Mode-Evolution der letzten 3000 Jahre

Poxxxx

Neues Mitglied
Hi :)
Ich hoffe ich bin hier richtig mit meiner Frage, ich bitte um Entschudigung wenn nicht^^

Für meinen Youtube Kanal wollte ich ein Video zu einem Thema machen, dass mich selbst seit einiger Zeit ziemlich interessiert :)

Und zwar würde ich gerne der evolvierenden der Mode durch alle Epochen, von der Griechischen Antike, über Rom, ins Europäische Mittelalter bis in die Abendländishe Gegenwart folgen. Das ganze sollte Zeitlich so gut Aufgelöst sein, wie es sich recherchieren lässt und wird von mir Grafisch dargestellt.

Jetzt stellt sich mir nur die Frage wie man sowas am besten Recherchiert.
Dieses Forum hat ja für jede Epoche ein eigenes Unterforum. Gibt es zu dem Thema Bücher? Erhalte ich hier möglicherweise freundliche Hilfe? :)
 
Ich will dich jetzt wirklich nicht enttäuschen, aber ich fürchte, da wirst du dich ziemlich schwer tun, zumindest wenn du dein Thema sauber recherchieren willst. Genauso wenig wie es heute "die Mode" gibt, gab es sie in der Geschichte. Es gab regionale Unterschiede, Unterschiede nach gesellschaftlichem Stand, Arbeits- und Festtagstracht, Kleidervorschriften usw usf. Da lassen sich nicht einfach mal eben so ganze 3.000 Jahre europäischer (?) Modegeschichte in einen Youtubezeitstrahlclip quetschen.
 
Hm, vielleicht Mode einer Region... Fragt sich dennoch wie lange dann das Filmchen laufen soll.

Zur Orientierung gibt es eine Menge Literatur. Leider habe ich mich ewig nicht mehr mit Kostümgeschichte im Allgemeinen beschäftigt. Vielleicht eine gute Übersicht. Einiges kann aber auch nur noch sündhaft teuer antiquarisch erhältlich sein: Kostmbcher
 
Wenn ich es richtig sehe, ist über Moden in diesem Forum eher wenig diskutiert worden. Mir sind lediglich diese beiden Threads bekannt: "Modeschöpfer" im Mittelalter und Gesichtsbehaarung in der Legion.

Ansonsten könnten Bildbände über die bedeutenden Kulturen (ägyptische, römische) nützlich sein, denn sie enthalten zeitgenössische Abbildungen von Menschen, die fast immer bekleidet sind. Man erkennt da außerdem unterschiedliche Frisuren – wie auch z.B. in München in der Glyptothek: Da gibt es Statuen aus etruskischer, griechischer und römischer Zeit. Ich könnte mir vorstellen, dass man Solches auch in anderen Museen findet.
 
Von den Schwierigkeiten mit Bildern

Wenn ich es richtig sehe, ist über Moden in diesem Forum eher wenig diskutiert worden. Mir sind lediglich diese beiden Threads bekannt: "Modeschöpfer" im Mittelalter und Gesichtsbehaarung in der Legion.

Ansonsten könnten Bildbände über die bedeutenden Kulturen (ägyptische, römische) nützlich sein, denn sie enthalten zeitgenössische Abbildungen von Menschen, die fast immer bekleidet sind. Man erkennt da außerdem unterschiedliche Frisuren – wie auch z.B. in München in der Glyptothek: Da gibt es Statuen aus etruskischer, griechischer und römischer Zeit. Ich könnte mir vorstellen, dass man Solches auch in anderen Museen findet.

...durchaus lohnenswerter Ansatz. Ich gebe dabei zu bedenken, dass es imho im engeren Sinne so etwas wie Mode über die längste Zeit der Geschichte kaum gegeben haben dürfte.
- Man konnte es sich schlicht nicht leisten, in kurzen Abständen neue Kleidung zu kaufen.
- Dazu kommt, dass Kleidung früher ein wichtiges Mittel zur Distinktion zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft, sozialem Stand, Familienstand, Macht etc. genutzt wurde. Entsprechend war Kleidung (spätestens seit Entstehung von Staatswesen) häufig streng reglementiert. Es war eben nicht jedem Menschen gestattet die Kleidung zu tragen, die ihm gefiel UND die er sich leisten konnte. Es gab Kleiderordnungen nicht nur im Mittelalter, sondern etwa schon im alten Rom.
- Noch vor knapp 100 Jahren war Kleidung und Haushaltstextilien häufig wichtigster Bestandteil des "Aussteuer" (Mitgift) einer heiratsfähigen Frau. Sie enthielt nicht zuletzt Bettwäsche, Kleidung und Utensilien für die Gründung eines neuen Hausstandes. Das "maskuline Gegenstück" konnte etwa die "Morgengabe" sein. Sie wird in der "Germania" des Tacitus für die Germanen etwa erwähnt, wozu in diesem Fall etwa Vieh oder Waffen Erwähnung finden.
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1b/Friis_Nybo_Girl_Inspecting_Her_Hope_Chest.jpg
- Erst durch die Industriealisierung wurde Kleidung zunehmend zur Massenware und erschwinglich. Nach meinem Eindruck (Ich bin alles Andere als ein Experte in diesem Kontext der Fragestellung!) wurde danach Kleidung und Mode stärker Ausdruck einer Lebenseinstellung und nicht des Kontextes in welchem ein Mensch lebte (Stand, Stellung, Beruf...)
 
Die Toga als Aufhänger...

Ich versuche meinen Ansatz im Kontext mit dem Römischen Reich anzureißen, im Rückgriff v.a. auf das Buch "Die Macht der Toga: Dresscode im Römischen Weltreich"
Kleidung war kostbar (S162):
Es hat sich ein Papyrus aus Ägypten erhalten, in welcher eine wohlhabende Frau aufzählt welche Kleidung ihr bei einem Einbruch geraubt worden waren (Papyrus Hamburg 1,10). Die Frau zählt akribisch ihren entwendeten Besitz auf und widmet auch Details der Kleidung Raum. Erst danach erwähnt sie Schmuck, Geld, Wertgegenstände und anderen Hausrat. Aus heutiger Sicht handelt es sich um eine polizeiliche Akte. Ihre Verlustliste umfasst, was aus ihrem HAUS entwendet wurde (sie berichtet auch von 3 Todesopfern aus ihrem Personal):
13 komplette Sets für Erwachsene (einige mit Streifen - also Einfarbig?), 4 "farbige Sets", 2 purpurne Sets für Frauen, darunter eines, das unter dem Gürtel zu tragen war. "Ein hellgrauer Mantel in perfektem Zustand mit weißen Streifen, wie man es in Lakonien hat"... Diverse Überwürfe [], 2 wollene Tücher in perfektem Zustand, "eines davon ungewalkt" (= noch nicht einer abnutzenden Grundreinigung unterzogen, google unter Walken oder dem Handwerk des Walkers etwa in Pompeij)... 2 weiße Bettlaken....
Das war in einem wohlhabenden Hausstand zu finden! Welcher heutige Einbrecher durchsucht in der Regel den Kleiderschrank seiner Opfer nach brauchbaren Stücken?

Kleidung als Rechtssymbol /Distinktion am Beispiel der Toga:
Es war alleine Menschen mit römischem Bürgerrecht vorbehalten die Toga tragen zu dürfen. Ein Sklave oder einem Fremden stand dieses Kleidungsstück nicht zu. Es ist damit eine repräsentative Kleidung. Ursprünglich auch ein "Gebrauchsgegenstand", eher ein Mantel als irgendetwas Anderes, wandelte es sich zunehmend in ein mehr und mehr politisches Repräsentationsgewand. Entsprechend nahm die (teure) Stoff-Fülle im Laufe der Zeit stark zu, so dass dieses Kleidungsstück zunehmend unbequem zu tragen wurde. Wer es sich leisten konnte, investierte in Stoff, der dann in repräsentativen Lagen und genauem Faltenwurf nur noch mithilfe von Sklaven auf die rechte Weise drapiert werden konnte.
Es versteht sich von selbst, dass Stoffmasse nur von Reichen zu finanzieren war. So war schon bei diesem Kleidungsstück sowohl Ansätze für modische Wandlungen, als auch als Anzeichen für Macht und Stand seines Träger zu erkennen. Die Drapierung der Toga ist ein Stilmittel, das bei der Datierung von Statuen hilfreich ist.
"Nur der erwachsene Römer ohne jegliche Ämter oder Funktionen trug ein rein weißes Gewand: Knaben [...] und Amtsträger hatten Gewänder mit farbigen Differenzierungen.... ....Aus den Schriftquellen erhalten wir zudem die seltsam wirkende Information, dass Prostituierte (Anm: sozialer "Abschaum") bisweilen in der Öffentlichkeit in farblich auffallenden Togen erschienen, und das betrogene Ehemänner ihre Frauen nach deren Ehebruch zwangen, wie Prostituierte eine Toga zu tragen" (S39)
Die repräsentativ zunehmend überladene und unbequem/hinderliche Toga wurde bei den römischen Bürgern zunehmend unbeliebt und man griff lieber auf praktischere Kleidungsstücke zurück, wie man sie etwa in Griechenland oder Gallien schätzen lernte... Augustus schob dieser Tendenz einen endgültigen Rigel vor. Er ließ die Römer als "gens togata" (Volk in der Toga) rühmen und setzte diese Kleidung zumindest für das öffentliche Leben durch. Auch erließ er Kleidungsvorschriften, von denen das Verbot der Hose noch bis in die Spätantike hinein offiziell Gültigkeit besaß! (Man denke auch an die Kleiderordnungen mittelalterlicher Städte, Zunftordnungen und selbst Trachtenordnungen in späterer Zeit...)

Trotz dieser "höheren Weihen" setzte sich die Toga niemals im griechisch sprachigen Osten des Reiches durch, auch nicht bei Inhabern des römischen Bürgerrechts... Die Toga wurde spätestens völlig Obsolet (außer für das Auftreten von Politikern oder Amtspersonen), als alle rechtlich freien Menschen innerhalb des Römischen Reiches durch die "Constitutio Antoniniana " das römische Bürgerrecht verliehen bekamen. Das Sozialprestige für dieses Bürgerrecht war damit verloren gegangen und auch jeder Sinn dafür dieses Prestige durch Kleidung sichtbar zu machen. Ebenso verschwand mit diesem Rechtsakt auch bald die vorher übliche, charakteristische Praxis der römischen Namensgebung...

Anstelle der Toga konnten Männer auf besondere Achtung bauen, die im Dienste der Kaiser als Soldaten oder auch Beamten standen. Ihr Dienst galt als militia und so wurde es üblich, dass beide Personengruppen Soldatentracht trugen....

Von Ikonographie und Bildwerken.. Eine Annäherung

Aus dem Kontext und der Varietät der Toga ergibt sich auch, welche soziale Bedeutung dieses Kleidungsstück für seinen Träger besaß. Die dabei zugrundeliegende Ikonographie selbst für die Kleidung lässt sich auch in Bildwerken der Antike ablesen!

Auf ihren Grabstelen ließen sich zu Beginn des Kaiserreichs gerade ehemalige Sklaven (Sklaven durften die Toga nicht tragen!), die von ihren römischen Herren freigelassen worden waren - und damit selbst in den Genuss von römischen Bürgerrechten kamen, - bevorzugt in der Toga darstellen! Glaubt man allein aufgrund von Bildwerken rückschließen zu können, welche Kleidung die Menschen zur Entstehungszeit des Kunstwerkes tatsächlich getragen hätten, verfällt man leicht einem grundlegenden Irrtum! Die Menschen pflegten sich so darstellen zu lassen, wie sie gesehen werden wollten, bzw. wie die Nachwelt sie sehen sollte! Der Freigelassene wird wohl nur zu wenigen Anlässen tatsächlich die Toga getragen haben. Auch der römische Reitersoldat dverbrachte die meiste Zeit seines Dienstes eben nicht in voller Rüstung, geschmückt mit Medaillen, Armreifen etc. (das waren weniger Schmuckstücke, als vielmehr militärische Auszeichnungen). Bei Darstellungen eines Kaisers ist die Art der Darstellung direkt mit der gewünschten Wirkung und Assoziation des Bildwerkes verbunden. So wie Caesar ebenfalls nicht ständig die Toga und seinen Lorbeerkranz getragen haben dürfte. Dass er Letztendlich per Senatsbeschluss das Recht erhielt, ständig einen Kranz zu tragen unterstreicht nur das Besondere daran. Augustus ließ sich je nach Kontext etwa in Toga, oder als Feldherr im Muskelpanzer (mit gut gewählten Auflagen, die ikonographisch aufgeladen waren), oder auch als opfernder Priester darstellen. Ähnliches gilt schon für frühere Zeiten und Kulturen!

Die Kleidung sollte auch in der Kunst eher eine Tätigkeit, ein Selbstbild oder einen Stand darstellen als den Alltag. Auch heutige Popstars lassen sich lieber in ihrer Bühnenkluft als "Star" darstellen, denn im schlabberigen Hausanzug zuhause auf dem Sofa, obwohl die aufwändigen Bühenkleider gewiss die geringste Zeit getragen werden... Kleidung sollte die "Rolle" unterstreichen, die der Dargestellte auf dem Bildwerk repräsentierte! Die "moderne" Bilderwartung, dass Bilder ein realistisches Abbild der Wirklichkeit darstellen ist in alter Zeit meist ein fataler Trugschluss! Schön ist das "Rollenbild" auch an manchen spätantiken Sarkophagen abzulesen, in denen der Verstorbene häufig mehrfach dargestellt ist.
Selbst realistische Gesichtsporträts setzten sich auch in der griechischen Kunst eher spät durch. Vorher wurden quasi "Archetypen" dargestellt: Der Philosoph etwa trug einen Rauschebart und lockiges Haar, mit einem Papyrusbehälter zu seinen Füßen (als Zeichen seiner Belesenheit), den Kopf häufig nachdenklich in die Hand oder Faust gestemmt...
http://viamus.uni-goettingen.de/vd/1748/mjt.jpg
Die bekannte Büste des Perikles wird ebenfalls kaum/keine individuellen Züge zeigen: Der behelmte Mann ist eine Darstellungsweise für Politiker oder Krieger.
Perikles ? Wikipedia
Nackte Männer mit Helm und Waffen zeigen meist Krieger an.
http://www.palmiholidays.altervista.org/images/bronzi.jpg
Die Frau hatte in der griechischen Öffentlichkeit nichts zu suchen, auf welche die Darstellungsweise der Männer in der Klassik zugeschnitten ist, bei denen das Ideal der Nacktheit und des durchtrainierten Körpers immer wieder auffällt, der ebenfalls ein Topos für das ist, was der Mann darstellen soll! Im Laufe der Zeit wurden die Gesichtszüge der Dargestellten in der griechisch/römischen Antike tatsächlich immer individueller. Das gilt aber nur selten für Kleidung und Gesamtkonzeption des Bildwerkes, in welchen die oben angerissenen Charakteristika weiterwirkten. Noch moderne "Klassiker" wie Voltaire oder Goethe ließen sich gerne im Rückgriff auf ältere Ikonographien darstellen um ihre Bildung zu unterstreichen.
http://www.wga.hu/art/h/houdon/voltaire.jpg
http://www.whitman.edu/VSA/letters/pigalle.jpeg
...dann fällt es keinem ein die Darstellung als Geschichtlich real anzusehen.

...aber es gibt zahlreiche "ikonographische oder andere Tretminen". Deshalb will ich meinen Abriss beenden.
 
Zuletzt bearbeitet:
[... (klasse zusammengefasst!) ...]
...aber es gibt zahlreiche "ikonographische oder andere Tretminen". Deshalb will ich meinen Abriss beenden.
die geflügelten Worte Kleider machen Leute sind rezeptionshistorisch und ikonographisch schlichtweg zu akzeptieren.

Im spätantiken weströmischen Reich galt germanische Tracht als verpönt, so wurden z.B. die Pelze und die Haartracht der burgundischen Kriegerkaste in den literarischen Quellen verspottet; es finden sich auch nahezu keine Darstellungen dieser damals doch bekannten Kleidungsweisen. Und als es kein weströmisches Reich mehr gab (!), ließen sich "Nachfolger, Erblasser" wie Theoderich, Amalaswintha, diverse Merowinger, diverse Westgoten in mehr oder weniger römisch-byzanthinischer "Mode" abbilden.

Bzgl. der Kleidung auf Darstellungen gaben sich die germanischen Warlords sozusagen "römisch-byzantinisch" - einzig auffallend weil davon abweichend sind lange Haare (!) ---- hier, beiden Frisuren, die ja auch Moden und Traditionen unterliegen, finden sich Unterschiede auch in den "römisierten/zivilisierten" Darstellungen. (so galten ja die Merowinger, auch wenn sie pro forma röm.-byz. Ämter bekleideten, als die "langhaarigen" Könige)

rätselhaft in der Ikonographie bleibt freilich die "phrygische Mütze" der ostgotischen Regentin Amalaswintha
 
Ich gebe dabei zu bedenken, dass es imho im engeren Sinne so etwas wie Mode über die längste Zeit der Geschichte kaum gegeben haben dürfte.
- Man konnte es sich schlicht nicht leisten, in kurzen Abständen neue Kleidung zu kaufen.
Das ist wahr, dennoch muss man hier unterscheiden: Mode hat es wahrscheinlich schon immer gegeben – zumindest für die letzten 5.000 Jahre gibt es dafür Belege -, allerdings konnte oder durfte sich die nur eine Minderheit leisten. Das ist auch heute nicht viel anders: Haute Couture Kleider sind auch nur eine Sache für wenige.

Category:Fashion by century ? Wikimedia Commons
Category:Ancient clothing ? Wikimedia Commons
Category:Clothing of Ancient Egypt ? Wikimedia Commons
Category:Female hair fashion in art ? Wikimedia Commons

Ich verweise hier noch einmal auf meinen Beitrag im Thread "Modeschöpfer" im Mittelalter, in dem u.a. über die Beschwerden und die Gesetze gegen übertriebenen Luxus des Adels bzw. der Reichen im Hoch- und Spätmittelalter berichtet wird.
 
Barttracht: Mode, Repräsentation, Rezeption, Spekulation...

die geflügelten Worte Kleider machen Leute sind rezeptionshistorisch und ikonographisch schlichtweg zu akzeptieren.

...Und als es kein weströmisches Reich mehr gab (!), ließen sich "Nachfolger, Erblasser" wie Theoderich, Amalaswintha, diverse Merowinger, diverse Westgoten in mehr oder weniger römisch-byzanthinischer "Mode" abbilden.

Bzgl. der Kleidung auf Darstellungen gaben sich die germanischen Warlords sozusagen "römisch-byzantinisch" - einzig auffallend weil davon abweichend sind lange Haare (!) ---- hier, beiden Frisuren, die ja auch Moden und Traditionen unterliegen, finden sich Unterschiede auch in den "römisierten/zivilisierten" Darstellungen. (so galten ja die Merowinger, auch wenn sie pro forma röm.-byz. Ämter bekleideten, als die "langhaarigen" Könige)...

Ein guter Aufhänger diese "Zwittermode" sozusagen an den "Haaren aufzuhängen" ;)

Einmal mehr im Rückgriff auf antike, offizielle Kunst: Münzwesen!
Offizielle, öffentliche Kunst ist eine archetypische Form mit teils sehr hohem Anteil an repräsentativer Aussagekraft, hinter welcher dokumentarisch/alltagsgeschichtliche Details immer zurückstanden!

Also die langen Haare der "Barbarenkönige"? ...ja und neben den langen Haaren war etwa der "Schnurrbart" als Bartmode eine auffallende, typische Besonderheit vieler germanischer Könige. So lies sich der Ostgotenkönig Theoderich der Große damit abbilden, ebenso Odoaker oder dem Franken Theudebert I.
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c0/Teodorico_re_dei_Goti_(493-526).png
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/3f/Odovacar_Ravenna_477.jpg
http://www.kinderzeitmaschine.de/uploads/tx_sgkzm/Theudebert_I_um_534.jpg
Ganz im Gegenteil zur Darstellung von zwei römischen Kaisern, die wenig vor Odoaker geherrscht hatten, welche ansonsten durchaus ähnlich abgebildet werden (etwa mit dem Diadem als Herrschaftszeichen)
https://www.muenzen-ritter.com/media/cms/wissenswertes/bibliothek/magnus_maximus_3.jpg

Einige Jahrhunderte früher trugen auch römische Kaiser Bärte, allerdings "Philosophenbärte", wie bei Kaiser Marc Aurel. Auch dieser Bart sollte eine Botschaft vermitteln, galten Philosophen doch als wenig dem "weltlichen Leben" zugewandt: Es sollte also auf die Genügsamkeit und Askese (= Charakterstärke) dieser Kaiser in jener Zeit hinweisen. Bei Kaiser Marc Aurel ist dies über die Münzbilder gut nachvollziehbar. Von links nach rechts zeigt der Link unten zuerst den bartlosen Jüngling, dann den erwachsenen, bärtigen Mann und am Ende den reifen "Philosophenkaiser". Man sieht, dass selbst die Bartmoden eine Botschaft transportieren sollten.
http://www.muenzen-ritter.de/media/cms/wissenswertes/bibliothek/marc_aurel_6.jpg

!Das gilt bei Herrscherdarstellungen meist sowohl für Haartracht, als auch für ihre sonstige, Kleidungsmode! Die dargestellten Personen treten niemals als "Privatpersonen", gegriffen aus dem täglichen Leben auf, sondern sie repräsentieren eine Rolle, die Erwartungen zu erfüllen hatte und Botschaften aussenden sollten.
Schön ist das noch Jahrhunderte später bei der vom französischen König Ludwig XIV. transportieren Haarmode abzulesen. Das wallende Haar sollte an den biblischen Samson anspielen, ein Symbol von Tatkraft und ungebändigter Stärke... (der stark auch an mythische Gestalten wie Herkules erinnert...). Ungeachtet aller Symbolkraft waren es letztlich Modeerscheinungen.
http://img4.wikia.nocookie.net/__cb.../images/9/9e/Koenig_Ludwig_XIV_Frankreich.jpg
Samson ? Wikipedia
 
...dem Schnurrbart auf der Spur? Eine Theorie oder nur Spekulation

Anmerkung: Ich habe diesen Teil bewusst in einem eigenen Beitrag formuliert, um Fakten und Kontext deutlich von Fragestellungen / Theorien zu trennen!

Folgenden Text habe ich im Internet zum Schnurrbart gefunden:
[FONT=&quot]
Bereits die Alten Ägypter trugen einen Oberlippenbart, vergleichbar mit einem Schnurrbart. Einige Pharaonen, wie Tutanchamun, auch einen langen, blaugefärbten Kinnbart. Bärte waren ein Zeichen von Macht.
Bei den Alten Germanen, sprich allen sogenannten, barbarischen Völkern, galt der Bart als Zeichen der Kraft. Man(n) würde seiner Männlichkeit beraubt werden, wenn auch nur ein einziges Haar gekrümmt würde. Langes Haar und Bart hatten im Altertum eine ausgeprägte, religiöse Komponente.
Griechen und Römer hatten, abgesehen von Philosophen, welche den Bart als Sitz der Weisheit und des Lebens betrachteten, meist keine Bärte. Persische Herrscher trugen lockige Perücken, falls das Haupthaar nicht mehr so üppig wuchs und durchwirkten ihren Bart mit Goldfäden, den sie dann zum Schutz in einem Beutel trugen.
Letzteres wird auch von den Königen Frankreichs aus der ersten Dynastie erzählt. Sie trugen lange, mit einem seidenen Band durchflochtene Haare und in goldene Knoten geschlungene Bärte. Diese Kunst wurde zum letzten Mal 1477 bei einem höchst feierlichen Begräbnis des vor Nancy gefallenen Herzogs Karl von Bourgogne gesehen. Sein goldener Bart soll bis zum Gürtel gereicht haben.
Im Judentum ist das Tragen längerer Haare und eines nicht gestutzten Bartes religiös festgehalten. So sieht man orthodoxe Juden meist mit langen Vollbärten und den typischen Schläfenlocken. Auch der Islam schreibt das Tragen eines Bartes vor[FONT=&quot].[/FONT]
[/FONT][FONT=&quot][FONT=&quot]Quelle: [/FONT][/FONT]Die Geschichte des Schnurrbarts | schnurrbart.net

Zurück zu den Schnurrbärten der ersten germanischen Könige auf vorher reichsrömischem Boden:
Gibt es denn ältere Darstellungen germanischer Krieger mit dieser Barttracht? War das etwa eine ganz neue Bartmode in der Spätantike?
...das ist irritierend, weil auf älteren römischen Darstellungen die Germanen immer (Topos?) Rauschebärte tragen, wie bei dem berühmten Suebenkopf von Muschau oder auf Siegesmünzen.
http://heimat.lima-city.de/Bern/Geschichte/Germanen/Suebenkopf.jpg
Also eine neue Mode, oder wieder eine besondere Art von Repräsentation? Man kennt neuzeitliche Darstellungen mit Schnurrbart für Adelige und Krieger - ein Schlüssel zum Verständnis dieser viel älteren Fragestellung? Hatten die Römer die Barbaren, als Ausgeburt des zu bezwingenden Chaos ikonographisch in ungebändigte Rauschebärte gedrängt und eventuell andere Bartmoden ignoriert? Das ist eine von mir in den Raum gestellte Spekulation, soll aber einmal mehr zeigen, wie sehr Ikonographie und die Aussage, die eine bildliche Darstellung treffen soll ihre dokumentarische Quellenaussage relativieren kann / oder könnte...! Mir ist es wichtig, dieses große Fragezeichen an die Aussagekraft für alte Bildquellen noch einmal aufzumalen.

...Auch auf die Gefahr hin mit meiner Fragestellung die Tragfähigkeit alter Konventionen über viele Jahrhunderte hin zu sehr zu strapazieren. Allerdings ist zu bedenken, dass die dynastische Monarchie, vom Ende des Weströmischen Reiches bis spätestens zur Französischen Revolution die nahezu völlig bestimmende Staats- & Gesellschaftsstruktur in ganz Europa bleiben sollte und es den Tatbestand einer "Majestätsbeleidigung" schon seit Augustus durchgehend gab.
Die "repräsentative Ikonographie" dürfte also recht langlebigen Zyklen unterworfen gewesen sein und ähnlich wie religiöse Ikonographie nicht alltäglich - oder Missbrauch ausgesetzt gewesen sein. Was die Verletzung gewachsener, religiös motivierter "Ikonographie" noch in unseren "aufgeklärten Zeiten" bewirken kann, erleben wir ja dank "Charlie Hebdo" und den Vorgängen in Paris... aktuell täglich... Doch das ist nicht mein Thema! (und hoffentlich mit den Forenregeln vereinbar, ansonsten bitte ich um Löschung des Satzes)
 
Folgenden Text habe ich im Internet zum Schnurrbart gefunden:
[FONT=&quot]Bereits die Alten Ägypter trugen einen Oberlippenbart, vergleichbar mit einem Schnurrbart. Einige Pharaonen, wie Tutanchamun, auch einen langen, blaugefärbten Kinnbart. Bärte waren ein Zeichen von Macht.[/FONT]
[FONT=&quot][FONT=&quot]Quelle: [/FONT][/FONT]Die Geschichte des Schnurrbarts | schnurrbart.net
Nur im Alten Reich wurden Schnurrbärte getragen, danach gerät Haarlosigkeit in Mode und ist ein Zeichen von Stand (nur hochstehende Persönlichkeiten haben Zeit und Mittel, sich täglich zu rasieren und die Haut zu pflegen).

Und es hatten nicht einige, sondern alle Pharaonen (inklusive der Frauen wie Hatschepsut) einen langen künstlichen Kinnbart.
 
Das ganze sollte Zeitlich so gut Aufgelöst sein, wie es sich recherchieren lässt und wird von mir Grafisch dargestellt.
Auf die Gefahr, ein Riesen-Spielverderber zu sein: sofern Du keine selbst gemachten oder gemeinfreien Bilder verwendest, gibt es direkt auch rechtliche Konsequenzen, z.B. musst Du Quelle der Bilder nennen.

Das für 100 oder 200 Fotos nachzuweisen, dürfte eine Herausforderung sein. ;) Natürlich kann mans auch sein lassen und hoffen, dass sich keiner dran stört. Aber dann bietet man direkt Angrifffläche für kostenpflichtige Abmahnungen.
 
Wow, das ist ja tatsächlich eine ganze Menge Text. Damit hatte ich nicht gerechnet! Danke.

Ich bin bis spät Heute Abend leider sehr beschäftigt, werde mir aber spätestens dann all eure Texte dankbar durchlesen und entsprechende Antworten geben :)

@jmj-ra ssm.wt
Keine Sorge.
Ich bin Grafiker und habe durchaus vor die Mode der jeweiligen Epochen selbst, in stilisierten Grafiken, zu illustrieren.
 
Ein guter Aufhänger diese "Zwittermode" sozusagen an den "Haaren aufzuhängen" ;)
...
Also die langen Haare der "Barbarenkönige"?
Die Haare Theoderichs d. Gr. hebt sogar Ennodius in seinem Panegyricus hervor:
„Niemand soll zur falschen Zeit sich seines Haarschmuckes rühmen, denn was bei anderen Herrschern Diademe ausmachen, schuf bei meinem König mit der Hilfe Gottes die Natur.“ (§91)

Und auch Theodahad ließ sich mit Schnurrbart auf Münzen abbilden.
 
Die Haare Theoderichs d. Gr. hebt sogar Ennodius in seinem Panegyricus hervor (...)
galten nicht die Merowinger als "langhaarige Könige" (reges capillati), und wenn man sie schor, dann waren sie ihres königlichen Nimbus verlustig und wurden nach der Schur im Kloster verstaut (vgl. Gregor von Tours, Fredegar)
köstlich auch die Burgunden, die sich ranzige Butter ins lange Haar schmierten, Pelze trugen und derb am Tanzboden johlten (Sidonius Appollinaris)
 
...Toga und Romanisierung...

Gerade ist mir ein Zitat von Dr. Anette Paetz gen. Sieck aus AW 1/2013 S 21 aufgefallen aus dem Artikel "Die Kleidung der Römer - Ausdruck kultureller Auseinandersetzung zwischen Rom und den Provinzen". Ein schönes Wort zur Romanisierung insgesamt, hier speziell im Bezug auf die Kleidung. Wieder kommt das antike Rollenempfinden zwischen Mann und Frau zur Geltung, wo ersterer in der Öffentlichkeit stand und für die Frau gesellschaftlich die "häusliche Sphäre" vorgesehen waren:
Zwar verbreiteten sich die römischen Symbole im ganzen Reich, aber jede Region entwickelte eine ganz eigene Form der Auseinandersetzung mit ihnen. Es zeigt sich in verschiedenen Regionen [...], dass es v.a. die Männer waren, die diese Kennzeichen übernahmen auch weil sie mit den römischen Repräsentanten in Berührung kamen, womöglich in dem neuen Gefüge ihren Lebensunterhalt verdienten. Frauen pflegten dagegen die Traditionen und das Bewusstsein um die eigenen kulturellen Werte und Gepflogenheiten.
...mal wieder ein Brückenschlag zwischen Romanisierung und Mode. Aufgrund der vorherigen Beiträge habe ich das Zitat nicht unter einem Romanisierungsfaden eingeordnet. Was man Ablesen kann ist hier besonders ein Aspekt von Auswirkungen der römischen Herrschaft auf lokale Eliten.
Vom BLM Karlsruhe gab es einmal ein interessantes PDF zum Thema.
http://www.landesmuseum.de/website/dyndata/Modereise_in_die_Antike.pdf

Die weiter oben genannte "Bart- & Haarmode" weisen auf neue Eliten und andere Identitäten hin.

...köstlich auch die Burgunden, die sich ranzige Butter ins lange Haar schmierten, Pelze trugen und derb am Tanzboden johlten (Sidonius Appollinaris)

...Haargel war noch nicht erfunden und die Haltbarket von Butter in mediterraner Sonne... :)
Eine andere Lösung wird zeitlich weit früher über Gallier berichtet, die ihre Haare zu auffälligen Frisuren herrichteten, die an aktuelle "Igelfrisuren" erinnern. Beim Googeln fiel mir dazu folgender Blog in die Hände mit weiteren Beispielen für antike Haarmode & Haarpflege, wenn ich ihn auch nicht beurteilen kann. Besonders nicht die dort angebotenen "Kitguides" für Darsteller diverser Epochen! Das Angebot an Links ist überaus zahlreich.
http://hiltibold.blogspot.de/2013/04/haare-farben-im-antiken-rom.html

Ein Google-Tipp für Frisuren sind m.E. die Darstellung durch Plastiken von Prinzessinnen der regierenden römischen Kaiserhäuser. Besonders der Unterschied zwischen der eher schlichten Haarmode aus julisch-claudischer Zeit und der lockenfreudigen Haarpracht unter den Flaviern (1.Jht.)! Beim Bildergoogeln ist zu unterscheiden zwischen dem flavischen Hause und dem spätantiken Rückgriff der konstantinschen Dynastie auf den Begriff und den Namen der Flavier (in deren Tradition sie sich sahen!). Faustina (Frau Konstantins) hat auf dem Münzbild eine spätantike Frisur. Iulia Flavia, die einzige Tochter von Kaiser Titus (Flavischer Kaiser) trug im 1. Jht. eine auffällige Hochfrisur. Hier eine Matrone aus Flavischer Zeit.
https://www.zabern.de/media/26/Matronenkopf_klein.13608.jpg
Interessant sind die Darstellungen der Frisuren von Frauen römischer Kaiser auf Münzbildern, die zeitlich viel abdecken.

Martial (III, 43) spottet über einen Mann, der sich die grau gewordenen Haare färb. Er sei "...so plötzlich zum Raben geworden, wo du eben noch ein Schwan warst..." Also nicht nur Burgunder, Gallier oder Frauen halfen modisch nach...
Bis vor wenig mehr als 100 Jahren war es für die Eliten keineswegs eine echte Alternative für die Frauen, einen gewünschten Blondton (wie im verlinkten Blog) etwa durch Ausbleichen an der Sonne zu erzielen! Eine Frau von Stande war nicht gezwungen im Freien zu arbeiten, ergo nicht der Sonne ausgesetzt. Der heute so begehrte "gebräunte Hautton" war somit eher ein Stigma für die Unterschicht. Wer auf sich hielt, pflegte einen blassen Hautton und signalisierte damit gehobene soziale Verhältnisse! Kein Wunder, das Perücken eine bessere Alternative schon in der Antike waren.

Zurück zu den "barbarischen Burgundern": Perücken trugen bereits die alten Ägypter und keineswegs nur die Frauen, sondern auch Herren von Stande. Pomade war üblich. Auf vielen Bildern sind Frauen mit "Salbkegel" auf dem Kopf zu erkennen. Die Sonne mochte dafür sorgen, dass die Haare immer schön "geölt" blieben...? Sicherlich waren sie wohl parfümiert. Ich verfolge diesen Aspekt mal nicht weiter.. ;)
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/96/Maler_der_Grabkammer_des_Menna_010.jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
Beim Googeln fiel mir dazu folgender Blog in die Hände mit weiteren Beispielen für antike Haarmode & Haarpflege, wenn ich ihn auch nicht beurteilen kann. Besonders nicht die dort angebotenen "Kitguides" für Darsteller diverser Epochen! Das Angebot an Links ist überaus zahlreich.
Hiltibold: Wanderer zwischen Antike und Mittelalter: Haare färben im antiken Rom[/URL]

Da ich den Blogger zufällig persönlich kenne ;) kann ich vielleicht dabei helfen, mögliche Zweifel zu reduzieren: Der Blogbeitrag über die verschiedenen Färbermethoden hat durchaus Hand und Fuß und beruht vor allem auf Karl-Wilhelm Weebers Klassikern: Alltag im Alten Rom - Das Leben in der Stadt und Alltag im Alten Rom - Das Landleben (dort sind die Primärquellen im Detail angegeben).

Zu den angesprochenen "Kitguides": Diesen bitte ja nicht blind vertrauen. Sie sind zwar relativ gut recherchiert, soweit ich das beurteilen kann, geben aber in einigen Teilbereichen ein allzu unvollständiges (=verzerrtes) Bild wieder.
Sie können daher nur eine erste Einstiegshilfe in die jeweilige Epoche sein.
 
Zurück
Oben