Ledige Mütter im Deutschsprachigen Raum im 17. Jahrhundert

Saint-Simone

Aktives Mitglied
Hallo Zusammen,

Beim Nachlesen über England im Themenzusammehang, haben sich mir da ein paar Fragen gestellt. Also, erstmal weit ausgeholt: Im 17. Jahrhundert in England (N.B.: nicht Großbritannien, ich meine nur England) konnte Schwangerschaft außerhalb der Ehe mit bis zu einem Jahr 'hard labour' (Hanfverarbeitung etc in 'houses of correction') bestraft werden (O. Hufton 'The Prospect before her' Vol. 1, Fontana Press, 1997), wurde aber generell entweder mit Geldbuße und/oder Auspeitschen bestraft, oder mit öffentlicher Buße in der Kirche, je nach Grafschaft. (D. Postles 'Surviving Lone Motherhood in Early Modern England' in 'The Seventeenth Century' 21 (1), 2006). Der Name des Vaters musste während der Geburt der lizensierten Hebamme verraten werden, damit der Kindsvater gegebenenfalls ausfindig gemacht werden konnte, sowie ebenfalls bestraft und auch zwecks Unterhaltszahlungen dingfest gemacht werden konnte .


Weiß jemand wie es zur gleichen Zeit im Deutschsprachigen Raum aussah? Gab es da konfessionelle Unterschiede? (Die Frage deshalb, weil in England laut Postles s.o. Buße in der Kirche eine wichtige Rolle spielte und solche Fälle oft von ecclesiastical courts verhandelt wurden.) Lag es alles in Händen der weltlichen Gerichtsbarkeit? Welche Strafen hatten Väter zu erwarten? Wer bekam die Vormundschaft für das Kind?

Ich nehme mal an, ohne irgendwelches Wissen darüber zu haben, daß es da regionale Unterschiede je nach Herrschaftsgebiet gab, und wäre dankbar wenn jemand sein Wissen mit mir teilen möchte, da ich keine Ahnung hab' wie es damals im Deutschsprachigen Raum aussah.


Gruß, Simone
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein gutes Thema, leider habe ich peinlicher Weise auch nur die Vorgehensweise in England im Kopf. :red: Offen gestanden denke ich da ein bisschen an "Moll Flanders", was ich vor Kurzem hörte (Hörbuch).

Schau mal, ob Du hier einen Juristen ausfindig machen kannst. Solche Threads werden bisweilen übersehen, wer sich mit Geschichte der Rechtsprechung beschäftigt, sollte dazu einiges wissen.
 
Nach einigem Rumsuchen (aufgrund meiner geographischen Wohnlage komme ich nur schlecht an Quellen über so spezifische Themen im Bezug auf den Deutschsprachigen Raum heran) habe ich ein paar Antworten gefunden, also für die, die es interessieren könnte:

Über Braunschweig: "Unschuldige Kinder und schwangere Weibsleut." Das Accouchierhaus in Braunschweig

Und ein wenig über die Handhabe in Wien: Wiener Findelhaus – Wikipedia

Leider konnte ich nicht viel mehr finden, und habe auf der Suche auch den Eindruck gewonnen, daß viel mehr zum Thema 'Kindstötung' im Deutschsprachigen Raum geschrieben wurde als über das Schicksal der ledigen Mütter und Väter, was natürlich daran liegen mag, daß Fälle von Kindstötung eher aufsehenerregend sind. Kurzum: Nichts genaues weiß ich nicht. :grübel:
 
@ Brissotin: Danke für den Hinweis! :) Ich suche mal nach Juristen. Habe eben auch leider nur England im Kopf, und unzureichend Schottland, und das auch nur aus dem Zusammenhang mit dem Dichter Robert Burns, der in dieser Hinsicht anscheinend sehr äh, aktiv war. Aber das ist ja dann wieder ein anderes Jahrhundert... *seufz*
 
@ Saint-Simone
Ich habe leider diesbezüglich derzeit kaum Zeit nach kulturhistorischen Quellen zu suchen, v.a. weil mein Schwerpunkt eher im 18.Jh. liegt. Da gerade die Waisen oder Kinder lediger Mütter in den Dienstbotenstand kamen, ist das aber für mich ausgesprochen interessant, da mich männliche und ein wenig auch weibliche Dienstboten des 17. und 18.Jh. in Dtl. interessieren.

Es wäre nett von Dir, wenn Du Deine Ergebnisse, möglichst getrennt die Quellen und Inhalte, der Übersicht wegen, dann hier darstellen würdest. Danke. :)

Briso
 
Auch nicht viel anders als in England. Wir sind ja ein Kulturkreis.

Ich kenne aus etlichen Kirchenbucheinträgen und diversen Publikationen die "Vorgehensweise" in Württemberg. Aber eben nur die kirchenrechtliche, die zivilrechtliche nur wenig. Wobei die Frage ist, ob dies im 17. Jahrhundert überhaupt unterschieden werden kann.

OT:
Auffällig ist am Beginn des 19. Jahrhunderts, die Männer bekamen erst nach Ableistung des Wehrdienstes eine Heiratserlaubnis, und ich kenne 2 Fälle wo die Väter die Kriege nicht überlebten, und die Kinder dann den Familien-Namen des Vaters erhielten, und auch die ganzen Nachteile die ansonsten ein "Spurius" hatte wegfielen. Wozu es meines Wissens sogar einen königlichen Erlass gab. (Bitte nicht nach der Quelle fragen, im Moment keinen Schimmer...)
 
@ brissotin: Werde mir Mühe geben meine Fünde, sollte es solche geben, so übersichtlich wie möglich zu halten. :)
 
Ich kann dir
Richard van Dülmen, Kultur und Alltag in der Frühen Neuzeit, Bd. 2 Dorf und Stadt 16.-18. Jahrhundert
empfehlen.
Im letzten Abschnitt Öffentliche Ordnung und soziale Konflikte finden sich einige Hinweise.
 
Ich kenne aus etlichen Kirchenbucheinträgen und diversen Publikationen die "Vorgehensweise" in Württemberg. Aber eben nur die kirchenrechtliche, die zivilrechtliche nur wenig. Wobei die Frage ist, ob dies im 17. Jahrhundert überhaupt unterschieden werden kann.


Hab' ich gerade erst gesehen- wie wurde in Württemberg 'vorgegangen'? Was hat die Kirche getan?

Der Unterschied zwischen kirchenrechtlich und zivilrechtlich scheint beim Stand meiner jetztigen Nachforschungen auch fließend zu sein. Es scheint überall so zu sein, daß es Strafen gab, aber wer wann was getan hat ist immernoch undurchsichtig. Auch wurde da etwas ominös auf Unterschiede in der Handhabe zwischen Katholisch und Evangelisch hingewiesen, aber Genaueres bleibt nach wie vor vage.
 
Rothenburg ob der Tauber 1501-1618 (Dienstmägde)

Nicht wirklich 17. Jhd...

Quelle: Alison Rowlands 'In Great Secrecy: The Crime of Infanticide in Rothenburg ob der Tauber 1501-1618 ' in German History, 1997 15(179)

Anmerkung: Der Artikel befaßt sich in erster Linie mit Kindstötung und nur sehr allgemein mit außerehelicher Schwangerschaft.


Im Zuge der Reformation wurde Rothenburg ob der Tauber Lutheranisch, was zum Umdenken über Geschlechtsverkehr generell führte, so Rowlands, der außer im Rahmen der Ehe als 'gottlos' betrachtet und bestraft wurde. Strafen waren sowohl für Männer als auch Frauen geltend, wobei jedoch anscheinend besonders alleinstehende Frauen gefährdet waren. Die Strafen für Ehebruch für Männer wurden ebenfalls verschärft. Rowlands sagt nur, daß vor Allem nach 1570 ledige Frauen Gefahr liefen aus der Stadt verbannt zu werden, in erster Linie nachdem Schwangerschaft festgestellt wurde. (Ich vermute, daß Bann auch die Strafe für ledige Männer gewesen sein mag.)

Die von Rowlands behandelten Fälle beziehen sich in erster Linie auf Dienstmägde die der Kindstötung angeklagt wurden und nach der Carolina verurteilt wurden. Es stellt sich die Frage ob Mägde in 'größerer Gefahr' waren in fremden Häusern vom 'rechten Weg' abzukommen, oder ob nur solche Fälle bekannt wurden. Der einzige Fall, den Rowlands behandelt, in dem keine Magd angeklagt war, sondern eine Bürgerstochter, endete vergleichsweise milde mit Pranger und Auspeitschen, wobei jedoch nicht der Stand, sondern die Umstände anscheinend ausschlaggebend waren.

(Das Kind lebte lange genug getauft zu werden und die Hebammen die damit betraut waren den Fall zu prüfen bezeugten, daß die Verteidigungsgeschichte der jungen Dame wahrscheinlich sei. Des weiteren hatte der Kindsvater, der nicht mehr in Rothenburg wohnhaft war einige Liebesbriefe aus der Ferne an sie geschrieben, die auf ernsthafte Absichten hinwiesen.)

Leider läßt sich aufgrund der vorliegenden Quelle, die sich ja mit Kindstötung befaßt, wenig mit Sicherheit sagen. Aus dem Fall einer angeklagten Magd, die schon ein uneheliches Kind hatte, welches bei ihrem Bruder untergebracht war, und der Hinweise das uneheliche Kinder eine Belastung für die Gemeinden waren, schließe ich mal, daß Regulationen irgendeiner Art gab nach denen sich jemand bereiterklären musste für das Kind aufzukommen und dies vorzugsweise ein Angehöriger sein sollte.

Was die Kindsväter angeht- wie gesagt, die Quelle bezieht sich in erster Linie auf Mägde die angeklagt wurden ihre Kinder umgebracht zu haben- wird über die leider nicht viel gesagt. In einem Fall war es ein Knecht, der kurz nachdem er mit der Magd geschlafen hatte die Stellung wechselte und in einem Haus des Deutschen Ritterordens außerhalb Rothenburgs unterkam. (Nebenbei: Als der Stadtrat Rothenburgs versuchte ihn zum Fall zu befragen, stellte sich der Deutsche Ritterorden schützend vor ihn, laut Rowlands wegen Mißstimmigkeiten zwischen Rat und Orden.)
 
Zu diesem Thema hat eine gute alte Bekannte von mir 1999 eine interessante Studie vorgelegt:

Rebekka Habermas, "Das Frankfurter Gretchen- der Prozess gegen Susanna Margarethe Brandt"


Goethe hatte als junger Anwalt, der gerade erst seine Zulassung bekommen hatte, mit großem Interesse verfolgt.


Interessanterweise stellte er sich später als Geheimrat am Hof von Weimar gegen eine Liberalisierung der Sittengesetze, die der Herzog vorgeschlagen hatte.

Das machte ihm später Ärger bei seiner absolut nicht standesgemäßen Liason mit Christiane Vulpius.
 
Hallo Zusammen,

Beim Nachlesen über England im Themenzusammehang, haben sich mir da ein paar Fragen gestellt. Also, erstmal weit ausgeholt: Im 17. Jahrhundert in England (N.B.: nicht Großbritannien, ich meine nur England) konnte Schwangerschaft außerhalb der Ehe mit bis zu einem Jahr 'hard labour' (Hanfverarbeitung etc in 'houses of correction') bestraft werden (O. Hufton 'The Prospect before her' Vol. 1, Fontana Press, 1997), wurde aber generell entweder mit Geldbuße und/oder Auspeitschen bestraft, oder mit öffentlicher Buße in der Kirche, je nach Grafschaft. (D. Postles 'Surviving Lone Motherhood in Early Modern England' in 'The Seventeenth Century' 21 (1), 2006). Der Name des Vaters musste während der Geburt der lizensierten Hebamme verraten werden, damit der Kindsvater gegebenenfalls ausfindig gemacht werden konnte, sowie ebenfalls bestraft und auch zwecks Unterhaltszahlungen dingfest gemacht werden konnte .


Weiß jemand wie es zur gleichen Zeit im Deutschsprachigen Raum aussah? Gab es da konfessionelle Unterschiede? (Die Frage deshalb, weil in England laut Postles s.o. Buße in der Kirche eine wichtige Rolle spielte und solche Fälle oft von ecclesiastical courts verhandelt wurden.) Lag es alles in Händen der weltlichen Gerichtsbarkeit? Welche Strafen hatten Väter zu erwarten? Wer bekam die Vormundschaft für das Kind?

Ich nehme mal an, ohne irgendwelches Wissen darüber zu haben, daß es da regionale Unterschiede je nach Herrschaftsgebiet gab, und wäre dankbar wenn jemand sein Wissen mit mir teilen möchte, da ich keine Ahnung hab' wie es damals im Deutschsprachigen Raum aussah.


Gruß, Simone


Die Einhaltung der äußerst restriktiven Sittengesetze lag bei den weltlichen oder geistlichen Obrigkeiten. Die öffentliche Buße in der Kirche ist eine Ehrenstrafe, die Kirche wurde nur deshalb als Podium gewählt, weil es dort dann auch jeder mitbekam. Eine solche Ehrenstrafe führte allerdings noch nicht zur völligen Vernichtung der sozialen Existenz. Eine Verschärfung war dann die "Strohkranzhochzeit" oder am schärfsten öffentliche Auspeitschung und Pranger, was nicht nur eine Leibes- sondern vor allem eine Ehrenstrafe war, die die Delinquentin "infam" machte, weil der Henker die Strafe vollzog. Das war eine sehr harte Strafe, die dann oft noch mit Stadtverweis verbunden war und die Frauen damit ihrer sozialen Kontakte beraubte. Das Resultat war vielfach ein elendes Krepieren auf der Landstraße als "herrenloses Gesindel"

Findelkinder, Uneheliche waren Pariahs, die von den meisten Zünften ausgeschlossen wurden. Ein Schäfer trug den Namen Georg Findling, ein Schicksalsgenosse, der später als Gauner gehängt wurde, trug den bezeichnenden Namen Georg Nichts.

Prinzipiell wurden ehebrechende Männer ebenso kriminalisiert, doch Männer werden nicht schwanger, und es bestand für solche Zeitgenossen eine relativ einfache Möglichkeit, allen Verpflichtungen auszuweichen, nämlich sich als Soldat anwerben zu lassen und damit zu rechnen, dass die Armee sie schützte.
 
Zu diesem Thema hat eine gute alte Bekannte von mir 1999 eine interessante Studie vorgelegt:

Rebekka Habermas, "Das Frankfurter Gretchen- der Prozess gegen Susanna Margarethe Brandt"


Goethe hatte als junger Anwalt, der gerade erst seine Zulassung bekommen hatte, mit großem Interesse verfolgt.


Interessanterweise stellte er sich später als Geheimrat am Hof von Weimar gegen eine Liberalisierung der Sittengesetze, die der Herzog vorgeschlagen hatte.

Das machte ihm später Ärger bei seiner absolut nicht standesgemäßen Liason mit Christiane Vulpius.


Kannst Du mir vielleicht über die Studier über das 'Frankfurter Gretchen' etwas mehr erzählen? Bitte?

Ich kenne den Fall des Namens her aus grauer Vorzeit aus der Schule, als wir den Faust gelesen haben, und leider komme ich an Studien die sich mit solchen spezifischen Themen in Deutschland beschäftigen nur sehr schwer ran. Und von dem was Wikipedia hergibt. (Meine Bibliothek steht dem Wissensdurst gekonnt im Wege indem sie ein kleines Vermögen für Fernleihen aus Deutschland verlangt.:motz:)

Übrigens bin ich auf einige Hinweise gestoßen, die behaupten, daß sich im 18. Jhd was wohl auch Goethe einschließt, eine sexuelle Revolution stattgefunden haben soll- kann das jemand erklären/näher erläutern? Änderung der Sittengesetzte aufgrund der sexuellen Revolution? Wieder wird da in den mir zugänglichen Quellen nur angedeutet, ohne näher darauf einzugehen...
:weinen:
 
@ scorpio: war gerade am schreiben, als Du geantwortet hast. Danke für das Licht im Dunkeln :)

'Strohkranzhochzeit'? :confused: Der Begriff ist mir neu, weswegen ich nicht ganz sicher bin, ob das eine Art Bestrafung war- da Du ja schreibst es sei eine 'Verschärfung'- oder das was meine Mutter -sehr un-pc- 'bayrische Hochzeit mit Siebenmonatskind' nennt ist. (Entschuldigung an alle Bayern! Das kam und kommt ganz sicher nicht nur in Bayern vor.)
 
@ scorpio: war gerade am schreiben, als Du geantwortet hast. Danke für das Licht im Dunkeln :)

'Strohkranzhochzeit'? :confused: Der Begriff ist mir neu, weswegen ich nicht ganz sicher bin, ob das eine Art Bestrafung war- da Du ja schreibst es sei eine 'Verschärfung'- oder das was meine Mutter -sehr un-pc- 'bayrische Hochzeit mit Siebenmonatskind' nennt ist. (Entschuldigung an alle Bayern! Das kam und kommt ganz sicher nicht nur in Bayern vor.)

Mal ein paar Gedächtniszitate aus Kirchenbücher:

Wegen frühem Beischlaf wurden ihr Spiel, Kranz und Schleier verweigert (bei der Hochzeit)
Vater soll ein Holzknecht sein. Er soll sie genotzüchtigt haben.

Die Frauen kamen ein-zwei Tage in den "Turm" oder "Narrenhäusel"
Die Strafen wurden vom "Kirchengemeinderat" ausgesprochen.
Auch gab es in manchen Gemeinden in der Kirche eine seperate Bank, auf die die Frauen sitzen mussten. (wenn sie in die Kirche gingen, wenn nicht war der Hexenvorwurf nicht weit)

Dann gibt es wieder Fälle, wo gar nichts war, Eintrag im Kirchenbuch "spur." fertig nichts weiter.
Man sheint da auch sehr differenziert zu haben, Gründe? Keine Ahnung.
 
Eine sexuelle Revolution kann ich im 18. Jahrhundert nicht erkennen, wenn es auch als "galantes Zeitalter" gilt, in dem sich aristokratische Libertins in dieser Beziehung einiges leisten konnten.

Doch quod licet Iovi, non licet bovi, und mancher recht freizügige Landesherr war sehr sittenstreng was die Beziehungen seiner Untertanen, besonders seiner Bediensteten anging. Etliche Zeitgenossen durften nicht heiraten, andere konnten nicht heiraten, weil sie dazu ein Vermögen von ca. 200 fl nachweisen mußten. In Punkto Sexualität war das Dixhuitieme und das 17. Jhd kein großes Zeitalter.

Die Bordellkultur des späten Mittelalters ging ziemlich den Bach herunter. Im Mittelalter, das viele, als ein "finsteres" betrachten, gab es wenigstens eine ärztliche Untersuchung, sozusagen einen "Bockschein" wie die Damen vom Horizontalgewerbe sagen. Frauenhäuser wie in Nürnberg gerieten in Verfall, und das von Köln war schon Ende des 16. Jhds nur noch ein schäbiger Puff. Alleinstehende Frauen wurden ständig der Prostitution verdächtig, was sich sprachlich darin niedergeschlagen hat, dass "Dirne" von der bedeutung junge Frau zum Synonym für Prostituierte wurde.

Zur Angst vor Schwangerschaft kam die Gefahr von Geschlechtskrankheiten wie Tripper oder Syphilis.

Ein interessantes Thema für eine Dissertation wäre die Frage, wie es mit der Aufklärung im Zeitalter der Aufklärung stand. Ich fürchte, da war nicht viel mit los.


Kindsmorde erregen heute noch Aufsehen, doch im Verhältnis zum 18. Jahrhundert ist das heute marginal, so tragisch die Umstände auch sein mochten, den jungen Müttern blieb ja fast keine Alternative, als Abtreibung oder Kindsmord.


Beim Frankfurter Gretchen handelte es sich um eine junge Frau, die weder schreiben, noch lesen konnte. Familie, die ihr Schutz hätte bieten können, hatte sie nicht. Susanna Margaretha Brandt wurde von einem Goldschmiedgesellen schwanger und brachte das Kind heimlich in der Waschküche ihrer Herrschaft zur Welt und tötete das Neugeborene aus Verzweiflung. Sie floh daraufhin über Höchst nach Mainz, kehrte aber schon am nächsten Tag nach Frankfurt zurück. Ihre eigene Schwester war es, die sie denunzierte. Mit der Leiche konfrontiert, brach sie völlig zusammen und wurde einige Wochen ins Hospital gebracht. Am 14. Januar wurde sie auf dem Roßmarkt mit dem Schwert hingerichtet- sozusagen ein Privileg, denn noch im 17. Jahrhundert wurden Kindsmörderinnen gewöhnlich ertränkt.
 
Aufklärung im Zeitalter der Aufklärung (England um 1700)

Ein interessantes Thema für eine Dissertation wäre die Frage, wie es mit der Aufklärung im Zeitalter der Aufklärung stand. Ich fürchte, da war nicht viel mit los.


Quelle: Maureen Waller, '1700: Scenes from London Life' Scepter, 2000

Für England, für diejenigen die des Lesens mächtig waren gab es ein Buch names 'Aristotle's Masterpiece', laut Waller ein Bestseller über Sex mit praktischen Anweisungen. Anscheinend war es im Protestantischen Gedankengut der Zeit so, daß das Seelenheil einer Frau von der Mutterschaft abhängig war, weswegen praktische Anweisungen zum Erlangen des Seelenheils angebracht waren. Stellt sich natürlich die Frage was im Jahre 1700 ein Bestseller war, wobei sich Waller über die Verkaufszahlen ausschweigt und nur meint 'Aristotle's Masterpiece' habe 'Aretino's Positionen' verdrängt. (Das sei jetzt einfach mal so dahingestellt.)

Waller schreibt, daß es sich dabei um eine direkte Anweisung zum 'Geschäft der Generation' (meine Übersetzung) handelt und zitiert: "When a married couple from a desire of having children, are about to make use of those means that nature ordained to that purpose, it would be very proper to cherish the body with generous restoratives, so that it may be brisk and vigorous and if their imagination were charmed with sweet and melodious airs, and care and thought of business in a glass of racy wine, that their spirits may be raised to the highest pitch of ardour and joy, it would not be amiss; for any thing of sadness, trouble and sorrow, are enemies to the delights of Venus. And if, at any such times of coition, there should be conception, it would have a malevolent effect upon the child."

(Zusammengefaßt will das wohl heißen: Trinkt was und habt Spaß dabei! :))

Es wird auch Anatomie beschrieben, so Waller, mit praktischen Hinweisen auf die Erregbarkeit verschiedener Körperteile.
Der volle Text von Aristotle's Masterpiece ist hier erhältlich: The Works of "Aristotle" - Contents


Stellt sich die Frage wieviele Menschen wirklich Zugang zu solchen Werken hatten, aber anscheinend war der Ansatz der Aufklärung in England zumindest da.
 
Das ist wirklich ein guter Link! Vielen Dank, du wirst mir immer sympathischer!

Es ist zwar schon ein älteres Werk, aber immer noch sehr lesenswert:

Franz Irrsiegler/Arnold Lasotta, Bettler und Gaukler, Dirnen und Henker- Außenseiter im frühneuzeitlichen Köln
 
Das ist wirklich ein guter Link! Vielen Dank, du wirst mir immer sympathischer!

Es ist zwar schon ein älteres Werk, aber immer noch sehr lesenswert:

Franz Irrsiegler/Arnold Lasotta, Bettler und Gaukler, Dirnen und Henker- Außenseiter im frühneuzeitlichen Köln



Gleichfalls! :)

(Ui, und der Wunschzettel zu Weihnachten ist schon wieder länger geworden... *seufz*)
 
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