Logistik der Revolutionsarmee

Mir stellen sich die Logistik betreffend 2 Fragen:

War es überhaupt real möglich, die Große Armee in dieser Größenordnung für einen längeren Krieg angemessen zu versorgen? Und
Welche Strategie verfolgte Napoleon?

Nimmt man die Aussage Caulaincourts: "Er war erstaunt, dass sie ihm Wilna kampflos überlassen und ihren Entschluss so zeitig gefasst hatten, dass sie ihm entkommen konnten. Dass er in seiner Hoffnung auf eine große Schlacht vor Wilna sich getäuscht sah, bereitete ihm wirklich schweren Verdruss." [1] dann wird deutlich, dass N. eine frühe Entscheidungsschlacht - eigentlich wie immer - gesucht hat, um danach die Kapitulation entgegenzunehmen: "Sein eigentliches Hauptziel war nicht Geländegewinn, sondern die Zerschlagung der russischen Streitkräfte. Wenn es ihm gelang - so dachte er nicht zu Unrecht -, die Armeen Barlays und Bagrations in einem zweiten Austerlitz zu vernichten, dann blieb Alexander kaum eine andere Wahl, als zu den Bedingungen der Franzosen Frieden zu schließen." [1]

Ich kopiere einmal die Zeilen von Beitzke aus #23:
"In Ostpreußen allein standen mehrere Wochen hindurch 300000 Mann Fußvolk und 45000 Reiter. Diese Provinz, welche schon durch den Feldzug von 1807 so viel gelitten hatte, wurde jetzt fast gänzlich ausgezehrt. Das Fußvolk verzehrte alles, was von der vorjährigen Ernte noch übrig war, aber für die zahlreiche Reiterei reichte das vorhandene Futter nicht aus, für diese musste das grüne Getreide auf dem Felde aushelfen. Die Unordnung konnte bei einem so ungeheuren Heer nicht ausbleiben. Man nahm Vorspann, Lebensmittel, Fourage, Schlachtvieh, selbst Geld, wo man es fand. Wohl kamen Klagen und Widersetzlichkeiten, aber man war genötigt, sich der Gewalt zu fügen. So musste Ostpreußen allein 77900 Pferde, 14000 Wagen, 22770 Ochsen usw. stellen. Große Herden von Schlachtvieh wurden hinter den Truppen zu ihrem unmittelbaren Unterhalt hergetrieben." [2]

Das deckt sich mit Lieven:
"Im russischen Oberkommando war man sich bald im Klaren darüber, dass Napoleons Armee für den Entschluss, dem zurückgehenden Feind nachzusetzen und ihn zur Schlacht zu stellen, einen hohen Preis zu zahlen hatte. Viele von Napoleons Männern und, was noch erheblich wichtiger war, seine Pferde waren in den Wochen vor der Invasion größtenteils schlecht verpflegt worden. Eine so riesige Armee, die für eine frühe riesige Entscheidungsschlacht zusammengezogen wurde, konnte sich schon unter normalen Umständen im verarmten Litauen nicht ausreichend versorgen. Dass diese Truppen, um Barclay zum Kampf zu stellen, nun Gegenden durcheilen mussten, die abgegrast und von den Russen niedergebrannt worden waren, verschlimmerte die Lage wesentlich. Strömender Regen machte das Bild des Elends vollkommen. Der Feldzug war kaum zwei Wochen alt, da schrieb Napoleon seinem Kriegsminister in Paris, es habe keinen Sinn, neue Kavallerieregimenter aufstellen zu wollen, da alle in Frankreich und Deutschland verfügbaren Pferde nicht ausreichten, um die bestehende Kavallerie wieder aufzufüllen und die enormen Verluste auszugleichen, die sie in Russland bereits erlitten habe. Von Deserteuren und Kriegsgefangenen erfuhren die Russen, dass in den Reihen der Franzosen Hunger und Krankheiten herrschten, vor allem aber dass sie Unmengen von Pferden verloren hatten." [1]

Das deutet darauf, dass auch die Logistik auf einen schnellen Sieg ausgerichtet war (nur ausgerichtet sein konnte?). Was mir als Nichtmilitär auch Kopfzerbrechen macht, ist die Frage, wie die Versorgung bei einer Massierung der Armee auf kleinstem Raum (z.B. vor einer Schlacht) funktionieren konnte.

Nimmt man die ganzen Fakten, dann kann man wohl zu dem Schluss kommen, dass der Feldzug eigentlich schon nach Wilna abgebrochen werden konnte, Aussicht auf Erfolg bestand wohl nicht mehr.

Grüße
excideuil

P.S.: @ Bdaian, danke! :winke:

[1] Lieven, Dominic: Russland und Napoleon – Die Schlacht um Europa, C. Bertelsmann, München, 2011 (2009), Seite 183
[2] Beitzke, Dr. Heinrich: Geschichte des Russischen Krieges im Jahre 1812, Leipzig, o.J.

Bei van Creveld (S. 61) finden sich eine Reihe von ergänzenden Darstellungen zur Komplexität der Vorüberlegungen und den, eigentlich nicht zu bewerkstelligen, logistischen Anfoderungen.

https://books.google.de/books?id=Tu3XZTx_s84C&printsec=frontcover&dq=creveld+supplying&hl=de&sa=X&ved=0CCAQ6AEwAGoVChMIge74kO6SyAIVZf9yCh3-9w58#v=onepage&q=creveld%20supplying&f=false

OT: Interessant fand ich den Hinweis, der auch für den Kunersdorf-Thread gilt, dass Turenne aufgrund logistischer Überlegungen eine maximale Obergrenze für depotorientierte Armeen bei ca. n = 50.000 sieht. OT-Ende.

Und Lieven sieht ja gerade die Stärke und den Erfolg der zaristischen Armeen gegen Napoleon in der Logistik, basierend auf den widerstandfähigen russischen Pferden.

https://books.google.de/books?id=oip_ySJfojAC&printsec=frontcover&dq=lieven+russland+gegen&hl=de&sa=X&ved=0CCAQ6AEwAGoVChMIuIqXrO6SyAIV5SVyCh34MwzK#v=onepage&q=lieven%20russland%20gegen&f=false

Bei Nafziger finden sich noch eine Reihe von erweiterten Hinweisen zu den Problemen mit der Logistik.

https://books.google.de/books?id=EOU0rHbAzfAC&printsec=frontcover&dq=nafziger&hl=de&sa=X&ved=0CC8Q6AEwAmoVChMIsu-Cwu6SyAIV5uxyCh0f9wME#v=onepage&q=nafziger&f=false

Zum einen wurde durch die dramatische Erweiterung der napoleonischen Armee nicht nur die Qualität der kämpfenden Einheiten deutlich reduziert.

Ähnliches gilt auch für die Qualität der Transporteinheiten, die den Anforderungen in vielen Fälle nicht gewachsen waren.

Technisch war es wohl zudem problematisch, was Napoleon getan hat, auf große Transportwagen zu setzen, die mit den schlechten Straßen in Russland schwer zu Recht kamen.

Dabei basierte der Plan von Napoleon auf einer grenznahen entscheidenden Schlacht, die die später eintretenden logistischen Probleme nicht aufgeworfen hätte.

Vor diesem Hintergrund war die Logistik auf eine Unterstützung von 24 Tagesrationen ausgelegt.

Im Gegenzug dazu wollte General Phull, ein preußischer Offizier, ein befestigtes Lager in Drissa anlegen, das die Funktion eines Torres Vedras haben sollte, um die napoleonische Armee zum Kämpfen und proviantieren in einer "Einöde" ohne natürliche Nahrungsressourcen zu zwingen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Linien_von_Torres_Vedras

Dieser Plan schlug aus einer Reihe von Gründen fehl und so konnte Napoleon weiter marschieren als sich die russischen Planer gewünscht hatten
 
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Vorab vielen Dank an alle!

Bezüglich des Schwarzpulvers habe ich die beiden Links mal überflogen (zu Hause schaue ich es mir dann genauer an). Gerade die Rolle des Herrn Lavoisier im Bezug zur Schwarzpulverherrstellung war mir so nicht bekannt! Die Schilderung des Experimentes auf Seite 72 des "Science and Polity" erinnert mich ein bisschen daran, wie wir im Chemieunterricht Schießbaumwolle hergestellt haben :yes:

Die mindere Qualität des Schwarzpulvers war natürlich für die Franzosen ein Ärgernis, hinzu kommt dass das Mle 1777 im Vergleich mit der Brown Bess scheinbar schlechter Abschnitt.... wenn ich den französischen Wikipedia- Artikel hierzu richtig verstanden habe.

@Neddy: Wir werden deiner gedenken, ein weiteres Opfer im Dienste der Geschichtswissenschaften :cry:

Beim Durchsehen des Threads bin ich auf diesen Beitrag gestossen. Zum Thema habe ich kürzlich ein paar interessante Informationen gelesen.

Schwarzpulver war ein sensibles Thema. Es ist leicht zu strecken und so anfällig für Betrügereien. Die Spanischen Heere und Marine haben dieses zeitweilig aus Staatlichen Manufakturen bezogen (z.B. der aus Cartagena) oder bei privaten Contracthändlern gekauft (Asentistas) die es zum Teil aus Flandern oder Italien bezogen. Bei der Seeschlacht von Cabo de Gata um 1643, war die Qualität des spanischen Pulvers so schlecht, dass sich im nachhinein die Seeleute beschwerten, dass ihre Kanonenkugeln an den Französischen Bordwänden abprallten, während die französischen voll durchschlugen. Es gab anscheinend in der Folge strafrechtliche Konsequenzen für den Lieferanten.

Bezüglich der Brown Bess: Die Spanische Armee hatte in den Napoleonischen Kriegen und noch lange danach, ein Sammelsurium aus Waffen verschiedener Herkunft. Die alten spanischen Musketen Modelle 1789, 1801 und 1807, französische Beutegewehre Modell Charleroi 1777 und ff. und von den Briten gelieferte Brown Bess-Musketen. Aus diesem Grund gab es drei gängige Kaliber, von denen die Britischen Musketen den kleinsten hatte. Die Brown Bess hatte dabei einen ausgesprochen schlechten Ruf. Sogar die französischen Beutegewehre waren beliebter.
 
mein Resümee :
die schlechtesten Militärs sind Militärs
Napoleon hat sich mit seiner absoluten Ignoranz des Nichtmiltärischen "selbst besiegt"
 
Napoleon hat sich mit seiner absoluten Ignoranz des Nichtmiltärischen "selbst besiegt"

Es gibt wohl kaum einen Militær, der sich so breit und fundiert auf seine Feldzuege vorbereitet hat, wie Napoleon.
Das begann mit dem Studieren von Feldzuegen vorheriger Feldherren und hørte bei den Wetter- und Klimaprognosen/Erfahrungen nicht auf.
Napoleon war an vielen Themengebieten interessiert, nicht ausschliesslich
in militærischen Belangen. Diesen Vorwurf wuerde ich so nicht gelten lassen, oder du solltest ihn genauer beschreiben.

Der Russlandfeldzug scheiterte, weil er længer dauerte als erwartet und Napoleon nicht rechtzeitig andere Optionen (Rueckzug oder zumindest Stopp der Verfolgung) ernsthaft in Betracht zog. Dafuer war er wohl zu Erfolgsverwøhnt durch seine vergangenen Jahre.

Gruss, muheijo
 
Eine gewisse Hybris wird schon hineingspielt haben, aber Napoleon eine "absolute Ignoranz des Nichtmilitärischen" zu unterstellen, schiesst weit über das Ziel hinaus.
 
das absolut streiche ich
am 24. Juni Einmarsch in Russland am 14. September Besetzung von Moskau
also wenn Napoleon mit einen schnelleren Verlauf gerechnet hat, dann zeigt dass doch seine Hybris bzw. Realitätsferne.
Interessant auch was dazu in wikipedia steht.
Auch mir vollkommen unverständlich, es gab in Russland quasi 2 Hauptstädte- Moskau und St. Petersburg. Dass Napoleon in der Annahme lebte eine Besetzung von Moskau würde den Sieg bedeuten- zeigt doch was von seinen geografischen Kenntnissen zu halten ist. Kann ja sein dass er Karten angeschaut hat....
 
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Kann ja sein dass er Karten angeschaut hat....

Man mag ja von Soldaten im Allgemeinen oder von Heerführern im Speziellen denken, dass sie vor allem für sinnloses Morden die Verantwortung tragen.

Betrachtet man jedoch einmal losgelöst von gerechtfertigten moralischen und ethischen Überlegungen und Bewertungen die spezielle Kompetenz von Heerführern, dann wird man kaum darum herumkommen, Napoleon als einen ausgesprochen kompetenten Heerführer zu bewerten. Der sicherlich auch charakterliche Defizite aufwies, keine Frage.

Ansonsten: Deine Bewertung von Napoleon ist unsachlich und zeigt, dass Du Dich mit ihm noch kaum beschäftigt hast. Ein Urteil steht am Ende einer "Beschäftigung" mit einer historischen Person, aber sicherlich nicht am Anfang. Dann ist es bestenfalls ein wenig fundiertes Vorurteil.
 
am 24. Juni Einmarsch in Russland am 14. September Besetzung von Moskau
also wenn Napoleon mit einen schnelleren Verlauf gerechnet hat, dann zeigt dass doch seine Hybris bzw. Realitätsferne.

Ein paar Anmerkungen:

- Glaubst du, Napoleon hat den Njemen ueberschritten, um bis nach Moskau zu marschieren (oder bis Indien, wie manche behaupten)?

- Man sollte auch nicht annehmen, dass es der russischen Armee wæhrend des Feldzuges unbedingt besser ging.

- Wieso glaubst du, hat Kutusow sich zur Schlacht an der Moskwa stellen muessen, obwohl er das nicht unbedingt wollte? Moskau sollte nicht fallen.

Gruss, muheijo
 
ich möchte Napoleon nicht moralisch beurteilen-
ich meine nur dass er schwerwiegende Fehler beim Russlandfeldzug gemacht hat, ist ja auch eher soetwas wie eine banale Erkenntnis, denn sonst hätte er nicht diese Niederlage erfahren. Und ich habe über diese Fehler nachgedacht- und das sind Fehler die man sich als Nichtmilitär erlauben kann zu beurteilen, denn es betrifft nicht spezifisch Militärisches.
 
ein gutes Kriegsministerium / Verteidigungsministerium bestände (in der heutigen Zeit) im Führungsstab nicht nur aus Militärs sondern auch aus Historikern, Geografen, Medizinern, Logistikern, Landeskundlern, Psychologen, Naturwissenschaftlern, Ethnologen, Ingenieuren, IT-Spezialisten, Kybernetikern / Ökologen, Politwissenschaftlern u.ä.
deswegen meine sonderbare Aussage:
die schlechtesten Militärs sind Militärs,
also ein schlechter Militär, ist einer der das nicht "Nicht"-Militärische nicht sehr, sehr ernst nimmt.
 
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für Napoleonszeiten würde dass heißen entsprechend kompetente Nichtmiltärs

Weiter oben hatte ich schon geschrieben, dass genau das immer getan wurde:
Napoleon hat sich Informationen von allen møglichen Seiten eingeholt, in der Vorbereitung zu diesem (und jedem) Feldzug.
Er hat sich zu allen Themen von entsprechenden Leuten beraten lassen.

Und gerade bei Napoleon mit seiner Arbeitswut, seinem Wissensdurst, seiner Detailverliebtheit aber auch Verstehen von grossen Zusammenhængen, seiner Vielseitigkeit, seinem Mathematikverstændnis, seinem ausgezeichneten Gedæchtnis usw. ist es wirklich falsch, wenn man behauptet, er hætte sich nur auf das Militærische konzentriert.

Ich finde deine Vorwuerfe etwas zu "wischi-wascchi". Vielleicht kannst du konkret Fehler benennen, die Napoleon (als Militær) passiert sind, und die er mit dem damaligen wissenschaftlichen Forschungsstand unter Zuhilfename von Nicht-Militærs hætte vermeiden kønnen.

Nach meiner Meinung hat N "lediglich" auf einem nicht-militærischen Gebiet schlecht, allzu schlecht: Das Feld der Diplomatie.
Mit dem Abgang von Talleyrand war das Feld quasi endgueltig verwaist,
aber auch zu Zeiten Talleyrands hat Napoleon der Diplomatie zu wenig Gehør geschenkt.

Gruss, muheijo

@ MODIS: Vielleicht würde es vernuenftig sein, die Beitræge ab Martin Eibert* zu einem/dem Thread mit dem Thema "Russlandfeldzug" anzuhængen, zum Thema "Logistik der Revolutionsarmee" passt es m.E. nicht so ganz
Wir hatten einen ganz guten Thread zum Buch von Adam Zamøyski, wenn ich mich richtig erinnere.

* Ich denke, du, Martin, hættest da sicher auch nichts dagegen
 
ein gutes Kriegsministerium / Verteidigungsministerium bestände (in der heutigen Zeit) im Führungsstab nicht nur aus Militärs sondern auch aus Historikern, Geografen, Medizinern, Logistikern, Landeskundlern, Psychologen, Naturwissenschaftlern, Ethnologen, Ingenieuren, IT-Spezialisten, Kybernetikern / Ökologen, Politwissenschaftlern u.ä.
deswegen meine sonderbare Aussage:
die schlechtesten Militärs sind Militärs,
also ein schlechter Militär, ist einer der das nicht "Nicht"-Militärische nicht sehr, sehr ernst nimmt.

Martin,

ich finde es ja gut, dass Du dich für das Thema interessierst und darüber diskutieren willst. Aber etwas Hintergrundwissen solltest Du dir vielleicht vorher aneignen.

Wie schon Muheijo schrieb war gerade Napoleon dafür bekannt, dass er auch den nicht militärischen Themen Beachtung schenkte. Er liess sich von allen möglichen Spezialisten begleiten und beraten und hatte einen sehr kompetenten Generalstab, was damals eine Neuerung war. Er hörte z.B.auf seinen Stabsarzt Larrey, den er den damals kompetentesten Sanitätsdienst aufbauen liess (was nach heutigen Standards natürlich noch sehr dürftig war). Er liess sich tatsächlich von Geographen und Historikern so wie Wissenschaftlern der verschiedensten Richtungen begleiten. Mit dem Feldzug nach Ägypten wurde z.B. die Ägyptologie als Wissenschaft geboren, durch die Gelehrten die mit Napoleons Armee dorthin reisten. (Der Rosettastein wird dier vielleicht ein Begriff sein).

In Sachen Russlandfeldzug prügelst Du einen toten Esel: Der Feldzug ging schief und es ist einfach, irgend eine Hypothese dafür aufzubauen und zu behaupten daran liegt die Niederlage (das tun wesentlich informiertere Leute seit 203 jahren). Aber Du liegst trotzdem ziemlich falsch.

Zuerst hast Du es auf das Marschieren in einer Kolonne zurückgeführt. Jetzt soll es mangelnde Information und Fachwissen sein. Das solltest Du schon besser begründen.
 
ok ich liege falsch-

aber wie konnte es sein trotzdem sich Napoleon informiert hat, dass er Klima, die Straßen und das Problem mit der "Endlos"-Karawane so falsch einschätzte.

Ich bin kein Militär aber aus der Baubranche: man muss den Baustellenablauf antizipieren, ökonomisch organisieren, die Resource Mensch und Gerät optimal einsetzen, die richtigen Geräte auswählen. Das Wetter spielt eine sehr große Rolle und auch der Zugang (Andienung)... ich weis um die Problematiken.
Ich bin absolut erfolglos bezüglich Napoleon bis 1815....
wir kennen ihn den Typus des Titanen der dann abstürzt weil ihn die "Wirklichkeit" am Ende einholt
 
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gegen einen neuen thread habe ich nichts
danke für die freundliche Aufnahme hier, ich bin noch ein Grünschnabel (hier).
mir liegt es fern zu bewerten:
aber das interessante ist doch an der Geschichte- wieso hat sich etwas so und so entwickelt, was lief aus dem Ruder, was sind die Fehler aus denen man lernen kann

Kriegs-geschichte ist auch irgendwie wie die Analyse eine Schachspiels
wurden die Figuren optimal eingesetzt, konnten sie sich optimal entfalten
war die Eröffnung schon schlecht, was lief bei der schief
Räume beherrschen, Bewegung nach vorne, Absicherung

nochmal zum Russland-Feldzug- bis dato hatte ich eine andere Vorstellung
nämlich dass das Entscheidende die verbrannte Erde der Russen und die Kälte war- aber eigentlich war die Weiche für die Niederlage schon früher gestellt, nämlich mit dieser Karawanenformation (auf morastiger Straße) und
die "Morast"-Taktik der Russen keinen Widerstand zu bieten , der Angreifer dringt immer weiter vor und versinkt in der Unwegsamkeit und Weite Russland
der "Morast" schliest sich hinter dir
die Schwäche einer dünnen, langen Linie zu einer breiten Front
 
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und auch die Verschrobenheit / Maßlosigkeit Ns ein eigentlich neutrales bis befreundetes Land anzugreifen nur weil es mit einem verfeindeten Land Handel treibt.
 
Kriegs-geschichte ist auch irgendwie wie die Analyse eine Schachspiels

Da du das Schachspiel schon mehrmals erwæhnt hast:
Vergleiche hinken ja bekanntlich, aber in diesem Fall wuerde ich dir dieses Bild gerne ganz nehmen, es passt nicht:

Beim Schachspiel haben beide -gleich starke- Seiten vollen Überblick ueber das Geschehen auf einem eng begrenzten "Schlachtfeld".

Das war in der damaligen Zeit ueberhaupt nicht der Fall. Nicht einmal auf dem so kleinen Schlachtfeld von Waterloo hatten die Verantwortlichen Ueberblick ueber das Geschehen.
(Das habe ich ganz eindrucksvoll beim letzten Waterloo-Reenactment selbst erfahren duerfen. Innerhalb kuerzester Zeit behindert der Rauch des verballerten Schwarzpulvers die Sicht, von Huegeln und Wældern mal abgesehen.
Bezogen auf den Russlandfeldzug muesste man das eher mit Simultanschach auf mehreren, x-fach grøsseren Schachbrettern vergleichen, bei dem die Gegenseite grøsstenteils mit einem Vorhang verdeckt ist.

Beim Schachspiel sind alle Felder vom Prinzip her gleich viel Wert, grundsætzlich hemmen Felder nicht die Bewegungsmøglichkeit der Figuren.

In der Kriegsgeschichte gibt es immer wieder Orte mit strategisch/taktisch wichtiger Bedeutung - und nicht alle Orte kønnen beliebig erreicht werden,
Fluesse, Berge behindern den Vormarsch, Stædte sind wichtig fuer die Versorgung, usw.

Schach spielt man Zug um Zug, und man hat zwischen den Zuegen Zeit, um Nachzudenken...Im Krieg ist alles im Fluss, alle "spielen" gleichzeitig - bei oft ungenuegender Information ueber die Gesamtlage.

Viele Schachfiguren haben eine unbegrenzte Reichweite, sie kønnen weit entfernte Figuren decken. Die Bauern passen dann am ehesten in's Bild, und erklæren dann auch, warum man zu damaligen Zeiten nicht in einer beliebig breiten Front vorging - wie will man mit dem æusserst zur Linken stehenden Bauern, oder dem æussersten rechten Bauern zu Hilfe kommen, wenn der Feind dort mit aller Macht angreift.
Insofern macht die Konzentration auf bestimmte, wichtige Punkte schon Sinn.
Aber nochmals, man muss sich das -jedenfalls für den "1.Teil" des Feldzuges- nicht so vorstellen, dass man in einer einzigen Kolonne auf einer einzigen Strasse nach Moskau marschiert ist.
Und alle Einheiten haben sich natuerlich mit Vorhut, Nachhut und Flankenschutz abgesichert.
Ueberhaupt war das Senden von Aufklærungseinheiten essentiell.
Dennoch ist man natuerlich gerade mit Kanonen und Wagen an einigermassen befestigte Wege gebunden, man kann nicht eine halbe Millionen Soldaten einfach gen Osten in die Pampa schicken und erwarten, dass diese a) noch kontrollierbar sind und b) den Gegner auch noch einholen.
Man muss auch immer bedenken, dass dem Gegner bestenfalls die gleiche Logistik und Møglichkeiten zur Verfuegung standen.

Ich hoffe, ich habe ein wenig Einblick geben kønnen, zur Vertiefung empfehle ich gerade zum Russlandfeldzug das Buch von Adam Zamøyski - es ist sehr fluessig geschrieben und macht das Thema auch fuer Unbedarfte gut verstændlich.
Du erhæltst auch eine mehr ausgewogene Beurteilung und Erklærung, wie es ueberhaupt zu der Auseinandersetzung zwischen Napoleon und Alexander kommen konnte. Das ist næmlich auch viel komplexer als die vereinfachte Formel "grøssenwahnsinniger Tyrann ueberfællt seinen Verbuendeten".

Gruss, muheijo
 
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