Solidarnosc schrieb:
Was ich dir so sagen kann: Marie-Antoinette und Ludwig XVI waren zutiefst unterschiedlich: Ludwig ein ruhiger, schüchterner und bescheidener Mensch. Seine Frau dagegen warf das Geld in hohem Bogen zum Fenster hinaus, rauschte von Fest zu Fest und hatte nicht im geringsten Interesse am Wohlergehen des Volkes. Meine Geschichtsleherin meinte einmal sie habe sich nicht mal die Mühe gemacht französisch zu lernen aber das kann ich nicht bestätigen. Wie großen Einfluss sie hatte kann ich nicht sagen, denn Ludwig war ein schwacher König, sodass die Macht auf öfters von Höflingen ausging.
Eine Beurteilung der Person und historischen Rolle Marie Antoinettes ist alles andere als einfach, eine schwarz-weiß Betrachtung (Verschwenderin - Martyrerin) nicht zielführend.
Wir haben es vielmehrt mit einer Person zu tun, die viel zu jung aus dem - zumindest für Personen ihren Standes - recht behütetem und reguliertem Umfeld des Wiener Hofes in die absolut verrückte Welt von Versailles versetzt wurde. Dort von Anfang an angefeindet (das Bündnis Frankreich-Österreich wurde ja wenige Jahre vorher geschlossen und machte jahrhundertealte Rivalen zu Alliierten, dies passte dem Großteil der führenden Schichten ganz und gar nicht und Marie Antoinette war das Symbol dieses Bündnisses) und in das extrem strenge und persönlichkeitsverachtende Regime der Etikette gesteckt. Ihre Briefe aus dieser Zeit sind ja oft Beschwerden über die Auswüchse der Etikette am Hof.
Das Verhältnis zu Louis sollte mal psychologisch durchforscht werden - ich empfehle mal das Kapitel "Das Geheimnis des Alkovens" in Stefan Zweigs Antoinette-Biographie zu lesen, ein Meisterwerk einer psychologischen Biographie.
Mit der Thronbesteigung dann die absolute Macht in Händen - ohne Regulativ! Ich glaube nicht dass sie eine bewusste Verschwenderin gewesen ist, sie hatte einfach nicht den geringsten Bezug zu Geld! Ich glaube sogar dass Marie Antoinette sich als genaues Gegenteil eines Luxushöfling gesehen hätte - ihr Reich, das Trianon, ist ja nichts anderes als der Versuch eines "einfachen Lebens zurück zur Natur", wenn auch der kostspieligste den es je gab. In ihrem Prozess vor dem Revolutionstribunal, bei dem ihr ja auch die Verschwendungssucht, vor allem beim Trianon vorgeworfen wurden, sagt sie ja selbst dass die Kosten höher wurden als sie es gewollt hätte - sie hatte keine Ahnung, keinen Bezug zu Geld, sie hätte das ändern sollen, das ist ihr vorzuwerfen.
Der Vorwurf nicht französisch gelernt zu haben ist aber samt und sonders absurd. Ihr jüngster Bruder Maximilian der sie in den 70er Jahren besucht hat beklagt sogar dass sie kaum mehr deutsch spricht.
Ich empfehle aber Stefans Zweigs Biographie "Marie Antoinette, Bildnis eines mittleren Charakters" zu lesen, nicht nur eine großartige Biographie, sondern auch das Buch über das Ende des Ancien Regimes und die Revolution schlechthin - in der Beleuchtung der Hintergründe.