Leonardo da Vinci

Lukrezia Borgia

Moderatorin
Ich habe lange überlegt, wo ich dieses Universalgenie nun unterbringen soll. Er passt sowohl zur Geschichte der Naturwissenschaften als auch in die Kunstgeschichte. Schließlich habe ich mich jedoch für letzteres entschieden, da er vor allem durch seine Bilder im Gedächtnis der Menschen geblieben ist.

In Vinci, einem kleinen Ort in der Toskana wird Leonardo als uneheliches Kind der Bäuerin Caterina und des Notars Piero di Antonio am 15. April 1452 geboren. Sein Vater heiratet bald darauf eine andere Frau. Diese Ehe bleibt jedoch kinderlos so dass er seinen inzwischen fünfjährigen Sohn zu sich nimmt. Dort bleibt Leonardo bis zu seinem 17. Lebensjahr.

Leonardo sieht sich schon damals selbst als anders als die anderen Menschen. Seine Intelligenz und sein Charme bewahren ihn jedoch davor, ein Außenseiter zu werden. Schon während seiner Kindheits- und Jugendjahre liebt er es, die Natur zu beobachten. Dem jungen Leonard graut vor Wissen, das durch das Studium von Büchern angeeignet ist. Sein Ziel ist es, durch Erforschung der Natur die Welt zu begreifen.

„Mir ist wohl bewusst, dass ich kein Belesener bin, und dass es einigen Überheblichen rechtens erscheinen könnte, mich zu schelten (...) Wissen diese denn nicht, dass meine Dinge weniger aus dem Wort als nur aus der Erfahrung abzuhandeln sind, welche Lehrmeisterin derer war, die gut geschrieben haben.“

1468 wird er in der Werkstatt des Bildhauers und Malers Andrea del Verrocchio aufgenommen. Dort arbeit er zusammen mit Größen wie dem jungen Botticelli und Perugino. Aus dieser Zeit stammt auch die früheste Kostprobe seiner malerischen Fähigkeiten. Der Engel auf der Verrocchios „Taufe Christi“ stammt von Leonardo und Gerüchte besagen, dass der Lehrmeister so erschüttert darüber war, dass diese Gestalt so „vollkommen (ausgeführt war), dass sie besser wurde als die Figuren von ihm selbst. Unwillig, dass ein Kind mehr wisse als er, mochte (er) deshalb von der Zeit an nicht mehr mit Farben umgehen.“

Im Jahre 1476 wird da Vinci zusammen mit seinen Mitschülern aufgrund einer anonymen Beschuldigung homosexueller Handlungen angeklagt. Ihnen wird Unzucht mit einem Modell aus Verrocchios Atelier vorgeworfen. Durch Einsatz seines Meisters sowie anderer angesehener florentiner Familien wird Leonardo freigesprochen. Dieser Vorfall scheint auf den ersten Blick Spekulationen, da Vinci sei schwul gewesen, zu untermauern. Eine solche Schlussfolgerung zu ziehen ist mehr als voreilig, zumal lediglich ein namenloser Denunziant als Beweis vorhanden ist.

Die Menschen seiner Zeit belächeln Leonardo. Er ist stets knapp bei Kasse, da er es sehr oft nicht schafft, einen Auftrag zu Ende zu bringen. Den Kopf voller neuer Ideen, fällt es ihm schwer, sich auf eine Sache zu konzentrieren. Trotz seiner Geldnot kauft er des öfteren Vögel am Markt, nur um sie unter den staunenden Blicken von Passanten in die Freiheit zu entlassen. Er selbst meint dazu: „Niemand hat das Recht, ohne Prozess ein Lebewesen, sei es Tier oder Mensch, einzusperren. Jeder hat von Gott seine Freiheit empfangen, und niemand kann sie rauben.“

1481 erhält er vom Kloster San Donato den Auftrag für eine Anbetung der Könige, dieser Auftrag bleibt jedoch unvollendet. Einen Gönner findet er auch in Lorenzo de´ Medici, bei dem er jedoch nicht lange verweilt. Er beginnt, sich für Mathematik und Architektur zu interessieren und fertigt seine ersten technischen Zeichnungen.

In der Hoffnung, neue Horizonte kennen zu lernen, verlässt er Florenz und geht nach Mailand an den Hof von Ludovico Sforza. Er arbeitet dort jedoch nicht als Maler, sondern als Bildhauer und Gießer. Da Vinci hegt auch den Wunsch, als Ingenieur anerkannt zu werden. Er konstruiert allerlei Kriegsgerät, beispielsweise Orgelgeschütze und begeistert sich für Zahnräder und Flugmaschinen. Er erarbeitet einen mechanischen Grill, eine Art automatischen Wagen „für den Transport von Personen. Außerdem baut er einen Lift, eine Lötlampe und eine Bohrmaschine. Er konstruiert eine Maschine, mit der man Nadeln herstellen kann und zeichnet Walzwerke für die Metallverarbeitung. Auch stammen aus seiner Feder Zeichnungen Stadtpläne, die ein Lüftungssystem und ein modern anmutendes Abwassernetz beinhalten.

Auf seinen Zeichnungen, die genauste Wiedergaben der Fauna und Flora bis hin zu anatomischen Studien darstellen, fällt eine Besonderheit auf. Da er Linkshänder war, schreibt er Erklärungen zum Dargestellten zumeist von Rechts nach Links.

Zu seinem Aufgabenbereich gehört es auch, Feste zu inszenieren. Besonders erwähnenswert ist hier die Hochzeit von Gian Galeazzo Sforza mit Isabella von Aragon, bei der da Vinci es schaffte, „singende“ Planeten und den Lichtgott Apollo in Szene zu setzen. Seine berühmtesten Werke aus dieser Zeit sind das Bildnis der Cecilia Gallerani, das unter der Bezeichnung „Dame mit dem Hermelin“ berühmt geworden ist und die Felsgrottenmadonna (Paris). Nach 1500 wird er noch eine zweite Felsgrottenmadonna (London) schaffen, die sich von der ersten lediglich in der Machart unterscheidet.

Seine atemberaubend realistischen Darstellungen von Körperteilen verdankt Leonardo nicht zuletzt einer grausigen Methode. Er seziert Leichen, um den genauen Verlauf der Muskeln erkennen zu können und dokumentiert die Ergebnisse in zahlreichen anatomischen Skizzen. Erstmals stellt er die Krümmungen der Wirbelsäule realistisch dar und erforscht Eigenheiten des menschlichen Skeletts, wie etwa die Kieferhöhe, die erst 1651 von Highmore wieder entdeckt werden sollte. Um sich Vorwürfen der Ketzerei zu entziehen, bemüht sich da Vinci, seine Erkenntnisse nicht publik werden zu lassen.

Ein Reiterstandbild, das Francesco Sforza darstellen soll, bleibt unvollendet. Der Entwurf zu diesem Werk, ein Terakotta-Prototyp wird im Jahre 1500 zerstört, was Michelangelo, den Rivalen unseres Meisters zu spott anregen wird.

Um 1483 verlässt Leonardo für einige Zeit Mailand. Er selbst schreibt von einer „Reise in den Orient“, was jedoch nicht zu beweisen ist. Verblüffend sind jedoch die Einzelheiten, mit denen er das Taurusgebirge und den Euphratstrom beschreibt. Diese Details können jedoch auch aus Reiseberichten anderer Abenteurer stammen, so dass es fraglich ist, ob er sich jemals in den Nahen Osten begeben hat.

Ein zerlumptes Kind namens Salai, das da Vinci auf der Straße auffindet, wird 1491 von ihm adoptiert. Vielleicht stellt dies einen Versuch dar, seine Gefühlsleere zu kompensieren.

1499 geht er nach Venedig. Er erfindet eine Art Unterseeboot und kreiert Taucheranzüge. Wie so oft, werden diese Ideen jedoch nicht realisiert. Ein Jahr später zieht es ihn, immer noch in Begleitung von Salai, zurück nach Florenz. Die politischen Veränderungen, die die Stadt am Arno in der Zeit seiner Abwesenheit gezeichnet haben, lässt da Vinci viel Zeit im toskanischen Umland verbringen, dessen Naturschönheiten ihm viel Kraft zurückgeben.

1502 tritt er in den Dienst Caesare Borgias, wo er mit der Überprüfung von Befestigungsanlagen beauftrag wird. Während seiner Reisen im Auftrag des Sprosses von Alexander VI. zeichnet er ein mechanisches Übersetzungsgetriebe, das als Vorgänger unseres modernen Getriebes gilt. Den Auftrag für die Schlacht von Anghiari erhält Leonardo 1503. Er experimentiert für dieses Gemälde mit einer besonderen Beschichtung, was durch ungeschickte Trocknungsmethoden zur Zerstörung des Werkes führt. Glücklicherweise sind jedoch viele Studien zu diesem Gemälde erhalten geblieben.

Entmutigt kehrt er Florenz den Rücken: „Während ich glaubte, leben zu lernen, lernte ich zu sterben.“ Sein Weg führt in abermals nach Mailand, wo er in die Dienste des Franzosen Charles d´Amboise tritt, von dem er den Auftrag erhält, ein Monument für Gian Giacomo Trivulzio zu gestalten. Dieses Vorhaben bleibt jedoch, wie so viele andere, unvollendet. Da Vinci gilt als eigenbrötlerisch. Er fügt sich weder den modischen Zwängen, noch kann er es lassen, Vögel auf Märkten freizukaufen. Von Anfeindungen lässt er sich aber nicht mehr beeindrucken. „Die Langmut gegenüber Beschimpfungen spielt dieselbe Rolle wie die Kleider gegen die Kälte: Wenn es kälter wird, musst du mehr Kleider anziehen.“ Von nun an begleitet ihn neben Salai ein neuer Freund auf seinem Lebensweg. Der fünfzehnjährige Francesco Melzi schließt sich ihm an.

Dem Ruf Kardinals Giuliano de Medici folgend ist Rom sein nächster Arbeitsort. Nach dessen Tod fühlt sich da Vinci in der Stadt am Tiber jedoch unerwünscht, was nicht zuletzt mit der kritischen Haltung Leo X. ihm gegenüber zusammenhängt. Auch ist er dem Gespött Michelangelos ausgesetzt, für den die missglückte Schlacht von Anghiari ein gefundenes Fressen ist.

Wie ein Geschenk des Himmels erscheint Leonardo das Angebot Franz I. von Frankreich, unseren Meister unter Bezahlung eines großzügigen Altersgeldes, in seine Dienste zu nehmen. In Begleitung von Melzi geht er 1516 nach Frankreich. Dort wird ihm die Achtung und Bewunderung entgegengebracht, die ihm gebührt. Seine letzten Jahre verbringt er damit, an technischen Projekten zu arbeiten.

Am Vorabend des Osterfestes 1519 setzt er sein Testament auf. Nach Abnahme der Beichte stirbt Leonardo am 2. Mai selben Jahres.


Aus Platzgründen habe ich versucht, politische Verstrickungen der Zeit wegzulassen. Der Aufsatz wollte und wollte jedoch nicht kürzer werden. Alle Versuche, diesen Beitrag zu beschneiden, verwarf ich umgehend wieder als ketzerisch, da mir die Dinge, die hier stehen, zu wichtig erschienen, als dass man sie guten Gewissens weglassen könnte. Ich hoffe, ihr verzeiht mir.

Quelle:
Jean-Claude Frère, Leonardo da Vinci
 
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Lukrezia Borgia schrieb:
Meine Frage zielte in keinster Weise auf das Turiner Grabtuch ab. Aus diesem Grund habe ich auch nur den Teil deines Beitrages kopiert, der auf die angebliche Abneigung da Vincis gegenüber der katholischen Kirche abzielte.

Da Vinci war Schwuler. Dass seine Neigungen nicht katholisch konform waren, störte ihn massiv. Deshalb seine Abneigung zur Kirche und sein Geniestreich. Er hatte eine sehr buddhistische, holistische Weltsicht, er war Linkshänder, hat in Spiegelschrift geschrieben. Alles Indizien für jemanden der mindestens eine Sexualneurose hatte.

Liebste Lukrezia,
in "keinster" Weise gibt es nicht.
Am Schönsten sind die Weisesten der Göttlichsten.
 
Hurvinek schrieb:
Da Vinci war Schwuler.

Das sind doch nur Gerüchte! Womit willst du diese These untermauern? Mit der Affäre Saltarelli?

Die Anschuldigungen wurden in einen Tambuso eingeworfen. Ein Tambuso, war ein geheimer Ort, wo Jedermann anonym Anschuldigungen einwerfen konnte. Es ist sogar naheliegend, dass der Denunziant Leonardo nicht gerade wohlgesonnen war. Eine (vielleicht) aus der Luft gegriffene Anschuldigung reicht noch lange nicht als Beweis für die Behauptung, da Vinci sei schwul gewesen.
 
Hurvinek schrieb:
Da Vinci war Schwuler. Dass seine Neigungen nicht katholisch konform waren, störte ihn massiv. Deshalb seine Abneigung zur Kirche und sein Geniestreich.
Naja, Giovanni Antonia Bazzi war ein Zeitgenosse da Vincis und zu seiner Zeit ein sehr geschätzter Maler. Bekannt ist er heute noch unter seinem Künstlernamen "Sodoma" den er nicht zufällig trug. Es war allgemein bekannt dass er seine männlichen Modelle nicht nur abmalte.....seiner Auftragslage hats aber nicht sehr geschadet. Noch heute zieren seine Fresken z.B. die Kapelle der Hl. Katharina in San Domenico in Siena.
 
Lukrezia Borgia schrieb:
Das sind doch nur Gerüchte! Womit willst du diese These untermauern? Mit der Affäre Saltarelli?

Die Anschuldigungen wurden in einen Tambuso eingeworfen. Ein Tambuso, war ein geheimer Ort, wo Jedermann anonym Anschuldigungen einwerfen konnte. Es ist sogar naheliegend, dass der Denunziant Leonardo nicht gerade wohlgesonnen war. Eine (vielleicht) aus der Luft gegriffene Anschuldigung reicht noch lange nicht als Beweis für die Behauptung, da Vinci sei schwul gewesen.
Da Vinci trug Rosa-Wäsche, was in seiner Zeit nicht gesellschaftsfähig war.
Natürlich kann man seine sexuellen Neigungen nicht vollständig nachweisen. Aber dass er seine erotischen Momente ausschliesslich mit seinen Schülern auslebte - also durch Liebe und Zuneigung(kein sex. Kontakt) - ist nicht von der Hand zu weisen. Dass da Vinci nun nicht aller Welt verkündet hat, er sei schwul, ist in Ordnung. Hätte ich zu der Zeit auch nicht gemacht. Heute allerdings auch nicht, da ich es nicht bin.
Frauen waren auch Teil seines Lebens. Aber kaum in sexueller Hinsicht.
Ich halte mich nicht an Anschuldigungen/Denunziationen fest. Er malte seltsamer Weise Frauenkörper sehr undeutlich. Was man von nackten Männerkörpern nicht behaupten konnte.
Vielleicht war er ja doch nicht schwul, sondern seine Großmutter, bei der er aufwuchs, machte ihn zum Sexualneurotiker.
Insgesamt kann man auch nicht sagen, er sei heterosexuell. Soviel zum Exkurs da Vinci. Das Turiner Grabtuch muss allerdings erstmal erklärt werden, wie die Umrisse da rauf kommen.
 
Hurvinek schrieb:
Da Vinci trug Rosa-Wäsche, was in seiner Zeit nicht gesellschaftsfähig war.

Nach meinen Informationen wurde die Farbe Rosa erst nach dem WK2 zu einer Farbe der Schwulen, bedingt durch den "Rosa Winkel" der KZ-Häftlinge, die aufgrund ihrer homosexuellen Veranlagung interniert waren.

Hurvinek schrieb:
Natürlich kann man seine sexuellen Neigungen nicht vollständig nachweisen. Aber dass er seine erotischen Momente ausschliesslich mit seinen Schülern auslebte - also durch Liebe und Zuneigung(kein sex. Kontakt) - ist nicht von der Hand zu weisen. Dass da Vinci nun nicht aller Welt verkündet hat, er sei schwul, ist in Ordnung. Hätte ich zu der Zeit auch nicht gemacht. Heute allerdings auch nicht, da ich es nicht bin.
Frauen waren auch Teil seines Lebens. Aber kaum in sexueller Hinsicht.

Ich will es auch nicht von der Hand weisen, aber ich mache mir langsam Sorgen um die Männer in meinem Freundeskreis, die sich gegenseitig freundschlaftlicher Zuneigung hingeben. :rofl:

Es ist nicht zu beweisen, dass Leonardo schwul war, deshalb sollte man mit derartigen Vorstößen etwas vorsichtiger sein.

Hurvinek schrieb:
Ich halte mich nicht an Anschuldigungen/Denunziationen fest. Er malte seltsamer Weise Frauenkörper sehr undeutlich. Was man von nackten Männerkörpern nicht behaupten konnte.

Das ist nicht wahr. Da Vinci widmete sich auch dem weiblichen Geschlecht und betrachtet man die Genauigkeit, mit der er die weiblichen Geschlechtsorgane (Sammlung anatomischer Zeichnungen, Royal Collection, Windsor) gezeichnet hat, erkennt man, dass er sie mit der gleichen Hingabe schuf wie die männlichen. Gemälde, wie etwa die Dame mit dem Hermelin, lassen in keinster Weise erkennen, dass Leonardo bei Frauen weniger Sorgfalt anwandte.


Hurvinek schrieb:
Vielleicht war er ja doch nicht schwul, sondern seine Großmutter, bei der er aufwuchs, machte ihn zum Sexualneurotiker.

Diese Darstellung ist falsch. Da Vinci wurde nicht alleine von seiner Großmutter großgezogen. Er lebte ab seinem fünften Lebensjahr bei seinem Vater und seiner Stiefmutter.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hurvinek schrieb:
Da Vinci trug Rosa-Wäsche, was in seiner Zeit nicht gesellschaftsfähig war.
Natürlich kann man seine sexuellen Neigungen nicht vollständig nachweisen. Aber dass er seine erotischen Momente ausschliesslich mit seinen Schülern auslebte - also durch Liebe und Zuneigung(kein sex. Kontakt) - ist nicht von der Hand zu weisen. Dass da Vinci nun nicht aller Welt verkündet hat, er sei schwul, ist in Ordnung. Hätte ich zu der Zeit auch nicht gemacht. Heute allerdings auch nicht, da ich es nicht bin.
Frauen waren auch Teil seines Lebens. Aber kaum in sexueller Hinsicht.
Ich halte mich nicht an Anschuldigungen/Denunziationen fest. Er malte seltsamer Weise Frauenkörper sehr undeutlich. Was man von nackten Männerkörpern nicht behaupten konnte.
Vielleicht war er ja doch nicht schwul, sondern seine Großmutter, bei der er aufwuchs, machte ihn zum Sexualneurotiker.
Insgesamt kann man auch nicht sagen, er sei heterosexuell. Soviel zum Exkurs da Vinci. Das Turiner Grabtuch muss allerdings erstmal erklärt werden, wie die Umrisse da rauf kommen.
Meinst du das wirklich ernst? Da Vinci ist ein halbes Jahrtausend tot und du kennst die Farbe seiner Unterwäsche und die Erziehungsmethoden seiner Großmutter? Bei der dürftigen Quellenlage die wir zu Leonordos Leben haben? Was die Farbe der Kleidung in der Renaissance betrifft da würdest du dich wundern - jede Drag-Queen würde vor Neid erblassen sähe sie/er Renaissance-Reiche in ihren färbigen Gewändern. Schau dir mal z.B. "Die Messe von Bolsena" von Raffael an, hier bekommt man einen Eindruck dieser Farbigkeit (und Rosa war kein Problem).

Abgesehen davon war Homosexualität im Italien der Renaissance bei weitem nicht so problematisch, siehe Sodoma. Auch die Glorifizierung des nackten männlichen Körpers ist ein verbreitetes Phänome in der Kunst ab 1420 - von Donatellos David (auch Donatello war ein sog. "Antiphisiker", seiner Karriere hats aber nicht geschadet) angefangen.

Diese Dokumentation über Leonardo als Fälscher des Grabtuchs hab ich auch gesehen. IWar sehr amüsant, aber mit Geschichte hatte die nix zu tun. Ähnlich wie die meisten historischen Romane, unterhaltsam, gut zu lesen, aber sicher weder Fachliteratur noch Quellen!
 
Desweiteren finde ich auch, dass rein garnichts mit der Ursprungsfrage zu tun hat, welche Unterwäsche Leonardo da Vinci trug.
 
Als ich mich mit Leonardo da Vinci beschäftigte (vor allem seine Zeichnungen, aber auch die Biografie :) ) bin ich auch auf die Geschichte der Bezichtigung mit der im Film genannten "Sodomie" gestoßen.
Es war interessant, dass ihm so etwas vorgeworfen wurde, aber was ändert das an Leonardo da Vinci?
Wenn er schwul war, war er dann kein wirkliches Genie oder vielleicht ein besseres?
Wenn er nicht schwul war, war er dann kein wirkliches Genie oder vielleicht ein besseres?
Gleiche Fragen kann man natürlich auch mit "sexualneurotisch" stellen.

Das ist doch eigentlich uninteressant, welche sexuellen Vorlieben er hatte...

Wichtig finde ich aber, dass diese Bezichtigungen gegen ihn, ihn nicht kalt gelassen haben sollen. Denn er soll, als ihn die Leute aus seiner Umgebung so "anfeindeten", seine Mitmenschen skizziert haben... Doch sie sollen immer "böse" und verzerrt ausgesehen haben, fast wie "Monster" würd ich sagen...

Und auch habe ich gelesen, dass er nicht nur mit Links malte, sondern auch mal beide Hände gleichzeitig bequemt haben soll...
 
Rafael schrieb:
Das ist doch eigentlich uninteressant, welche sexuellen Vorlieben er hatte...

genau!
macht es ihn gleich zum anderen menschen (oder zum shclechteren :D ?), wenn er schwul gewesen wäre?
es ist völlig egal!
wie beriets von unserer afsatzschreiberin festgestellt, malte er beide geschlechter gleich -.-
:rolleyes:
 
Gestern war ein wie ich finde insgesamt gelungener Dokumentarfilm über Leonardo da Vinci zu in der Glotze zu sehen. Diese Sendung kann man sich in der ZDF-mediathek noch einmal kostenlos anschauen (einfach bei ZDF.de - Startseite oben auf "ZDF-mediathek" klicken)
 
Gestern war ein wie ich finde insgesamt gelungener Dokumentarfilm über Leonardo da Vinci zu in der Glotze zu sehen. Diese Sendung kann man sich in der ZDF-mediathek noch einmal kostenlos anschauen (einfach bei ZDF.de - Startseite oben auf "ZDF-mediathek" klicken)

Das ist nett, dass du den Thread hochgeholt hast. Kann ich noch zu einem uralten Beitrag antworten.

Es war interessant, dass ihm so etwas vorgeworfen wurde, aber was ändert das an Leonardo da Vinci?
Wenn er schwul war, war er dann kein wirkliches Genie oder vielleicht ein besseres?
Wenn er nicht schwul war, war er dann kein wirkliches Genie oder vielleicht ein besseres?
Gleiche Fragen kann man natürlich auch mit "sexualneurotisch" stellen.

Das ist doch eigentlich uninteressant, welche sexuellen Vorlieben er hatte...

Es ist heute kein Vorwurf, wenn wer als hetero- oder homosexuell klassifiziert wird. Es ist eine reine Feststellung.
Genausowenig ist es ein Vorwurf, wenn wer eine Neurose-Diagnose erhält. Es ist eine Feststellung. Eine Neurose ist kein Bestandteil strafrechtlicher Verfolgung genausowenig eine ansteckende oder gefährliche Krankheit. Es ist eine Verhaltensstörung abseits der gesellschaftlich akzeptierten Verhaltensnormen.
 
Ja, ja die Profilneurosen!

Wenn ich Altmeister Freud richtig verstanden habe, ist eine Neurose eine leichte psychische Störung basierend auf unbewältigten Konflikten.


Wer hat eigentlich keine Neurosen? Die meisten Leute leben schlecht und recht damit, und einige haben die ihrigen kultiviert und fahren gar nicht schlecht damit. Mit gesellschaftlichen Normen hat das weniger zu tun, als mit Verdrängung.
 
Und vielleicht gibt es auch ein Art neurotischer Spitzfindigkeit ...

Wenn ich Altmeister Freud richtig verstanden habe, ist eine Neurose eine leichte psychische Störung basierend auf unbewältigten Konflikten.

Den Freud hätte ich gerne zitiert, zumindest verliert diese Behauptung ihren Halt, wenn man den von Freud gerne eingeführten Begriff der narzißtischen Neurose hinzunimmt.

Mit gesellschaftlichen Normen hat das weniger zu tun, als mit Verdrängung.

So klingt das zunächst plausibel und man müßte dir recht geben, wenn die Verdrängung nicht wenigstens zum Teil auch durch gesellschaftliche Normen bedingt ist, und zwar vermittelt über die Erziehung und das resultierende psychische Korrelat des Überich (sprich Gewissen).

Leider kann ich Freuds Anwendung der Psychoanlyse auf die Biographik von 1910 gerade nicht nachlesen, um zu erfahren, um welche Triebkonflikte es sich in der Charakteranalyse des "erlauchten" Leonardos geht.
 
Leider kann ich Freuds Anwendung der Psychoanlyse auf die Biographik von 1910 gerade nicht nachlesen, um zu erfahren, um welche Triebkonflikte es sich in der Charakteranalyse des "erlauchten" Leonardos geht.
Nach dem Motto, Genius ginge mit Neurose spazieren, oder so? :grübel:
Nun ja, verdächtig ist mir daran, dass Psychologen und Psychiater ihre eigene Facharztgruppe am meisten frequentieren ... =) Freud hatte bekanntermaßen seine eigenen Neurosen und Fallstricke, die in seiner Theorie um den Penisneid gipfelten. Wie blöd. Sollen wir uns etwa selbst befruchten, als Zwitter, oder wie?
Nö, kleine Mädchen wollen Papa heiraten, und nicht Papa sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Leider kann ich Freuds Anwendung der Psychoanlyse auf die Biographik von 1910 gerade nicht nachlesen, um zu erfahren, um welche Triebkonflikte es sich in der Charakteranalyse des "erlauchten" Leonardos geht.

Habe für Dich kurz nachgeschaut in "Eine Kindheitserinnerung des Leonardo da Vinci", G. W. VIII, 127-211, eine von vielen Arbeiten des Goethepreisträgers von 1930, die man, auch wenn man nichts von Psychoanalyse hält, immer mal wieder mit Gewinn lesen kann.

Leonardo war homosexuell - oder besser, in Freuds behutsamer Formulierung, seine sexuellen Neigungen weisen "nach einer Richtung und gestatten, ihn noch den Homosexuellen zuzurechnen". Aber das interessiert eigentlich gar nicht, denn im Zentrum der Abhandlung steht Leonardos Beziehung zu seiner Mutter (oder: seinen Müttern!) und die Art und Weise, wie er diese Beziehung verarbeitet. Hierbei tauchen mehrere zentrale Begriffe auf:

1. Nach Freuds Entwicklungsmodell wird die Phase der "infantilen Sexualforschung" (S. 145 f.), die "jedenfalls die begabtesten Kinder etwa vom dritten Lebensjahr an [...] durchmachen", durch einen "Schub energischer Sexualverdrängung" abgeschlossen. Nun komme eine entscheidende Weichenstellung (S. 147):
- Bei einem Teil der Kinder bleibe "die freie Betätigung der Intelligenz vielleicht auf Lebenszeit eingeschränkt [...]. Das ist der Typ der neurotischen Hemmung."
- Bei einem zweiten Teile komme das Forschen als "Grübelzwang aus dem Unbewußten zurück, allerdings entstellt und unfrei, aber mächtig genug, um das Denken selbst zu sexualisieren [...]"
- Bei dem dritten Teil gelinge es der Sexualverdrängung nicht, "einen Partialtrieb der Sexuallust ins Unbewußte zu weisen, sondern die Libido entzieht sich dem Schicksal der Verdrängung, indem sie sich von Anfang an in Wißbegierde sublimiert [...]"

Erster zentraler Begriff also: Sublimierung. Nach Gerhard Danzer (Die Geburt des modernen europäischen ... - Google Buchsuche) will Freud damit sagen, "dass sich Künstler durch ein geringeres Maß an Verdrängung auszeichnen und damit einen leichteren Zugang zu ihrem Unbewussten aufweisen, woraus sich deren Originalität und Produktivität erkläre".

2. Den zweiten hast Du schon genannt: In der Leonardo-Geschichte taucht erstmalig bei Freud der Begriff des Narzißmus auf (S. 170, Hervorh.i.Orig.):
Die Liebe zur Mutter kann die weitere bewußte Entwicklung nicht mitmachen, sie verfällt der Verdrängung. Der Knabe verdrängt die Liebe zur Mutter, indem er sich selbst an deren Stelle setzt, sich mit der Mutter identifiziert und seine eigene Person zum Vorbild nimmt, in dessen Ähnlichkeit er seine neuen Liebesobjekte auswählt. [...] Wir sagen, er findet seine Liebesobjekte auf dem Wege des Narzißmus, da die griechische Sage einen Jüngling Narcissus nennt, dem nichts so wohl gefiel wie das eigene Spiegelbild, und der in die schöne Blume des Namens verwandelt wurde."
Eine gedankenreiche Abhandlung zum Thema habe ich vorhin bei Karin Dahlke gefunden (Einführungen in die Psychoanalyse - Google Buchsuche), worin sie auf einige Probleme der Freudschen Leonardo-Interpretation aufmerksam macht, etwa in der Geiergeschichte, deren Erkenntniswert aber gleichwohl bestätigt.

Freud selbst hat seine Leonoardo-Arbeit als "einen ersten Schritt in die Biograhik" bezeichnet (zit. nach Erinnerung, Reflexion, Geschichte ... - Google Buchsuche), und weil er den Widerwillen vieler grade in Bezug auf der Schicksal "großer" Menschen kannte, klargestellt: "Heben wir ausdrücklich hervor, daß wir Leonardo niemals zu den Neurotikern und 'Nervenkranken', wie das ungeschickte Wort lautet, gezählt haben" (S. 203), und zwar schon deswegen nicht, weil wir "nicht mehr (glauben), daß Gesundheit und Krankheit, Normale und Nervöse, scharf voneinander zu sondern sind" - neurotische Züge hat halt jedermann/jederfrau in sich. (Bei dem einen tragen diese zum Malen der Mona Lisa bei, bei dem anderen zu Eintragungen in einem Internet-Forum.:winke:)

Auch bei Volker Kraft (aaO, S. 46) wird Freuds eigene Skepsis gegenüber der psychoanalytischen Biographik erwähnt. Immerhin, so Kraft, seien manchmal Interpretationen aus dieser Richtung "wahrscheinlicher als andere. 'Freudvoll' allerdings sind die in jedem Fall." ;)
 
Ich steige rasch nochmal in die Anfänge dieses Threads zurück zu dem Punkt, wo Hurvinek zwei Belege für Leonardos Homosexualität gibt, Lukrezia Borgia ad hominem gegen die Belege argumentiert, und sich Rovere ob der These, dass der Künstler sich in der Mona Lisa selbst gemalt haben könnte, sich vierfältig vor Lachen wälzt.

Zur Selbstportrait-These gibt es immer mal wieder Beiträge (z. B. Leonardo - Google Buchsuche), überwiegend unseriöse. Das Thema hat auch Künstler interessiert - ich erinnere an Marcal Duchamps ML mit Schnäuzer und Ziegenbärtchen - und es taucht auch bei Freud auf, freilich in "sublimierter" Form:

Freud zitiert Marie Herzfeld ? Wikipedia, die zweifelsfrei eine Leonardo-Fachfrau war, mit der Erwägung (aaO, S. 182), "in der Monna [sic] Lisa habe Leonardo sich selbst begegnet, darum sei es ihm möglich gewesen, soviel von seinem eigenen Wesen in das Bild einzutragen, 'dessen Züge von jeher in rätselhafter Sympathie in Leonardos Seele gelegen haben'".

Es ist halt ein Bild, das jedermanns Phantasie entzünden kann. Weiß jemand, was neuere Biographen wie Serge Bramly zu diesem Aspekt beisteuern können?
 
Wenn Freud in dem Fall recht haben würde, dann hätte Leonardo ja zumindest früher auch eine Neigung zu Frauen haben müssen, ansonsten ergäbe das keinen Sinn. Er ist zwar ironischwerweise am meisten für weibliche Portraits bekannt, ich sehe bei ihm jedoch einige Zeichnungen (also Dinge, die nicht für die Allgemeinheit bestimmt waren), welche gerade das weibliche Geschlechtsteil auf eine Art und Weise darstellen, die alles andere als attraktiv wirkt, eher wie der Eingang zu einer unheimlichen Höhle. Ja er spricht sogar davon, das die Schönheit der Gesichter quasi von diesem Körperteil ablenken sollen.

@ jschmidt:
Zur Frage der Identität der Mona Lisa wurde ja im oben verlinkten Dokumentarfilm auch ausreichend geklärt.
 
Wenn Freud in dem Fall recht haben würde, dann hätte Leonardo ja zumindest früher auch eine Neigung zu Frauen haben müssen, ansonsten ergäbe das keinen Sinn. Er ist zwar ironischwerweise am meisten für weibliche Portraits bekannt, ich sehe bei ihm jedoch einige Zeichnungen (also Dinge, die nicht für die Allgemeinheit bestimmt waren), welche gerade das weibliche Geschlechtsteil auf eine Art und Weise darstellen, die alles andere als attraktiv wirkt, eher wie der Eingang zu einer unheimlichen Höhle. Ja er spricht sogar davon, das die Schönheit der Gesichter quasi von diesem Körperteil ablenken sollen.

Genies sind immer anders als die Masse. Wären sie wie die Masse, dann hätte die Ausprägung des Genies keine Chance zur Entfaltung. Man muss sein Genie ausleben.
Wenn das stimmt, dass da Vinci gemeint haben soll, dass die Schönheit der Gesichter von dem weiblichen Geschlechtsteil ablenken sollen, dann war er nicht schwul. Schwule sehen im weiblichen Geschlecht keine Bösartigkeit oder Unheimlichkeit. Dann war er anderweitig psychisch/traumatisch belastet.
Im "Das letzte Abendmahl" hat da Vinci keine Frau an Jesus' Seite reingemalt. Dafür war da Vinci viel zu sehr auf Männer fixiert. Und künstlerische Männer die junge Knaben bevorzugen, malen auch gern weiblich anmutende Jünglinge sehr gern. Sei es den Johannes oder die/den Mona Lisa.
 
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