Luftkrieg: Zerstörung Chemnitz' vor 64 Jahren

Naphae

Aktives Mitglied
Aus aktuellem Anlass:

Vor 64 Jahren flogen Briten und Kanadier den schwersten Luftangriff auf Chemnitz

"In den ersten Jahren des Zweiten Weltkrieges hatte Chemnitz Glück gehabt. Erst nachdem große Teile der Rüstungsindustrie nach Sachsen verlegt wurden, rückte Chemnitz in den Fokus der Alliierten.
Als im Frühjahr 1945 der Krieg schon entschieden war, standen sächsische Städte noch immer oben auf der Prioritätenliste der Briten und Amerikaner."
Quelle: MoPo​

Am 5. März 1945 starteten die Amerikaner ab Mittag die erste Offensive auf das "sächsische Manchester", der wichtigste Maschinenbaustandort Deutschlands. Am Abend flogen dann die Briten und Kanadier den Hauptangriff aus 7.000 Metern Höhe.

In zwei Angriffswellen ließen 630 viermotorige Bomber der Typen Halifax und Lancaster 209 Zweitonnen-Bomben, 204 Eintonnen-Bomben, 1.000 Sprengbomben und 859 Brandbomben auf die Stadt regnen. Innerhalb kürzester Zeit war die Stadt ein Flammenmeer.

Tausende Chemnitzer wurden erschlagen, verbrannten oder erstickten qualvoll.

Die Innenstadt wurde zu 80 Prozent vernichtet. Von den 110.000 Chemnitzer Wohnungen waren noch 38.000 bewohnbar. Insgesamt verloren durch den Luftangriff 4.000 Menschen (bei einer Einwohnerzahl von 320.000) ihr Leben.

Tage später vermeldete die britische Presse:
"Chemnitz ist eine tote Stadt!"




Natürlich liegt mir als Chemnitzerin dieses Thema persönlich am Herzen. Ich möchte auch keineswegs auf die "Opferrolle" anspielen. Aber zum Gedenken darf wohl auf diese Tragödie (obgleich es größere gab) hingewiesen werden.

LG
 
Zuletzt bearbeitet:
Anmerkung:

Da 1944 die Wehrmacht begann, die Flakstationen an die Fronten zu verlegen, war Chemnitz gänzlich unverteidigt.

Laut der Haager Landkriegsordnung Artikel 25:
Es ist untersagt, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, mit welchen Mitteln es auch sei, anzugreifen oder zu beschießen.
Am 5. März 1945 war es nicht mehr nötig Chemnitz, als Rüstungs- und Industriestandort, zu bombardieren... Da das Kriegsende bereits absehbar war.

Abgesehen davon, greifen auch andere Artikel der Haager Landkriegsordnung und der Genfer Konvention, die den Schutz der Zivilbevölkerung vorsehen.

Könnte man also, unter Beachtung des oben zitieren Artikels 25, den Angriff auf Chemnitz als Kriegsverbrechen der Briten (da sie die Planung machten) ansehen?

LG Naphae
 
Zuletzt bearbeitet:
Anmerkung zum 1. Beitrag:

Für die Zahlen hab ich leider nur eine Quelle, d. h. ich kann nicht mit Gewissheit sagen, dass die Zahlen der Flieger usw. stimmen. Man sehe es mir bitte nach. ;)

Wenn jemand genauere Zahlen hat, wäre es nett, wenn er uns nicht dumm sterben lässt... ;)

LG
 
Diese Diskussionen sind immer pervers, da man leicht in die Gefahr kommt, die in Mitleidenschaft gezogene Zivilbevölkerung zu missachten, oder als Kollateralschaden anzusehen.

Zunächst einmal war es unverantwortlich von Seiten der Verantwortlichen, die Flak-Geschütze abzuziehen, denn Chemnitz war ja - als Industriestadt - schon zuvor angegriffen worden. Was sollten auch Flaks an der Front? Dafür waren sie nicht gebaut. Und sollten die Alliierten, nachdem Deutschland ihnen insbesondere in England (aber auch in Spanien und den Niederlanden) den Luftkrieg vorgemacht hatten - man sprach 1940 auch hämisch von coventrieren - sich danach einseitig an humanitäre Übereinkommen zur Kriegsführung halten, die von der Gegenseite niemals eingehalten worden waren? Zuletzt bleibt noch die Frage, ob den Alliierten überhaupt bekannt war, dass Chemnitz zu diesem Zeitpunkt unverteidigt war.
 
Ok, größtenteils geb ich dir ja Recht.
Dennoch:
Während der Planung des Bombenangriffes auf Chemnitz, kalkulierten die Alliierten den Verlust unter den Zivilisten mit ein. Hätten sie die Industrieanlagen und nur diese bombardiert, wäre die Diskussion um Kriegsverbrechen keine Diskussion. Aber sie bombardierten das gesamte Stadtgebiet, d.h. sie nahmen die Zerstörung der Wohngebäude mit in Kauf. Und das ist lt. dem Artikel 25 der Haager Landkriegsordnung untersagt.

Ich erinnere nur noch mal: Ich möchte hiermit nicht die Opferrolle der Deutschen forcieren.

LG
 
Ich will umgekehrt nichts schön reden. Es gehörte ja in der Tat zum Planungskonzept der Alliierten, den Kriegswillen der Deutschen zu brechen. Sicher kann man das als verbrecherisch ansehen. Aber man muss eben das ganze Bild sehen und nicht nur den einen Mosaikstein. Das ganze Bild sieht so aus, dass die deutsche Luftwaffe - im Übrigen entgegen europäischer Übereinkommen zur Nichtintervention an denen das dritte Reich beteiligt war - im spanischen Bürgerkrieg Städte und Dörfer bombardierte und dies in seinem eigenen Krieg in Polen, den Niederlanden, England etc. so weiterführte, im Falle Polens gar schon vor der Kriegserklärung. Hier fängt nämlich das Problem an: Wenn der Gegner sich nicht an internationale Übereinkommen hält (sprich: Schutz der Zivilbevölkerung), ich halte mich ihm gegenüber daran, dann wird mir das - insbesondere von einem Regime wie dem Nationalsozialistischen - als Schwäche ausgelegt. Schon die Autoren der Bibel wussten: Wer Wind säht, wird Sturm ernten.
 
Wie gesagt: Ich gebe dir Recht, wenn man das gesamte Bild betrachtet...

Aber ich fragte, ob man in diesem einen Punkt von einem Kriegsverbrechen sprechen kann?

Natürlich ist es schwer, in einem Krieg wie diesem nur eine Seite zu betrachten.

El Quijote:
Es gehörte ja in der Tat zum Planungskonzept der Alliierten, den Kriegswillen der Deutschen zu brechen.

Was ja im Grunde vermessen war. Denn die Briten ließen sich durch die Bomben der Deutschen auch nicht moralisch brechen. Das einzige, was die Alliierten durch ihre Bombenabwürfe erreichten, war, dass die Deutschen (vielleicht nicht in ihrer Gesamtheit) voller Hass gegen England waren.

Aber hier soll es nicht um Schuldzuweisung und dergleichen gehen... und das will ich auch nicht.:still:

LG :winke:

Kleine Anmerkung:
Heißt es nicht auch: Auge um Auge (und die Welt wird blind sein)?



OT Die Bombardierung Warschaus zu Beginn des Krieges, war durch den Artikel 25 gedeckt, außerdem diente er den Bodentruppen zur Unterstützung und war danach kein Kriegsverbrechen (abgesehen davon, dass Deutschland völkerrechtswidrig Polen überfiel). OT
 
Das einzige, was die Alliierten durch ihre Bombenabwürfe erreichten, war, dass die Deutschen (vielleicht nicht in ihrer Gesamtheit) voller Hass gegen England waren.

Waren sie das? Wenn ich mir die Meldungen aus dem Reich durchlese, finde ich in erster Linie nüchternes Verständnis der Zivilbevölkerung für die militärische Notwendigkeit der Alliierten, deutsche Städte anzugreifen. Klar, die Propaganda versuchte zu mobilisieren, wo nichts mehr zu mobilisieren war und sprach von Hass etc., aber auf Goebbels wollte wir ja nciht mehr hereinfallen.
OT Die Bombardierung Warschaus zu Beginn des Krieges, war durch den Artikel 25 gedeckt, außerdem diente er den Bodentruppen zur Unterstützung und war danach kein Kriegsverbrechen (abgesehen davon, dass Deutschland völkerrechtswidrig Polen überfiel). OT

Ich sprach gar nicht von Warschau, sondern von Tieffliegerangriffen auf Bauern, Kleinstädte, Märkte und insbesondere von Wieluń.
 
Waren sie das? Wenn ich mir die Meldungen aus dem Reich durchlese, finde ich in erster Linie nüchternes Verständnis der Zivilbevölkerung für die militärische Notwendigkeit der Alliierten, deutsche Städte anzugreifen. Klar, die Propaganda versuchte zu mobilisieren, wo nichts mehr zu mobilisieren war und sprach von Hass etc., aber auf Goebbels wollte wir ja nciht mehr hereinfallen.

Ok, dann weißt du da mehr als ich... Das, was ich im o.g. Beitrag schrieb, habe ich mal in einem Buch über die Bombenangriffe gelesen.;)

Ich sprach gar nicht von Warschau, sondern von Tieffliegerangriffen auf Bauern, Kleinstädte, Märkte und insbesondere von Wieluń.

Uups, sry. Da hab ich wohl wieder gelesen, was ich lesen wollte. :red: Entschuldige bitte.

LG
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich sprach gar nicht von Warschau, sondern von Tieffliegerangriffen auf Bauern, Kleinstädte, Märkte und insbesondere von Wieluń.


Wielun ist nun doch ein etwas anderes gearteter Fall. Haben wir hier auch schon diskutiert.
Wurde von dem "Entdecker" doch etwas sehr hoch gehängt.

Der Abzug der Flakbatterien hat den Chemnitzern aber vermutlich nicht weiter geschadet. Das war den Planeren der Luftangriffe eigentlich relativ egal.

Zu der Zeit wurden auch die um Leuna und Buna aufgestellten Großbatterien an die Oderfront verlegt.
 
Laut der Haager Landkriegsordnung Artikel 25:

Zitat:
Es ist untersagt, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, mit welchen Mitteln es auch sei, anzugreifen oder zu beschießen.

Weder Churchill noch Harris haben sich groß um internationales Recht gescheert. Ich zitiere hier einmal Churchill:

"Ich wünsche von Ihnen, daß Sie sehr ernsthaft über das Problem Gas einzusetzen, nachdenken [...]. Es ist absurd, dieses Thema von der moralischen Seite her zu betrachten, da es im letzten Krieg jeder, ohne irgendeinen Einspruch der Moralisten oder Kirche, benutzt hat. Andererseits sah man die Bombardierung ungeschützter Städte im letzten Krieg als verboten an. Jetzt tut es jeder, als ob es sich um eine Selbstverständlichkeit handeln würde. Es ist ganz einfach eine Frage der Mode, die hier genauso wechselhaft, wie zwischen langen und kurzen Frauenkleidern." (Hervorhebung durch mich) (1)

Waren sie das? Wenn ich mir die Meldungen aus dem Reich durchlese, finde ich in erster Linie nüchternes Verständnis der Zivilbevölkerung für die militärische Notwendigkeit der Alliierten, deutsche Städte anzugreifen. Klar, die Propaganda versuchte zu mobilisieren, wo nichts mehr zu mobilisieren war und sprach von Hass etc., aber auf Goebbels wollte wir ja nciht mehr hereinfallen.

Die andere Seite ist, das es auch örtlich durchaus zu handfesten Übergriffen bis hin zur Tötung von abgeschossenen oder abgestürzten Piloten der RAF kam. Harris hat sein Ziel mit dem Bomberkrieg auf keinen Fall erreicht.


Ziel der Briten war maximaler Terror, also die Vernichtung von Wohn- und Lebensraum. Der Stellvertreter des Premieministers, Attlee, besaß am 28.Mai 1943 doch glatt die Stirn im Unterhaus frech zu lügen. Er behauptete, das kein unterschiedsloses Bomben stattfünde. Es würden nur militärische Ziele angegriffen (2). Der Luftfahrtmininster Sinclair hat diese Lüge dann im November und Dezember wiederholt. Offenkundig hat die britische Regierung keine Hemmungen gehabt, ihr eigenes Parlament anzulügen.




(1) Fritze, Die Moral des Bombenterros

(2) Parliamentary Debates, House of Commons, Bd.395, Sp.337
 
Zuletzt bearbeitet:
Weder Churchill noch Harris haben sich groß um internationales Recht gescheert. Ich zitiere hier einmal Churchill:

"Ich wünsche von Ihnen, daß Sie sehr ernsthaft über das Problem Gas einzusetzen, nachdenken [...]. Es ist absurd, dieses Thema von der moralischen Seite her zu betrachten, da es im letzten Krieg jeder, ohne irgendeinen Einspruch der Moralisten oder Kirche, benutzt hat. Andererseits sah man die Bombardierung ungeschützter Städte im letzten Krieg als verboten an. Jetzt tut es jeder, als ob es sich um eine Selbstverständlichkeit handeln würde. Es ist ganz einfach eine Frage der Mode, die hier genauso wechselhaft, wie zwischen langen und kurzen Frauenkleidern." (Hervorhebung durch mich) (1)


Anscheinend hat sich niemand in diesem Krieg um internationales Recht gescheert, obwohl doch die meisten Länder (außer die Sowjetunion) die Haager Landkriegsordnung und die Genfer Konvention unterschrieben hatten. Aber in einem Krieg wie diesem darf man wohl nicht zu viel erwarten.
 
Weder Churchill noch Harris haben sich groß um internationales Recht gescheert.

Da die Briten von anfang an Probleme mit ihren Bombenzielgeräten hatten, vor allem bei ihren Nachtangriffen, womit automatisch "Präzisionsangriffe" gegen Punktziele (z.B. Bahnknotenpunkte, einzelne Industriebetriebe, Raffinerien usw.) wie sie die USAAF flog unmöglich wurden, äußerte sich Arthur Harris zu dem Problem:

If you can't hit the works, hit the workers!

Die Terrorangriffe auf London hatten auch keinen anderen Hintergrund als die Demoralisierung der englischen Bevölkerung. Die Briten hatten aber aus dem deutschen Misserfolg nichts gelernt. Die Kriegsbegeisterung der Briten wuchs mit steigendem Bombenterror. Warum sollte es in Deutschland denn anders sein?

Goebbels schaffte es dann auch die ganze Hoffnung der Deutschen auf die Wunderwaffen zu lenken, mit denen man es dann den Engländern heimzahlen würde. So hatte auch der Einsatz der ersten V1 und später der V2 doch einige psychologische Wirkung auf beiden Seiten. Die Briten erwarteten zu der Zeit nicht mehr, nochmals massiv angegriffen zu werden und die deutsche Bevölkerung hatte das Gefühl, man könnte es dem Gegner "heimzahlen".

Völkerrechtlich hat mE keine Nation das Recht Flächenbombardements gegen Städte durchzuführen. Die zivilen Opfer, die dabei zwangsläufig zu beklagen sind, nennt man dann sarkastisch Kollateralschäden!
 
[/I]

Anscheinend hat sich niemand in diesem Krieg um internationales Recht gescheert, obwohl doch die meisten Länder (außer die Sowjetunion) die Haager Landkriegsordnung und die Genfer Konvention unterschrieben hatten. Aber in einem Krieg wie diesem darf man wohl nicht zu viel erwarten.

Tja das ist so. Wenn sich Hitler an das internationale Recht gehalten hätte, ja dann ...
 
[/I]

Anscheinend hat sich niemand in diesem Krieg um internationales Recht gescheert, obwohl doch die meisten Länder (außer die Sowjetunion) die Haager Landkriegsordnung und die Genfer Konvention unterschrieben hatten. Aber in einem Krieg wie diesem darf man wohl nicht zu viel erwarten.

Wenn ein Land im Kriegszustand (ausserordentlichster Ausnahmezustand) ist gelten keine bisherig gemachten Unterschriften mehr.
 
@El: Was sollten auch Flaks an der Front? Dafür waren sie nicht gebaut.
@Jacobum: Sie wurden äußerst erfolgreich im Erdkampf eingesetzt, vor allem die legendäre 8,8 in ihren verschiedenen Baureihen.
Ergänzend: Speziell zur Panzerabwehr. Der Ruf der 8.8 Flak in dieser Rolle ist noch heute legendär.

Zeitweise (1941/42) war das die einzige Möglichkeit, die sowjetischen T34 und KW-Panzer auf größere Entfernung zu knacken.

@Gil: Die zivilen Opfer, die dabei zwangsläufig zu beklagen sind, nennt man dann sarkastisch Kollateralschäden!
Bei den Flächenbombardements auf Deutschland gegen Ende des Krieges trifft der Begriff "Kollateralschaden" nicht zu, denn die Bevölkerung war das Ziel. Zumindest bei den Briten (Nachtangriffe).

@Turgot: Die andere Seite ist, das es auch örtlich durchaus zu handfesten Übergriffen bis hin zur Tötung von abgeschossenen oder abgestürzten Piloten der RAF kam.
Auch wenn es natürlich nicht rechtens ist - menschlich kann ich das irgendwie nachvollziehen, wenn die gerade zuvor Ausgebombten, die Angehörige und Eigentum verloren hatten, ausflippten. Nach dem Krieg gab deshalb es eine Reihe von Verurteilungen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Fliegerprozesse
http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Hildebrandt_(Politiker)
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben