Lehenswesen

Marcel8

Neues Mitglied
Hallo,

ich hab mich mal ein wenig (wegen Schule) mit dem Lehnswesen befasst, dabei hab ich aber ein paar Sachen noch nicht ganz verstanden..

Warum toleriert der König es nicht allzu sehr, wenn seine Vasallen etc. das Lehn vererben möchten, wo ist das Problem?

Warum mochte der Papst es nicht, dass der König Land an geistliche Verteilt hat?

Und wieso haben sich die Lehnsmänner gefreut, wenn der König in Rom war? Was hatte dies mit ihnen zu tun?

Bin für jede Hilfe das alles zu verstehen dankbar!
Marcel
 
Warum toleriert der König es nicht allzu sehr, wenn seine Vasallen etc. das Lehn vererben möchten, wo ist das Problem?
Der König will, dass ihm seine Vasallen zu Dankbarkeit verpflichtet sind, damit sie ihm gehorchen, und sich mit ihm gut stellen müssen, wenn sie etwas von ihm wollen. Das erreicht er am besten, wenn sie ihr Lehen von ihm direkt erhalten und auch nach Erhalt brav sein müssen, wenn sie wollen, dass auch ihre Söhne später einmal Lehen erhalten. Wenn die Lehen erblich werden, können die Vasallen auf den König pfeifen, weil sie ihn und seine Gunst nicht mehr brauchen, um ihre Lehen für ihre Familien zu erhalten.

Warum mochte der Papst es nicht, dass der König Land an geistliche Verteilt hat?
Der Papst hatte nichts dagegen, dass der König Land an Geistliche verteilt, im Gegenteil, ihm war es nur recht, wenn sie auf diese Weise materiell abgesichert waren. Er hatte aber etwas dagegen, wenn der König die Geistlichen selbst ernennt, also z. B. selbst bestimmt, wer Bischof wird. Der Papst wollte, dass er selbst die hohen Geistlichen ernennen darf und der König den Ernannten dann Land gibt.

Und wieso haben sich die Lehnsmänner gefreut, wenn der König in Rom war? Was hatte dies mit ihnen zu tun?
Warum freust Du Dich, wenn Deine Eltern mal verreisen? Weil Du sturmfreie Bude hast, wenn sie weit weg sind, und machen kannst, was Du willst, ohne dass sie ständig kontrollieren, was Du machst.
Blöd ist es nur, wenn Dich Deine Eltern zwingen, mitzukommen, obwohl Du nicht willst. Das mussten die Vasallen aber immer weniger, u. a. weil sie immer weniger vom König abhängig waren, was wiederum u. a. eine Folge der Erblichkeit der Lehen war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der König will, dass ihm seine Vasallen zu Dankbarkeit verpflichtet sind, damit sie ihm gehorchen, und sich mit ihm gut stellen müssen, wenn sie etwas von ihm wollen. Das erreicht er am besten, wenn sie ihr Lehen von ihm direkt erhalten und auch nach Erhalt brav sein müssen, wenn sie wollen, dass auch ihre Söhne später einmal Lehen erhalten. Wenn die Lehen erblich werden, können die Vasallen auf den König pfeifen, weil sie ihn und seine Gunst nicht mehr brauchen, um ihre Lehen für ihre Familien zu erhalten. .....


Warum freust Du Dich, wenn Deine Eltern mal verreisen? Weil Du sturmfreie Bude hast, wenn sie weit weg sind, und machen kannst, was Du willst, ohne dass sie ständig kontrollieren, was Du machst.
Blöd ist es nur, wenn Dich Deine Eltern zwingen, mitzukommen, obwohl Du nicht willst. Das mussten die Vasallen aber immer weniger, u. a. weil sie immer weniger vom König abhängig waren, was wiederum u. a. eine Folge der Erblichkeit der Lehen war.

Die Erblichkeit der Lehen hatte aber doch nicht zur Folge, dass die Lehnsnehmer nicht ihren Verpflichtungen gegenüber dem König nachkommen mussten? Der Lehnsnehmer verpflichtete sich als Gegenleistung für das Lehen, dem Lehnsherren, (im Hochmittelalter sicher noch der König, später dann die erstarktenden Herzöge) jederzeit für vielfältigste Dienste zur Verfügung zu stehen. Wurde dem nicht nachgekommen, war man das Lehen schnell los, ob erblich oder nicht erblich.

Wenn der König in Rom war, hat er mit Sicherheit viele Lehnsnehmer mitgenommen. Erst mit dem Entstehen von Söldnerheeren änderte sich dieses Verhältnis.
 
Die Erblichkeit der Lehen hatte aber doch nicht zur Folge, dass die Lehnsnehmer nicht ihren Verpflichtungen gegenüber dem König nachkommen mussten? Der Lehnsnehmer verpflichtete sich als Gegenleistung für das Lehen, dem Lehnsherren, (im Hochmittelalter sicher noch der König, später dann die erstarktenden Herzöge) jederzeit für vielfältigste Dienste zur Verfügung zu stehen. Wurde dem nicht nachgekommen, war man das Lehen schnell los, ob erblich oder nicht erblich.

Hier hast du nicht ganz unrecht, aber ich würde trotzdem Ravenik beipflichten.

Erst einmal muss man zwischen den einzelnen Varianten des Lehnssystems unterscheiden. Im HRR war es z. B. üblich, dass der König große Lehen an hohe Adlige vergab und diese vergaben dann selbständig wieder Unterlehen an ihre Vasallen. In England dagegen vergab der König die einzelnen Lehen (vereinfacht ausgedrückt und wohl auch nicht für das gesamte Mittelalter in den Formen zutreffend, aber grob kommt das wohl hin).

Man kann also erkennen, dass insbesondere der hohe Adel im HRR eine größere Machtbasis hatte als z. B. in England. Da außerdem der König nicht einfach so vom Himmel fiel, sondern im HRR gewählt wurde und vielleicht auch noch Kaiser werden wollte, war er nicht in der Position, seinen Vasallen alles zu diktieren wie er wollte. Es war vielmehr ein geben und nehmen.

Natürlich konnte auch mal ein Lehen entzogen werden, aber auch da brauchte der König einen gewissen Rückhalt im Hochadel (wenn die sowas jedesmal ohne weiteres akzeptiert hätten, hätten sie damit rechnen müssen, vielleicht beim nächsten mal das Opfer zu sein). Der König im HRR war also auf eine eigene Partei angewiesen.

Die von dir geschilderten Annahmen wäre eher in England denkbar, wo der einzelne Vasalle keine so starke Stellung hatte wie der Hochadel im HRR. Aber auch da war es nicht so, dass der König immer und überall sein konnte, um jeden Vasallen zu überwachen. Wer sich also keine grobe Pflicht- oder Trueverletzung zuschulden kommen ließ, war ziemlich sicher, sein Lehen zu behalten, auch wenn er weitgehend selbständig handelte und tat, was er wollte.

Wenn der König in Rom war, hat er mit Sicherheit viele Lehnsnehmer mitgenommen. Erst mit dem Entstehen von Söldnerheeren änderte sich dieses Verhältnis.

Ja aber die Lehnsnehmer hatten auch ihre Verwalter, die sie entsprechend instruierten und zurückließen. Und die Instruktionen dürften schon eher die eigenen Interessen in den Vordergrund gerückt haben, nicht die des Königs...

Viele Grüße

Bernd
 
In England lagen die verschiedenen Lehen eines Adligen bzw einer Familie oft weit auseinander; ein Gut hier, ein Dorf, eine Burg sonstwo. Im Gegensatz dazu bildeten die großen Lehen in Frankreich und im HRR oft zusammenhängende Herrschafsgebiete. Ein weiterer Punkt, der in England verhinderte, dass die Lehensnehmer zu viel Macht auf sich vereinigen und zu unabhängig vom König werden konnten.
 
Vielen Dank an euch!
Eure Antworten haben mir das System des Lehnswesens ein wenig anschaulicher gemacht.
 
Wie kommst du darauf, dass in England nur der König Lehen vergibt und nicht auch seine Grafen?

Die Wahl eines Königs im HRR kam erst richtig nach dem Aussterben der Staufer ins Rollen. Zuvor wurde zwar eine König gewählt. Soweit dieser aber männliche Nachkommen hatte, wurden diese als Erben der Krone eingesetzt (Ottonen, Salier, Staufer). Das allgemeine Wahlrecht der Fürsten wurde dann auch nur noch auf die neu eingeführten "Kurfürsten" übertragen. Alle anderen Fürsten hatten kein Wahlrecht.

Der König vergab im HRR große Lehen und kleine Lehen, an Hochadel, Niederen Adel, an Städte, später auch an bürgerliche Beamte usw. Das war gut gemischt. Es gab eine Unmenge an Freihöfen, die von Bauern besessen wurden, die direkt dem Landesherren (am Anfang dem Kaiser, später den jeweiligen Herzögen) unterstanden und keinen weiteren Lehnsherren dazwischen hatten.

Es gab auch eine bunte Mischung an erblichen und nicht erblichen Lehen.
Ebenfalls gab es zwischenzeitlich sogenannte Burggrafschaften. Das waren königliche Beamte, die selbst keine Lehnsnehmer waren, sondern das Königsgut lediglich verwalteten. Später erst gingen diese Verwaltungen auch teilweise in Lehen über.

Die Kaiserwerdung war allerdings nicht von den Kurfürsten abhängig. Dies ist ja wohl eher eine päpstliche Befugnis, auch wenn hier viel Reichspolitik eine Rolle spielte, da auch der Papst nicht im luftleeren Raum lebte.

Es gab durchaus auch viele Kriege, in denen Reichsfürsten gegen den König kämpften, ihn absetzen wollten, Gegenkönige wählten usw. Diesen Reichsfürstne wurden dann auch schon mal sämtliche Lehen entzog, oder je nach Lage auch andere wieder zugesprochen, wenn sie einen neuen Treueeid leisteten usw. Ab und zu wurden in Folge von Untreue hohe Adlige einfach auch mal vom König hingerichtet. Stärke und Schwäche von König und Reichsfürsten war ein kompliziertes Wechselspiel.

Mit Machtantritt der Habsburger gab es zwar theoretisch einen König, aber er hatte keine Macht mehr über das gesamte Reich. Der Einfluss wurde dann soweit zurückgedrängt, dass faktisch alle Landesherren der einzelnen Fürstentümer und Grafschaften königliche Befugnisse hatten.

Zu einer generellen Spaltung der Reichsstände kam es spätestens durch die Reformation und die darauffolgenden kriegerischen Auseinandersetzungen, die bis ins 17. Jh. hinein reichten.

Klar hatten Lehnsnehmer auch Verwalter. Das entband sie aber nicht von ihrer Lehnspflicht Kriegsdienste und vereinbarte Abgaben zu leisten. Was der Lehnsnehmer sonst so anstellte, war dem Lehnsherren ansich egal.
 
Wenn die Lehen erblich werden, können die Vasallen auf den König pfeifen, weil sie ihn und seine Gunst nicht mehr brauchen, um ihre Lehen für ihre Familien zu erhalten.

Strupanice schrieb:
Die Erblichkeit der Lehen hatte aber doch nicht zur Folge, dass die Lehnsnehmer nicht ihren Verpflichtungen gegenüber dem König nachkommen mussten? Der Lehnsnehmer verpflichtete sich als Gegenleistung für das Lehen, dem Lehnsherren, (im Hochmittelalter sicher noch der König, später dann die erstarktenden Herzöge) jederzeit für vielfältigste Dienste zur Verfügung zu stehen. Wurde dem nicht nachgekommen, war man das Lehen schnell los, ob erblich oder nicht erblich.

Da muss ich Strupanice beipflichten. Der Erbe eines Lehens folgte seinem Vater in den Verpflichtungen nach, die dieser dem Lehnsgeber (König, Herzog, Graf ect.) geschworen hat. In der Regel musste bei Erbantritt der Lehnseid persönlich erneuert werden, wobei allerdings nicht auszuschließen ist, dass gewisse Konditionen zur Lehnsvergabe geändert werden konnten. Doch denke ich nicht, dass z.B. ein König auf grundlegende Dinge wie die Heerfolge- oder Abgabenpflicht eines seiner Vasallen verzichtet hätte.

Inwiefern ein König in der Lage war, seine Vasallen zur Pflichterfüllung zu bewegen, war letztlich eine Frage seiner herrscherlichen Autorität und der ihm zur Verfügung stehenden Mittel um diese zur Geltung zu bringen. In den Königreichen Europas waren diese Faktoren zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich ausgeprägt und orientierten sich vor allem ab dem Hochmittelalter an den jeweiligen Konstitutionen des königlichen Staates, die wir heute als Verfassungen bezeichnen würden.

Das von Ravenik beschriebene „können die Vasallen auf den König pfeifen“ traf z.B. in Frankreich des 9.-11. Jahrhunderts am ehesten zu, wo die späten Karolinger und frühen Kapetingerkönige kaum über gebieterische Autorität über ihre Vasallen verfügten. Dieser Zeitraum wird hier häufig auch als feudale Anarchie bezeichnet. Dies änderte sich aber am dem 12. Jahrhundert grundlegend, als das Königtum immer mächtiger und durchsetzungsfähiger wurde. In der frühen Neuzeit mündete diese Entwicklung schließlich im Absolutismus.

Strupanice schrieb:
Wie kommst du darauf, dass in England nur der König Lehen vergibt und nicht auch seine Grafen?


In England konnten freilich auch Grafen (Earls) Lehen vergeben, hier allerdings nur kleiner Landgüter als Herrensitze. Ich denke Reinecke meinte, dass in England größere Lehen, eben Earldoms, nur vom König vergeben werden konnten. Anders als etwa in Frankreich oder Deutschland, wo z.B. schon mal ein Herzog eine Grafschaft oder ein Graf eine Grafschaft an einen Vizegrafen weiterverleihen konnte. In England war dies aufgrund der von den Angelsachsen überkommenen Shireverwaltung nicht möglich, die von den ersten Normannen übernommen wurde und von Anfang an strikter gehandhabt wurde. Ein einzelner Baron konnte hier nie so mächtig werden um den König im Alleingang Paroli bieten zu können. Hier war der baroniale Stand eher auf Geschlossenheit untereinander angewiesen um seine Interessen waren zu können, wie die großen Erhebungen der Barone während des 13. Jahrhunderts verdeutlichen, Stichwörter: Magna Charta, Provisions von Oxford, Montfort ect..
 
Es gab aber schon über das gesamte Mittelalter Konflikte zwischen Krone und Adel um die Gebiete, ob sie nun Erbe oder Lehen waren. Der König konnte zwar ein Lehen auch nicht so einfach entziehen, aber an der rein juristischen Wahrnehmung eines Gebietes als Familienbesitz oder Lehen hing eben auch, was ein Kronvasall zu leisten verpflichtet war.
 
Wobei England ja immer eine Ausnahme war. Zum haben schon die Häuser Wessex und nachher Godwinson ein Feudalsystem gekannt. Ebenso wie es unter dänischer Herrschaft stand.
Dann kam das Jahr 1066 mit den Schlachten in Stamfordbridge und Hastings. Durch diese beiden Schlachten ist ein großer Teil des Angelsächsischen Adels gefallen. Und der Sieger von Hastings, Wilhelm der Bastard/Eroberer, konnte das System aus der Normandie bequem über das Angelsächsische drüber stülpen, z.B. in dem er die Angelsächsischen Witwen mit Normannischen Adligen verheiratete, unter der Maßgabe des Heerbannes. Wer damit nicht einverstanden war kriegte kein Land. Zum anderen gab es neben den Baronen und Grafen Sheriffs, welche für Recht und Ordnung sowie Steuereinnahmen sorgen sollten.
Im HRR gab es soweit ich weiss keine Art Sheriff. Dadurch hatten die Freiherren, Grafen, Herzöge viel mehr Macht, da ihnen die Gerichtsbarkeit unterlag.
Kann es sein das der Zusammenbruch der Staatlichen Verwaltung und des Münz und Fiskalwesens in der Spätantike die Grundvorraussetzung des Feudalsystems war? Um so die Soldaten und Krieger zusammen zu bekommen, wurden ihnen Güter verliehen da ja das Geld nicht mehr so zur Verfügung stand um die Mitstreiter zu entlohnen und auch zu unterhalten?

Apvar
 
Es gab aber schon über das gesamte Mittelalter Konflikte zwischen Krone und Adel um die Gebiete, ob sie nun Erbe oder Lehen waren. Der König konnte zwar ein Lehen auch nicht so einfach entziehen, aber an der rein juristischen Wahrnehmung eines Gebietes als Familienbesitz oder Lehen hing eben auch, was ein Kronvasall zu leisten verpflichtet war.

Das beschreibt die Unterscheidung zwischen familiärem Eigengut (Allodium) und Lehen (Feudum), also zwischen einem vollem Eigentum und einem nutzbaren Eigentum, wovon ersteres in der Regel frei von Leistungen gegenüber Anderen und letzteres an zu leistende Lehnspflichten gegenüber dem Lehnsgeber gebunden war. Beide Besitzungen konnten vererbt werden, doch der Erbe eines Lehens übernahm nicht nur den Besitz sondern auch die damit verbundenen Pflichten. In beiden Fällen konnten natürlich Erbkämpfe auftreten, oder gar Konflikte zwischen Lehnsherr und Vasall, zumal sich der Rechtszustand eines Besitzes von Allod zu Lehen und umgekehrt stets zum Nachteil einer Person ändern konnte.

Dazu ist zu bemerken, dass das Allod auch eine nahezu spezifisch deutsche Erscheinung war, was mMn zur Selbstbehauptung deutscher Landesfürsten gegenüber dem König beigetragen hat. In Frankreich und in England galt hingegen die Krone als Grundherr allen Landes indem all seine Inhaber folglich ihre Vasallen waren.
 
Dazu ist zu bemerken, dass das Allod auch eine nahezu spezifisch deutsche Erscheinung war, was mMn zur Selbstbehauptung deutscher Landesfürsten gegenüber dem König beigetragen hat. In Frankreich und in England galt hingegen die Krone als Grundherr allen Landes indem all seine Inhaber folglich ihre Vasallen waren.

Der Umfang des Eigenguts bzw. Allods war ursprünglich gering gegenüber dem Lehngut der deutsch-römischen Herrschaftsträger, dessen Obereigentum beim Lehnsherrn verblieb. Das Allod allein hätte keine Machtausweitung der Landesfürsten befördert.

Erst die Erblichkeit der Lehen, die sich allmählich durchsetzte, förderte maßgeblich die Territorialisierung und trug in hohem Maße zum Aufstieg der Landesherren bei.
 
Zuletzt bearbeitet:
Erst die Erblichkeit der Lehen, die sich allmählich durchsetzte, förderte maßgeblich die Territorialisierung und trug in hohem Maße zum Aufstieg der Landesherren bei.

In Frankreich waren die Lehen auch erblich und dennoch fand hier eine gegenläufige Entwicklung statt, hin zum monarchischen Zentralismus.

Die deutsche Landesherrlichkeit begründete sich weniger auf die Erblichkeit der Lehen, als vielmehr auf die Übertragung königlicher Befugnise (Regalien) auf die Landesfürsten in der Zeit Kaiser Friedrichs II., die dieser in den confoederatio cum principibus ecclesiasticis und in den statutum in favorem principum auch noch schriftlich verbieft hatte.

Ich meinte damit, dass sich Allod und Lehen zusammen nicht besonders vertrugen, die ja gleichermaßen von einer Person gehalten werden konnten, die folglich in einem Interessenskonflikt zwischen möglichst fiel Selbstständigkeit im Sinne ihres Allods und Pflichtgehorsam aufgrund ihres Lehens standen. Ich denke ein deutscher Adliger des 11. und 12. Jahrhunderts war eher darauf bedacht, seine Stellung durch Allodiale zu fundieren, die ihm Unabhängigkeit garantierten. Man denke nur an die Begehrlichkeiten, welche die welfischen und staufischen Allodialgüter geweckt hatten, die nach der Enteignung bzw. Aussterben der Dynastien frei geworden waren.
 
Die deutsche Landesherrlichkeit begründete sich weniger auf die Erblichkeit der Lehen, als vielmehr auf die Übertragung königlicher Befugnise (Regalien) auf die Landesfürsten in der Zeit Kaiser Friedrichs II., die dieser in den confoederatio cum principibus ecclesiasticis und in den statutum in favorem principum auch noch schriftlich verbieft hatte.

Das ist ja völlig unbestritten. Ich wollte an dieser Stelle allerdings keine Diskussion zum Aufstieg der Landesherren auslösen und hatte daher auf weitere inhaltliche Zugaben verzichtet.

Ich meinte damit, dass sich Allod und Lehen zusammen nicht besonders vertrugen, die ja gleichermaßen von einer Person gehalten werden konnten, die folglich in einem Interessenskonflikt zwischen möglichst fiel Selbstständigkeit im Sinne ihres Allods und Pflichtgehorsam aufgrund ihres Lehens standen. Ich denke ein deutscher Adliger des 11. und 12. Jahrhunderts war eher darauf bedacht, seine Stellung durch Allodiale zu fundieren, die ihm Unabhängigkeit garantierten. Man denke nur an die Begehrlichkeiten, welche die welfischen und staufischen Allodialgüter geweckt hatten, die nach der Enteignung bzw. Aussterben der Dynastien frei geworden waren.

Das Allod hatte in der Regel minimalen Umfang. Erst die Übertragung eines fürstlichen Lehens bzw. eines Reichsfürstentums machte aus dem Besitzer von Eigengütern einen machtvollen Herrn. Und wenn einem Reichsfürsten sein Fürstentum entzogen wiurde - wie das bei Heinrich dem Löwen der Fall war -, so war er lediglich ein begüterter Edler und sonst nichts.
 
Wobei England ja immer eine Ausnahme war. Zum haben schon die Häuser Wessex und nachher Godwinson ein Feudalsystem gekannt. Ebenso wie es unter dänischer Herrschaft stand.
Dann kam das Jahr 1066 mit den Schlachten in Stamfordbridge und Hastings. Durch diese beiden Schlachten ist ein großer Teil des Angelsächsischen Adels gefallen. Und der Sieger von Hastings, Wilhelm der Bastard/Eroberer, konnte das System aus der Normandie bequem über das Angelsächsische drüber stülpen, z.B. in dem er die Angelsächsischen Witwen mit Normannischen Adligen verheiratete, unter der Maßgabe des Heerbannes. Wer damit nicht einverstanden war kriegte kein Land. Zum anderen gab es neben den Baronen und Grafen Sheriffs, welche für Recht und Ordnung sowie Steuereinnahmen sorgen sollten.
Im HRR gab es soweit ich weiss keine Art Sheriff. Dadurch hatten die Freiherren, Grafen, Herzöge viel mehr Macht, da ihnen die Gerichtsbarkeit unterlag.

Wilhelm der Eroberer hatte 1066 die historisch so ziemlich einmalige Gelegenheit bekommen, in einer Art Neustart ein mittelalterliches Königreich begründen zu können. Das angelsächsische Königreich war nach Hastings mit seiner Königsdynastie und Adel faktisch verschwunden, was ihm die Gestaltung einer von Grund auf neuen Feudalhierarchie einräumte. Aus seinen normannischen Gefolgsleuten rekrutierend wurde nun eine neue Adelskaste installiert, indem an diese nun ganz den Gewohnheiten ihrer franko-normannischen Heimat folgend in England Grundherrschaften als Lehen vergeben wurden, als Belohnung für ihre Dienste bei der Invasion. Zugleich aber übernahm Wilhelm das von den Angelsachsen errichtete Sheriffsystem, dass im Grunde eine zentralisierte Verwaltungsgliederung beschrieb, indem vom König direkt ernannte Beamte (Sheriffs) in den einzelnen Shires über die Einhaltung der königlichen Gesetze wachten, Recht sprachen und natürlich für die Eintreibung der zu entrichtenden Steuern zuständig waren. Es kommt nicht von Ungefähr, dass in der Robin Hood-Legende ein Sheriff und nicht etwa ein Baron als Bösewicht auftritt, der als Vertreter der zentralstaatlichen Obrigkeit den armen Bauern die ungerecht hohen Steuern abpresst und sie bei Zuwiderhandlung zu Rechtlosen erklärt und verfolgt. Fast so wie ein Gebühreneintreiber der GEZ heute. ;)

Ein anglonormannischer Baron unterschied sich zu seiner Zeit (spätes 11. und 12. Jahrhundert) also grundlegend von seinem Standesgenossen in Frankreich oder Deutschland. Während der englische Earl in seinem Shire einen königlichen Beamten vor der Nase sitzen hatte, der ihm auch schon mal über die Schulter kucken und an den König verpfeifen konnte, waren die französischen Grafen um einiges mächtiger, da sie in ihrer Grafschaft zugleich die höchstrichterliche Instanz repräsentierten und auch für die Eintreibung der Abgaben zuständig waren, von denen sie wiederum als getreue Vasallen natürlich den Pflichtanteil an den König abzutreten hatten.

Das normannische England entsprach dem was man heute als funktionierenden Zentralstaat oder eben einen starken Königsstaat bezeichnen würde. Der englische König erzielte damals in seinem Reich nicht zuletzt viel höhere Einnahmen als seine europäischen Herrscherkollegen. Der einzige Nachteil an seiner Konzeption war, dass er sich an der Spitze seiner Hierarchie, eben dem Königtum, keine Schwäche erlauben durfte, die das ganze System ins Wanken bringen konnte. So geschah es nach der kraftvollen Herrschaft Heinrichs I. mit dem Ausbruch des Bürgerkriegs zwischen Stephan und Mathilde (the Anarchy), den die Barone sofort zur eigenen Machterweiterung auszunutzen suchten. Und dann natürlich die Herrschaft Johann Ohnelands im frühen 13. Jahrhundert, der die Barone in eine Art gewerkschaftlich organisierte Interessensgemeinschaft zusammentrieb, die ihm mit mittels ihres Unwillens (Krieg der Barone) erstmals eine Teilhabe an der Regierung (Magna Charta) abrang. Damit war es dann mit dem Normannenstaat eigentlich vorbei.
 
Ich habe mal eine (ganz dumme) Frage:

Das Lehnswesen – beschränkte sich das nur auf die Adelsstufe (s. die imagniäre Lehnspyramide)? Und war sozusagen der kleine Bauer davon ausgenommen?
Damit meine ich nicht, dass der ein Freier war und machen durfte, was er wollte und irgendwie aus dem Gesellschaftsmodell ausschied, sondern dass der Begriff "Lehnswesen" nicht auf den Bauern anwendbar sei, da er ja eigentlich kein Lehen in dem Sinne besaß, sondern nur der Pächter war.
 
Ich habe mal eine (ganz dumme) Frage:

Das Lehnswesen – beschränkte sich das nur auf die Adelsstufe (s. die imagniäre Lehnspyramide)? Und war sozusagen der kleine Bauer davon ausgenommen?
Damit meine ich nicht, dass der ein Freier war und machen durfte, was er wollte und irgendwie aus dem Gesellschaftsmodell ausschied, sondern dass der Begriff "Lehnswesen" nicht auf den Bauern anwendbar sei, da er ja eigentlich kein Lehen in dem Sinne besaß, sondern nur der Pächter war.

Lehnsleute konnten nur solche Männer sein, die lehnsfähig waren. Dazu zählten keine Bauern. Der Lehnsmann musste ritterbürtig sein, später konnten auch unfreie Dienstmannen - die Ministerialen - in den Ritterstand aufsteigen.

"Freie" gab es nach der Ausbildung des Lehnswesens im frühen Mittelalter nicht mehr. Entweder stiegen sie, wenn sie über genug Land und Leute verfügten, zu "Frei"herren auf, oder sanken in den Stand der hörigen Bauernschaft zurück.
 
Oki, vielen Dank für die rasche Antwort :)

Gibt es dafür denn eine eigene Bezeichnung (wie im Adel "Lehnswesen")?
 
Aber wie hieß das System, in dem die Bauern einbezogen waren?

Okay, aber wenn es dafür keine Bezeichnung gab/gibt, dann bin ich auch zufrieden ^^
 
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