmuseum für Vorgeschichte Halle

Marsleben – Wikipedia

Auffällig sind auch die vielen Aureifunde (Severer bis Postumus) und großen Denarhorte jener Zeit aus dem Harzvorland. Es ist schwerlich vorstellbar, dass den Römern das entgangen sein sollte. Eisen war ein gefragter Rohstoff. Auch Haarhauser Keramik fand man in der einstigen Siedlung, was auf gute Kontakte nach Thüringen schließen lässt.
 
Dass die ältesten feststellbaren Gehöfte bei Düna, die aus der Zeit zwischen 300 und 600 stammen, keine Zerstörungsspuren aus den Zeit der Harzhornschlacht aufweisen, könnte übrigens auch damit zusammenhängen, dass die Harzhornschlacht wohl um 235/236 stattgefunden haben wird.
In Düna wurden bereits seit etwa 100 v. Chr. Iberger Eisenerze verhüttet.

Für den Beginn der Buntmetallverhüttung wird der terminus ante quem 275 n. Chr. genannt, womit wir nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich recht nah an der Harzhornschlacht liegen.
Sie stellten sich dem zurückmarschierenden römischen Heer in den Weg.
Das ist eine mögliche Interpretation des Befundes.
 
An einem alten Elbübergang habe ich vor kurzem mögliche Strukturen eines großen temporären Lagers ausmachen können. Die Meldung erfolgte umgehend an das LDA Halle, welches sich der Sache annehmen will. Es ist sogar noch ein Annäherungshindernis (Titulum) sichtbar. Das teilweise überbaute Lager misst jetzt noch bis zur Skat-Ecke gut 450-500 m. Damit könnte es auf alle Fälle auf die Größe des Lagers in Hachelbich kommen. Auch in Hachelbich konnte eine Titulum erfasst werden. Es liegt zudem auf meiner Münzspur (Republik-Denare) zur Elbe.
 

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An einem alten Elbübergang habe ich vor kurzem mögliche Strukturen eines großen temporären Lagers ausmachen können. Die Meldung erfolgte umgehend an das LDA Halle, welches sich der Sache annehmen will. Es ist sogar noch ein Annäherungshindernis (Titulum) sichtbar. Das teilweise überbaute Lager misst jetzt noch bis zur Skat-Ecke gut 450-500 m. Damit könnte es auf alle Fälle auf die Größe des Lagers in Hachelbich kommen. Auch in Hachelbich konnte eine Titulum erfasst werden. Es liegt zudem auf meiner Münzspur (Republik-Denare) zur Elbe.
Drusus d.Ä./Tiberius?
 
Laut meiner Münzspur würde es sich eher zu Domitius Ahenobarbus passen. Mal sehen was überhaupt dabei raus kommt. Vielleicht bringt eine erste Begehung nach der Ernte etwas Licht ins Dunkel, wobei in Hachelbich die Funde bisher auch sehr überschaubar sind. Eine weitere interessante These ist die von C. Jullian aus dem Jahr 1929 (S. 548). Dieser lässt die Schlacht des Maximinus Thrax bei DESSAU stattfinden!

Die Römer an der Elbe

Wir wissen ja auf Grund der Funde vom Schlachtfeld am Harzhorn, dass die Arbeit von K.-P. Johne überholt und Maximinus sehr weit gekommen ist.
 
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C. Jullian sagt zum Feldzug des Maximinus folgendes:

"Die Zahl, trecenta vel quadringenta, wird durch die Hauptmanuskripte angegeben; Max., L'2, 1. Lassen Sie uns 300 oder 400 Meilen hin und her legen: aber wir müssen sie nicht von Mainz aus zählen, sondern vom Limes am Main gegenüber Groß-Krotzenburg (barbarici soli): was tatsächlich nach Dessau führen kann (vgl. Nr. 2). Aber die Tradition ist so vage! - Wir haben an den Harz gedacht (von Wietersheim und Dahn, I, S. 191)".
 
Eine weitere interessante These ist die von C. Jullian aus dem Jahr 1929 (S. 548). Dieser lässt die Schlacht des Maximinus Thrax bei DESSAU stattfinden!

Der schreibt (Histoire de la Gaule. T. 4 / Camille Jullian,... ):

Submergés par les milliers d'hommes de l'armée d'invasion, les Germains ne purent opposer aucune résistance efficace. Les soldats de Maximin étaient bien choisis et bien conduits : mais on leur permit tous les pillages et tous les excès. Un instant, les Barbares pensèrent arrêter l'ennemi, en se réfugiant en masse derrière des marécages : Maximin alla les chercher, de l'eau jusqu'à la ceinture, et les fit tous massacrer. Puis, le pillage et l'incendie reprirent.
L'armee romaine fit ainsi, dit-on, près de deux cents milles de marche sur le sol ennemi : ce qui dut l'amener jusqu'à l'Elbe. Il y avait deux cent trente ans que, depuis l'expédition de Tibère, les légions romaines n' étainet plus arrivées sur les bords du fleuve célèbre.

In der Fußnote zum massacrer (FN 2) steht dann:

navale quoddam proelium in palude (Max., 12, 1 - 4; cg. Hérodien, VII, 2, 6 - 7). On n'alla pas au delà de ce marais (Max., 12, 6), lequel paraît avoir été à la lisière d'une grande forêt : vers Dessau? (cf. n. 3).
Und dann in FN 3:

Le chiffre, trecenta vel quadringenta, est donne par les principaux manuscrits; Max, 12, 1. Mettons 300 ou 400 milles aller et retour : mais il faut les compter, non depuis Mayence, mais depuis le limes et le Mein vers Gross-Krotzenburg (barbarici soli) : ce qui peut en effet nous mener à Dessau. Mais la tradition est si vague! - On a pensé aux abords du Harz.
Edit: Sorry, den Beitrag von 19:33 bekomme ich erst jetzt mit, musste in der Zwischenzeit einkaufen und Abendessen machen...
 
@ ELQ

kein Problem, ist schon ok. Mit dem Harz lag man ja schon damals nicht allzu verkehrt. Was mir bezüglich der Lagerform für ein augusteisches Lager aber "Bauchschmerzen" bereitet ist das mögliche Titulum. Die Übungslager von Xanten I besitzen wie in Haltern (Osttor), Kneblinghausen, Sennestadt (Bielefeld) etc. alle claviculae.

https://www.edoweb-rlp.de/resource/edoweb:7003728/data

Auch in flavischer Zeit hatte man noch Lager im Feindesland mit clavicula angelegt (Masada siehe Anhang).

Somit wären das Römerlager in Hachelbich und das mögliche Lager bei Dessau zeitlich wahrscheinlich später (2./3. Jh. n.Chr.).

https://www2.rgzm.de/Transformation/Czech/MarchingCamps/MarchingCampsEN.htm
 

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Clavicula und titulum wurden beide nebeneinander benutzt. Eine Abbildung auf der Trajanssäule gilt dann als letzte Beispiel eines Clavicula-Tores. Pseudo-Hygin, der um 100 schrieb propagierte eine Kombination von clavicula und titulum und diskutiert die Vorteile verschiedener Torformen.

Ein clavicula-Tor ergäbe demnach als terminus ante quem etwa die Zeit Trajans, während aus einem titulum-Tor kein Schluss auf die Zeit der Errichtung eines Lagers möglich wäre.

Warum nutze ich den Konjunktiv? Weil, wie Kate Gilliver, Auf dem Weg zum Imperium darlegt und begründet, der jeweils für die Errichtung des Lagers zuständige Offizier große Freiheiten hatte und es mit ungewöhnlichen Torformen auch Belege jenseits der Schriftsteller für Experimente gibt. Bekanntlich ist der Großteil der Marschlager des Agricola in Schottland erfasst und wird daher gerne als Beispiel für gleichzeitige Varianten genutzt. Ein clavicula-Tor nach 117 ist daher also nicht undenkbar, nur unwahrscheinlich.

Die Übersetzung von Gillivers Arbeit (S.93 beginnt der Abschnitt zu den Toren) wird zwar als Geschichte der römischen Armee beworben, ist aber eine Untersuchung zu Marsch, Marschordnung, Lager und Schlachtordnung.

Früher ging man davon aus, dass clavicula-Tore erst ab Claudius Herrschaft auftraten. Mittlerweile sind sie früher nachgewiesen. (Alesia, die augusteischen Lager in Nordspanien und Haltern) Es wird jetzt vermutet, dass sie dort eingesetzt wurden, wo eine besondere Gefahrenlage bestand. Es waren also keineswegs die typischen Tore der augusteischen Zeit. (Der Einfachheit halber habe ich in dem Heftchen über Kneblinghausen von Bernhard Rudnick aus der Reihe Römerlager in Westfalen (Bd.1, 2008), die vom LWL herausgegeben wird nachgeschaut, um das, was ich im Kopf hatte zu bestätigen.)

Wenn ich Zeit habe, suche ich noch die Angaben zu den Schriften über speziell diese Tore heraus.
 
Ein clavicula-Tor nach 117 ist daher also nicht undenkbar, nur unwahrscheinlich.

Das sehe ich mittlerweile genauso. Mir ist für die augusteische Epoche bisher kein einziges Lager mit Titulum unter die Augen gekommen (SAT-Bilder, LIDAR etc.). Wenn ich mir dann noch die Feldlager der Markomannen-Kriege unter Marcus Aurelius in Tschechien ansehe, alle haben eine Torsituation mit Titulum, dann muss das einen bestimmten Grund gehabt haben. Einer könnte sein, dass man mit der technischen Neuerung bei einem schnellen Ausfall/Notfall flexibler und weniger an eine Seite gebunden ist wie bei einer clavicula. Vielleicht hatten die Römer in den Highlands unter Agricola und in Dacien schlechte Erfahrungen gemacht (rein spekulativ von mir). Jedenfalls muss es triftige Gründe dafür gegeben haben, dass man keine claviculae in der hohen Kaiserzeit mehr anlegte.
 
In meiner privaten Bibliothek fand ich einen weiteren Hinweis zum möglichen Lager. Es gib einen Münzfund ! Es ist ein Denar des Elagabal aus dem Jahr 218 n. Chr. Im Anhang sieht man eine Beispielmünze. Dieser wurde beim Umgraben 1955 gefunden (siehe Anhang). Wenn dem so ist, gehört das Lager in die Zeit der Severer bzw. des Thrax. Es ist bis jetzt die bisher beste Vegetationsmarke die mir unter die Augen gekommen ist - nebst Pömmelte.

Grüße
 

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Hermundure, der Münzfund ca. 1km östlich ist dir sicherlich bekannt:
TI CAESAR AUGUST.F.IMPERIAT.V PONTIFEX TRIBUN POTESTATE.XII.SC.
Einen jüngeren Fund gab es in den Sanddünen weiter östlich. Ich habe ihn aber gerade nicht griffbereit.
Grüße
 
Nur noch ein paar Infos zum derzeitigen Erkenntnisstand:
Die Lager-Fläche war 2013 vom Hochwasser nicht überflutet. Wie in Pömmelte, wurde sie für eine spätere Besiedlung genutzt. Der Sage nach durch Karl dem Großen, real durch Albrecht, dem Bären. An Funden liegen bisher vorwiegend die typischen blaugraue Scherben vor. Hier müsste eine erneute Begehung erfolgen.
Grüße
 
Der Ruhm der ersten Entdeckung bleibt Hermundure unbenommen. Gleich, aus welcher Zeit das Lager stammt. Mit der Preisgabe der Münzdaten war die Lokalisierung leicht. Nun käme es nur noch darauf an, fremde Sondengänger fern zu halten, bevor eine fachgerechte Sondierung stattfand.
Was man aus der Entdeckung macht, steht auf einem ganz anderen Blatt. Hachelbich ist wieder verfüllt und wird touristisch nicht genutzt.
 
Was man aus der Entdeckung macht, steht auf einem ganz anderen Blatt. Hachelbich ist wieder verfüllt und wird touristisch nicht genutzt.
Wer nicht gelernt hat, Bodenprofile zu lesen, der wird auch kaum ein Interesse haben, ein römisches Marschlager zu besuchen. Weil, der Otto-Normal-Verbraucher sieht dort... nichts. Selbst der Otto-Normal-Historiker, der keine archäologischen Kenntnisse hat, wird dort nichts sehen. Also klar: Die Leute werden vielleicht sehen, dass die Erde verschiedene Farben hat. Das war's dann aber auch schon. Das kann man denen auch erklären, was das archäologisch für eine Bedeutung hat. Dann die unsichere Zuordnung zu einem ziemlich unbekannten historischen Ereignis, über das jenseits von Althistorikern kaum jemand etwas weiß: Wer sollte das besuchen wollen? Natürlich gibt es in Dtld. ein paar tausend Geschichts- und Archäologie-Nerds, die das interessiert. Aber von denen kommt dann auch nur eine Teilmenge überhaupt auf die Idee, dorther zu fahren. Je näher vor Ort, desto wahrscheinlicher. Museen fahren i.d.R. keine Gewinne ein sondern müssen subventioniert werden, um sich zu erhalten. Aber einen Ort, wo in der Woche vielleicht mal zwei Personen kurz vorbeischauen, zu unterhalten, das kann man keinem Steuerzahler näherbringen und für die lokale Gastronomie (Restauration, Hotel) dürfte das Ergebnis auch kaum messbar sein, was also auch von dieser Seite keine Rechtfertigung für eine solche Subventionierung bietet. Hachelbich ist ja nun auch nicht gerade das Naherholungsgebiet einer großen urbanen Agglomeration...
Und wir Menschen sind nun mal so gestrickt, dass wir eine spannende Geschichte zu etwas hören wollen, sonst wird es sehr schnell uninteressant. Warum funktionieren die Geschichten um Numantia, Varus und Arminius, Masada oder Boudicca? Weil sie Drama bieten. Das fehlt hier einfach.
Dann noch der Umstand, dass durch eine touristische Nutzung des Geländes (die von Touristen aber kaum angenommen würde) wertvolles Bauernland verloren ginge, würde den ökonomischen Schaden noch größer machen. Eine Erinnerungstafel für Wanderer (oder an einem Rastplatz an der Bundesstraße für Motorisierte) und die Präsentation einiger herausragender Funde im nächstgelegenen archäologischen Landesmuseum muss für einen Ort wie Hachelbich reichen.
 
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