Mobilmachung/Grenzverletzungen August 1914: Smoking Guns?

Die näheren Umstände der Mobilisierung habe ich wegen dieser Aussage aufgezeigt:
Wie erklären sich dann Du, Hamilton/Herwig und Kennedy den Umstand, dass französische Truppen schon am 4. August 1914 die Weisung erhielten, ins Elsass einzurücken und bereits am 8. August Mühlhausen zu besetzen? Wie lässt es sich erklären, dass Frankreich binnen vier Tagen zwei Armeen in Stellung bringen und zu einer Offensive auf gegnerisches Territorium vorschicken konnte?
Was also oben mit dem 4.8. und 8.8. angesprochen wird, hat nichts mit den Mob.-Vorgängen in Frankreich zu tun, betrifft die in Friedenszeiten vorhandene "Deckungsgruppe" von 6 Korps, gebildet aus dem "stehenden Heer" von 45 Divisionen. ... Diese ganze Mobilmachung hatte also mit den Vorgängen 4.8./8.8. nichts zu tun, außer das bereits vorhandene und seit dem 1.8. alarmierte Deckungskräfte 25 km vorwärts Belfort einen möglichen deutschen Aufmarsch fixieren sollten. Das waren auch nicht 2 Armeen, sondern 2 Divisionen.
wenn Du jetzt die Aussage "ab dem 14.8." verstanden wissen willst, ist das die Richtigstellung, die ich angesprochen habe:
Das war ja wohl kaum alles. Erkennbar daran, dass weniger als eine Woche nach der Besetzung Mühlhausens - am 14. August - zwei französische Armeen unter Noel de Castelnau und Augustin Dubail sowie die französische Vogesengruppe ("Armee d’Alsace") unter General Paul Marie Pau in Richtung Oberrhein vorgerückt sind.

Über die nach dem 14.8. anrückenden Elsaß-Armee und 1. Armee muss man sich nicht wundern, schließlich bestanden diese nunmehr zu 60% aus Mob-Auffüllungen (Abläufe und Daten siehe oben). Wie gesagt, das hat alles nichts mehr mit Fähigkeiten am 4.8. oder zwischen dem 4. und 8.8. zu tun.

Welche operative Absicht hinter diesem Vorgehen stand, das man zweifellos Offensive nennen darf, muss wohl offen bleiben, die die Truppen am 20. und 21. August geschlagen wurden und sich zurückgezogen haben. Es ist aber eher unwahrscheinlich, dass sie nur und es ging ja wohl kaum darum, nur "den deutschen linken Flügel fixieren" sollten.

Laut Wiki waren auf französischer Seite 500.000 Soldaten beteiligt. Ziemlicher Aufwand, wenn man bedenkt, dass die stehenden Kräfte nur aus 880.000 Mann bestanden und dass es hier nur um einen "Nebenschauplatz" ging.
Da muss nichts offen bleiben. Joffres Dispositionen und Absichten sind zB in dem genannten Beitrag von Doughty detailliert anhand der Akten und Kommandeursbesprechungen untersucht worden. Das "Fixieren" des linken deutschen Flügels sollte absichern und die deutsche Seite veranlassen, ggf. Kräfte vom Zentrum auf den entsprechenden Flügel zu verlagern. Joffre "meinte" zwischen dem 14. und 21.8., das "Schema des deutschen Angriffs verstanden" zu haben. Das änderte sich rigoros am 21.8., als klar wurde, das erheblich mehr Kräfte über den linken Flügel, Belgien und Luxenburg, auf Nordfrankreich zu marschierte.

Bis zu diesem Zeitpunkt war Joffre überzeugt, den laufenden Aufmarsch und die Versammlung mit den begrenzten Vorstößen so steuern zu müssen, dass das deutsche Zentrum geschwächt und Teile auf den deutschen linken Flügel abgezogen werden. Die volle Tragweite der deutschen Operationen - bzw. die Kräfteverteilung des Moltke-Planes - war überhaupt nicht erkannt, deswegen hielt sich Joffre alle Optionen offen bzw. verhielt sich restriktiv bei Kräftezuweisungen.

Wenn Wiki im Übrigen die beiden Zahlen 500.000 und 880.000 in Relation stellen sollte, so ist das ziemlicher Blödsinn. Die 880T sind das stehende frz. Heer, die passende Vergleichsgröße zu den 500T sind 2,35 Mio.

Mit dem Thema hier haben diese Dispositionen in den Abschluss der Mobilisierung hinein nichts mehr zu tun.
 
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wenn Du jetzt die Aussage "ab dem 14.8." verstanden wissen willst, ist das die Richtigstellung, die ich angesprochen habe:


Über die nach dem 14.8. anrückenden Elsaß-Armee und 1. Armee muss man sich nicht wundern, schließlich bestanden diese nunmehr zu 60% aus Mob-Auffüllungen (Abläufe und Daten siehe oben). Wie gesagt, das hat alles nichts mehr mit Fähigkeiten am 4.8. oder zwischen dem 4. und 8.8. zu tun.
Die zwei Divisionen, von denen Du oben sprachst, gehörten zu den zwei Armeen, die am 14.8. zum Angriff angetreten sind. Sie sind also nicht nach dem 14.8. angerückt, sondern waren zu dem Zeitpunkt bereits da (sind also zwischen dem 8. und 14.8. aufmarschiert). Selbstverständlich sind nicht alle Soldaten der beteiligten Armeen gleichzeitig eingetroffen. Wie ich an anderer Stelle schon geschrieben habe, war das in Zeiten der Massenheere gar nicht mehr möglich - und auch nicht mehr nötig. Die zuerst am Einsatzort eintreffenden Truppen mussten lediglich stark genug sein, um sich bis zum Eintreffen nachrückender Einheiten halten zu können.

Dass hier bereits Reservisten eingesetzt wurden, versteht sich von selbst. Eben das belegt die Aussage, dass schon vor dem offiziellen Mobilisierungszeitpunkt weitreichende Vorbereitungen getroffen waren. Die Angehörigen der Mob-Reserve müssen ja zunächst mal informiert werden, dann zu ihren Einheiten (Kaserne) einrücken, eingekleidet werden etc pp. Und dann muss auch schon das gesamte "schwere Gerät" für die Armeen bereitstehen, die es eine Woche zuvor personell noch gar nicht gegeben hatte. Auch der komplette Aufmarsch- und Einsatzplan für den konkreten Auftrag, den diese "neuen" Armeen erfüllen sollten, musste dann bereits fertig sein.

Da muss nichts offen bleiben. Joffres Dispositionen und Absichten sind zB in dem genannten Beitrag von Doughty detailliert anhand der Akten und Kommandeursbesprechungen untersucht worden. Das "Fixieren" des linken deutschen Flügels sollte absichern und die deutsche Seite veranlassen...
Das war das strategische Ziel, nicht der operative Auftrag der vorrückenden Armeen. Niemand kann sagen, wie die Truppen vorgegangen wären, wenn sie nicht den Rückzug hätten antreten müssen.

MfG
 
Die zwei Divisionen, von denen Du oben sprachst, gehörten zu den zwei Armeen, die am 14.8. zum Angriff angetreten sind. Sie sind also nicht nach dem 14.8. angerückt, sondern waren zu dem Zeitpunkt bereits da (sind also zwischen dem 8. und 14.8. aufmarschiert).

Was soll denn jetzt wieder diese neue Variante?

Die gehörten nicht zu zwei Armeen, die am 14.8.1914 angetreten sind, sondern zu einer, nämlich der Elsaß-Armee. Die Elsaß-Armee ab 11.8. war lediglich das aufgebohrte VII. Korps (zuvor Teil der 1. Armee, die dafür aufgeteilt wurde). Kann man auch hier nachlesen:
Armée d'Alsace ? Wikipédia
Battle of Mulhouse - Wikipedia, the free encyclopedia

Außerdem ist es uninteressant, wozu die beiden Divisonen am 14.8. gehörten, denn es ging oben um den 4.8./8.8. und um diese falsche Aussage:
Wie erklären sich dann Du, Hamilton/Herwig und Kennedy den Umstand, dass französische Truppen schon am 4. August 1914 die Weisung erhielten, ins Elsass einzurücken und bereits am 8. August Mühlhausen zu besetzen? Wie lässt es sich erklären, dass Frankreich binnen vier Tagen zwei Armeen in Stellung bringen und zu einer Offensive auf gegnerisches Territorium vorschicken konnte?
Es handelt sich beim 4.8. um die genannten zwei Divisionen des "stehenden Heeres".
Darüber hinaus muss da nichts "erklärt" werden.
Die Modalitäten des Aufmarsches, und den zeitlichen Ablauf der Mobilmachung Frankreich seit dem 2.8. bis 18.8. (in Teilen also am 14.8. noch laufend) hatte ich oben als Kontext aufgezeigt.

Dass hier bereits Reservisten eingesetzt wurden, versteht sich von selbst.
Beides waren "stehende" Divisionen von den 45, und lediglich in Kriegsbereitschaft zu versetzen.
Deshalb wurden das VII. Korps auch bereits am 1.8. - gleichzeitig mit der allgemeinen Mobilmachung, und ohne von Reservisten abhängig zu sein - instruiert, sich bei einem Kriegsfall für den bezeichneten begrenzten Vorstoss von Belfort aus bereit zu halten.

Niemand kann sagen, wie die Truppen vorgegangen wären, wenn sie nicht den Rückzug hätten antreten müssen.
Eben deshalb sollte man auch nicht rumspekulieren, sondern sich an die klaren Aufträge und dokumentierten Kommandeurs-Besprechungen halten. Was weiter hätte passieren können, interessiert aufgrund des Rückzuges nicht. Bis zum Rückzug bestand die oben aufgezeigte operative Absicht, siehe die Analysen von Doughty.
 
Was soll denn jetzt wieder diese neue Variante?

Die gehörten nicht zu zwei Armeen, die am 14.8.1914 angetreten sind, sondern zu einer, nämlich der Elsaß-Armee. Die Elsaß-Armee ab 11.8. war lediglich das aufgebohrte VII. Korps (zuvor Teil der 1. Armee, die dafür aufgeteilt wurde). Kann man auch hier nachlesen:
Armée d'Alsace ? Wikipédia
Battle of Mulhouse - Wikipedia, the free encyclopedia
Es geht nicht nur um die Elsass-Armee, Vogesengruppe oder wie auch immer man sie nennen will. Und selbstverständlich stand die Besetzung von Mühlhausen im Zusammenhang mit der französischen Offensive. Wer daran beteiligt war, kann man auch hier nachlesen:
Schlacht in Lothringen ? Wikipedia
 
Viel interessanter ist, wer nicht daran beteiligt war. Dazu der Kontext, auf Basis der aktuellen Literatur und militärgeschichtlichen Forschung:

Plan XVII unter der Regie von Joffre war zunächst einmal eine Aufmarschplanung, keine Operationsplanung. Die Aufmarschplanung war flexibel gehalten worden, weil die Stärke des erwarteten deutschen Angriffs über Belgien unklar war. Um diese Frage (wieviele deutsche Armeekorps kommen über Belgien) drehte sich bei Joffre alles zwischen dem 4.8. und dem 21.8.

Plan XVII sah in dem Sinne eine flexible Aufmarschplanung vor, bei der größtmögliche Konzentration in den Aufmarschräumen, räumliche Abdeckung des Schlachtfeldes, Anlehnung an die Festungsräum und zeitliche Vorgabe bei gegebenen Eisenbahnlinien einen Kompromiss darstellen mussten. Soweit sich Plan XVII zu "Offensiven" äußerte, ging es um das Schlagen der gegnerischen Hauptstreitmacht (vermutet: linker frz. Flügel und/oderZentrum), nicht um territoriale Ziele. Der Entlastungsangriff, bzw. das Fixieren des linken deutschen Flügels war dabei stets südlich Metz-Thionville der schwächeren frz. Gruppe der 1. und 2. Armee vorbehalten. In der vermutlichen deutschen Hauptstoßrichtung sollten die 3., 4. und 5. Armee liegen, wobei die 4. zunächst nicht festgelegt werden sollte (abhängig von der Stärke des deutschen Vorstoßes über Belgien). Dahinter lagen 3 der 4 Reserve-Divisionsgruppen (Stärke: eine Armee), zusätzlich eingegliedert werden sollte die "Armee W" (=BEF), versammelt ab dem 21.8.

Fest lag außerdem der Zeitplan für die Mobilisierung und den Aufmarsch (2.8. bis 18.8). Der Mühlhausen-Vorstoß in der frühen Phase war ausdrücklich begrenzt befohlen, operative "Reichweite" 25km (und nicht weiter).

Joffre kam danach ab dem 8.8. unter Druck russischer Forderungen, parallel zu deren angekündigten Offensivbeginn 14.8. "etwas" zu unternehmen. Das operative Problem bestand darin, dass zu diesem Zeitpunkt die Stärke und Richtung des deutschen Vorstoßes noch nicht klar war (obwohl Joffre ab dem 6.8. Aufklärungsflüge über Belgien anordnete, die aber kein klares Bild gaben).

Joffre kam dieser zeitlichen russischen Forderung nach, und bereitete mit den Befehlen vom 11.8. den Vorstoß der 1. und 2. Armee (Elsaß-Armee wurde aus Teilen 1. Armee gebildet) nach Elsass-Lothringen, angesetzt ebenfalls auf den 14.8.

Aus seiner Sicht konnte das nur positiv wirken, da hier nicht die Entscheidungsschlacht stattfinden würde, der Hauptaufmarsch nicht tangiert wurde und im günstigen Fall zusätzliche deutsche Kräfte vom Zentrum nach Süden abgelenkt würden. Der Offensivbefehl erging nicht mit territorialen Zielen, sondern formulierte den Zweck, den ganzen Flügel in Feindkontakt zu bringen und die Kontakte durchzufechten.

Gleichzeitig mit dem 14.8. entzog Joffre der an der Lothringen-Offensive beteiligten 2. Armee insgesamt 2 Armeekorps (wovon das IX. sogar schon im Gefechtskontakt war), schwächte also bewusst diesen Stoß ab, und schaufelte diese Kräfte stattdessen auf die 4. Armee. BEF (21.8.), 5.,4.,3. waren zeitgleich mit der Lothringen-Operation am 14.8. angewiesen, Vorbereitungen zu treffen, nach Belgien dem deutschen Zentrum und dem deutschen rechten Flügel entgegen zu stoßen. Weitere Aufklärungsergebnisse am 14.8. führten dazu, dass diese Aktion mit Anordnungen verstärkte wurde (Reserve-Divisions-Gruppen).

Durch
a) die Schwächung der 2. Armee (sogar - in der Nachkriegskritik - noch viel zu gering, weil das ganze Ausmaß der deutschen Kräftegruppierung über Belgien zu dem Zeitpunkt von Joffre nicht in vollem Ausmaß erkannt war) und
b) das begrenzte Ziel, den linken deutschen Flügel zu fixieren,
war die Lothringen-Aktion der erwarteten Entscheidungsschlacht im Zentrum und Belgien untergeordnet. Mühlhausen 4./8.8. hat wiederum nichts mit den komplexen Entscheidungsabläufen zu tun, die zwischen dem 11.8. und 14.8. dafür sorgten, dass Joffre - entgegen der ursprünglichen Anordnung im Kriegsbefehl Nr. 1 (in dem er überhaupt das erste Mal seine operativen Absichten des eigenen flexiblen Aufmarsches gegenüber den Kommandeuren aufdeckte), den eigenen Aufmarsch erst abzuschließen und die deutsche Gruppierung zuverlässig aufzuklären - die 1. und 2. Armee vorrücken ließ. Diese "Improvisation" ergab sich erst nach dem 8.8.

Sie war letztlich den drängenden russischen Wünschen geschuldet, zeitlich synchron am 14.8. vorzustoßen, was nur auf diesem "Nebenschauplatz" vor Aufklärung der deutschen Absichten im Zentrum und am belgischen Flügel möglich war.

Sämtliche Dispositionen Joffres vor dem 21.8. standen unter der Zielsetzung, in die deutsche Hauptstoßrichtung hinein zu schlagen. Trotz der Links-Rechts-Verschiebungen im Verlauf 8.8./21.8. unterschätzte er tatsächlich noch das Ausmaß der deutschen Massierung am belgischen (linken frz.) Flügel.

Der Kontext fehlt übrigens ebenso wie der neuere Forschungsstand im deutschen Wiki-Artikel völlig, der englische Artikel zitiert zwar oberflächlich die neuere Literatur, weist aber ebenso Lücken auf bzw. zitiert zB Doughty unvollständig.

Wenn Wiki im Übrigen die beiden Zahlen 500.000 und 880.000 in Relation stellen sollte, so ist das ziemlicher Blödsinn. Die 880T sind das stehende frz. Heer, die passende Vergleichsgröße zu den 500T sind 2,35 Mio.
Woraus Joffres Schwerpunkt ebenfalls ersichtlich ist.
 
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Plan XVII unter der Regie von Joffre war zunächst einmal eine Aufmarschplanung, keine Operationsplanung. (...)
Richtig: Plan XVII war strategischer und nicht operativer Natur. Ebenfalls richtig: Es stellt sich die Frage, ob die Lothringen-Schlacht im Rahmen des Plans XVII gestanden haben könnte. Daran hatte ich gar nicht gedacht. Vermutlich hast Du Recht, dass die Lothringen-Operation als Teil einer "offensiven Verteidigungsstrategie" (ich weiß, dass das paradox klingt) betrachtet werden muss. Ein diskussionswürdiger Ansatz. Den hatte ich nicht beachtet, als ich mich über die Frage geäußert habe, wie lange es gedauert haben könnte, die "Operation" in Lothringen vorzubereiten. Plan XVII ist mir aus dem Blick geraten, weil er nie "wirksam" werden konnte. Aber er existierte natürlich und könnte die Ereignisse in Lothringen beeinflusst haben.

MfG
 
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Richtig: Plan XVII war strategischer und nicht operativer Natur. Ebenfalls richtig: Es stellt sich die Frage, ob die Lothringen-Schlacht im Rahmen des Plans XVII gestanden haben könnte.

In dem Punkt stimme ich Dir auch zu, die Aufmarschplanung ist als strategisch zu charakterisieren. Joffre hielt sich sämtliche operative Optionen offen.

Die Frage ist, welchem Konzept das folgte. Mit Plan XVII wird allgemein eine Interpretation verbunden, dass eine Abschwächung des Gedankens "Offensive von Beginn an" gegenüber Plan XVI verbunden ist (vgl. zB Stefan Schmidt, Plan XVII, in: Der Schlieffenplan).

Ich halte das für nicht zutreffend. Hier ist zu interpretieren (anhand der Realisierung von XVII !), wie Joffre tatsächlich vorging, und wie er den strategischen Aufmarschplan in der operativen Entfaltung im August 1914 verstanden hat. Worum ging es ihm, manifestiert im Operationsbefehl Nr. 1 vom 8.8.1914?

1. Versammlung abwarten.
2. BEF auf seiner linken Flanke abwarten
3. Aufklärung Abwarten
4. Festlegung der eigenen Gruppen erst, wenn Richtung und Stärke des deutschen Aufmarsches feststehen
5. Vermeidung der eigenen Kräftebindung am Nebenschauplatz. 1912 äußerte er sich zu XVI in der Weise kritisch, dass Elsaß-Lothringen kein Schlagen der deutschen Hauptstreitmacht ermöglichen würde
6. Abwarten des russischen Angriffs bzw. der russischen Entfaltung

(alles dem Hauptziel untergeordnet: )
7. Vorgehen gegen die deutsche Hauptstreitmacht.

Bereits 1911 zeigten die frz. Analysen in der Kritik zu XVI, dass sich der Aufmarschplan und die strategische Konzentration sowohl für die Offensive im Nordwesten und Belgien als auch für Lothringen fast identisch entwickelt. Die Entscheidungsschlacht im Nordwesten wurde bereits hier mit einem "Fixieren" des südlichen deutschen Flügels durchgespielt. Eine Idee (die natürlich durch den Schlieffenplan ins Leere lief) war dabei, deutsche Kräfte im Raum Metz einzukesseln. Dabei erwies sich jedoch bereits (Schmidt, Plan XVII): "sollte aber Frankreich gezwungen sein, die Offensive à outrance in Lothringen zu führen, ... so stand es nicht in seiner Macht, dem Deutschen Reich die Mittel zur Fortsetzung der militärischen Auseinandersetzung zu nehmen." MaW: es würde höchstens zu einem partiellen Erfolg führen "in einem Ringen, über dessen Ausgang andere Großmächte Entscheiden würden".

Hier setzt nun die ältere Kritik an XVII ein, der sich leider Schmidt, ohne an diesem Punkt die Untersuchung fortzusetzen, anschließt: XVII sei beschlossen worden, "obwohl er selbst die Unwirksamkeit der darin festgelegten strategischen Lösungen aufgezeigt hatte".

Das ist Unsinn.
1. XVII enthält keine "Lösung" der operativen Probleme, sondern ist ein strategischer Aufmarsch für alle (deutscherseits bestimmte!!) Fälle.
2. XVII ist kein "Offensivplan" um jeden Preis
3. XVII nutzt konsequent die "innere Linie" für Verschiebungen (was dann tatsächlich praktiziert wurde), abhängig von den deutschen "Flügelstärken"

Tatsächlich kann man einen Fehler feststellen: für die Fixierung des südlichen deutschen Flügels (die misslang!) nutzte Joffre noch zu viel Kräfte, weil er die deutsche Seite hier lokal überschätzte. Für den Ausgang der Marneschlacht hatte das letztlich keine Bedeutung. Gleichzeitig führte das - trotz Überlegenheit südlich - wegen des zu frühen Vorstoßes in Belgien, Lothringen und im Elsaß zu einem örtlichen frz. Desaster, zu Gebiets- und Kräfteverlusten. Dafür wurde er nach dem Krieg hart kritisiert.
 
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Eine aktuelle Publikation zur Ostfront 1914 aus russischer Sicht:

Vol 2, No 2 (2015)
Walsh: The Russian Army and the Conduct of Operations in 1914.

Übrigens sind sämtliche Exemplare des BJoMH derzeit zum download frei verfügbar (auch die anderen Ausgaben zu diversen Themenschwerpunkten)
 
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