Lehren der Völkerschlacht

L

Lamodi

Gast
hallo:)
Da ich mich in meiner Facharbeit mit der Völkerschlacht beschäftige, habe ich mich entscheiden auch über deren Lehren zu schreiben.
Ich wäre euch dankbar, wenn ihr mir damit oder den Lehren des auf die Völkerschlacht folgenden Wiener Kongresses weiterhelfen könntet. Meiner Meinung nach sollte man aus den Schlachten lernen, dass Auseinandersetzungen auch friedlich gelöst werden können, doch die folgenden Märzrevolution etc. beweist das Gegenteil. Mir ist bewusst, dass dies nicht von heute auf morgen geschehen kann, doch kann man noch andere Lehren aus den "Befreiungskriegen" ziehen?
Vielen Dank im Voraus:)
 
Na, ja, ich würde mich wohl schwer tun, wenn es um Lehren aus der Schlacht gänge. Wer soll denn welche Lehre ziehen? Die Heerführer aus der Analyse der Schlacht? Oder die Diplomatiker aufgrund der sich nun bietenden Verhandlungsmöglichkeiten? Der Soldat oder der Einwohner Leipzigs?

Leipzig ist bereits Ergebnis gezogener Lehren, denn im Vertrag von Kalisch wurde festgelegt, dass kein Separatfrieden mit Napoleon geschlossen werden darf; es wurde festgelegt, Österreich und weitere Staaten ins Bündnis zu ziehen, um geschlossen den Kampf gegen den franz. Eroberer aufzunehmen. Die Lehren setzten sich in Trachenberg fort, wo die Strategie der Alliierten festgelegt wurde. (Z.B. nur anzugreifen, wenn Napoleon nicht vor Ort sei, sondern nur ein Marschall)

Daher würde ich nur über die Folgen der Schlacht sprechen. (Napoleon zurück über den Rhein ...)

Nummern, wie "es geht auch friedlich" würde ich tunlichst vermeiden!

Grüße
excideuil
 
hallo:)
Da ich mich in meiner Facharbeit mit der Völkerschlacht beschäftige, habe ich mich entscheiden auch über deren Lehren zu schreiben.
[...]

Wow, über die Lehren aus einem Krieg zu schreiben ist ne harte Nuß.

Als Basis, überlege Dir welche Lehren du betrachten möchtest, wie z.B.:

  • militärische

  • politische

  • persönliche
 
"Lehren" hört sich für mich ein wenig nach einer wissenschaftlich-theoretischen Beschäftigung mit einer Schlacht an. Der Begriff "Folgen" oder Konsequenzen" scheint mir passender zu sein.

Ich würde auch auf den größeren Kontext hinweisen:

Die Völkerschlacht war Teil der Befreiungskriege, die die Vorherrschaft des Französischen Kaiserreichs unter Napoléon über Europa beendeten.

Für Deutschland heißt das, dass zwar Napoléon und die Franzosen weg waren, aber es blieben die Ideen der Französischen Revolution (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) und die Idee der nationalen Einheit nach dem Beispiele Frankreichs.

Das führte zur deutschen Einheitsbewegung, die z. B. vier Jahre nach der Völkerschlacht das Wartburgfest ? Wikipedia beging.

Gleichzeitig war auch die "Restaurationsbewegung" aktiv, die ihrerseits Deutschland neu, aber nach altem Muster (Kleinstaaterei und Fürstengewalt), organisieren wollte.
 
Ja Ja - es wurde letztes Jahr dazu soviel geschrieben, dass sich jeder heraussuchen kann, was er will :)

Einen Aspekt fand ich aber interessant:

in FAZ Leser kommentiert:

Es scheint vielen Kommentatoren entgangen zu sein, dass der eigentliche Vater der deutschen Nation Napoleon mit seinen Revolutionsarmeen war.

Er ordnete und säkularisierte den Deutschen Raum 1803 auf Kosten des Klerus und vieler kleiner Kleinststaaten zu kraftvollen Gebilden wie Bayern-Baden-Württemberg und Westfalen und trug neben dem Nationalgedanken freigeborener Bürger, die Gewerbefreiheit und erstmalig nach dem Mittelalter die Emanzipation des Judentums in den Deutschen Raum, dessen Hoffnungsträger Napoleon war. Nach den Siegen bei Ulm und Austerlitz 1805, beendete er 1806 den reaktonärsten deutschen Militär- und Junkerstaat mit dessen Niederlage bei Jena. Ohne Naoleon hätte es keine preussischen Reformen gegeben; denn die mußten der Adelsherrschaft abgepreßt werden, aber die harten franz. Kontributionen für den Krieg gegen England und Russland machten ihn erst in der begrüßenden Bürgerschaft und dem Landvolk zusehends unbeliebt. Die Aushebungen für die Hilfstruppen der Grande Armee-rd. 200.000 Soldaten stellten seine deut. Verbündeten - trieb ihm erst den Widerstand entgegen...


http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/zweihundertster-jahrestag-der-voelkerschlacht-keine-daten-und-schlachtordnungen-12617710.html
 
@ GRINGO
Aber was hat das alles mit der Schlacht bei Leipzig zu tun?

Ich tue mich auch schwer damit, welche Lehren denn aus der Völkerschlacht gezogen wurden bzw. welche man ziehen kann. 1913 wurde z.B. der Völkerschlacht auf eine heute wohl nicht mehr nachvollziehbare Weise gedacht: ein großes Brimmbammborium und statt Völkerfreundschaft, ein ganz anderes Zeichen: Frankreich wurde nicht dazu geladen. Ein Jahr darauf standen sich Russland, Frankreich, das Deutsche Reich, Österreich und Großbritannien erneut gegenüber. Hat man also aus der Völkerschlacht etwas gelernt? :confused:

Ich kann mich an Karten und dergleichen der Völkerschlacht erinnern. Vielleicht habe ich auch einmal ein zeitnah entstandenes Kriegsspiel gesehen. Es wäre auch denkbar, dass zumindest die Militärtheorie ihre Schlüsse aus z.B. taktischen Fehlern beider Seiten zog. Aber das wäre mir nicht bekannt.
 
Einen Aspekt fand ich aber interessant: ...
Na, ja, ein dir vllt. passender Kommentar zeugt nicht von Wahrheit. Schon der zeitliche Abstand von 1803 zu 1871 legt nahe, dass Napoléon nicht der "Vater" der deutschen Einheit sein konnte, erklärt zudem auch nicht die kleindeutsche Lösung ...

Mal von Napoléon abgesehen war das HRRDN ein Staatengebilde, dass denkbar schlecht der kommenden Industrialisierung und der Nationenbildung gewappnet war, politische Veränderungen somit zwangsläufig erfolgen hätten müssen. (Dies zeigt sich nach dem Wiener Kongress zB. am Zollverein und den sich daraus bildenden politischen Veränderungen)

Was hat Napoléon in der Summe gebracht? Krieg, Elend, den Versuch, Europa unter franz Vorherrschaft zu bringen ... Nationalismus ... und nach der Niederlage den Versuch des Absolutismus, einen neuerlichen revolutionär aggressiven franz. Versuch der Hegemonie, durch ein Gleichgewicht der Großmächte über den Kontinent zu verhindern. Gleichzeitig brachte der Wiener Kongress einen Deutschen Bund hervor, der in der Summe eine deutsche Einheit auf Jahrzehnte verhinderte. Da stellt sich doch glatt die (theoretische) Frage, ob die napoleonischen Maßnahmen tatsächlich die deutsche Einheit beschleunigt oder doch eher verzögert haben.

Noch krasser ist die Aussage zu Preußen:
"Ohne Napoleon hätte es keine preussischen Reformen gegeben; denn die mußten der Adelsherrschaft abgepreßt werden"

Staaten sind grundsätzlich im Wandel begriffen. Und gerade in Preußen fand sich unter Friedrich II. der aufgeklärte Absolutismus. Unter anderem wurde 1794 das "Allgemeine Landrecht für die preußische Staaten" eingeführt.
Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten ? Wikipedia

Sicherlich kann man Preußen in den Jahren nach der Revolution in großen Teilen eine falsche Außenpolitik attestieren, sicherlich harrte auch die eine oder andere Reform ihrer Verwirklichung, aber dass es eines Napoléon bedurft hätte, um ein "schlafendes Preußen" zu wecken, geht dann doch zu weit.

Ebenso schießt die Bezeichnung "reaktonärsten deutschen Militär- und Junkerstaat" am Ziel vorbei.
Preußens Landwirtschaft stand immer marktwirtschaftlich im Wettbewerb. Dazu schreibt Clark:
"Die Ländereien der Junker waren also, mit anderen Worten, keineswegs nachlässig geführte Getreidemonokulturen, auf denen die Arbeitskraft umsonst war und es keinerlei Anreize für Innovationen gab. Vielmehr handelte es sich um komplexe Unternehmungen, die mit beträchtlichen Betriebskosten einhergingen und hohe Investitionen erforderten. Lohnarbeiten unterschiedlicher Form spielte eine entscheidende Rolle für die Aufrechterhaltung der adligen Wirtschaft, sowohl in Bezug auf die Ländereien selbst wie auch in den Reihen des bessergestellten Dorfbewohner, die ihrerseits häufig Lohnarbeiter beschäftigten, um die Erträge ihrer Pachtgüter zu maximieren." [1]

"Wie eine Studie über das Gut Stavenow in der Prignitz nahelegt, ging es dem durchschnittlichen Bauern in einem brandenburgischen Dorf, weit davon entfernt, unter "erbärmlichster Armut" zu leiden, tatsächlich sogar besser als seinen süd- oder westeuropäischen Standesgenossen." [2]

Nur zur Erinnerung, Preußen musste die höchsten Kontributionen an Napoleon zahlen. Dies wäre kaum möglich gewesen, wenn die Wirtschaft nicht so leistungsfähig gewesen wäre.

Zurück zur Schlacht von Leipzig: Die Schlacht zeigt auch, dass auf beiden Seiten deutsche Truppen standen ... dem großen Korsen war das völlig gleichgültig ...

Grüße
excideuil

[1] Clark, Christopher: Preußen Aufstieg und Niedergang 1600-1947, Pantheon, München, 2008, Seite 198
[2] Clark, a.a.O., Seite 199
 
Zuletzt bearbeitet:
1.
Sicherlich kann man Preußen in den Jahren nach der Revolution in großen Teilen eine falsche Außenpolitik attestieren, sicherlich harrte auch die eine oder andere Reform ihrer Verwirklichung, aber dass es eines Napoléon bedurft hätte, um ein "schlafendes Preußen" zu wecken, geht dann doch zu weit.

2.
Ebenso schießt die Bezeichnung "reaktonärsten deutschen Militär- und Junkerstaat" am Ziel vorbei.
1.
Außerdem vermittelt diese Fokussierung auf Preußen eher den Eindruck, als ob der Autor einfach von den sehr komplexen Verhältnissen in Dtl. keine oder kaum eine Ahnung hatte.
Es gab gerade in der zweiten Hälfte des 18. Jh. in vielen Staaten Deutschlands eine Reformwelle, bisweilen sogar gegen den Willen der Herrschenden - Stichwort hier: Reichsstädte.

2.
Die Bezeichnung klingt irgendwie nach DDR-Literatur. :still:

Richtig ist sicherlich, dass die Rolle des Adels in Preußen anders war als bspw. in Süddtl.. Aber trifft das nicht auch für Mecklenburg zu?


Ansonsten gehe ich mit Dir d'accord, excideuil. Ob man Napoleon die Schuld an der einsetzenden "Reaktion" geben kann, bin ich mir zwar nicht sicher. Aber das kommt auch eben daher, weil es reine Spekulation wäre, was geschehen wäre, wenn er nicht das Ruder übernommen hätte.
Wie es mit dem HRR weitergegangen wäre, wenn Napoleon und die Armeen Frankreich es nicht zerschlagen hätten, ist ja auch unbekannt. Eine gewisse Tendenz ist freilich mit dem Vormarsch Preußens in Süddeutschland (Erwerbung Ansbach-Bayreuths etc.), den Versuchen Österreich einer Arrondierung in Bayern (die gescheiterten Projekte um den Ländertausch mit Carl Theodor von Pfalz-Bayern) und ähnlichem durchaus erkennbar. Die Lösung des Dualismus mit einer dritten Partei als Gegengewicht zu Preußen und Österreich scheint ja irgendwie m.E. am Ende des 18.Jh. gescheitert.
 
Es kam eine Sendung im Radio dazu - falls es weiterhilft:

Blutiger Weg in die Moderne - das Erbe von 1813


Damals entstanden die "deutschen" Farben schwarz-rot-gold, inspiriert von den Uniformen des Lützower Freikorps. Peter Jungblut sprach mit Wissenschaftlern über die Aktualität von 1813 und war bei den Feierlichkeiten zum 200. Jubiläum der Völkerschlacht dabei. Eine spannende Reportage über die Folgen von "1813" bis heute.

Die Ära der Befreiungskriege und Deutschlands Gegenwart

Zum nachhoeren 50 min.) :


Audio: Radio Revue - Blutiger Weg in die Moderne - das Erbe von 1813 - 28.12.2013 | ARD Mediathek | Bayern 2
 
Wenn es auch gut ist und löblich, dass Du den Radiobeitrag mit uns teilst, hat das auch nichts direkt mit der Völkerschlacht zu tun. Da waren die Lützower ja garnicht dabei, sondern weiter im Norden bspw. beim Gefecht bei Mölln oder an der Göhrde beteiligt.
 
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