Liegt der Sagenfigur Siegfried eine historische Gestalt zu Grunde?

Jetzt gebe ich meinen "Senf" auch noch dazu:
Es gibt dazu ein interessantes Buch von Otto Höfler "Siegfried, Arminius und der Nibelungenhort" vom Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Jetzt kommt meine Meinung:
die Nibelungensage besteht, meiner Ansicht nach, aus 2Teilen. Im ersten Teil wird der Drachen (richtigerweise LINDWURM) erschlagen von einem Held namens Siegfried. Dieser Teil der Sage spiegelt eindeutig die Römerschlacht wieder. Es gibt hier sehr phantastische Beschreibungen (z.B. Tarnkappen, Zwerge,....). Der erste Teil unterscheidet sich deutlich vom zweiten Teil, bei dem höfischen Streitereien in den Vordergrund treten. Der zweite Teil läßt daher auf spätere Ereignisse in der Völkerwanderungszeit schließen. Auch sind die isländischen bzw. skandinavischen Erzählungen wesentlich anders, als die uns bekannten Erzählungen.
Scon Tacitus hat einen Hinweis darauf gegeben, daß die Taten von Arminius von den Germanen "besungen" wurden. Die lange Zeit hat die mündlichen Überlieferungen mehr in das Reich der Phantasien (Drachen/Lindwurm, Zwerge, ....) eingegliedert. Als diese Sage endlich aufgeschrieben wurde, da ist es zu einer Verknüpfung verschiedener Ereignisse gekommen. Die damaligen Schreiber konnten mit den Erzählungen von Arminius nichts mehr anfangen und haben sie daher als eine Art "Vorspann" mit in die Nibelungensage eingegliedert.

Ich habe so meine Propleme mit der Arminius Hypothese sie ist sehr verführerisch und populistisch. Doch muss ich sagen das die Theorie einige Haken hat. Natürlich kann man interpredieren das der Drache der als unbesiegbar galt das römische Heer ist und Siegfried Arminius der diesen besiegt. Aber andersrum könnte der Drache auch der Hunnensturm sein und die Tötung des Drachen die Schlacht auf den Katalaunisch Feldern sein die den scheinbar unbesiegbaren Hunnen die Illusion der Unbesiegbarkeit nahm. Ich halte es sogar für sehr wahrscheinlicher da die restlichen Interpredierung der Ereignissen eher darauf hindeutet das die Ereignisse die im Nibelungenlied beschrieben darauf hinweisen das der Ausgangspunkt für die Saga eher im 5. Jahrhundert liegen(der Untergang des 1. Burgundenreiches, Der König Etzel als König Atilla, Der Zug Theoderichs nach Italien als Dietrich von Bern und die Rabenschlacht/Schlacht von Ravenna etc.). Sicherlich gab es auch immer wieder Anleihen aus der Vergangenheit oder späteren Ereignissen, Aber der Kernpunkt bleibt ähnlich wie die Artussage die ihren ausgangspunkt bei der Angelsächsischen Invasions Britanniens hatte. Gut möglich ist es auch das viele Ausgangspunkte in der Figur Siegfried in der griechischen Mythologie hatte. Es gibt durchaus sehr viele Parralellen zwischen Siegfried und Archilles.

Das "Irmin" eine Abwandlung des Namens Arminius ist halte ich nicht unbedingt für so wahrscheinlich. Arminius war aber der Name der ihn zu erkannt wurde als er römischer Bürger wurde. Sein germanischer Name ist unbekannt. Und ich denke eher das unter seinen germanischen Namen bei den germanischen Stämmen bekannt war.
 
Gut möglich ist es auch das viele Ausgangspunkte in der Figur Siegfried in der griechischen Mythologie hatte. Es gibt durchaus sehr viele Parallelen zwischen Siegfried und Achilles.

Dem würde ich nicht so zustimmen wollen. Ich halte das Lindenblatt auf der Schulter beim Drachenblutbad, bzw. die mütterliche Hand an der Ferse beim Bad im Styx eher für ein Mythem, denn eine Entlehnung. Wo im Siegfried-Theoderichsagenkreis aber wirklich kräftig entlehnt wurde, das ist in der nordischen Variante, wo man recht ausgiebig aus Vergil schöpfte.

Das "Irmin" eine Abwandlung des Namens Arminius ist halte ich nicht unbedingt für so wahrscheinlich. Arminius war aber der Name der ihn zu erkannt wurde als er römischer Bürger wurde. Sein germanischer Name ist unbekannt. Und ich denke eher das unter seinen germanischen Namen bei den germanischen Stämmen bekannt war.

Dazu Ralf Jahn in seiner Dissertation:

Falls Arminius sein Bürgerrecht durch Augustus (bzw. in seinem Namen) verliehen bekommen hatte, lautete sein Name wahrscheinlich: C. Iulius Arminius [12] . Es besteht aber auch die Möglichkeit, daß er ihn durch einen einflußreichen römischen Gönner (etwa durch Adoption) erhalten hatte. Sein cognomen Arminius ist vermutlich eine Latinisierung seines germanischen Namens, der in römischen Ohren so ähnlich geklungen haben mag [13] . Alles weitere wäre Spekulation.
 
Ich weis nicht ob der User Trajan überhaupt noch im Forum ist, aber ich hätte eine Frage zum Arminus/Siegfried Komplex.

Es heißt das die Germanen keine schriftliche Aufzeichnungen machten, sondern nur mündliche Überlieferungen.
Somit wäre es ein leichtes, daß Arminus Spuren innerhalb kürzester Zeit aus dem Germanischen Gedächtnis gelöscht wurden.

Aber wieso sollten auch die Römer am Rhein diesen Arminus vergessen haben ?
Ist es wirklich möglich, daß die am Rhein stationierten Legionen, diesen Schock eines Aufstandes, der letztendlich ja auch zum Rückzug aus Germanien führte, schon nach 200 bis 300 Jahren vergessen haben ?

Wenn ich dann noch höre, wie eng diese am Rhein stationierten Legionen mit den dort ansässigen Germanen verwebt waren, sie ja später teilweise aus Germanen bestanden, wie ist es möglich daß die Germanen dort Arminus vergessen haben.

Er wurde ihnen doch bestimmt auch über Jahrhunderte, den Germanen dort von den Römern vorgehalten.
Arminus muss als historische Gestalt, doch das Zusammenleben der dort wohnenden über jahrhunderte beeinflusst haben und wenn sie den Germanen dort nur als Verrätergestalt vorgehalten wurde.

Eine solche Gestalt, die dort über Jahrhunderte immer präsent gewesen sein muss, kann doch dann nicht komplett aus der Geschichte verschwinden ?

Sie würde sich bestimmt wandeln, aber komplett verschwinden ?

Meine Frage wäre jetzt, wie würde eine Figur, welche in den Köpfen der Römer stecken muss, denn diese verwendeten sehr wohl schriftliche Aufzeichnungen und sie mussten wissen das man über Rhein einige Legionen verloren hatte, sich in den Köpfen der mit ihnen verzahnten Germanen dort entwickeln.
Wie gross wäre der Anteil der Römer selbst, diesen Arminus über die Jahrhunderte sie sie dort am Rhein waren, im Germanischen Gedächtnisse zu behalten.
Ist es möglich, daß ein Römischer Kommandant weis, das zb vor 250 Jahren, die und die Legion unter einem Varus, von verräterischen Germanen vernichtet wurde, aber seine Germanische Putzfrau dieses schon vergessen hatte ?

Und wie verhält es sich, da die Germanen ja die Geschichtsschreibung der Römer auch kennen mussten, sie also für ihre Mündliche Überlieferung zumindest am Anfang noch die Korrektur der römischen Überlieferungen hatten, mit der Detailtreu.

Zb. Hätte ein Germanischer Sänger da von einem Siegfried gesungen, der mit einem Arminius identisch sein sollte und es wäre ein Germanischer Offizier in Rente daneben gesessen, dann hätte der doch bestimmt gesagt, halt mal, daß war kein Drache, das war die x, x und die x Legion und der Chef von denen war der Varus, hier schau ich habe sogar noch ne Münze mit seinem Kopf drauf hier. ?

Tut mir leid wenn ich geschichtlich nicht so der Held bin und vielleicht vieles übersehen habe das sich selbst erklärt, aber dieses sind halt die Fragen die mich an der Sache am meisten beschäftigen.
 
Meine Frage wäre jetzt, wie würde eine Figur, welche in den Köpfen der Römer stecken muss, denn diese verwendeten sehr wohl schriftliche Aufzeichnungen und sie mussten wissen das man über Rhein einige Legionen verloren hatte, sich in den Köpfen der mit ihnen verzahnten Germanen dort entwickeln.

Die Antwort darauf finde ich eh schwer, weil wohl eher immer die Siege der römischen Legionen gepflegt wurden als Erinnerung und wohl eher nicht so die Niederlagen?
Ob 250 Jahre später dort am Rhein stationierte röm. Soldaten noch i-etwas intus hatten von einer Niederlage des Varus? Ich glaube, die große Mehrzahl der röm. Soldaten werden eher nie einen Geschichtsunterricht genossen haben und den Namen Arminius überhaupt nach über 200 Jahre niemals in ihrem Leben je vernommen haben oder diesen noch kannten.

Ob Arminius & Siegfried tatsächlich die selbe Person sind/waren, glaube kaum, dass man 250 Jahre später hier i-welche Anhaltspunkte finden könnte zwischen gedanklichen geschichtlichen Austausch von röm. Soldaten und den germanischen Stämmen. Weder in positiven noch negativen Sinne.

Zb. Hätte ein Germanischer Sänger da von einem Siegfried gesungen, der mit einem Arminius identisch sein sollte und es wäre ein Germanischer Offizier in Rente daneben gesessen, dann hätte der doch bestimmt gesagt, halt mal, daß war kein Drache, das war die x, x und die x Legion und der Chef von denen war der Varus, hier schau ich habe sogar noch ne Münze mit seinem Kopf drauf hier. ?

Kurz um - ich denke kaum, dass 250 Jahre später röm. Soldaten, falls damals noch Lieder über Arminius (als Siegfried) von den germ. Stämmen be/gesungen wurden (wenn es sie vielleicht noch gab, dann sicher schon total den Tatsachen verfälscht/entstellt nach 250 Jahren), dass eben diese späteren römischen Soldaten oder ein "Germanischer Offizier in Rente" da groß einen Zusammenhang zur Varusschlacht herstellen hätte können.
 
Hmmmm, ist euch allen vieleicht mal in den Sinn gekommen, das ihr alle ( mehr oder weniger ) Recht haben könntet?
Sagen und Lieder wurden damals ja von Barden/Skalden/Minnesängern( u.s.w ) geschrieben/komponiert. Und diese Sagen und Lieder mussten den Künstlern ja in Schänken und an Höfen die Bäuche und Börsen füllen. Und da immer die selben Geschichten/ Lieder sicher mit der Zeit langweilig werden, haben die schlaueren sicher zur künstlerischen Freiheit gegriffen und sich die " besten Szenen" aus anderen Geschichten/Liedern gegriffen und daraus eigene "verbesserte Versionen" erstellt.
Das würde erklären, warum einige Sachen auf einige Personen und Regionen passen, andere wiederum nicht, da sie der künstlerischen Freiheit wegen erfunden oder aus anderen Geschichten/Liedern/ oder gar Epochen entlehnt wurden.
Ist mal nur so ein Gedankengang.....
 
Der Inhalt des Nibelungenliedes und des Dietrich-Sagenkreises sind klar um die Ostgoten und merowingischen Franken sowie Burgunderreich und rund um Attila geordnet. Dabei kann man in dem vorliegenden Sagenmaterial durchaus Entwicklungen und Widersprüche feststellen, auch Einflüsse aus der römischen Literatur. So halte ich z.B. die Säugung Sigurds durch eine Hirschkuh in der nordischen Thidrekssaga für eine Übernahme aus Vergil und der Säugung von Romulus und Remus durch die Wölfin. Die Sagen kennen einige Widersprüche (beispielsweise ist die Handlungsweise der Figur Krimhild/Gudrun, als sie ihre Brüder an Atlis/Etzels Hof holt, in den verschiedenen Texten mal wohlwollend, mal übelwollend, aber immer mit dem gleichen tragischen Resultat) und sie springen durch die Zeit, Attila und Theoderich waren beispielsweise keine Zeitgenossen. Hinzu kommen gerade im deutschen Nibelungenlied noch Ausgestaltungen, die natürlich keinen völkerwanderungszeitlichen Kontext haben und ins höfische Milieu des Hochmittelalters gehören und z.T. von Mediävisten auch als zeithistorische Kritik gelesen werden. Die verschiedenen ereignishistorischen Figuren aus dem 4. bis 6. Jhdt., die - ereignishistorisch unmöglich - in der Fiktion zusammenwirken, handeln also im Nibelungenlied in einer Welt des 12./13. Jhdts. in der Thidrekssaga af Bern in einer Welt des 13. Jhdts.
 
Wobei die inhaltlichen Parallelen zwischen Nibelungenlied und Kudrun relativ oberflächlich sind und sich eigentlich nur auf ein paar ähnliche Namen beschränken.
 
Naja, einmal wird ja im Gudrunslied der Streit im Bade thematisiert, der im Nibelungenlied wiederauftaucht, zum anderen ist sie die burgundische Prinzessin an Atlis/Etzels Hof, die ihre drei Brüder an den Hof und ins Verderben lockt. In der einen Version in guter, in der anderen Version in schlechter, rachegesinnter Absicht.
 
Also der Chronist der die Sachsenkriege beschrieb hieß Einhard oder Einhardi, er nannte den Cheruskerfürsten: Aerminius bzw Aerminio, also phonetisch gesehen steckt da Herrman und auch Arminius drin.
Arminius kommt bei keinem einzigen mittelalterlichen Autor vor. Und auch wenn Tacitus in Corvey vorhanden war: Auch der Corveyer Widukind nennt den Namen nicht. Die einzige bekannte Erwähnung der Varusniederlage im Mittelalter findet sich - und das völlig verzerrt - bei Otto von Freising. Der verwechselt Varus mit Varro und bringt auch sonst noch ein paar Dinge durcheinander.
 
Und Siegfried ist auch keine einheitliche Sagengestalt. Wir wissen ja, dass die Siegfriedsage ursprünglich von der Sage um den Untergang der Burgunden getrennt war.

Und in der Siegfriedsage wird germanische Mythologie beschrieben.

Abgesehen davon, schauen wir uns die Parallelen doch einmal an:

Ein junger, strahlender Held bricht vom Niederrhein auf, kämpft mit einem Drachen, 'befreit' Brunhilde, zieht an einen Hof im Bereich der Römischen Herrschaft und wird ermordet.

Der junge, strahlende Germanicus bricht vom Niederrhein auf, kämpft mit Arminius, den er an der Weser schlägt, 'befreit' Thusnelda, zieht wieder nach Hause, und stirbt, evt. wird er ermordet.

Der finstere Verräter Hagen aus der CUT hingegen kann durchaus als Tiberius interpretiert werden. Und Arminius als Drache, der den Hort durch ein Verbrechen an sich brachte. Denn, auch wenn er nicht mehr in römischen Diensten stand, war der Überfall auf des Varus Legionen eine Vertragsverletzung, was auf zwischenstaatlicher Ebene nicht selten ebenfalls als Verrat verstanden wird.

Was will ich mit diesem Gedankenexperiment sagen?

Wir können zwar vermuten, was hinter Ereignissen der Sage steckt, eine Verbindung zur Ereignissen aus Schriftquellen können wir aber nur dann herstellen, wenn wir, ähnlich wie bei archäologischen Funden und Befunden einen zusätzlichen Beweis für diesen Zusammenhang haben. Dies wird bei der Sage vom Untergang des Burgundenreichs durch Namen und Ereignisse der Völkerwanderungszeit einfach schon evident.

Bei Siegfried hingegen stammen die Motive weitgehend aus der Mythologie (Parallelen zu Sagen über Odin und Merowech, Verbindung von nicht mehr verstandenen religiösen Vorstellungen, etc. pp.) Die Verbindung mit Arminius oder Germanicus hängt hingegen in der Luft.
 
Dabei kann man in dem vorliegenden Sagenmaterial durchaus Entwicklungen und Widersprüche feststellen, auch Einflüsse aus der römischen Literatur. So halte ich z.B. die Säugung Sigurds durch eine Hirschkuh in der nordischen Thidrekssaga für eine Übernahme aus Vergil und der Säugung von Romulus und Remus durch die Wölfin.
Ich kann und will es natürlich nicht ausschließen, aber die Säugung Prominenter durch Tiere kommt in so manchen Sagen vor. Ebenso auch das Aussetzen von Kindern in Gewässern (bekannt u. a. von Sargon von Akkad und Moses), wobei das in der Thidrekssaga - anders als bei Romulus und Remus - unabsichtlich erfolgt. Beides sind verbreitete Topoi. Fälle, in denen Babys von Tieren gesäugt wurden, soll es auch real geben, und selbst wenn nicht, ist es nicht so abwegig, auf so eine Idee zu kommen. Ich sehe daher keine Notwendigkeit anzunehmen, dass eine Sage direkt von der anderen abgekupfert wurde. Im Übrigen war die Wölfin das Machtsymbol und die Identifikationsfigur der Römer schlechthin, von ihr gesäugt zu werden war also nichts Ehrenrühriges. (Die mythographische Deutung, dass es sich bei der "Wölfin"=lupa in Wahrheit um eine Prostituierte=lupa gehandelt habe, lasse ich mal beiseite.) Sigurd hingegen wird seine Vergangenheit mit der Hirschkuh von Brynhild zum Vorwurf gemacht. Und überhaupt: Warum hätte man bei einer Übernahme die Wölfin durch ein anderes Tier ersetzen sollen?
Für eine allfällige Übernahme spricht meiner Meinung nach eher die Kombination der beiden Mythen (Aussetzen am/im Gewässer und Säugen).

Wobei die inhaltlichen Parallelen zwischen Nibelungenlied und Kudrun relativ oberflächlich sind und sich eigentlich nur auf ein paar ähnliche Namen beschränken.
Naja, einmal wird ja im Gudrunslied der Streit im Bade thematisiert, der im Nibelungenlied wiederauftaucht, zum anderen ist sie die burgundische Prinzessin an Atlis/Etzels Hof, die ihre drei Brüder an den Hof und ins Verderben lockt. In der einen Version in guter, in der anderen Version in schlechter, rachegesinnter Absicht.
Ich habe einmal die Theorie gelesen (ich bin mir nicht mehr sicher wo, aber ich glaube, es war in der Lieder-Edda-Ausgabe aus dem Manesse-Verlag), dass die Unterschiede auf christliche Einflüsse zurückzuführen seien: In der Edda wirke noch die "germanische" Vorstellung nach, dass eine Frau in erster Linie zu ihrer Sippe halten müsse, weshalb Gudrun trotz allem auf der Seite ihrer Brüder stehe, während im Nibelungenlied sich die christliche Denkweise spiegle, dass eine Frau in erster Linie ihrem Ehemann verpflichtet sei. Ich frage mich aber, ob dieser Theorie nicht noch zu sehr die alte Vorstellung zugrundeliegt, dass die Edda-Lieder authentische Zeugnisse der heidnischen Vergangenheit seien.
 
m Übrigen war die Wölfin das Machtsymbol und die Identifikationsfigur der Römer schlechthin, von ihr gesäugt zu werden war also nichts Ehrenrühriges. (Die mythographische Deutung, dass es sich bei der "Wölfin"=lupa in Wahrheit um eine Prostituierte=lupa gehandelt habe, lasse ich mal beiseite.)

Ich bin so frei, meinen "weltanschaulichen Dauerbrenner" zu lancieren und auf den muttergöttlichen Background dieses Mythos hinzuweisen. Es gibt unterschiedliche Versionen, von denen eine besagt, dass die etruskische Wolfsgöttin Luperca die Wölfin veranlasst hat, die Kinder zu säugen, und eine andere, dass die etruskische Erd- und Muttergöttin Acca Larentia unter dem Feigenbaum der Göttin Rumina in Gestalt einer Wölfin die Kinder nährte.

Rumina (lat. ruma = Zitze, säugende Brust) ist die römische Göttin der Muttermilch (oder des Säugens) und wurde in einem Tempel auf dem Comitium verehrt. Acca Larentia ist die mythologische Amme von Romulus und Remus und wird entweder als ´Avatar´ bzw. alter ego der Rumina oder als Gattin des Hirten Faustulus und Ersatzmutter der Kinder geschildert.

Fazit: Die Gründung Roms verdankt sich mythologisch - gemäß der Kausalkette - dem guten Willen einer Muttergöttin.

Dass "lupa" zu einer Bezeichnung für Dirnen wurde, hängt mit der (von römischen Männern zumindest als solche wahrgenommenen) ´Lüsternheit´ von Wölfinnen zusammen, deren Bezeichnung metaphorisch auf ´leichte Mädchen´ übertragen wurde. Mit dem Gründungsmythos hat das nichts zu tun.

(PS. Eventuell kann man aus dem Thema einen neuen Thread machen.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Also der Chronist der die Sachsenkriege beschrieb hieß Einhard oder Einhardi, er nannte den Cheruskerfürsten: Aerminius bzw Aerminio, also phonetisch gesehen steckt da Herrman und auch Arminius drin.
Tatsächlich finden sich die Namen Erminius und Erminio in frühmittelalterlichen Völkertafeln. Hierzu habe ich vor ein paar Jahren in einem Thread über Mannus etwas zusammengetragen.
Der interessanteste Teil ist dieser Satz aus History of the Britons von Nennius:

"Armenon had five sons, Gothus, Valagothus, Cibidus, Burgundus, and Longobardus."

Armenon ist der Sohn von Alanus (dem Alanen). Armenon hat fünf Sohne Gote, Valagote, Gepide, Burgunde und Langobarde.

Dieser Stammvater Armenon kann aber nicht mit Arminius identisch sein. Diese Sage findet sich bereits bei Tacitus in ähnlicher Form. Arminius ist bei Tacitus nicht identisch mit dem Stammvater der Hermionen.
 
Da gibts vielleicht auch alte "religiöse" Aspekte, Zwerge und Fabelwesen gehören in den keltischen Kulturkreis und sind von den germanischen Göttern überwunden worden.
 
Es gibt unterschiedliche Versionen, von denen eine besagt, dass die etruskische Wolfsgöttin Luperca die Wölfin veranlasst hat, die Kinder zu säugen
Eine Göttin Luperca wird, soweit ich das nachvollziehen kann, nur von Arnobius erwähnt, der sich dabei auf Varro beruft. Als "etruskisch" wird sie bei Arnobius allerdings nicht bezeichnet.

und eine andere, dass die etruskische Erd- und Muttergöttin Acca Larentia unter dem Feigenbaum der Göttin Rumina in Gestalt einer Wölfin die Kinder nährte.
Die Theorie, Acca Larentia sei eine etruskische Erd- und Unterweltsgöttin gewesen, gibt (oder gab es zumindest im 19. Jhdt.) tatsächlich, aber woraus soll sich ergeben, dass sie eine "Muttergöttin" war? Und gibt es eigentlich irgendeinen Beleg? (Und schreib jetzt nicht wieder: "die Fachwelt ist sich einig" ...)
Und in welcher bei wem belegter Version der Sage steht, dass sich Acca Larentia in eine Wölfin verwandelt habe?

wird entweder als ´Avatar´ bzw. alter ego der Rumina [...] geschildert.
Von wem?

Fazit: Die Gründung Roms verdankt sich mythologisch - gemäß der Kausalkette - dem guten Willen einer Muttergöttin.
Also sogar wenn Deine Annahmen irgendwie belegt sein sollten, hätte sich der "gute Wille" der "Muttergöttin" nur auf die Rettung der Zwillinge erstreckt, nicht auf die Gründung Roms.
 
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