Napoleon - Erschaffer oder Zerstörer Deutschlands?

Da wird der Napi aber froh sein, daß Du ihm nichts nachträgst :friends:

na, immerhin fehlt der entschuldigende Brief noch :weinen:

nein, seine Fehler glichen die "Dämlichkeiten" seiner Gegner wenigstens teilweise aus und mir sind sie Wasser auf der Mühle, ihn eher als Abenteurer denn als Staatsmann zu empfinden.

Grüße
excideuil
 
Habe nochmal den Thread durchstreift und gefunden, dass

  • mehrere Bipolaritäten beackert werden, außer "Erschaffer oder Zerstörer" (ab #1) mindestens noch "Befreier oder Besatzer" (ab #28), "Glücksbringer oder Menschenschlächter" (ab #50),
  • die Frage der Intention (#53) stark im Vordergrund steht - und "natürlich" negativ beantwortet wird.
Zu letzterem: Vereinzelt klingt an, schon im Eingangsbeitrag, Napoleon als eine Art von "Werkzeug der Geschichte" anzusehen, der durch gewisse "Ordnungs"-Leistungen Voraussetzungen geschaffen hat, die für die Zukunft Deutschlands positiv waren. Vielleicht ist das die einzig sinnvolle Möglichkeit, mit den Entweder-Oder-Fragen umzugehen?! :D
 
Titel "König der Franzosen", den Louis XVI direkt vor seinem Sturz führte
Danke für die Antwort - mir war nicht bekannt, daß es noch zu Monarchie-Zeiten eine Änderung beim Titel gab.
Und der von Dir verlinkte Wikipedia-Artikel hat auch den politischen Unterschied zwischen den beiden Formen gut erklärt.

Und OT: Wenn man sich von dort etwas weiterklickt in der Wikipedia, dann findet man amüsante Details darüber, daß sich die Familie Bonaparte noch heute für die rechtmäßigen Kaiser hält und familienintern über die Thronfolge streitet. Das ist so lächerlich, daß es schon wieder gut ist :D
 
Habe nochmal den Thread durchstreift und gefunden, dass

  • mehrere Bipolaritäten beackert werden, außer "Erschaffer oder Zerstörer" (ab #1) mindestens noch "Befreier oder Besatzer" (ab #28), "Glücksbringer oder Menschenschlächter" (ab #50),
  • die Frage der Intention (#53) stark im Vordergrund steht - und "natürlich" negativ beantwortet wird.
Zu letzterem: Vereinzelt klingt an, schon im Eingangsbeitrag, Napoleon als eine Art von "Werkzeug der Geschichte" anzusehen, der durch gewisse "Ordnungs"-Leistungen Voraussetzungen geschaffen hat, die für die Zukunft Deutschlands positiv waren. Vielleicht ist das die einzig sinnvolle Möglichkeit, mit den Entweder-Oder-Fragen umzugehen?! :D

Eine sehr interessante Idee.

"Werkzeug der Geschichte" bedeutet aber wohl, dass jemand dieses Werkzeug nutzt?

Gut, ich möchte einmal meine Gedanken zur Diskussion stellen.
Mit dem 18. Brumaire schlitterte Frankreich in eine blitzsaubere Militärdiktatur. Die Machtvollkommenheit Bonapartes entsprach bei seiner Krönung der eines absoluten Monarchen. Die Ideen der Revolution waren nur noch plakativ. Moderne Verwaltungsstrukturen, moderne Gesetze aber wurden vorangetrieben und umgesetzt. Das ganze Land wurde zur Aggression vorbereitet.
Es fällt daher schwer, anzunehmen, dass die entstehenden Strukturen in eroberten Ländern anders aussehen sollten/könnten. Der Begriff des "die Freiheit bringenden" verbietet sich damit. Und so stellte sich die Ernüchterung ja auch schnell ein, wie etliche Beispiele deutscher Dichter belegen, deren erste Begeisterung sich schnell in Antipathie, um es vorsichtig zu formulieren, wandelte.

Noch ein anderer Aspekt. Es scheint mir kaum glaubhaft, anzunehmen, dass der Zusammenbruch Preußens primär etwas mit der Niederlage bei Jena und Auerstädt zu tun hatte. Es erscheint mir eher das Verharren auf dem Stand von F II. zu sein, in der Entwicklung rückständig, so dass die "Depression" nur eine Frage der Zeit war, und die daraus resultierenden Modernisierungen zwangläufig waren. Die Schlachten mögen letztlich der Auslöser gewesen sein, Ursache waren sie nicht.

Betrachtet man Friedrich Wilhelms "Aufruf an mein Volk" und die Befreiungskriege 1813/14, wird wohl deutlich, dass die Fürsten plakativ die Ideen, mit denen Bonaparte den Kontinent unterjochte, gegen ihn richteten. Machtpolitik halt.

Dann war der Korse besiegt. Die Fürsten trafen sich in Wien, teilten Europa auf, sorgten mit der Heiligen Allianz für jahrzehntelangen Stillstand aber auch für Frieden: immerhin!

Betrachtet man die Kriege Bonapartes in der Summe, werden Millionen Tote, Mrd. verschwendeter Resourcen Realität. Betrachtet man die betroffenen Menschen, egal ob in Frankreich oder in den eroberten Ländern, wird das Leid über Brandschatzung, Plünderung, Lasten der Einquartierungen, Vergewaltigungen oder einfach die Trauer um den verlorenen Sohn gegenwärtig. Ganz zu schweigen von der Verrohung der Menschen. Ich kann darin nichts positives sehen, weder für die Menschen, noch für die deutsche oder europäische Entwicklung.

Bonaparte hatte Glück, dass sein "Karl der Große sein wollen" im Nachgang der Französischen Revolution stattfand. Kein Mensch würde sonst des Eroberers Lob preisen. Man kann sein Wirken nicht ohne sein Wollen, seine Intensionen betrachten.

Kann man mit Kriegen Ideen befördern? Ich meine, nein. Man kann nur erreichen, dass genau das Gegenteil passiert! Stichwort Heilige Allianz - Aktio und Reaktio. Und so hat Bonaparte für Deutschland keine Bedeutung. Die Veränderungen, ausgelöst durch die Franz. Revolution wären sowieso passiert, ohne Bonaparte wohl wahrscheinlich friedlicher. Und das wäre meiner Ansicht die bessere Lösung gewesen, auch wenn sie nur theoretisch sein kann.

Grüße
excideuil
 
"Werkzeug der Geschichte" bedeutet aber wohl, dass jemand dieses Werkzeug nutzt?
Ja, aber das muss keine natürliche Person sein. ;)
Um zu erklären, warum Napoleon in den Augen mancher Zeitgenossen einen "Fortschritt" für Deutschlands Entwicklung bedeutete, kann man auch "metaphysisch" argumentieren, so wie das z.B. bei Hegel der Fall war - Stichwort Weltgeist ? Wikipedia.

Gut, ich möchte einmal meine Gedanken zur Diskussion stellen. ...
Du argumentierst vor allem von einem moralischen Standpunkt aus: Wer soviel "Negatives/Böses" getan hat, kann im Endeffekt nichts "Positives/Gutes" bewirkt haben. Darüber kann man streiten, aber im Grundsatz ist mir das sympathischer als das ewige "Wo gehobelt wird, da fallen Späne"...:winke:

Womit ich Probleme habe, sind Argumente wie diese: "dass die 'Depression' [Preußens] nur eine Frage der Zeit war, und die daraus resultierenden Modernisierungen zwangläufig waren" oder "Die Veränderungen, ausgelöst durch die Franz. Revolution wären sowieso passiert, ohne Bonaparte wohl wahrscheinlich friedlicher." Denkst Du dabei an eine Art von Evolution?
 
Kann man mit Kriegen Ideen befördern? Ich meine, nein. Man kann nur erreichen, dass genau das Gegenteil passiert! l

Es ist eine alte Weisheit, dass wer Böses will, oft Gutes schafft. Nun kann man zwar nicht behaupten, dass Napoleon Böses gewollt hat, aber immerhin ist sein Weg gesäumt von hunderttausenden von Toten und unermesslichem Leid. In seinen Memoiren hat er gesagt, dass er ein einiges (vereintes) Europa hat schaffen wollen und die unsinnigen Grenzen zwischen den Völkern hat niederreißen wollen. Da ist er also ganz "modern" und wir hören in der Ferne sogar die Europäische Union aufziehen.

Zur Beurteilung einer Lebensleistung ist aber unbedingt auch ihre Wirkmächtigkeit ins Kalkül zu ziehen, die Entwicklungen, die angestoßen wurden. Für Deutschland wurde der Leichnam des Heiligen Römischen Reichs mit über 300 souveränen Territorien (die Reichsritterschaften aisgenommen) beseitigt, sodass auf seinem Boden vitale staatliche Organismen entstanden, die der aufkommenden Industriellen Revolution eine wirkungsvollere Grundlage bieten konnten.

Unaufhaltsam waren auch die Ideen von Demokratie, Menschenrechten und Liberalität, die die Restauration nur zeitweilig und unvollkommen zurückdrängen konnte. Man kann also sagen, dass die Französische Revolution und die napoleonische Epoche . beides lässt sich nicht trennen - ein neues und liberaleres Zeitalter beschworen hatten, dass die Ancien Regimes des Absolutismus endgültig hinwegfegten, und Platz für den Beginn der Moderne schufen.

Die Memoiren Napoleons zeigen deutlich, dass seine Visionen in diese Richtung gingen, und ihm die Zäsur klar war, die er bewirkt hatte. Ob das allerdings die unzähligen Toten rechtfertigt, ist eine andere und eher philosophische Drage.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es fällt daher schwer, anzunehmen, dass die entstehenden Strukturen in eroberten Ländern anders aussehen sollten/könnten. Der Begriff des "die Freiheit bringenden" verbietet sich damit. Und so stellte sich die Ernüchterung ja auch schnell ein, wie etliche Beispiele deutscher Dichter belegen, deren erste Begeisterung sich schnell in Antipathie, um es vorsichtig zu formulieren, wandelte.
Die Freiheit wollte Brissot bringen, notfalls den Tyrannenknechten reinprügeln, aber bei Bonaparte sehe ich ein solches Sendungsbewusstsein nicht.
Wie Du ganz recht sagtest, die neuen Staaten (auch in Dtl.) sollten nach franz. Vorbild eingerichtet werden. Nicht mehr und nicht minder. :fs:
 
Ja, aber das muss keine natürliche Person sein. ;)
Um zu erklären, warum Napoleon in den Augen mancher Zeitgenossen einen "Fortschritt" für Deutschlands Entwicklung bedeutete, kann man auch "metaphysisch" argumentieren, so wie das z.B. bei Hegel der Fall war - Stichwort Weltgeist ? Wikipedia.

Du argumentierst vor allem von einem moralischen Standpunkt aus: Wer soviel "Negatives/Böses" getan hat, kann im Endeffekt nichts "Positives/Gutes" bewirkt haben. Darüber kann man streiten, aber im Grundsatz ist mir das sympathischer als das ewige "Wo gehobelt wird, da fallen Späne"...:winke:

Das mit der Moral war mir gar nicht bewusst. Mir geht es auch gar nicht darum, ob, das, was er wollte, böse war. Es geht mir darum, dass seine Bedeutung relativiert werden muss. Darum, ob von der Intension seines Wirkens und der daraus resultierenden Ergebnissen wirklich die ihm allgemein anerkannte Bedeutung zukommen kann. Und dies in der Betrachtung, ob das, was er positiv gebracht hat, nicht ohne ihn und ohne seine Kriege nicht mindestens genauso erfolgt wäre.

Womit ich Probleme habe, sind Argumente wie diese: "dass die 'Depression' [Preußens] nur eine Frage der Zeit war, und die daraus resultierenden Modernisierungen zwangläufig waren" oder "Die Veränderungen, ausgelöst durch die Franz. Revolution wären sowieso passiert, ohne Bonaparte wohl wahrscheinlich friedlicher." Denkst Du dabei an eine Art von Evolution?

Ich denke dabei an politische und wirtschaftliche Zwänge. Die modernen, bürgerlichen Ideen der Franz. Revolution fanden in ganz Europa Anklang, einfach, weil sie zeitgemäß waren. Hinzu kam wirtschaftlicher Fortschritt, beginnende Industrialisierung, moderne Gesetze ... modernes Bankwesen. Wie lange hätte unter diesen Vorzeichen denn Preußen in der Tradtion F II. durchhalten können, ohne sich zu Reformen zu "bequemen"?

Grüße
excideuil
 
Es ist eine alte Weisheit, dass wer Böses will, oft Gutes schafft. Nun kann man zwar nicht behaupten, dass Napoleon Böses gewollt hat, aber immerhin ist sein Weg gesäumt von hunderttausenden von Toten und unermesslichem Leid. In seinen Memoiren hat er gesagt, dass er ein einiges (vereintes) Europa hat schaffen wollen und die unsinnigen Grenzen zwischen den Völkern hat niederreißen wollen. Da ist er also ganz "modern" und wir hören in der Ferne sogar die Europäische Unioiser des Orientsn aufziehen.

Ja, ich denke, wenn von Bonaparte die Rede ist, dann sollte man das unendliche Leid, welches er über Europa brachte in der Betrachtung seiner Person und seines Wirkens unbedingt Beachtung schenken.

Du wirst sicher zugeben, dass Bonaparte viel gesagt hat, wenn der Tag lang war.

Ich zitiere ihn einmal auf St. Helena:

"Ich hätte besser getan, in Ägypten zu bleiben, ich wäre zur Stunde Kaiser des ganzen Orient!"

"Wenn ich in Ägypten geblieben wäre, so wäre ich jetzt Kaiser des Orients. Wäre Saint Jean d'Acre nicht gewesen, so hätte sich die ganze Bevölkerung für mich erklärt. Ich hätte nach Indien ziehen können."

"Nelson war ein tapferer Mann. Wenn Villeneuve bei Abukir und Dumanoir bei Trafalgar ein wenig von seinem Blut in den Adern gehabt hätten, so wären die Franzosen Sieger geblieben. Ich hätte sollen Dumanoir den Kopf abschlagen sollen."
(Napoleon, Erinnerungen und Gedanken, aus dem Tagebuch von Gourgaud, Goldmann, 1961, Seite 30) Die Seite ist willkürlich gewählt!

Redet so ein Abenteurer, der seinen vergebenen Chancen nachjammert, oder der Staatsmann, der Visionen von einem geeinigten Europa hatte, wobei dann noch die Frage offen bliebe, warum er dies denn gewollt hätte.
Ist es nicht eher so, dass auf Grund solcher Aussagen, die du zitierst, ihm eine gewisse "Vision" unterstellt, ja in der Tradition seiner Legende angedichtet wird?

Zur Beurteilung einer Lebensleistung ist aber unbedingt auch ihre Wirkmächtigkeit ins Kalkül zu ziehen, die Entwicklungen, die angestoßen wurden. Für Deutschland wurde der Leichnam des Heiligen Römischen Reichs mit über 300 souveränen Territorien (die Reichsritterschaften aisgenommen) beseitigt, sodass auf seinem Boden vitale staatliche Organismen entstanden, die der aufkommenden Industriellen Revolution eine wirkungsvollere Grundlage bieten konnten.

Weiter unten sagst du, "unaufhaltsam waren auch die Ideen von Demokratie, Menschenrechten ..." Es hat also eines Bonaparte gar nicht bedurft.
Was die gar nicht so souveränen Territorien angeht, ist es glaubhaft, dass 300 Steueroasen hätten überleben können? Eher nicht. Eine wirtschaftlich tragbare Struktur hätte sich etablieren müssen. Ganz sicher aus wirtschaftlicher Notwendigkeit, vielleicht mit weniger Gewalt.

Unaufhaltsam waren auch die Ideen von Demokratie, Menschenrechten und Liberalität, die die Restauration nur zeitweilig und unvollkommen zurückdrängen konnte. Man kann also sagen, dass die Französische Revolution und die napoleonische Epoche . beides lässt sich nicht trennen - ein neues und liberaleres Zeitalter beschworen hatten, dass die Ancien Regimes des Absolutismus endgültig hinwegfegten, und Platz für den Beginn der Moderne schufen.

Allein, dass die Restauration Tatsache wurde, belegt, wie sehr die Kriege Bonapartes die Entwicklung gebremst haben. Und ich stelle vehement in Abrede, dass die Kriege Bonapartes ein "neues und liberales Zeitalter beschworen". Gerade durch Bonaparte schlossen sich die Fürsten zur Heiligen Allianz zusammen. Gerade durch das "korische Ungeheuer" war die Macht der Fürsten ungebrochen. Und so sollte man die Franz. Revolution, das Direktorium und Bonaparte schon deutlich trennen.

Die Memoiren Napoleons zeigen deutlich, dass seine Visionen in diese Richtung gingen, und ihm die Zäsur klar war, die er bewirkt hatte. Ob das allerdings die unzähligen Toten rechtfertigt, ist eine andere und eher philosophische Drage.

Bonaparte war intelligent, keine Frage. Vielleicht sind seine Memoiren deshalb so verführerisch, ihm eine Bedeutung an die Brust zu heften, die über seine genialen militärischen Fähigkeiten hinausgeht.

Grüße
excideuil
 
Ja, ich denke, wenn von Bonaparte die Rede ist, dann sollte man das unendliche Leid, welches er über Europa brachte in der Betrachtung seiner Person und seines Wirkens unbedingt Beachtung schenken.

Das Napoleon-Bild ist im deutschen Lebensbereich begreiflicherweise negativ ausgefallen, in Norddeutschland mehr noch als in Süddeutschland. Über der vor allem von Treitschke verbreiteten Auffassung einer "Eroberungsbestie" darf aber nicht vergessen werden, dass aus der Neuurdnung Deutschlands infolge der Napoleonischen Siege und Friedensschlüsse immerhin eine Reihe von lebensfähigen Mittel- und Kleinstaaten gervorging, die das Gesicht des 19. Jh. bestimmten und deren Föderalismus bis in unsere Gegenwart hinein wirkt.

Du wirst sicher zugeben, dass Bonaparte viel gesagt hat, wenn der Tag lang war.

Napoleon hat seine Ziele, Beweggründe und Hoffnungen zu Papier gebracht, wie das bei Memoiren nun mal so üblich ist. Abgesehen davon, dass er sich - wie alle Memoirenschreiber - in einem möglichst günstigen Licht zeigen wollte, werden dennoch bestimmte politische Leitlinien sichtbar. Und die sind - besonders wenn man seine Reflexionen über Europa betrachtet - außerordentlich modern und unkonventionell. Dass Wunschdenken und Realität oft auseinanderfallen, haben Memoiren zuweilen so an sich.

Weiter unten sagst du, "unaufhaltsam waren auch die Ideen von Demokratie, Menschenrechten ..." Es hat also eines Bonaparte gar nicht bedurft.

Die Ausbreitung der französischen Herrschaft über Europa sorgte zugleich für einen schnellen Export dieser Ideen. Wenn Napoleon schreibt: "Ich habe den Abgrund der Anarchie zugeschüttet, ich habe Ordnung in ein Chaos gebracht. Ich habe die Revolution geläutert, habe die Völker veredlz, die Könige auf auf ihrem Thron gesichert. Ich habe die guten Bestrebungen gefördert, jese Verdienst belohnt, die Grenzen des Ruhms erweiter. Das ist doch immerhin etwas." (Las Cases Napoleon. Tagebuch von St. Helena, Bd. 1, S. 146), so ist das gewiss euphemistisch und stellenweise auch dreist. Er stilisierte sich damit zum Testamentsvollstrecker, der die Bewegung von ihren Kinderkrankheiten gereinigt und damit erst ihren eigentlichen Zwecken zugeführt habe. Unleugbar ist aber, dass seine Herrschaft die Ausbreitung von Ideen beförderte, hinter denen er durchaus nicht in jedem Fall stand.

Was die gar nicht so souveränen Territorien angeht, ist es glaubhaft, dass 300 Steueroasen hätten überleben können?

Napoleon machte der deutschen Kleinstaaterei ein Ende, auch wenn seine Beweggründe durchaus egoistischer Natur waren und auf einen ungebremsten Einfluss Frankreichs zielten

Und ich stelle vehement in Abrede, dass die Kriege Bonapartes ein "neues und liberales Zeitalter beschworen"

Sie haben es nicht beschworen, sondern ermöglicht, was Napoleon vermutlich nie beabsichtigte.
 
Ich denke das mann das so und so sehen kann. Einerseitz hat er sicher einen großen Anteil an der heutigen Bildung des deutschen Reiches (Deutschland's) allerdings darf mann nicht außer acht lassen wie viel leid die deutschsprachigen Gebiete unter ihm (Napoleon) zu leiden hatten. Ich finde diese Frage ist wirklich schwer zu beantworten denn wie gesagt mann kann es aus zwei Blickwinkeln betrachten.
Gruß
Napoleon# 95
 
Zum Thema lohnt sich wohl die Napoleon-Biographie von Johannes Willms:
Napoleon: Eine Biographie: Amazon.de: Johannes Willms: Bücher

Wird von Fachleuten gelobt und ist auf dem aktuellen Stand der Forschung.

Im Sinne unserer Diskussion würde Willms wohl eher für "Zerstörer" plädieren. Er hält Napoleon im wesentlichen für einen Machtmenschen, der kein tragfähiges politisches Zielkonzept gehabt habe und daher strategisch gescheitert sei.
 
Eine großzügige Vorschau auf Willms Buch gibt es hier:

Napoleon: eine Biographie - Google Bücher

Schon die Kapitelüberschriften deuten auf eine kritische Auseinandersetzung hin.
Sehr interessant sind seine Ausführungen zu Napoleons Haltung nach Amiens (Seiten 352ff)

Grüße
excideuil
Schade finde ich, dass keine Angaben zu Künstlern und Entstehung der Abbildungen gemacht werden.

Die Kapitelüberschriften hingegen klingen wirklich vielversprechend.:)
 
Die Antwort ist recht einfach:
Da es Deutschland zu Zeiten Napoleons I. nicht gab, sondern einen kraftlosen Flickenteppich deutscher Nation (das ist durchaus nicht böse gemeint, sondern war einfach die Realität), kann Napoleon schon mal kaum der Zerstörer Deutschlands gewesen sein.
Es verschwanden lediglich einige Kleinstaaten zu Gunsten Größerer von der Landkarte (und es entstanden zwangsläufig mehr unzufriedene Duodezfürsten).

Auch nach 1815 gab es kein Deutschland, ja nicht mal eine einheitliche deutsche Identität.
Sachsen fühlten immer noch wie Sachsen, Preußen wie Preußen und Bayern wie Bayern. Noch 1866 kämpften deshalb Preußen bei Langensalza gegen Herzögliche - Hannoveraner und bei Königgrätz gegen Sachsen und Österreicher.
Die Legende, dass Napoleon Deutschland einte und die Deutschschwiemelei um die Lützower Jäger, welche unsere Nationalfarben erfanden und sich so motiviert zu eigen machten, ist deshalb ein Witz.

Insofern ist Napoleon weder Zerstörer noch Erschaffer Deutschlands und die Themenvorgabe nur ein künstliches Dilemma, an dem sich der Geschichtsunkundige abarbeiten oder fragwürdigen Legenden folgen soll.:cool:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Nun ja, die einheitliche deutsche Identität existierte vor Napoleon m.E. tatsächlich nicht, zumindest nicht in den großen deutschen Flächenstaaten .Nach Napoleon war das Bewußtsein einer gemeinsamen Identität in weiten Teilen der Bevölkerung da.Insofern kann man schon sagen,daß er als Vorbild wie als Gegenpart Wegbereiter des kommenden Nationalstaates gewesen ist. Ohne Napoleon wären weder die Einführung moderner Strukturen noch z.B. der Stein´schen Reformen denkbar.
Inwieweit er negativ oder positiv beurteilt wird ist dabei eine Frage der Zeitpunkt und der Geographie. bei den Großmächten,insbesondere Preußen war er wohl der Antichrist schlechthin, in den Mittelstaaten,besonders im Südwesten war sein Image dagegen wohl eher positiv besetzt, insbesondere da dort die von ihm angeordneten Reformen in Rechtswesen (Code Napoleon) und Verwaltung (Gewerbefreiheit) am besten griffen.


s
 
Napoleon I war weder Zerstörer noch Erschaffer Deutschlands. Natürlich hat Napoleon den Deutschen auch viel gutes gebracht, wie zum Beispiel den "Code Zivil". Aber ich habe eher den Eindruck, das die Deutschen unter der Besatzung der Franzosen gelitten haben. Wie oft gab es zum Beispiel Plünderungen, Vergewaltigungen und andere Ungerechtigkeiten. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, das Irgendjemand gerne unter einer fremden Herrschaft lebt. Diese Besatzung hat den Nationalstolz der Deutschen gewegt. Es gab zwar große Schichten in der Bevölkerung die von Nationalstolz nicht angesteckt wurden, dennoch war das sozusagen der Anfang für "Deutschland" gemacht.
 
Ich kann auch nach 1815 keine dauerhafte Tendenz zu einer deutschen Identität sehen.
Außer Acht gelassen wird m.M. nach auch in vielen Medien, in einer verwischenden Weise, mit welcher Rigorosität Preußen und Österreich nach 1815 gegen liberale und nationale Kräfte in ihren eigenen Ländern vorgingen.
Es lohnt sich hier, sich mit dem Thema der "Demagogenverfolgung" auseinander zu setzen.

Karlsbader Beschlüsse ? Wikipedia

Wäre eine nationale Bewegung in Preußen und anderen Ländern eine Massenbewegung gewesen, hätte man die Karlsbader Beschlüsse von 1819 erst gar nicht abschließen können oder wenigstens schneller kassiert.
So dauerte es aber bis 1848, dass diese Beschlüsse rechtsunwirksam wurden.
Zur Massenbewegung konnte daher der deutsche Nationalgedanke erst 1848 werden.
Da war Napoleon schon 27 Jahre tot und lag seit 8 Jahren wieder in Paris im Invalidendom begraben.
 
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