Minoischer Kalender ???

lego

Mitglied
Hallo allerseits,

über die Minoische Kultur ist hier und in etlichen Büchern bereits Einiges geschrieben worden. Die Wissenschaft weiß aber im Gegensatz zu anderen Hochkulturen relativ wenig über diese doch sehr beeindruckende Kultur. Bei meinen Reisen auf Kreta und Santorin habe ich mir ein genaueres Bild von den Minoern machen können. Die Ausgrabungen die ich genauer besichtigt habe (Malia, Knossos, Phaistos und Akrotiri) legen nahe daß es sich bei den Minoern zum Zeitpunkt ihrer Blüte vom 18. bis 15. Jahrhundert v. Chr. um eine Kultur gehandelt haben muß die zumindest ähnlich hoch entwickelt war wie z.B. Ägypten. In zumindest einem Punkt, nämlich der Seefahrt, waren die Minoer anscheinend allen anderen Kulturen dieser Zeit überlegen. Auf Details möchte ich diesbezüglich nicht eingehen, denn das was mich vorrangig beschäftigt ist ein Artefakt der Minoer, siehe
https://www.flickr.com/photos/knightbat/6141282836/
https://www.flickr.com/photos/nickkaye/4207852959/

Dieses Artefakt wird als "Königliches Spielbrett" oder "Minoan Chessboard" bezeichnet. Schon Sir Arthur Evans bezeinete es so. Und auch die modernere Forschung sieht dies so. Siehe:
Robert S. Brumbaugh
Spielen im Labyrinth des Minotaurus? | Ulrich Schädler - Academia.edu
Minoan and Eastern Mediterranean Board Games 1950

Es ist aber bei allen Vermutungen aber kein eindeutig schlüssiges Spielkonzept erkennbar, sondern es werden nur Spielvarianten vermutet. Dies geht am Besten aus dem "academia.edu"-Link hervor.

Es wäre aber durchaus ein 365 Tage zählender Kalender erkennbar.

Zur Verdeutlichung habe ich mal eine kleine Graphik erstellt in der die Bedeutung der einzelnen Bestandteile erläutert sind. Diese findet ihr in Anhang 1 (minoanchess1)


Zur Erläuterung:

Die "Äussere Tageszählung" umfasst 72 Tage. Diese wird benötigt um 360 Tage und die 5 "Zusatztage" zu ermitteln die für die Jahreslänge von 365 Tagen benötigt werden. Es wird hier an jedem Tag ein Feld belegt. Sind alle Felder belegt wird am daraufolgenden Tag alle Felder geleert und ein Feld der "Zusatztage" wird belegt. Es werden sozusagen alle Felder der "Äusseren Tageszählung" in ein Feld "Zusatztage". Dies ist dann der 73. Tag des Jahres. Am Tag darauf, dem 74. Tag des Jahres, wird dann wieder mit der Belegung der Felder der "Äusseren Tageszählung" begonnen. Nachdem mit dieser Abfolge der Belegung alle Felder der "Äusseren Tageszählung" und der "Zusatztage" werden dann nach fünfmaliger "Äusseren Tageszählung" beide Feldertypen geleert und dies ist dann der 365. Tag im Jahr, also das Jahresende.

Die weiteren Felder dienen zur Tages- Wochen- und Jahreszeitenanzeige. Am ersten Tag werden die "Innere Tagesanzeige" , "Wochenanzeige" und "Anzeige der Jahreszeit" ein Mal belegt. Für jeden Tag wird ein weiteres Feld der "Inneren Tagesanzeige" belegt. Sind alle 10 Felder belegt wird am darauffolgenden Tag ein weiteres Feld der "Wochenanzeige" belegt und es werden alle Felder der "Inneren Tagesanzeige bis auf eines geleert. Dies ist dann sozusagen der 1. Tag der 2. Woche der 1. Jahreszeit. Dies setzt sich so fort bis alle 9 Felder der "Wochenanzeige" und alle Felder der "Inneren Tagesanzeige" belegt sind. dann werden am darauffolgenden Tag alle Felder der "Inneren Tagesanzeige" und der "Wochenanzeige" bis auf jeweils eines geleert und das zweite Feld "Jahreszeit" wird belegt. Es ist nun der 1. Tag der 1. Woche der 2. Jahreszeit. Nur wenn ein "Zusatztag" eingefügt wird wird die Vorgehensweise zur Datumsanzeige für eben diesen einen "Zusatztag" unterbrochen und dieser Tag ist erkennbar da ja die Felder der "Äusseren Tageszählung" an diesem Tag geleert sind.

Wenn alle Felder dieses Artefakts belegt sind ist dies der 10. Tag der 9. Woche der 4. Jahreszeit, also der 364. Tag des Jahres. Zur Berechnung 10 (Tage) x 9 (Wochen) x 4 (Jahreszeiten) plus die 4 Zusatztage.

Ein Beispiel für eine Belegung des Artefaktes findet ihr in Anhang2 (minoanchess2).

Das einzige Problem bei dieser Theorie ist der 365. Tag, denn dieser wird sowohl in der Datumsanzeige als auch in der Tageszählung nicht direkt ersichtlich. Es kann aber sein daß das große mittige Feld des Artefakts belegt wurde. Es kann aber auch sein daß das Atrefakt an diesem Tag komplett geleert wurde, sozusagen eine rituelle Leerung weil kein Feld mehr belegt werden konnte, aber aufgrund der "Äusseren Tageszählung" am Tag nach der letzten Belegung eines Feldes ja eine Umwandlung in einen Zusatztag erfolgen musste und dieser 5. Zusatztag dann der Tag der rituellen Leerung war. Auch bei uns heute wird ja der letzte Tag des Jahres ganz speziell gefeiert.

Ich habe auch noch eine zweite Variante eines Kalenders entdeckt, wie aus der ersten Abb. hervorgeht. Diese halte ich allerdings aufgrund der optischen Einteilung der Felder für weniger wahrscheinlich. Ein weiterer Grund warum ich Variante 1 für eher wahrscheinlich halte ist ein kleines Detail das erkennbar ist. Betrachtet man nämlich die "Anzeige der Jahreszeit" ist erkennbar daß sich hierbei der Stand der Sonne wiederspiegeln kann, ein Mal hoher Sonnenstand (Sommer) ein mal niedriger Sonnenstand (Winter) und zwei Mal mittlerer Sonnenstand (Frühling und Herbst). Dies wird auch heute so ähnlich dargestellt (siehe: Category:Seasons on Earth ? Wikimedia Commons ).

Ob es sich bei diesem Artefakt um ein Spielbrett, einen Kalender oder Sonstiges handelt kann ich nicht definitiv beurteilen. Es besteht allerdings meiner Meinung nach tatsächlich die Möglichkeit daß es sich bei diesem Artefakt um einen Kalender handelt.

Ich würde gerne mal eure Meinungen zu meiner Theorie hören. Es ist nur eine Theorie. Aber es wäre möglich.

Auf jeden Fall ist dieses Artefakt ein handwerkliches Meisterwerk.

Liebe Grüße

lego
 

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Eine interessante Theorie, aber nicht beweisbar. Das gilt natürlich auch für die Spielbrett-Theorie. Dass kein eindeutig schlüssiges Spielkonzept erkennbar ist, spricht aber nicht dagegen und ist auch nicht erstaunlich. Wie sollte man das Spielkonzept ohne jegliche Hinweise denn durchschauen? Würde man ein Schachbrett finden, könnte man ohne jedes Vorwissen und ohne jede Anleitung oder sonstige Hinweise aus ihm auch nicht erkennen, wie Schach gespielt wird.

Aber zurück zum Kalender: Ist denn überhaupt bekannt, ob die Minoer ein 365-Tage-Jahr verwendeten? Das gilt erst recht für die Verwendung von Wochen.
Außerdem erscheint mir das System schon reichlich umständlich.
 
Hallo Ravenik,

Eine interessante Theorie, aber nicht beweisbar.

Richtig, es ist nur eine Theorie. Und diese ist nicht eindeutig beweisbar.


Das gilt natürlich auch für die Spielbrett-Theorie. Dass kein eindeutig schlüssiges Spielkonzept erkennbar ist, spricht aber nicht dagegen und ist auch nicht erstaunlich.

Auch richtig. Es ist also durchaus möglich daß ich falsch liege. Und dessen bin ich mir bewusst.

Aber zurück zum Kalender: Ist denn überhaupt bekannt, ob die Minoer ein 365-Tage-Jahr verwendeten? Das gilt erst recht für die Verwendung von Wochen.

Zumindest hatten die Minoer nachweislich Kontakt zu den Ägyptern. Dies bedeutet daß sie den ägyptischen Kalender kannten. Dieser ist aber aufgrund seiner Ausrichtung auf die Nilschwemme für die Minoer nicht brauchbar. Also müssten die Minoer auf astronomische Gegebenheiten zurückgreifen. Dieses astronomische Wissen könnte auch der Grund für die Vormachtstellung zur See sein. Und die 10tägige Woche konnte sogar von den Ägyptern übernommen worden sein.

Außerdem erscheint mir das System schon reichlich umständlich.

Auf den ersten Blick gebe ich dir da vollkommen Recht. Aber ... wie könnte man auf nur einem Gegenstand einen Kalender besser darstellen? Und das alles ohne Zahlen.

Wie gesagt ... es handelt sich nur um eine Theorie ... aber zumindest in meinen Augen ist sie möglich.

Liebe Grüße

lego
 
Hallo lego,

als erstes: Ich finde es gut, wenn jemand solche rätselhaften Zeugnisse vergangener Kulturen auf einen eventuellen praktischen oder wissenschaftlichen Nutzen für die Damaligen (in diesem Fall auf einen kalendariographischen Nutzen) hin untersucht und nicht der Einfachheit halber ein zu groß geratenes Amulett:D oder eine Anleitung für einen kultischen Tanz:D darin vermutet.
Ich finde es bestechend die 72 kleinen goldenen "Sonnen" um den Rand herum als Sonnen-Tage zu deuten. Da diese Anzahl von Tagen m. W. weder zwischen den Jahrpunkten (Sonnenwenden und Äquinoktien) noch sonst im Sonnen- oder Mondjahr noch bei den Auf- und Untergängen gut sichtbarer Sterne bzw. Sterngruppen eine Rolle spielt, ist die fünfmalige Addition der 72 Tage, sodass man auf 360 Tage kommt, ein vielleicht angemessener Ausweg. Nur: 360 Tage plus 5 Zusatztage, was ist das für ein komischer Kalender?:grübel: Die Antwort gibst Du selbst:

Zumindest hatten die Minoer nachweislich Kontakt zu den Ägyptern. Dies bedeutet daß sie den ägyptischen Kalender kannten.

An den ägyptischen Kalender musste auch ich bei Deinem ersten Beitrag sofort denken; denn was Du beschreibst, ist ja im Wesentlichen nichts anderes als das ägypt. Wandeljahr mit seinen 360 ordentlichen Tagen und den 5 Zusatztagen, also glatten 365 Tagen. Und die ägyptische 10-tägige Woche ist laut Ginzel archäologisch schon im 3. Jahrtausend nachweisbar.

... Allerdings hatten die Ägypter zwölf Monate zu 30 Tagen (plus eben die fünf Zusatztage am Ende des Jahres), sodass man - zumindest soweit ich unterrichtet bin - bei den Ägypter davon ausgehen muss, dass ihr annäherndes Sonnenjahr ursprünglich aus einem Mondjahr entstanden ist: 12 Monate zu ca. 29,5 Tagen, aus denen irgendwann ganz schematisch für jeden Monat 30 Tage gemacht wurden, da fehlen noch ca. 5,25 Tage, aus denen irgendwann 5 glatte wurden, um dem zu beobachtenden Jahreslauf der Sonne beizukommen. Zwar verschiebt sich mit diesen 365 Tagen das Kalenderjahr alle vier Jahre um einen Tag zum Sonnenjahr, aber innerhalb von einer Generation fiel das nicht so arg ins Gewicht, sodass man einfach jedem Jahr die gleiche Länge gab, ohne jene fehlenden Tagesbruchteile mittels zeitweiliger, außerordentliche Schaltung hinzuzufügen. (Ich hoffe, das ist wenigstens so ungefähr noch der Stand der Forschung, wie man sich die Entstehung des Wandeljahrkalenders erklärt:red:).
Was ich damit sagen will: Die Frage wie ein Volk zu einem Jahr mit 360 Tagen und 5 Zusatztagen gekommen ist, lässt sich vermutlich nur sinnvoll mit einem ehemaligen Mondjahr bei diesem Volk beantworten, aus dessen 12 Monaten zu 30 Tagen eben irgendwann die 360 ordentlichen Tage des Kalenders geworden sind. Dann dürfte man (wie bei den Ägyptern) auch im jüngeren Sonnenkalender jener Kultur noch Relikte der älteren Mondmonate (eben die Anzahl der Monate und ihre Länge) finden können. Die Zahl 12 taucht aber auf jenem minoischen "Spielbrett" nicht auf. Das muss nichts heißen, kann es aber.


Weil diesem "Spielbrett" ohne Spekulationen und Phantasie gar nicht beigekommen werden kann, noch ein paar wilde Spekulationen und phantasievolle Überlegungen von meiner Seite aus:

- Das Symbol, welches Du als das für die Jahreszeiten ausgemacht haben willst, taucht interessanterweise insgesamt ebenso viermal auf dem unentschlüsselten minoischen Diskus von Phaestos auf (dreimal auf der Vorderseite, einmal auf der Rückseite). Falls die Vierzahl eine Bedeutung hat, ist angesichts der scheinbaren Sonnenform des Symbols eine Deutung auf die vier, durch die Sonnen-Jahrpunkte abgetrennten Jahreszeiten nicht abwegig. Soweit ich weiß, haben Griechen und Ägypter zwar lange Zeit später noch mit nur drei oder gar zwei Jahreszeiten operiert, aber dass die Minoer die Sonnenwenden beobachten und festlegen konnten und auch die Tagundnachtgleichen wenigstens ungefähr zu bestimmen wussten, ist m. E. nicht auszuschließen. Natürlich können wir in ein paar Jahren oder Jahrzehnten auch belehrt werden, dass das viermalige Symbol etwas völlig anderes bedeutet, aber träumen darf man ja.

- Da ein Volk, das sich besonders mit der Schiffahrt beschäftigte und sich darauf auch besonders verstand, der Bewegung der Sterne zweifelsohne große Aufmerksamkeit geschenkt haben wird, lässt sich vermuten, dass Auf- und Untergängen bestimmter Sterne auch kalendertechnisch eine Bedeutung zukam. Jetzt wird es zugegebenermaßen ganz spekulativ: Wenn ich mir das "Spielbrett" anschaue, sehe ich in den zehn Symbolen oder Figuren, die Du als Wochentage gedeutet hast, Sterne oder Sterngruppen, in dem u-förmigen Blau den Nachthimmel. Jene blaue "Treppe" in diesen Nachthimmel mag den Auf- bzw. Untergang jener Sterne darstellen wollen (Auf der gegenüberliegenden Seite des "Spielbretts" wäre dann der Taghimmel dargestellt, an den die Sonne des Morgens auf der dargestellten Treppe aus den schwarzen Steinchen emporsteigt. Das Karo der Sterne sowie im Mittelpunkt der vier Sonnensymbole wäre dann einfach der Lichtschein jener Himmelskörper). Ich habe allerdings weder einen Vorschlag, um welche Sterne oder Sterngruppen es sich handeln könnte noch eine Idee, wie das z. B. mittels Auflegen von Steinchen sinnvoll kalendarisch genutzt worden sein könnte. Deshalb vergessen wir diese letzte Überlegung am besten schnell wieder.:D
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Deutung als Kalender ist auf den ersten Blick durchaus verlockend. Insbesondere die deutlich hervorgehobenen und voneinander abgesetzten Zeichnungen für die vier "Jahreszeiten" drängen das geradezu auf (wobei die vier Mond- anstelle der vier Sonnenzyklen ebenfalls in Frage kämen). Auch daß sich jede Menge Möglichkeiten bieten, auf dem Brett Tages-, Wochen-, Monats- oder sonstige Marker zu verschieben, um nach irgendeinem Muster den Verlauf eines minoischen Jahres abzubilden, lädt zum Experimentieren ein. Allein, so recht auf der Hand liegt keine der Zählgrößen, zumindest mir fällt nichts auf, was sich auf zyklisch wiederkehrende und beobachtbare Himmelsphänomene zurückführen ließe. Auch nicht Dein Vorschlag mit 5x72+5. Was aber natürlich nichts heißen mag.

Die Interpretation als Spielbrett hat Evans recht früh vorgeschlagen. Schon in seiner allerersten Erwähnung in den Grabungstagebüchern nennt er es "the Royal Draughtboard". Detailliert ausformuliert hat er seine Deutung in "The Palace of Minos at Knossos", wobei er auf seiner Ansicht nach vergleichbare und/oder mit Brettspielen allgemein in Zusammenhang stehende Funde andernorts rund um das östliche Mittelmeer verweist. Eine eindeutige Parallele benennt er allerdings nicht und etliche Male zielt er nur auf vergleichbare Ornamentik ab.
Robert S. Brumbaugh meint in einem Aufsatz im American Journal of Archaeology Volume 79, 1975, The Knossos Game Board, im Vergleich zu einem Fund aus Ur Ähnlichkeiten aufzeigen zu können "close enough to establish the identity of the Minoan artifact as a board game". Brumbaugh erwähnt in seinem Aufsatz aber auch H.J.R. Murray, der in "A History of Board Games Other than Chess" die Deutung als Spielbrett ablehne. Murray kenn' ich nicht, muß ich zugeben, und auch sonst keine Arbeiten zu diesem Fund.
 
Auch nicht Dein Vorschlag mit 5x72+5. Was aber natürlich nichts heißen mag.
Hallo,
wie bereits geschrieben hatten die Minoer bekanntlich engen Kontakt mit den Ägyptern.

Und in der ägyptischen Mythologie gibt es da die folgende Sage:
jedem Tag des 360tägigen Jahres den 72. Teil ab, aus dem er 5 Tage bildete, die hinter den 12 Monaten angehängt wurden. Dadurch gewann das Sonnenjahr 5 Tage mehr als das alte Jahr, und das Mondjahr hatte nun 355 statt 360 Tage; was jenem gegeben wurde, mußte dieses verloren haben; und so konnten die fünf nachgeborenen Götter in die Welt eintreten".
Quelle: Teil 2: Ägypten

Die Ägypter hängten alle 5 Tage an ihr vormaliges 360tägiges Jahr an. Die Ägypter richteten ihren Kalender allerdings an der Nilschwemme, wogegen andere Kulturen, also auch die Minoer, sich an anderen Dingen orientieren mussten. Sollte dies dann astronomisch gewesen sein wäre es besser je einen Tag an 72 Tage anzuhängen, denn dann würde sich z.B. die Sommersonnenwende besser kalendarisch darstellen lassen da sich diese dann ja nach 182 Tagen und nicht, wie nach der ägyptischen Kalenderform nach 180 Tagen ereignen würde. Es wären also bestimmte Himmelereignisse (Sonnenwenden und Tag-Nacht-Gleichen) genauer darzustellen.

Nun möchte ich mich aber auch mal für die Antworten bedanken. Diese spiegeln eigentlich genau das wieder was meine Meinung zu diesem Artefakt ist. Es KANN ein Kalender sein, MUSS aber nicht. Ich werde mich aber diesbezüglich weiter informieren und ... wer weiß???

Liebe Grüße
 
Was Du da zitierst, ist ein Ausschnitt aus Plutarchs Schrift "Von Isis und Osiris". Leider ist die Übersetzung nicht nur sehr frei, sondern auch fehlerhaft. (Übrigens hat die ganze verlinkte Seite so ihre Schwächen.) U. a. ist dort eigentlich nur vom 70. Teil die Rede.
Da Plutarch Grieche war und im 1./2. Jhdt. n. Chr. schrieb, stellt sich ohnehin die Frage, wie original altägyptisch die von ihm erzählte Sage eigentlich war.
 
Es wird mW von den meisten Althistorikern eher angenommen, dass die Sage von Plutarch (oder seinen griechischen Vorlagen) wenigstens verändert, wenn nicht sogar ganz verfasst wurde
 
... Und die ägyptische 10-tägige Woche ist laut Ginzel archäologisch schon im 3. Jahrtausend nachweisbar. ...

Richtig.

Und es gibt zumindest einen Hinweis darauf daß irgendwo (ob bei den Minoern, Ägyptern oder, oder, oder) sogar eine 90tägige Jahreszeit als Zählzyklus der Regierungsjahre eines Herrschers herangezogen wurden.

Denn auch bei den Vorfahren der Egypter sprach man von Lunaren, das heißt, die Monatstage, 30 Tage zusammengefaßt, nannten sie Jahre. Und andere nannten Hören die dreimonatlichen Zeiten; diese <Jahres>zeiten, sage ich, und. die in den einzelnen Jahren <statthabenden> dreimonatlichen Wandlungen rechneten sie zu einem Jahre.
Aus:
eusebius_chron_german.htm

Es gibt aber einen eventuellen Hinweis darauf daß im 17. Jahrhundert v. Chr., also zum Zeitpunkt als das Artefakt gefertigt wurde die 90tägige Jahreszeit als Jahr bezeichnet wurde, also auch daß die 90tägige Jahreszeit bekannt war.

Dazu gilt aus Eusebius zu betrachten:
13. Dreizehnte Dynastie, der diopolitischen 60 Könige; welche regierten 453 Jahre.

14. Vierzehnte Dynastie, der Xoitischen 76 Könige; welche regierten 484 Jahre.

15. Fünfzehnte Dynastie, der diopolitischen Könige; welche regierten 250 Jahre.

16. Sechzehnte Dynastie, der thebäischen 5 Könige; welche regierten 190 Jahre.

17. Siebzente Dynastie, der Hirten; welche waren phönikische Brüder, fremde Könige; die auch Memphis einnahmen. Deren erster, Saites, regierte 19 Jahre; nach welchem auch der Saiten-Nomos benannt wurde. Welche auch in Sethroite durch Gesetz eine Stadt erbauten; von wo aus aufbrechend sie die Egypter unterwarfen. Der zweite, Bnon, 40 Jahre. Nach welchem Archles, 30 Jahre.Aphophis, 14 Jahre. Insgesamt 103 Jahre.

Die 17. Dyn. ist heute als 15. Dyn. (der Hyksos) bekannt. Bei dieser ist eine sehr große Genauigkeit der Regierungszeit mit den Erkenntnissen der heutigen Wissenschaft gegeben, die ca. 100 bis 108 Jahre für diese Zeit angibt (siehe z.B. Egyptian Pharaohs : Second Intermediate Period : Dynasty 15 : ) Bei den anderen angegebenen Dyn. gibt es aber keinerlei Gemeinsamkeiten mit den heutigen Erkenntnissen.

Eusebius schreibt auch daß einige Dyn. gleichzeitig, also parallel, regierten
... Egypter gewesen seien. Wird doch berichtet, daß Thyniten regiert haben und Memphiten und Saiten und Äthiopier und außer diesen noch die andern, und, wie es scheint, andere anderswo; und daß mit den Dynasten es sich so verhalten habe, wie in ihren Gesetzen geschrieben steht: daß sie keineswegs einander auf dem Throne gefolgt seien, sondern <gleichzeitig>, die einen hier, die andern dort geherrscht haben. Weshalb denn auch das Übermaß von Jahren sich ansammeln mußte.
Es wird aber nicht explizit genannt wann dies war.

Für die 13. bis 17.Dyn. ist sich die Wissenschaft aber einig daß diese z. T. parallel regierten.

Nun ein Szenario. die 13. , 15. und 16. Dyn. herrschten über Oberägypten und parallel dazu herrschten die 14. und 17. Dyn. über Unterägypten (Dyn. nach Eusebius).

die 13., 15. und 16. Dyn. ergeben zusammen 893 "Jahre" die eigentlich Jahreszeiten sind, also 223,25 reale Jahre.

Die 14. Dyn. zählt 484 "Jahre" die eigentlich Jahreszeiten sind, also 121 reale Jahre. Zusammen mit den 103 Jahren, die als real angesehen werden, ergeben sich 224 Jahre.

Dies ist eine signifikante Übereinstimmung. Und diese Übereinstimmung wird dadurch noch plausibeler bekräftigt daß die heutige Wissenschaft für die "zweite Zwischenzeit" ebenfalls ca. 223 Jahre veranschlagt (siehe: Egyptian Pharaohs : Second Intermediate Period : Dynasty 13 : bis TestingTemplate )

Das bedeutet daß zumindest eine 90tägige Jahreszeit in Ägypten bekannt gewesen sein könnte.

Da die Entstehungszeit des minoischen Artefakts und die Erwähnung einer 90tägigen Jahreszeit zeitgleich anzusetzen ist und die Minoer nachweislich zu diesem Zeitpunkt Kontakte nach Ägypten hatten wäre es sogar möglich daß dieses Artefakt nicht nur einen minoischen sondern auch einen auf eine bestimmte zeitliche Epoche geltenden ägyptischen Kalender darstellen könnte.

Dadurch wäre auch die 90tägige Jahreszeit kalendarisch fassbar und ein zweiter Faktor neben der 10tägigen Woche darstellbar.

Ich bin mir vollkommen bewusst daß ich mit meiner Theorie absolut falsch liegen kann. Ich habe jedoch nur Zahlen aus Quellen und heutiges Wissen kombiniert (soll heissen daß ich nicht "Radosophie" betrieben habe).

Ob die Rückschlüsse die ich ziehe richtig oder falsch sind ... wer weiß?

Liebe Grüße
 
Ich habe das aus einer Ägyptologie-Vorlesung, die ich mal gehört hatte (weil es darin um die Beziehungen zu Griechenland ging). Aus dem Kopf heraus weiß ich noch, dass der Dozent Plutarch als Beispiel für die teilweise recht selektive Wahrnehmung Ägyptens durch die Griechen verwendete. Er zeigte an ein paar Stellen der Schrift, dass die Wahrnehmung von Religion eher um 100 in Delphi verbreiteten Mustern folgte als altägyptischen und kam zu dem Schluss, dass eine Entstehung in Delphi selbst im Rahmen des Möglichen liege. Plutarch war ja auch Priester dort, wenn ich mich recht entsinne.

Ich kann aber auch gerne noch einmal meine Mitschrift suchen, vielleicht habe ich es da genauer.
 
Stimmt, Plutarch war Priester in Delphi.
Dass er als Grieche die ägyptische Mythologie mehr oder weniger quasi durch eine "griechische Brille" gesehen und interpretiert hat, ist natürlich zu befürchten. Er hat ja auch, anders als in der von lego verlinkten Übersetzung suggeriert, im Sinne einer Interpretatio Graeca großteils die griechischen Entsprechungen der ägyptischen Götternamen verwendet. (Aber auch Osiris und Isis selbst sind gräzisierte Formen der original ägyptischen Namen.)
Inwieweit Plutarch oder ein Vorgänger die Geschichte verändert hat, lässt sich aber meiner Meinung nach nicht sagen. Anzunehmen, dass sie ganz erfunden wurde, sehe ich keinen triftigen Grund. Ausschließen kann man es natürlich nie, aber welchen Grund sollte Plutarch dafür gehabt haben?
 
Und es gibt zumindest einen Hinweis darauf daß irgendwo (ob bei den Minoern, Ägyptern oder, oder, oder) sogar eine 90tägige Jahreszeit als Zählzyklus der Regierungsjahre eines Herrschers herangezogen wurden.
Denn auch bei den Vorfahren der Egypter sprach man von Lunaren, das heißt, die Monatstage, 30 Tage zusammengefaßt, nannten sie Jahre. Und andere nannten Hören die dreimonatlichen Zeiten; diese <Jahres>zeiten, sage ich, und. die in den einzelnen Jahren <statthabenden> dreimonatlichen Wandlungen rechneten sie zu einem Jahre.
Aus:
eusebius_chron_german.htm
Ohne Frage ein ganz wertvolles Zitat aus Eusebius für Deine These! (hab's allerdings nicht nachgeschlagen).



Es gibt aber einen eventuellen Hinweis darauf daß im 17. Jahrhundert v. Chr., also zum Zeitpunkt als das Artefakt gefertigt wurde die 90tägige Jahreszeit als Jahr bezeichnet wurde, also auch daß die 90tägige Jahreszeit bekannt war.

Dazu gilt aus Eusebius zu betrachten:


Die 17. Dyn. ist heute als 15. Dyn. (der Hyksos) bekannt. Bei dieser ist eine sehr große Genauigkeit der Regierungszeit mit den Erkenntnissen der heutigen Wissenschaft gegeben, die ca. 100 bis 108 Jahre für diese Zeit angibt (siehe z.B. Egyptian Pharaohs : Second Intermediate Period : Dynasty 15 : ) Bei den anderen angegebenen Dyn. gibt es aber keinerlei Gemeinsamkeiten mit den heutigen Erkenntnissen.

Eusebius schreibt auch daß einige Dyn. gleichzeitig, also parallel, regierten
... Egypter gewesen seien. Wird doch berichtet, daß Thyniten regiert haben und Memphiten und Saiten und Äthiopier und außer diesen noch die andern, und, wie es scheint, andere anderswo; und daß mit den Dynasten es sich so verhalten habe, wie in ihren Gesetzen geschrieben steht: daß sie keineswegs einander auf dem Throne gefolgt seien, sondern <gleichzeitig>, die einen hier, die andern dort geherrscht haben. Weshalb denn auch das Übermaß von Jahren sich ansammeln mußte.
Es wird aber nicht explizit genannt wann dies war.

Für die 13. bis 17.Dyn. ist sich die Wissenschaft aber einig daß diese z. T. parallel regierten.

Nun ein Szenario. die 13. , 15. und 16. Dyn. herrschten über Oberägypten und parallel dazu herrschten die 14. und 17. Dyn. über Unterägypten (Dyn. nach Eusebius).

die 13., 15. und 16. Dyn. ergeben zusammen 893 "Jahre" die eigentlich Jahreszeiten sind, also 223,25 reale Jahre.

Die 14. Dyn. zählt 484 "Jahre" die eigentlich Jahreszeiten sind, also 121 reale Jahre. Zusammen mit den 103 Jahren, die als real angesehen werden, ergeben sich 224 Jahre.

Dies ist eine signifikante Übereinstimmung. Und diese Übereinstimmung wird dadurch noch plausibeler bekräftigt daß die heutige Wissenschaft für die "zweite Zwischenzeit" ebenfalls ca. 223 Jahre veranschlagt (siehe: Egyptian Pharaohs : Second Intermediate Period : Dynasty 13 : bis TestingTemplate )

Das bedeutet daß zumindest eine 90tägige Jahreszeit in Ägypten bekannt gewesen sein könnte.

Da die Entstehungszeit des minoischen Artefakts und die Erwähnung einer 90tägigen Jahreszeit zeitgleich anzusetzen ist und die Minoer nachweislich zu diesem Zeitpunkt Kontakte nach Ägypten hatten wäre es sogar möglich daß dieses Artefakt nicht nur einen minoischen sondern auch einen auf eine bestimmte zeitliche Epoche geltenden ägyptischen Kalender darstellen könnte.

Dadurch wäre auch die 90tägige Jahreszeit kalendarisch fassbar und ein zweiter Faktor neben der 10tägigen Woche darstellbar.

Ich bin mir vollkommen bewusst daß ich mit meiner Theorie absolut falsch liegen kann. Ich habe jedoch nur Zahlen aus Quellen und heutiges Wissen kombiniert (soll heissen daß ich nicht "Radosophie" betrieben habe).

Diese Deine auf Eusebius gestützten Überlegungen und Rechnungen zur 13.-17. Dynastie sind durchaus scharfsinnig und beeindruckend. Unter Berufung auf die Vermutung des Eusebius, dass nicht nur die verschiedenen Dynastien, sondern eben auch die einzelnen Regenten innerhalb einer einzigen Dynastie zum Teil zeitlich parallel geherrscht haben, kannst Du Deine Rechnung rechtfertigen. Andernfalls wären (453:4= ) 113,25 Jahre und (484:4= ) 121 Jahre für 60 bzw. 76 Könige zu wenig (denn sonst hätte ja im Schnitt jeder Herrscher nur anderthalb bis zwei Jahre auf dem Thron gesessen). Ich bin auch ganz der Meinung, dass Eusebius hier eine kluge und richtige Vermutung äußert.

Ich liebe es, wenn man mit antiken Chronographen arbeitet und argumentiert. Aber man muss sich auch immer die Frage nach den vermutlichen ursprünglichen Quellen und der Güte der Überlieferung jener Zahlen, mit denen man da arbeitet, stellen.
In unserem Fall beruft sich Eusebius (4 Jh. n. Chr.) im Chronikon auf das berühmte Werk Manethos über die Ägyptische Geschichte (ca. 3 Jh. v. Chr.). Dieses griechische Geschichtswerk eines gebildeten ägyptischen Priesters mit Zugang zu Tempelarchiven usw. wurde im hellenistisch-römischen Altertum unter den Griechischsprachigen zurecht als einzige umfassende Informationsquelle für die ägypt. Chronologie hoch geschätzt. Und bis heute nutzen die Ägyptologen Manethos Dynastien-Einteilung als ordnendes chronologisches System der Geschichte des Nillandes. Nur dank jüdischer und christlicher Geschichtsschreibung und Chronographie sind uns Manethos Listen erhalten worden, nicht zuletzt deshalb, weil Juden und Christen interessiert daran waren, ihre eigene Vorgeschichte, nämlich die biblische Geschichte, mit der Profangeschichte zu synchronisieren, das Alter des jüdischen bzw. israelitischen Volkes und Glaubens historisch glaubwürdig zu erweisen usw. Ebenso nutzten Heiden den Manetho für eigene Werke mit antijüdischer Ausrichtung. Viele Juden, Heiden und Christen arbeiteten entweder mit dem „echten Manetho“, mit längst angefertigten Epitomen, irgendwelchen pro- oder antijüdischen Versionen oder oder oder. Manetho wurde abgeschrieben, richtig und fehlerhaft, er wurde z. T. bearbeitet und zu eigenen Zwecken umgestaltet usw., sodass viele verschiedene Fassungen und Versionen der Listen vorlagen, wofür Iosephus, Africanus, die Excerpta latina Barbari, Eusebius und das sogenannte Sothis-Buch oder die „alte Chronik“ (bei Syncellus) Zeugen sind. Auch untereinander sind diese Quellen zum Teil voneinander abhängig. Die Frage, wer bzw. ob uns jemand die ursprünglichen Zahlen des Manetho überliefert hat, ist nicht mit Sicherheit zu beantworten.

Als Beispiel wähle ich mal die Hyksos-Dynastie oder 15. Dynastie (bei Eusebius die 17. Dynastie), zum einen weil sie sich auch bei Iosephus erläutert findet, zum anderen weil sie ja für Deine Argumentation bzw. Rechnung eine wesentliche Rolle spielt.


Hier mal so ne Art SYNOPSE DER HYKSOSKÖNIGE:

Am Ausgang des 1. Jhs. n. Chr. sagt Iosephus: Contra Apionem I, §73ff, er lese in Manethos 2. Buch über die Ägyptische Geschichte:

- die Hyksos seien unter einem König Timaos in Ägypten eingefallen und ihre Könige seien folgende gewesen:
1. Salitis 19 Jahre [andere Textzeugen haben 13 J.; Ios. (via Euseb.) hat 15 J.]
2. Beon 44 Jahre
3. Apachnas 36 Jahre u. 7 Monate
4. Apophis 61 Jahre
5. Janias 50 Jahre u. 1 Monat
6. Assis 49 Jahre u. 2 Monate
- [macht i. d. Summe 259 Jahre (oder 253 Jahre) u. 10 Monate]
- diese sechs Könige und ihre Nachkommen hätten 511 Jahre lang über Ägypten geherrscht.
- nach längerem Krieg der Thebäer gegen sie seien die Hyksos vom thebäischen König Thummosis des ägyptischen Landes verwiesen worden.


Georgius Syncellus schreibt, Iulius Africanus (3. Jh. n. Chr.) gebe in seiner Chronographie den Manetho bzw. den Inhalt des 2. Buches seiner Ägypt. Gesch. wie folgt wieder:

15. Dynastie der Hirten, fremde Könige aus Phönizien:
1. Saïtes 19 Jahre
2. Bnon 44 Jahre
3. Apachnan 61 Jahre
4. Staan 50 Jahre
5. Archles 49 Jahre
6. Aphophis 61 Jahre
das seien i. d. Summe 284 Jahre [stimmt rein rechnerisch]


Eusebius: Chronikon (armenische Version, Übersetzung Karst, S. 67ff) Karst. Eusebius Werke. 1911. Fünfter Band. beruft sich auf das 2. Buch Manethos:

17. Dynastie der Hirten, fremde Könige aus Phönizien [Hyksos]:
1. Saites 19 Jahre
2. Bnon 40 Jahre [Ios. u. African. 44 J.; Ios. (via Euseb.) 43 J.]
3. Archles 30 Jahre
4. Aphophis 14 Jahre
in der Summe seien das 103 Jahre [stimmt rein rechnerisch]


Excerpta latina Barbari (Ich glaube, dass die einzelnen Könige in den Excerpta nicht aufgeführt werden. Finde den Text aber nicht wirklich. Folgendes wenigstens aus Gelzer, Heinrich: Sextus Julius Africanus [...], Leipzig 1898, S. 200):

XIV. Potestas Sebennitorum [= 15. Dyn.] ann. CCXXIIII [224 Jahre]


„Alte Chronik“ (bei Syncellus) LacusCurtius ? Manetho, Appendix*3:
17. Dynastie der Könige von Memphis, 4 Generationen, 103 Jahre


Sothis-Buch (bei Syncellus) LacusCurtius ? Manetho, Appendix*4:

„Next in the succession were 4 kings of Tanis, who ruled Egypt in the Seventeenth Dynasty for 254 years [rechnerisch entweder 259 oder 274 Jahre], according to the following computation.
26. Silitês (the first of the 6 kings of the Seventeenth Dynasty in Manetho), 19 years.
27. Baiôn, 44 years.
28. Apachnas, 36 years.
29. Aphôphis, 61 years.
30. Sethôs, 50 years. [???]
31. Cêrtôs, according to Josephus, 29 years; according to Manetho, 44 years. [???]
32. Asêth, 20 years. [= Assis bei Ios.?]“
 
Fortsetzung #13:

Man könnte jetzt eine Menge an Beobachtungen anstellen, doch hier nur soviel: Es fällt auf, dass Iosephus, Africanus, die Excerpta Barbari (u. das Sothis-Buch) höhere Zahlen als Eusebius (und jene „Alte Chronik“) haben. Dennoch unterscheiden sich auch Iosephus und Africanus im Detail. Ich halte die Erklärung in Gelzer: Africanus, 201 für sinnvoll: „[...] dass in Africanus' Verzeichniss vom dritten König gleich auf die Zahl des vierten übergesprungen und dieser unterdrückt ist. Nachträglich wurde der Fehler bemerkt, und Aphobis ist mit der richtigen Zahl an den Schluss der Dynastie zu stehen gekommen. Dieser Fehler geht auf Africanus selbst zurück [denn sonst hätte er nicht auf seine Endsumme kommen können]“. Gegenüber den 103 Jahren des jüngeren Eusebius bezeugen folglich die älteren Zeugen Iosephus und Africanus (höchstwahrscheinlich unabhängig voneinander) 259 Jahre für die Hyksos-Dynastie. Ich will darin am ehesten die ursprüngliche Zahl des Manetho sehen. Auch die Tatsache, dass Iosephus nicht nur Jahre, sondern auch Monate angibt, lässt mich auf eine ursprünglichere Überlieferungsstufe der Manetho-Listen schließen als bei den stets runden Zahlen des Eusebius.

Du wendest ein, zu Iosephus' und Africanus' Zahl 259 passen die Ergebnisse der historischen Forschung nicht, zu Eusebius' 103 Jahren hingegen bestens. Ist das so?
Immerhin gibt der sogenannte Turiner Königspapyrus (dazu komme ich noch) der Hyksos-Dynastie irgendwas zwischen 100 und 200 Jahren an Dauer. Es könnte ja tatsächlich sein, dass Manetho selbst gar nicht die richtigen Zahlen hatte, während Eusebius vielleicht auf eine andere, verlässlichere Quelle zurückgegriffen hat.
Wenn ich das richtig verstehe, lässt sich der Endpunkt der Hyksos-Dynastie wenigstens hypotetisch bestimmen:
Chamudi (Turiner Königspapyrus) dürfte = Assis (Iosephus) = Archles (Africanus, Eusebius) sein, laut Manetho (Iosephus) der letzte Hyksoskönig, der von Ahmose, dem König von Theben, aus Ägypten vertrieben wurde.
Nach einer Notiz auf dem mathematischen Papyrus Rhind werden im Jahr 11 Sile und Heliopolis von Ahmose erobert, dem thebanischen Herrscher. Es ist unsicher, ob sich das angegebene Jahr auf Chamudi oder Ahmose bezieht.
Bedeutsam für die chronologische Datierung ist der Fund einer Lanzenspitze, die als Beute aus Auaris nach Theben gelangte: eine Inschrift erlaubt die Gleichsetzung der Jahre 11/12 des Chamudi mit dem Jahr 18/19 des Ahmose.
aus: Chamudi ? Wikipedia
Das höchste bezeugte Datum von Ahmose I. ist Jahr 22 und findet sich in einer Inschrift bei den Tura-Steinbrüchen, weshalb viele Ägyptologen ihm Manethos Regierungszeit von 25 Jahren zurechnen.
Der im Ebers-Kalender genannte Zeitraum des heliakischen Aufganges von Sirius bestimmt 1550 v. Chr. als Jahr der Regierungsübernahme von Ahmose, dessen Ansetzung unter anderem auch der Zuordnung von Jürgen von Beckerath entspricht.
aus: Ahmose I. ? Wikipedia

Angenommen also das Jahr 11 im Papyrus Rhind bezieht sich auf Chamudi, angenommen im Jahr 11/12 des Chamudi hat Ahmose in seinem 18/19 Jahr Auaris (Hauptstadt der Hyksos) erobert, angenommen die 25 Jahre u. 4 Monate, die Manetho (Iosephus u. Eusebius) dem Ahmose geben, wären die gesamte und richtige Regierungszeit des Ahmose und angenommen Ahmoses Regierungsbeginn fiele ins Jahr 1550 v. Chr., dann wäre die Vertreibung der Hyksos ins Jahr 1532/1533 v. Chr. (1550 minus 18/19) zu setzen.
Wenn sich das Ende der Dynastie möglicherweise ungefähr so festlegen lässt, so scheint mir der Anfang, die Regierung des Salites, nicht wirklich bestimmbar zu sein. Ich habe zumindest keine konkreten Anhaltspunkte für solch eine Bestimmung gefunden. Man kann, wenn ich das richtig sehe, nur innerhalb der Dynastie zurückrechnen. Das kann man entweder mit Eusebius' Zahlen machen, sodass der Anfang um 1650 v. Chr. läge, oder mit Manethos (Iosephus) Zahlen, sodass der Anfang um 1810 v. Chr. läge. Klar scheint hier Eusebius zu punkten.
Aber das Problem ist, dass da, wo man sie ansatzweise überprüfen kann, sowohl die Zahlen des Manetho (Iosephus) als auch die Zahlen des Eusebius nicht mit anderen Zeugnissen des Altertums übereinstimmen, was die Regierungslängen der einzelnen Könige anbelangt. Den Fall Chamudi/ Assis/ Archles haben wir eben gehabt: Jene Lanzenspitze aus Auaris legt nahe, dass er nur 11-12 Jahre herrschte, während ihm Iosephus 49 Jahre und Eusebius 30 Jahre geben. Und während Iosephus dem Apachnas 36 Jahre u. 7 Monate gibt, scheint ihm der Turiner Königspapyrus nur 8 Jahre u. 3 Monate zu geben (Apachnas ? Wikipedia). Derselbe Königspapyrus legt für Aphopi eine Regierung zw. 40 und 49 Jahren nahe (Apopi I. ? Wikipedia), während Iosephus/ Africanus ihm 61 und Eusebius 14 Jahre geben. Und Beon endlich, der zweite König der Dynastie soll laut dem Königspapyrus 13 Jahre regiert haben, bei Iosephus 44 und bei Eusebius 40 Jahre (Beon ? Wikipedia).


Jetzt aber endlich zum Wesentlichen:
Ähnlich wie Eusebius mit seine 103 Jahren gibt auch der Turiner Königspapyrus der Hyksos-Dynastie ausdrücklich „100+X Jahre“. Siehe The Ancient Egypt Site (History > Turin Kinglist > X,14-X,21). Aber er gibt ihr auch ausdrücklich 6 Herrscher. Eusebius gibt dieser Dynastie nur 4 Könige und dazu noch ganz andere Regierungsdauern als der Königspapyrus. Bei Eusebius resultieren die 103 Jahre aus 19+40+30+14 Jahren, nicht wie im Königspapyrus aus X+8+X+über40+X+X Jahren. Deshalb dürfte die womöglich ähnliche Gesamtsumme der Jahre reiner Zufall sein.

Lange Rede, kurzer Sinn: Deine Methode lehne ich ausdrücklich NICHT ab. Aber wenn Eusebius im Falle der Hyksos-Dynastie auch vermutlich zufällig näher an der tatsächlichen Dauer der Dynastie liegt als Manetho (Iosephus, Africanus), traue ich den Zahlen bei Eusebius nicht soweit über den Weg, dass ich mit ihnen genaue Rechnungen anstellen wollte. Eine 90-tägige Jahreszeit im Altertum sehe ich eher durch die Plausibilität der Sache selbst sowie durch die Vermutung des Eusebius in diese Richtung gestützt, als durch solche Dynastien-Rechnungen. Entschuldige, dass ich mich so in den Details verloren hab. Eigentlich geht es ja um das minoische „Brettspiel“:pfeif:.
 
Hallo Ravenik,

Inzwischen habe ich die Mitschrift gefunden. Ich hatte es tatsächlich falsch in Erinnerung: Der Dozent (dessen Namen ich leider nicht notiert habe) hat die Veränderungen/ Interpretationen Plutarchs als "vermutlich recht gravierend" bezeichnet und gesschlossen: "Man könnte beinahe sagen, Plutarch hat einen anderen, einen griechischen Isis/Osiris-Mythos erzählt, nicht den ägyptischen, den er vermutlich gelesen oder gehört hatte."

Plutarch hätte dann den Mythos aus Ägypten übernommen und ihn sehr stark verändert/ interpretiert, aber nicht neu erfunden, vielleicht ähnlich wie bei heutigen "Remakes" von älteren Filmen, die ja auch nicht immer text- und ideengetreu geschrieben sind.

Es könnte aber natürlich auch sein, dass die Veränderungen nicht so gravierend waren, wie es hier dargestellt wurde.
 
Entschuldige, dass ich mich so in den Details verloren hab. Eigentlich geht es ja um das minoische „Brettspiel“:pfeif:.

Brauchst dich nicht zu entschuldigen.

Dein Beitrag spiegelt genau das wieder was ich in mühevoller Kleinarbeit selbst auch herausgefunden habe.

Die Antike hat halt einfach seinen Reiz und es freut mich daß andere anscheinend auch so denken.

Für die 103 Jahre des Eusebius habe ich mich entschieden weil die heutige Wissenschaft von ca. 100 bis 110 Jahren für die Hyksosdyn. spricht und die 103 Jahre bei ZWEI Chroniken niedergeschrieben wurden (Eusebius und Syncellus).

Nur wenn es sich bei dem Artefakt um einen Kalender handeln sollte müssen die verschiedenen Elemente auch nachweisbar sein. D. h. es muß die 10tägige Woche, die 90tägige Jahreszeit usw. zum Zeitpunkt der Fertigung des Artefaktes bekannt gewesen sein. Ein gänzlich unbekannter Zyklus würde zwar die Möglichkeit nicht gänzlich ausschließen aber zumindest mindern.

Bzgl. Syncellus hätte ich da mal eine Zwischenfrage. Er schreibt ja daß die Dynastien in allen drei Büchern Manethos 3555 Jahre zählten. Meint er damit alle 30 Dynastien oder hat er auch die Herrscher vor der 1. Dyn. bei den 3555 Jahren mitgezählt?
http://de.wikipedia.org/wiki/Aegyptiaca_(Manetho)
„Die 113 Generationen in diesen drei Büchern, unterteilt in 30 Dynastien, ergeben eine Gesamtanzahl von 3.555 Jahren, beginnend mit dem Jahr 1586 Annus Mundi (3924 v. Chr.) und endend mit dem Jahr 5147 Annus Mundi (363 v. Chr.), 15 Jahre vor Alexanders Welteroberung.“

LG
 
Plutarch hat einen anderen, einen griechischen Isis/Osiris-Mythos erzählt, nicht den ägyptischen, den er vermutlich gelesen oder gehört hatte."

Hier wird ein interessantes Thema angesprochen.

Isis und Osiris gehörten der ägy. Mythologie nach zur ersten Götterdynastie.

Beide könnten aber reale Herrscher eines prädynastischen Ägypten gewesen sein an die sich die Ägypter ab der 1. Dyn. mangels schriftlicher Aufzeichnungen nur noch vage erinnern konnten.

Hinweise darauf:

Es werden u. a. bei Eusebius die ersten zwei Götterdyn. usw bis zu halbgöttlichen Mannen vor den Herrschern der 1. Dyn. genannt.

Diese werden aber nicht namentlich genannt.

Auf dem Palermostein werden aber ausdrücklich Herrscher genannt die vor der 1. Dyn. regierten.
The Ancient Egypt Site

Und auch bei Ausgrabungen wurden Hinweise auf Namen prädynastischer Herrscher und auch diese selbst gefunden (Skorpion, Elefant ...).
SitemapNefershapiland

Dies bedeutet daß diese, auf dem Palermostein und bei Ausgrabungen entdeckten Herrscher zu einer der Dyn. gehören müssen die bei Eusebius vor der 1. Dyn. genannt werden.

Warum sollte dies dann nicht für Isis und Osiris gleichermasen gelten?

Hier ein Zitat aus der nefershapiland-Seite bzgl. der Ausgrabungen von Abydos:
Es gab auch andere Namen, einfache Namen, die ebenfalls mit Tierzeichen geschrieben wurden:

Fingerschnecke
Hund
Löwe
Fisch
Stierkopf
Storch
Elefant u. a.
- vielleicht die Mitglieder einer königlichen Dynastie, die sogar die Ägypter später vergaßen oder der sie sich nur vage als Halbgötter erinnerten.
(Hervorhebung durch mich)

Ich möchte damit ausdrücken daß evtl. in jedem Mythos ein gewisses Körnchen Wahrheit stecken könnte, im Fall Isis und Osiris eben daß diese Personen real existierten und Herrscher eines prädynastischen Ägyptens waren.

Dies ist zwar eigentlich OT bzgl. dieses Threads. Ich hätte aber nichts dagegen daß man beides parallel diskutiert.

LG
 
Beide könnten aber reale Herrscher eines prädynastischen Ägypten gewesen sein an die sich die Ägypter ab der 1. Dyn. mangels schriftlicher Aufzeichnungen nur noch vage erinnern konnten. [...] Ich möchte damit ausdrücken daß evtl. in jedem Mythos ein gewisses Körnchen Wahrheit stecken könnte, im Fall Isis und Osiris eben daß diese Personen real existierten und Herrscher eines prädynastischen Ägyptens waren.
Kann sein, kann auch nicht sein. Die Theorie, dass Götter einst menschliche Herrscher waren, ist nicht neu, die gab es schon in der Antike. Aber auch Snorri Sturluson vertrat diese These hinsichtlich der nordischen Götter.
Beweisen lässt sich das alles nicht.
Hinsichtlich Osiris und Isis möchte ich allerdings zu bedenken geben, dass ihre Verehrung erst für die Spätphase des Alten Reiches belegt ist. Nun beweist der Umstand, dass keine Belege gefunden wurden, natürlich nicht direkt, dass sie noch unbekannt waren, aber es gibt doch zu denken, wenn für einen Zeitraum von mindestens einem halben Jahrtausend (vom Beginn der 1. Dyn. an gerechnet) keinerlei Erwähnungen gefunden wurden. Nach mehr als einem halben Jahrtausend sollten sich die Ägypter plötzlich wieder verschwommen ihrer prädynastischen Herrscher erinnert haben?
 
Nach mehr als einem halben Jahrtausend sollten sich die Ägypter plötzlich wieder verschwommen ihrer prädynastischen Herrscher erinnert haben?

Nun ja, immerhin konnte eine Überlieferung der Taten und der Herrscher selbst ja bis zum Beginn der Schriftlichkeit nur mündlich überliefert worden sein.

Also kann in dieser Zeit einiges verfälscht und auch übertrieben worden sein.

Daß es ein dynastisches Ägypten vor der 1. Dyn. gab belegen die Ausgrabungen von Abydos und Hierakonpolis.

Bei Hierakonpolis gibt es interessante Ausgrabungen die auf eine elitäre Bevölkerungsschicht um max. ca. 3790 v. Chr. existierte.
Hierakonpolis Online - HK6 - Elite Cemetery

Dies ist mit den Angaben bei Syncellus, der für den Beginn eines dyn. Ägyptens 3887 v. Chr. (3555 Jahre für die 3 Bücher Manethos + 332 (Eroberung von Ägypten d. A. d. G.)) ansetzt (wenn mit dieser Zahl alle aufgelisteten Dyn., also auch diejenigen vor der 1. Dyn. gemeint sind, deshalb meine Frage danach) einigermasen identisch.

Also könnten die eventuellen Regierungen von Isis und Osiris in diese Zeitspanne fallen.

LG
 
Nun ja, immerhin konnte eine Überlieferung der Taten und der Herrscher selbst ja bis zum Beginn der Schriftlichkeit nur mündlich überliefert worden sein.

Also kann in dieser Zeit einiges verfälscht und auch übertrieben worden sein.
Hieroglyphen gab es schon in prädynastischer Zeit. Man hat damit zwar nicht lange Geschichtsbücher geschrieben, aber für kurze Nennungen von Götter- und Königsnamen reichte es allemal.

Daß es ein dynastisches Ägypten vor der 1. Dyn. gab belegen die Ausgrabungen von Abydos und Hierakonpolis.
Das bestreite ich nicht. Allerdings sollte man sich dieses prädynastische Ägypten noch nicht als gefestigten Einheitsstaat vorstellen. Nur einzelne Könige könnten bereits über ganz Ägypten geherrscht haben.
 
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