Nach vierzig Jahren befreit - in der Varusschlacht gefangene Römer

Diese Leute waren auf Brutalität gedrillt und abgestumpft. Den Alltag würden die meisten von uns nicht ertragen. Die Kriegführung basierte auf äußerster Brutalität.

Ich bezweifle sehr stark, dass der Alltag der Legionäre sich so gravierend von dem heutiger Elitetruppen unterschied. Die heutige Kriegsführung ist erheblich brutaler und grausamer als die damalige je sein konnte, und dennoch sind unsere heutigen Soldaten zum größten Teil ganz normale Menschen. Oder findest Du es weniger schlimm, einem Gegner aus 30 Metern Entfernung den Kopf wegzublasen, Deinen Kameraden neben Dir von einer Mine zerfetzt zu sehen oder erleben zu müssen, wie eine komplette Einheit durch eine einzige Bombe innerhalb einer Sekunde ausgelöscht wird?
Und wenn die Legionäre derart stumpfsinnige, brutale Tötungsmaschinen gewesen wären, wie Du Dir das vorstellst, dann frage ich mich, wie ein Großteil von ihnen in den Veteranensiedlungen ein zivilisiertes, friedliches Leben führen und Familien gründen konnten? Psychologisch wäre das nämlich kaum möglich. Schau Dir außerdem mal die Vindolanda-Tafeln an. Da berichten römische Legionäre und Auxiliare von ihrem Alltagsleben, bitten um neue Kleidung, laden sich gegenseitig zu Feiern ein usw.. Für mich klingt das so gar nicht nach erbarmungslosen Killermaschinen alá Terminator.
 
Du stellst da Behauptungen auf, was ich gesagt hätte, die einfach nicht zutreffen.

Und das der Alltag einer normalen römischen Legion, die keine Elitetruppen waren, sich sehr von dem heutiger Soldaten unterschied und das Töten im Nahkampf eine andere Wirkung hat, ist Stand der Forschung. Egal wie sehr es Dir wiederstrebt, stumpfen auch alle Soldaten in langen Kriegen, wie sie um Germanien geführt wurden, irgendwann ab. Das heißt ganz und gar nicht, dass sie zu zivilem Leben nicht mehr in der Lage sind.
 
Natürlich stumpfen Soldaten in langen Kriegen ab (ebenso auch betroffene Zivilisten, das nur nebenbei), aber wie schon festgestellt wurde, gab es nicht ständig Krieg. Und inwiefern sollte sich der Alltag in einer römischen Legion groß vom Alltag in einer heutigen Armee unterschieden haben? Es gab einen klar geregelten Tagesablauf, es gab Drill, es gab Übungsmärsche, Schanzarbeiten, Wachdienst. Genau das Gleiche gibt es auch in einer modernen Armee. Wo soll da der Unterschied sein? Die Bestrafungen waren natürlich schlimmer (zumindest die für schwere Vergehen) und es gab nicht ganz so viele Freiheiten wie heutzutage (wobei es da auch in modernen Armeen erhebliche Unterschiede gibt).
Und ganz ehrlich, in einer Gefechtssituation würde ich lieber in der vordersten Reihe einer Zenturie stehen, mich auf meine Ausrüstung, meine Ausbildung und meine Kameraden verlassen und dem Gegner direkt ins Angesicht blicken, als wie heutzutage nicht zu wissen, aus welcher Richtung die nächste Kugel/Granate/Rakete/Bombe geflogen kommt und immer das Gefühl zu haben, dass mich jederzeit aus jeder beliebigen Richtung der unsichtbare Tod ereilen kann.
Die Kriege vor 2.000 Jahren waren brutal und auch das Töten war brutal, keine Frage, aber ich finde es befremdlich, dass wir uns heute für soviel zivilisierter halten und mit einer gewissen Arroganz auf die Menschen von früher herabblicken, weil wir sie für primitiver als uns halten. Und das, obwohl wir das Töten in Massen inzwischen zur Perfektion entwickelt haben.
 
Natürlich stumpfen Soldaten in langen Kriegen ab (ebenso auch betroffene Zivilisten, das nur nebenbei), aber wie schon festgestellt wurde, gab es nicht ständig Krieg. Und inwiefern sollte sich der Alltag in einer römischen Legion groß vom Alltag in einer heutigen Armee unterschieden haben? Es gab einen klar geregelten Tagesablauf, es gab Drill, es gab Übungsmärsche, Schanzarbeiten, Wachdienst. Genau das Gleiche gibt es auch in einer modernen Armee. Wo soll da der Unterschied sein? ...
Ein großer Unterschied ist natürlich, dass römische Legionäre und Auxiliare ein erheblich umfangreicheres Spektrum an Aufgaben hatten, als spätere Soldaten. Der römische Staatsapparat kam mit erheblich geringerem Personal aus als moderne Staaten. Dies wurde teilweise dadurch ausgeglichen, dass man das Militär in Friedenszeiten für alles Mögliche verwendete. Wie von Riothamus bereits beschrieben, fiel darunter der Straßenbau. Aber auch der Bau von öffentlichen Gebäuden und die Arbeiten im Steinbruch gehörten dazu. Wenn man Morgen einen Panzergrenadier der Bundeswehr zum Steinebrechen abkommandieren würde, stände sofort der Wehrbeauftragte und wer noch vorm Kasernentor.
Zudem konnte sich ein verdienter Soldat als Benefiziarier wiederfinden. Diese Mischung als Zöllner, Straßenpolizist oder Geheimagent war so gefährlich, dass man am Ende diesesr Aufgabe regelmäßig den Göttern dankte.
Und natürlich konnten Soldaten sehr alt werden. Geldleistungen (wie von unserem Mitglied Lukullus erwähnt), waren nur ein Teil der Pensionslasten. Obwohl in heutiger Zeit wiederholt bestritten, wurden Soldaten mit Gutshöfen abgefunden. Wer baute diese Gutshöfe? Wohl auch wieder die Truppen. Entsprechende Ziegelstempel belegen das. Ebenso identische Grundrisse am Oberrhein. Hier fand ein Serienbau statt. Das konnte kein lokaler Baumeister wuppen. So etwas lief offensichtlich über die Provinzverwaltung.

Ein alter Veteran, der vermutlich mit einem Gutshof aus dieser Reihenfertigung abgefunden worden war, ist uns durch seinen Grabstein als auch durch Reste seiner Villa Rustica bekannt:

https://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/kulturdenkmale/denkmaltag_archiv/2008/durlach/gutshof.de

Auf dem Link wird der Grabstein auf das 3. Jahrhundert datiert. Diese Datierung teile ich nicht. Ich neige eher zu einem Wissenschaftler, welcher den Grabstein auf die 2. Hälfte des 2 Jahrhunderts datiert.
Das angegebene Sterbealter von 100 Jahren ist wohl nicht als standesamtlicher Vermerk zu sehen, sondern dass der Veteran steinalt geworden ist.
 
Ein großer Unterschied ist natürlich, dass römische Legionäre und Auxiliare ein erheblich umfangreicheres Spektrum an Aufgaben hatten, als spätere Soldaten. Der römische Staatsapparat kam mit erheblich geringerem Personal aus als moderne Staaten. Dies wurde teilweise dadurch ausgeglichen, dass man das Militär in Friedenszeiten für alles Mögliche verwendete. Wie von Riothamus bereits beschrieben, fiel darunter der Straßenbau. Aber auch der Bau von öffentlichen Gebäuden und die Arbeiten im Steinbruch gehörten dazu. Wenn man Morgen einen Panzergrenadier der Bundeswehr zum Steinebrechen abkommandieren würde, stände sofort der Wehrbeauftragte und wer noch vorm Kasernentor.

Vollkommen richtig, allerdings halte ich die Bundeswehr (aus eigener Erfahrung) nur bedingt für einen geeigneten Maßstab. Und letztlich wird auch von modernen Armeen Straßen-, Brunnen-, Brückenbau sowie der Bau von Schulen u.ä. geleistet, das sieht man in all den Gebieten, in denen aktuell westliche Armeen eingesetzt werden (Afghanistan, Irak, Mali usw.).

Letztlich wollte ich darauf hinaus, dass sich weder die Menschen damals, noch ihre Lebensweise so extrem von heute unterschieden haben, wie das teilweise suggeriert wird. Das waren schließlich alles keine außerirdischen Lebensformen auf einem fremden Planeten. Und ich wage auch zu behaupten, dass nicht wenige Menschen heutzutage immernoch unter ähnlichen einfachen Bedingungen leben, wie damals (und viele sind damit auch zufrieden und leben deswegen auch nicht kürzer). Wir sollten unsere westliche Großstadt-Wohlfühlgesellschaft nicht als grundlegenden Maßstab nehmen.

Um zum Thema zurückzukommen, wir haben hier drei verschiedene Fragestellungen:
1. Wie alt konnte ein römischer Legionär in germanischer Gefangenschaft werden?
2. Wie alt konnte ein römischer Legionär unter langjährigen Feldzugbedingungen werden?
3. Wie alt konnte ein römischer Legionär in längeren Friedenszeiten werden?

Schon anhand dessen dürfte man, selbst wenn man einige verlässliche Anhaltspunkte hätte, auf völlig unterschiedliche Ergebnisse kommen, die sich nicht pauschalisieren und verallgemeinern lassen. Und alle drei Fragen kann man sogar noch in Unterfragen aufgliedern, da nicht jeder Gefangene gleich behandelt wurde und auch nicht jeder Legionär im Feldzug die gleichen gefährlichen Aufgaben hatte. Selbst in Friedenszeiten waren Legionäre vielfach mit unterschiedlichen Aufgaben betraut (wie hier bereits verschiedentlich erwähnt wurde). Man denke nur an die Immunes. Daraus ergeben sich völlig unterschiedliche Lebensrisiken, die Einfluss auf die Lebenserswartung hatten.

Ist es also wahrscheinlich, dass römische Kriegsgefangene aus der Varusschlacht nach vierzig Jahren noch lebten? Ja na klar, es wird ja davon berichtet. Daraus allerdings ableiten zu wollen, wieviele Legionäre oder auch Zivilisten in Gefangenschaft gerieten, ist, denke ich, nicht möglich, da es zuviele unbekannte Variablen gibt.
 
...Und inwiefern sollte sich der Alltag in einer römischen Legion groß vom Alltag in einer heutigen Armee unterschieden haben? ...
Das hab ich mit auch schon oft gedacht, unser Spieß hat immer gesagt: "Der größte Feind des Soldaten ist der Lurch!" und das wird so sein seit es Kasernen gibt.

Lurch= von Wolldecken abgesondertes Geflusel
 
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