Makkan, Dilmun, und andere "Überseeländer"

askan schrieb:
Danke, für die Mühe.
Mannomann, wie kam man damals bloß auf so eine kompliezierte Mythologie!
Die Glaubenswelt der Sumerer


Es soll ein Versuch sein auf askans Frage einzugehen und kann diese umfangreiche Thematik nur streifen. Die Anfänge des Glaubensbewusstseins unserer Vorfahren liegen in grauer Vorzeit. Die Wissenschaft kann heute anhand von Ausgrabungsfunden und Felsenmalereien die geistesgeschichtliche Entwicklung der Menschen jener Zeit nur erahnen. Mit unserem heutigen Kausalnexus - Denken gestaltet sich das schwierig. Erst mit der Entzifferung sumerisch- akkadischer Keilschrifttexte aus dem 3. vorchristlichen Jahrtausend konnten wir Einblicke in die Vorstellungswelt der Sumerer gewinnen.
Es gibt Zeugnisse dafür, dass die Sumerer den im ganzen Vorderen Orient verbreiteten neolithischen Stierkult praktizierten (z.B. Hörnerkronen als göttliches Attribut). Es verwundert allerdings, dass in den sumerisch- akkadischen Keilschrifttexten jeglicher Hinweis auf einen Jenseitsglauben fehlt. Dieser war aber offenkundig vorhanden, worauf die zahlreichen Grabbeigaben hindeuten (z.B. Königsgräber von Ur).

Im Vorderen Orient geht mit dem im Neolithikum beginnenden Ackerbau die Rolle des Mannes als Jäger und Bezwinger der wilden und gefährlichen Tiere zurück. Die Frau, als Züchterin der Pflanzen und Tiere, steht zunehmend im Mittelpunkt. Sie sorgt für die Fruchtbarkeit der Erde, was ihrer eigenen Fruchtbarkeit entspricht. Die Figur des steinzeitlichen, bis ins 4. vorchristliche Jahrtausend im Vorderen Orient bekannten Archetypus der fülligen Frau, wurde auch im Zweistromland als Fruchtbarkeitssymbol verehrt. Die Funde zeigen z.B. die Statuette (unter 20cm) einer beleibten Frau, die eine kleine Gestalt umschlingt (den Mann) und soll beweisen, dass die Frau die Hauptperson darstellt (Bedeutungsperspektive). Die Fruchtbarkeit war für den Sumerer selbst, für seine Pflanzen und Tiere und noch mehr für seine Götter oberstes Anliegen; Sexualität dagegen noch nicht mit Tabus belegt.
Götter waren in derVorstellung der Sumerer von menschlicher Gestalt und mit allen menschlichen Eigenschaften und Bedürfnissen ausgestattet. Dazu gehört auch die Liebesverbindung Gott/ Göttin. In jeder Stadt gab es also einen Tempel für den Stadtgott und gleich daneben den Tempel seiner Geliebten, der Stadtgöttin.

Der Glaube der Sumerer, dem der Kreislauf der Natur schon bekannt war, konnte nur in einem Umfeld entstehen in der sie lebten und mit einem Wissensstand, der ihrer Zeit entsprach. Das Sakrale war für den Sumerer die Wirklichkeit und so entsprach für ihn der Inhalt der religiösen Mythen den unumstößlichen Tatsachen.
Die vier Elemente: Himmel, Erde, Wind und Wasser, die das Leben der Sumerer beherrschen, stellten sich ihnen als mächtige Götter dar, die lange vor den Menschen da waren. Nammu (Urmeer/ Urmutter) ist die Göttin, „die Himmel und Erde geboren hat“. Der sumerische Himmel besteht aus Göttern von der Sintflut „die immer schon da waren“ und aus Göttern nach der Sintflut.
Der Dreiheit der Hochgötter: An, als Gott des Himmels – Enlil, der Herr der Luft/des Sturms – Enki, der die Erde und das Wasser verkörpert, entspricht die Dreiheit von allumfassenden Astralgottheiten: Nanal, Utu, Ki. Es sind die wichtigsten Götter der Sumerer – und sie hatten zahlreiche nahe Verwandte in allen orientalischen Himmeln. Forschungen in fünf Urkundenarchiven u.a. von Ur, Lagasch und Nippur ergaben 638 verschiedene Namen von Gottheiten, vergöttlichten Herrschern und Gegenständen für einen Zeitraum von nur 50 Jahren.
Außerdem wurden den Göttern noch Sternbilder, Zahlen, Pflanzen und Tiere zugeordnet.

Für den Sumerer liegt die ganze Verantwortung für die kosmische Ordnung in der Hand der Götter. Immer war darin die Sorge der Menschen präsent, dass ohne die mächtigen Götter das ursprüngliche Chaos zurückkehren würde. Diese Ordnung wurde aber ständig bedroht und gestört durch die Große Schlange (als Gefahr des Chaos) und durch die Vergehen und Verbrechen der Menschen. Durch Riten musste die gestörte Ordnung wieder hergestellt werden. Die Errichtung eines Tempels, der die Kosmogonie wiederholt (aus dem Chaos erhebt sich die Zikkurrat =Stufentempel), bewirkte dasselbe. Dem Glauben der Sumerer nach sind es die Götter selbst, die einen Tempel und um diesen herum eine Stadt bauen, diese benennen und als Kulturzentrum bestimmen. Einige Jahrhunderte später, bei den Akkadern, bestimmte der König - nach Beratung mit dem Sternenseher, ob und wo eine Stadt gebaut wird. Sargon I., König von Akkad (um 2300 v. Ch.), nannte sich als erster selbst Gottkönig und beanspruchte alle einem Gott zustehenden Opfer, Gebete, Verehrungen, Priester, u.s.w.

Die Sumerer bauten ein Pantheon auf, das von allen nachfolgenden Völkern Mesopotamiens und darüber hinaus in allen Teilen der altsemitischen Welt, mit wenigen Ausnahmen, übernommen wurde. Je nach politischer Konstellation, Sprache und Stadt veränderte sich die Bezeichnung oder Bedeutung der Götter und Göttinnen, nicht aber ihre Eigenschaften und ihr Wirken. Ein Beispiel: Die weibliche Zentralfigur des sumerisch - akkadischen Pantheon begegnet uns als Innin (wahrscheinlich vorsumerischer Name), Nin-ana oder Inanna. Sie ist die Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit, aber auch des Krieges. Im babylonisch - assyrischen Himmel thront sie als die oberste Göttin Ischtar, im ugaritischen als Attar und aus der Bibel kennen wir sie als Aschera (u.a. 1.Kön.15, 13) oder Astarte (u.a.1.Kön.11,5). Und das sind längst noch nicht alle ihre Namen!
Züge ihres Wesens finden sich selbst in der griechischen Aphrodite und in der Venus der Römer wieder.


Quellen:

-G. Hierzenberger. „Der Glaube in den alten Kulturen“. München/Stuttgart. (Topos plus). 2003
-Georg Baudler. „Die Erlösung vom Stiergott“. München. (Kösel Vlg.). 1989
-Rainer Albertz. „Frühe Hochkulturen“. Stuttgart. (Theiss). 2003
-Helmut Uhlig. „Die Sumerer“. Bergisch Gladbach. (Bastei Lübbe). 2002
-B. Hrouba (Hrgb.). “Der Alte Orient”. Bertelsmann. Bei Random Vlg. München. 2003
-Milli Bau. „Der Fruchtbare Halbmond“. Kultur der Nationen 32, Nürnberg. (Glock und Lutz).1975
-W. Helck, „Betrachtungen zur großen Göttin und der ihr verbundenen Gottheiten“, Oldenbourg Vlg., München und Wien, 1971
 
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