Da für alles Logische in Kontinentaleuropa ja bekanntlich die Franzosen zuständig sind, habe ich spontan mal auf französischen Seiten geschaut. Die Thesen in der frz. Wiki wirken auf mich allerdings durchweg nicht wirklich überzeugend.
Immerhin habe ich hier
Forum Histoire - Passion Histoire • Consulter le sujet - Droite/Gauche (sens de circulation)
- post von "Plantin" ziemlich genau in der Mitte - einen überzeugenden recht frühen Nachweis für die Kodifizierung des Rechtsverkehrs gefunden, dem zufolge das erste Gesetz, das den Rechtsverkehr bei Begegnungssituationen zwingend vorschrieb, vom 30. Mai 1851 stammt.
Alle anderen auch hier vorgeschlagenen Theorien sowohl zum Links- als auch zum Rechtsverkehr finde ich offen gesagt wenig überzeugend. Linksverkehr deshalb, weil man des links hängenden Großmessers wegen von links auf den Gaul stieg? Das würde ja bedeuten, dass ich grundsätzlich zu Fuß gehend und das Hottehü am Zügel führend auf die meiner Wegrichtung entsprechende Straßenseite wechseln hätte müssen, bevor ich stolzer Recke mich in den Sattel schwinge. Der Sinn erschließt sich mir nicht - ich persönlich würde erst aufsitzen und dann standesgemäß hoch zu Ross meine Wegrichtung suchen. Das übrige Lumpenpack hat ohnehin Platz für mich zu machen - bin schließlich ein Ritter!! Und der Schutz vor Überfällen? Ein cleverer Brigant kommt aus dem Unterholz längs der Straße und kann da sofort den links hängenden Säbel des Opfers ergreifen. Da würde ich als potentielles Opfer eher auf der rechten Seite reiten, wobei mich der Lümmel natürlich am Schwertarm greifen/beschädigen kann. Also doch besser die Mitte? :S ... nur so als Beispiele. Auch den ganzen (pseudo-)militärischen Argumentationen (Napoleon als erster, der, um seine Feinde zu verwirren, Schlachten auf dem rechten statt - wie gebräuchlich - auf dem linken Flügel eröffnete) kann ich nicht wirklich folgen. :grübel: ...
Kann es sein, dass man einfach im Nachhinein mühsam nach einer logischen Erklärung für eine Entscheidung sucht, die man - Nation für Nation - mit dem entschlossenen Wurf einer Münze willkürlich entschieden hat?
Ich hatte zunächst im Bereich des von Staats wegen beschleunigten Ausbaus der französischen Fernstraßen in Frankreich gesucht und nichts zum Begegnungsverkehr gefunden. Ich halte es jedoch für naheliegend, dass der Bedarf, das zu regeln, erst vorhanden war, als Verkehrsdichte und das Verhältnis von Geschwindigkeit zu Reaktionsschnelligkeit so ungünstig wurde, dass man Ausweichregeln festlegen musste. Indiz dafür: Jede Fußgängerzone und jede (mir bekannte) Tankstelle kommt bis heute ohne eine solche Regelung aus, da man sich hier noch mit ad hoc Entscheidungen irgendwie unfallfrei behelfen kann.
Im Übrigen frage ich mich auch, nach welcher zwingenden Logik z. B. Radfahrer in Hamburg bei Begegnung zu 95% nach links, statt nach rechts ausweichen? Handyseite??
These 1: Auch in der Seefahrt wurde vorher geübter "guter Seemannsbrauch" erst mit den Kollisionsverhütungsregeln der IMO international verbindlich geregelt und das ebenfalls per willkürlicher Festlegung und nur gültig dort, wo Platzmangel herrschte. Auf Binnenwasserstraßen, insbesondere beim Treideln!, dürfte sich ähnliches schon rein aus der Natur der Sache heraus sehr viel früher von selbst ergeben haten.
These 2: (Eher freche Behauptung): Die Franzosen haben sich bei Einrichtung ihrer schnellen Diligence-Verbindungen im 18. Jh. willkürlich auf ein Ausweichen nach rechts festgelegt und haben diese willkürliche Regelung den von ihnen unterworfenen Nationen ebenso auferlegt, wie die Hausnummern und das Trottoir; dort hat es sich bewährt, weshalb man es beibehalten hat. Irgendwann später haben sich andere, bis dato links verkehrende Nationen wie z. B. Schweden (und erst jüngst irgendein Pazifikstaat) der Mehrheit angeschlossen (das machen heute ja selbst islamische Staaten mit ihrer Wochenendregelung) um international mitfahren zu können. Und nur die ollen Limeys nebst Anverwandten sowie Schülern wie den Japanesen auf ihren Inseln, die sämtlich ohnehin mit der Vereinheitlichung von Regeln, Maßen und Gesetzen traditionell auf Kriegsfuß stehen, beharren bis heute in ihrer splendid isolation. Just my two strokes with the cat...