Luftkrieg: Zerstörung Chemnitz' vor 64 Jahren

Zuletzt bleibt noch die Frage, ob den Alliierten überhaupt bekannt war, dass Chemnitz zu diesem Zeitpunkt unverteidigt war.

Die Luftbilder, die der Planung zu Grunde lagen, wurden zwischen 1942 und Dezember 44 erstellt. Die Flakbatterien wurden im November 44 verlegt. Sind also auf einem Teil der Aufnahmen noch vorhanden.
 
Die Frauen die für die Astrawerke Zwangsarbeit leisten mussten, waren in der Altenchemnitzerstrasse 41 untergebracht. Das war das Werk I der Astra.

Ich kenn mich jetzt in Chemnitz nicht aus und nehme mal an, dass dies sicher nicht im Stadtzentrum lag.

Nur wird eben vergessen, dass es in Chemnitz ein Aussenlager gab und das insgesammt 31 000 Zwangsarbeiter in Chemnitz waren.

Die Astrawerke lagen mitten in einem großen Industriebgebiet (Fa. Schubert und Salzer, Sächsische Maschinenfabrik, Astra-Werke, Seyfert und Donner).
Da bei diesen Firmen der Anteil der Herstellung von Rüstungsgütern bei 75-80% des Gesamtvolumens lag, wurden sie bei den Planungen besonders berücksichtigt. Teilweise hatten sie sogar die zweithöchste Priotritätsstufe.
Wie Naphae schrieb, liegt das Gebiet nicht sehr weit vom Stadtzentrum enternt, in mitten von Wohnhäusern. Sämtliche Betriebe wurden schwer getroffen. Schubert & Salzer (Maschinenpistolen) zu 70% zerstört.

@ Ursi: Woher hast du deine Infos zu den Zwangsarbeitern?:)

Ergänzung: Im Februar/März sollen insgesamt 221 ausländische Zwangsarbeiter ihr Leben durch Bomben verloren haben. (Chemnitz in der NS-Zeit, Beiträge zur Stadtgeschichte 1933-1945)
 
Zuletzt bearbeitet:
Am 14.Februar 1942 hat das britische Kabinett den Beschluß gefaßt, eine zunächst für sechs Monate, es wurden bekanntermaßen deutlich mehr, Bomberoffensive zu starten. Ziele sollten nicht militärisch wichtige Ziele wie für die Kriegswirtschaft bedeutende industrielle Komplexe, sondern die Wohnviertel der deutschen Zivilbevölkerung, in erster Linie hier die der Arbeiter für die Rüstungsindustrie, sein. Das war schon von einer demokratischen Regierung ein brutaler Beschluss.

Und entsprechend hat Harris dann in der Folge ohne jede moralische Hemmung seine Ziele ausgewählt. Es ging darum möglichst viel Schaden anzurrichten, nicht aber militärische wichtige Ziele anzugreifen.

So haben die Briten beispielsweise ab Ende 1943 Berlin systematisch bombardiert. Bei diesen Angriffen kamen ca.6.000 Menschen ums Leben, wurden 9,5 Quardatkilometer den Erdboden gleichgemacht, aber die Moral der Zivilbevölkerung wurde damit nicht gebrochen.
 
Nur wird eben vergessen, dass es in Chemnitz ein Aussenlager gab und das insgesammt 31 000 Zwangsarbeiter in Chemnitz waren.


Es wurden aber auch Städte bombardiert, bei denen es kein Aussenlager gab.

Soweit ich weiß, ging es bei den Bombardements nur noch darum, die Deutschen endlich in die Knie zu zwingen.....

Aber egal warum, ich denke, auch dieser Opfer darf man gebührend gedenken.....

Gruß
 
So haben die Briten beispielsweise ab Ende 1943 Berlin systematisch bombardiert. Bei diesen Angriffen kamen ca.6.000 Menschen ums Leben, wurden 9,5 Quardatkilometer den Erdboden gleichgemacht, aber die Moral der Zivilbevölkerung wurde damit nicht gebrochen.

Ich denke, das ist in den meisten Fällen richtig.
Noch eine Frage hierzu: Hat irgendjemand eine Quelle über diese Zusammenkunft des britischen Kabinetts, in der diese Maßnahme beschlossen wurde?
 
Ja, ich hätte das allerdings gerne im Wortlaut...
Die Quellen der Wikipedia sind leider auch nur "Schnipsel", so weit ich das bisher überschaue, die Literatur nehme ich mal genauer unter die Lupe.
 
Damit man aber den Geschichtsrevisionisten keine Grundlage gibt, sollte man mal heraus arbeiten, was Chemnitz im NS-Regime für eine Rolle spielte. Klar kann man diese Bombenangriffe isoliert anschauen, denke aber das ist der falsche Weg.

Ursi, Entschuldigung aber da fehlt Dir die Nähe zum Thema.

Was für eine Rolle Chemnitz im NS-Regime spielte, hat auf die Zielplanung der Angloamerikanischen Luftwaffen überhaupt keinen Einfluss gehabt.

Das hat mit Geschichtsrevision überhaupt nichts zu tun.

Diese Angriffe auf Wohnviertel, auf Städte waren nach damaligem Völkerrecht überwiegend Kriegsverbrechen.
 
Das ist kein Grund, einen Flächenbombenangriff zu fliegen - eher einen NICHT zu fliegen.

Soviel ich weiß, flog die RAF mindestens einen Angriff auf die Produktionsstätten der IG Farben im Lager Auschwitz. Dabei wurden zufälligerweise auch britische Kriegsgefangene getroffen, die in einem Außenlager von Auschwitz untergebracht waren. Ich habe leider keine Quelle dazu gefunden, bin mir aber sicher, das mal in einer Doku gehört zu haben.

Es wurden also auch bewußt Arbeits- und Konzentrationslager angegriffen, da sich hier auch oft Industriebetriebe fanden.

Übrigens haben die Briten nach dem Krieg behauptet nichts vom KZ Auschwitz gewußt zu haben. Wie kann man es dann bombardieren? Der Charakter eines solchen Lagers, dürfte sich auch anhand von Luftbildern erkennen lassen.

Und entsprechend hat Harris dann in der Folge ohne jede moralische Hemmung seine Ziele ausgewählt. Es ging darum möglichst viel Schaden anzurrichten, nicht aber militärische wichtige Ziele anzugreifen.

Das erste Ziel eines britischen Massenangriffs unter massivem Einsatz von Brandbomben war Lübeck. Die Entscheidung für Lübeck fiel, da sie als mittelalterliche Stadt von der RAF die Brennbarkeitskategorie 1 (die "beste" Bewertung in einer Kategorie von 1 - 10) zugeordnet bekommen hatte. Das Konzept sollte aufgehen. Lübeck erlebte den ersten von Menschen bzw. Brandbomben entfachten Feuersturm, wie er später charakteristisch für die Flächenbombardements der RAF werden sollte.

Man "verbesserte" die Methode sogar noch, indem die erste Welle Sprengbomben warf, um die Häuser abzudecken und somit besser brennbar zu machen. Ein weiteres Ziel dieser Methode war die Zerstörung der Hydranten und Wasserleitungen, um die Löscharbeiten massiv zu erschweren.
 
Das erste Ziel eines britischen Massenangriffs unter massivem Einsatz von Brandbomben war Lübeck. Die Entscheidung für Lübeck fiel, da sie als mittelalterliche Stadt von der RAF die Brennbarkeitskategorie 1 (die "beste" Bewertung in einer Kategorie von 1 - 10) zugeordnet bekommen hatte. Das Konzept sollte aufgehen. Lübeck erlebte den ersten von Menschen bzw. Brandbomben entfachten Feuersturm, wie er später charakteristisch für die Flächenbombardements der RAF werden sollte.

Davon hörte bzw. laß ich auch schon, Gil. Lübeck war ein "Probelauf" für die Alliierten, um die Wirkung zu testen und evtl. Verbesserungen für die kommenden Angriffe vorzunehmen.
 
So haben die Briten beispielsweise ab Ende 1943 Berlin systematisch bombardiert. Bei diesen Angriffen kamen ca.6.000 Menschen ums Leben, wurden 9,5 Quardatkilometer den Erdboden gleichgemacht, aber die Moral der Zivilbevölkerung wurde damit nicht gebrochen.

In der sog. "Battle of Berlin (Air)" von Mitte November 1943 bis Ende März 1944 gab es insgesamt 16 Großangriffe der Royal Air Force (RAF) auf Berlin.

Die Verlustzahlen der Berliner Bevölkerung liegen bei ca. 4000 - 6000 Toten und rund 10.000 Verletzten. Fast eine halbe Million Menschen wurden obdachlos.

Der OB des Bomber Command der RAF, Marshall Harris ("Bomber Harris") hatte zuvor verkündet: "It will cost us between 400 and 500 aircraft. It will cost Germany the war."

Beides traf nicht zu.

Es gelang nicht, die Moral der deutschen Bevölkerung durch Bombardierungen zu brechen oder gar eine Revolte gegen das NS-Regime zu initiieren. Dagegen waren die britischen Verluste weitaus höher als von Harris gedacht:
1.047 Bomber abgeschossen
1.682 weitere beschädigt
etwa 2.700 getötete Besatzungsmitglieder
weitere 1.000 gefangen.

Da am 30.3.1944 bei einem Bombenangriff auf Nürnberg weitere hohe Verluste eintraten (von 795 angreifenden britischen Flugzeugen wurden 94 abgeschossen und 71 beschädigt) wurde die Luftschlacht um Berlin abgebrochen. Vor allem die hohen Verluste an ausgebildetem fliegerischen Personal führte zu diesem Schritt.

Natürlich gingen die Bombardierungen auf deutsche Städte weiter (so wie auch die Deutschen weiterhin Luftangriffe durchführten). Die Hauptlast des Luftkrieges war jedoch nun auf die US-Air Force übergegangen.
 
Es wurden aber auch Städte bombardiert, bei denen es kein Aussenlager gab.

Soweit ich weiß, ging es bei den Bombardements nur noch darum, die Deutschen endlich in die Knie zu zwingen.....

Aber egal warum, ich denke, auch dieser Opfer darf man gebührend gedenken.....

Gruß
Dieser Meinung schließe ich mich an. Es ging wirklich nur darum, die amoklaufenden Deutschen in die Knie zu zwingen. Allerdings ist Bombardieren der falsche Weg. Damals, wie heute. Es trifft die Falschen, Frauen und Kinder.
 
In der sog. "Battle of Berlin (Air)" von Mitte November 1943 bis Ende März 1944 gab es insgesamt 16 Großangriffe der Royal Air Force (RAF) auf Berlin.

Beides traf nicht zu.

Es gelang nicht, die Moral der deutschen Bevölkerung durch Bombardierungen zu brechen oder gar eine Revolte gegen das NS-Regime zu initiieren.

In dem Buch "Fatale Fehlentscheidungen" Kap: Die Irrtümer des Bombenkrieges, glaub ich gelesen zu haben, dass die Bombardierungen deutscher Städte nicht die Moral der Deutschen brachen... sondern das Gegenteil eintrat. Die Bomben schafften das, was Hitlers Regime in den gesamten Jahren nicht schaffte: Dass die Deutschen voller Hass gegen England waren.

Inwieweit das stimmt, vermag ich jedoch nicht zu beurteilen.
 
Die Daten aus dem BC-War Diaries dazu:
Operation Thunderclap

5./6.3.1945
http://www.raf.mod.uk/bombercommand/images/3121-15.jpg
Chemnitz 760 aircraft: 498 Lancasters, 256 Halifaxes, 6 Mosquitos

14./15.2.1945
Chemnitz 717 aircraft: 499 Lancasters and 218 Halifaxes of Nos 1, 3,4,6 and 8 Groups

Der Befehl zu diesen Bombardierungen - Dresden, Leipzig, Chemnitz - kam Ende Janaur 1945.


Die Flakbatterien wurden im November 44 verlegt. Sind also auf einem Teil der Aufnahmen noch vorhanden.
Dieser Abzug hat mit der Stabilisierung der nördlichen und mittleren Ostfront Ende 1944 zu tun. Der Abzug betraf zahlreiche Städte, die Flak wurde zur Panzerabwehr an die Weichselfront verlegt. Dort wurde inzwischen die große sowjetische winteroffensive 1944/45 erwartet, die tatsächlich am 12/13. Januar 1945 begann und in wenigen Wochen die Oder erreichte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Daten aus dem BC-War Diaries dazu:
Operation Thunderclap

5./6.3.1945
http://www.raf.mod.uk/bombercommand/images/3121-15.jpg
Chemnitz 760 aircraft: 498 Lancasters, 256 Halifaxes, 6 Mosquitos

14./15.2.1945
Chemnitz 717 aircraft: 499 Lancasters and 218 Halifaxes of Nos 1, 3,4,6 and 8 Groups
Diese Zahlen unterscheiden sich erheblich von jenen aus meinem Beitrag. http://www.geschichtsforum.de/f68/zerst-rung-chemnitz-vor-64-jahren-26474/index2.html#post405059

Ich habe da die Vermutung, dass bei deinen Zahlen die von Naphae im ersten Beitrag erwähnten Kanadier mit inbegriffen sind. Möglich?

Der Befehl zu diesen Bombardierungen - Dresden,
Leipzig, Chemnitz - kam Ende Janaur 1945.

Genauer gesagt am 26./27. Januar. :)

Der Angriff vom 05.März hat 3.700 Todesopfer zur Folge gehabt.

Die Bombennacht 5./6. März forderte 2105 Opfer. Insgesamt sind bei allen 12 Angriffen über 3700 Menschen umgekommen.
 
Die Bombennacht 5./6. März forderte 2105 Opfer. Insgesamt sind bei allen 12 Angriffen über 3700 Menschen umgekommen.

Huch, die von mir verwendete Quelle, Fritz: Die Moral den Bombenterors, nennt3.700 Opfer. Der Verfasser hat wohl den Fehler gemacht, adie Opfer aller 12 Angriffe zu addieren.
 
Diese Zahlen unterscheiden sich erheblich von jenen aus meinem Beitrag. http://www.geschichtsforum.de/f68/zerst-rung-chemnitz-vor-64-jahren-26474/index2.html#post405059
Ich habe da die Vermutung, dass bei deinen Zahlen die von Naphae im ersten Beitrag erwähnten Kanadier mit inbegriffen sind. Möglich?

Das sind alle Bomb Groups der RAF und zugeorndete RCAF. Ohne Unterschied nach Nationalität.
Die Einsatzzahl differiert nochmals zu den Flugzeugen, die das Zielgebiet erreicht haben.
 
Diese Angriffe auf Wohnviertel, auf Städte waren nach damaligem Völkerrecht überwiegend Kriegsverbrechen.

Ein großer Teil der allierten Luftangriffe Ende 1944 bis Mai 1945 waren aus der militärischen Sicht überflüssig, und es ging auch anders, wie die anderen wirksamen Schwerpunktsetzungen im gleichen Zeitraum zeigen. Vom der moralischen Wertung her ist die Sache klar, und die Allierten haben sich damit die Problematik der heutigen Diskussionen angehängt.

Die Auswirkungen dieses Angriffszeitraumes bestimmen auch einen Großteil der Diskussionen, wie Dresden und Chemnit zeigen. ElQ hat schon darauf hingewiesen, dass Diskussionen über die Völkerrechtslage einem Gang auf der Rasierklinge gleichkommen, trotzdem einige Gedanken dazu.


Ich möchte mich dabei zunächst auf die Vorkriegsliteratur beziehen, die von 1907 bis 1923, dann bis 1939 keine klare Linie entwickelt hat. Das in Aussicht genommene Luftkriegsrecht (Haager Luftkriegsordnung) wurde von allen wesentlichen Mächten torpediert, bereits der Versuch zeigt aber, dass man definitiv nicht von Grundsätzen der Landkriegsordnung ausgehen konnte bzw. diese einfach übertragbar waren.

Nimmt man die beiden hervorragenden Studien von Richard Overy (in: Firestorm, The bombing of Dresden) und Heinz Marcus Hanke (Luftkrieg und Zivilbevölkerung), so ist das Ergebnis ernüchternd: mit Hängen und Würgen, teilweise schon konstruiert leiten beide Autoren folgendes ab:

Letztlich aus einem behaupteten, zwischen 1923 und 1939 angeblich entstandenen Völkergewohnheitsrecht sei der Schluß zu ziehen, dass Städte in ihrer Gesamtheit nicht bombardiert werden durften. Hanke konstatiert in aller Klarheit, weswegen die Recherche nach Indizien des sich entwickelnden Gewohnheitsrechts unternommen werden muss: es habe kein Völkervertragsrecht gegeben. Hanke übersieht dabei mE, dass gerade die vereinzelten Appelle (wie derjenige Roosevelts) weder auf gebildetes Völkergewohnheitsrecht wirksam Bezug nehmen konnten, noch das tatsächliche Verhalten speziell der europäischen Staaten auch ein Indiz für ein "vermutetes" Verbot bis 1939 abgegeben hat. Die Luftschutzrüstung in Großbritannien, Deutschland und Frankreich belegen vielmehr das genaue Gegenteil zur These von Hanke, wie auch die Vorfälle um die Tschecheslowakei 1938 (Diskussion Bombardierung von Prag, "Flugzeugträger" Tschecheslowakei).

Alle europäischen Staaten haben sich - im Gegensatz zum behaupteten Völkergewohnheitsrecht - nachweislich auf den Luftkrieg gegen Städte eingerichtet, dieses war fester Bestandteil der Vorkriegs-Militärdoktrinen - aktiv (wie GB) oder passiv (wie D). Großbritannien führte schon in den 20ern Studien über frz. Luftschläge gegen London (allerdings mit weit übertriebenen Ergebnissen) aus, und rüstete in den 30ern für den Luftkrieg. Deutschland hielt ihn selbst vor dem 1.9.1939 für führbar und ggf. für notwendig, wenn die Lage Vorteile verspricht, wie das bei Hanke abgedruckte Quellen belegen.

Fakt ist, dass die Städte in ihrer Gesamtheit ab dem Ersten Weltkrieg als Bestandteil des jeweiligen militärischen Rüstungs- und Industriekomplex des Gegners begriffen wurden. Die Abgrenzung einzelner zu schützender Objekte wurde zwar versucht, erwies sich aber sowohl in den Seekriegsrechtlichen Verträgen (Bombardierung von Hafenstädten) als auch im Landkrieg (Belagerung und verbundene Bombardements) als überholt, der Schutz von Städten wurde langsam ausgehöhlt und durchlöchert. Man kann sich auch fragen, ob er jemals bestanden hat. Ebenso überholt war der Begriff der "Verteidigung" oder Befestigung, worunter man sich eben nicht länger mittelalterliche Mauern und Gräben, sondern Flakstellungen, Jagdabwehr, Garnisonen, etc. vorstellen mußte. Ein Beispiel: Die Verteidigung mit Flak endete so auch nicht an der "Stadtgrenze", sondern es bestanden Luftverteidigungszonen. Dieser Aspekt führte nicht mehr weiter: wie soll ein Angriff auf ein theoretisch unverteidigtes Dortmund gewertet werden, wenn das Ruhrgebiet in Flakzonen aufteilt war usw.

1923 war klar, das theoretisch die Industriekomplexe, und damit eben ganze Städte, die Ziele des nächsten großen Krieges werden können, Das eben deshalb, weil die längeren Kriege letztlich industriell entschieden werden. Der Rest war eine Frage der Eskalation und der Kriegsdauer, jede anfängliche Zurückhaltung durch gegenseitige stetig intensivierte Bombariderungen aufzugeben. Die Anfänge sind am Luftkrieg 1939/40 ablesbar, auch wenn zunächst die Bedenken über gegenseitige Repressalien überwogen haben.

Die gesamte rechtliche Diskussion über die Zulässigkeit oder negativ das Verbot ist letztlich fruchtlos. Eine klare völkerrechtliche Beweisführung gegen den Städteluftkrieg (Städte heißt hier in ihrer "Gesamtheit", in ihrer Fläche) kann nicht nachträglich gelingen, wie sich bereits an der Studie von Spaight (war rights and air war) in den 20ern ergab. Darauf hatten sich dann auch alle Staaten bereits fest eingerichtet. Die moralische Beurteilung gegen militärisch nur noch sinnlose Bombardierungen 1945 steht dagegen wohl ebenso fest.

Den Menschen konnte das nicht helfen, vielleicht wird aber beim zukünftigen Gedenken an die Opfer und an diese Abschnitte des Zweiten Weltkriegs besser differenziert. Dazu gehört auch die nüchterne Erkenntnis, dass der Bombenkrieg 1941/1944 gewaltige personelle sowie industrielle (kapazitative) Ressourcen Deutschlands band, von den Rohstoffverbräuchen in Engpaßbereichen mal ganz abgesehen. Die Diversionswirkung für die Rüstung und das militärische Potential des Deutschen Reiches trat mindestens bereits in 1942 ein (siehe entsprechende Darstellungen in DRZW), da die Rüstungsplanungen sich nach dem Kriegseintritt der USA auf die deutsche Luftunterlegenheit im Westen einzustellen begannen.



Noch ein Nachsatz zu Berlin: die Massenangriffe hingen im wesentlichen von dem Fortschritt der Navigationsssteme ab, Berlin lag außerhalb der Reichweite des OBOE (das reichte nicht bis Kassel, ein Top-Ten-Ziel 1942) und kam erst mit der H2S-Navigation in Reichweite für große geleitete Bombergruppen und Massenangriffe. Mit den verfügbaren Flugzeugen hatte das weniger zu tun.
 
Ein großer Teil der allierten Luftangriffe Ende 1944 bis Mai 1945 waren aus der militärischen Sicht überflüssig, und es ging auch anders, wie die anderen wirksamen Schwerpunktsetzungen im gleichen Zeitraum zeigen. Vom der moralischen Wertung her ist die Sache klar, und die Allierten haben sich damit die Problematik der heutigen Diskussionen angehängt.

Die Auswirkungen dieses Angriffszeitraumes bestimmen auch einen Großteil der Diskussionen, wie Dresden und Chemnit zeigen. ElQ hat schon darauf hingewiesen, dass Diskussionen über die Völkerrechtslage einem Gang auf der Rasierklinge gleichkommen, trotzdem einige Gedanken dazu.

Das lese ich aber hier
doch etwas anders.
Horst Boog ist eigentlich "der" Luftkriegshistoriker in Deutschland.
Aus dem Link
Dieser Angriff wurde schon 1989 in einem Fernsehprogramm als bewußter Terrorangriff der deutschen Luftwaffe hingestellt, dem laut "Frontal" weitere wie die Bombardierung von Warschau, Rotterdam und Coventry folgen sollten und mit dem der Krieg angeblich begonnen wurde. Nun ist unter Luftkriegshistorikern nicht zuletzt der ehemaligen Feindmächte wie Großbritannien und USA klar, daß es sich bei Warschau und Rotterdam um legitime taktische Luftangriffe auf verteidigte Städte im Frontgebiet handelte und bei Coventry um ein legitimes strategisches Bombardement der dort konzentrierten Rüstungsindustrie, dessen Nebenwirkungen, vor allem die Zerstörung der Kathedrale, damals allerdings kriegspropagandistisch von beiden Seiten ausgeschlachtet wurden, was heute noch nachwirkt. Wielun gehört zur ersten Kategorie, wobei schon die bloße Anwesenheit von Soldaten für ein Bombardement genügt. Der Unterschied zwischen taktischen und strategischen Bombardements, für die teilweise verschiedene Regeln galten, wird leider häufig verwischt wie der zwischen dem Recht im Kriege und dem zum Kriege, was leicht zu falschen Schlußfolgerungen führt. Was taktisch zulässig war in der Heeresunterstützung, war es nicht immer im strategischen Luftkrieg. Wielun und Warschau sind also nicht mit Coventry in einem Atemzug zu nennen oder gleichzusetzen.

Unterschiede zwischen "taktischen" und "strategischen Luftangriffen" mit zum Teil unterschiedlichen Regeln.

Irgendwas scheint es da schon gegeben zu haben. Horst Boog ist nicht irgendwer, und so "verkrampft" kommt mir das auch nicht vor, was er schreibt.
 
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