Napoleon und Hitler

Nun, ich bin auf dem Feld nicht sehr bewandert, aber so wie ich das gelesen habe, traten die alten Monarchien als erstes in Erscheinung. Den revolutionären Vorgänge in Frankreich wollten die nicht unbeteiligt zusehen.

Napoleon drehte den Spieß um.

Und ob Blücher z.B. eine neutrale Stadt als Schutzschild verwenden durfte, ist mir auch nicht ganz geläufig. Hier hätte ich gerne ein paar mehr Belege, wie sich Napoleons "Grausamkeit" von der Grausamkeit seiner Gegner unterschied.
 
Eine Meta-Diskussion zum Thema "Vergleichen" hatten wir schon einmal hier:
http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=6304

Und noch in diversen anderen Diskussionen, die zum Teil bereits im Keller des Forums vor sich hinstauben.

Auch die folgenden Worte sind schon das eine oder andere Mal zitiert worden:

manganite schrieb:
Es faellt mir immer wieder auf, dass die Worte "vergleichen" und "gleichsetzten" hier immer wieder gleichgesetzt werden. Vergleichen darf man alles miteinander, gleichsetzen jedoch nicht...

Aber das nur am Rande, weil dieses Missverstaendniss mir hier im Forum immer wieder auffaellt...
http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=71557&postcount=19

Ich hätte nicht übel Lust, die letzten neun Beiträge an einen geeigneteren Ort zu verschieben.
 
mhm also ich finde wir haben jetzt hier genug diskutiert ob man die beiden vergleichen kann oder ich nicht.
Es sind einige der Meinung, dass dies nicht geht da sie Hitlers Massentötungen der Juden und seine sonstigen Kriege nicht trennen können.
Daher mach ich jetzt den Vorschlag, dass sich alle die meinen man darf sie nicht vergleichen dies in einem eigenem Forum tun können.
Ich habe diese Diskussion angeregt um die beiden zu vergleichen nicht um sie nicht zu vergleichen.
Von daher bedanke ich mich bei allen die hier meiner Meinung sind und dies auch hier ganz deutlich sagen.

Nun aber mal wieder was zum Thema:
Ich habe gestern eine Klausur über das Thema "Napoleon - Tyran oder Revolutionär ?" geschrieben.
Im Laufe meiner Argumentation ist mir ein neuer Aspekt eingefallen.
War Napoleon nicht vor der Revolution ein sehr erfolgreicher Soldat in der Armee des Königs?
War er dann nicht sogar im Gefängnis weil er so königstreu war ?
Und ist er dann nicht in der Armee der Revolution zurückgekehrt um gegen Feinde, die die Revolution von aussen bedrohren zu kämpfen ?

Also ich gewinne dabei immer mehr denn Eindruck, das Napoleon die Revolution nur benutzt hat um an Macht und Einfluss zu gewinnen.
Dementsprechend habe ich dann auch in meiner Klausur geschreiben, dass er ein machtsüchtiger Tyran der die Ideen der Revolution nur benutzt hat um seine Feldzüge (und die damit verbundene Machterweiterung) zu rechtfertigen.

Was denkt ihr darüber ?
Habe ich dabei irgendetwas übersehen oder ist die Theorie haltbar?

Danke für eure Antworten
 
Heflo13 schrieb:
mhm also ich finde wir haben jetzt hier genug diskutiert ob man die beiden vergleichen kann oder ich nicht.
Es sind einige der Meinung, dass dies nicht geht da sie Hitlers Massentötungen der Juden und seine sonstigen Kriege nicht trennen können.
Daher mach ich jetzt den Vorschlag, dass sich alle die meinen man darf sie nicht vergleichen dies in einem eigenem Forum tun können.
Ich habe diese Diskussion angeregt um die beiden zu vergleichen nicht um sie nicht zu vergleichen.
Von daher bedanke ich mich bei allen die hier meiner Meinung sind und dies auch hier ganz deutlich sagen.

Nun aber mal wieder was zum Thema:
Ich habe gestern eine Klausur über das Thema "Napoleon - Tyran oder Revolutionär ?" geschrieben.
Im Laufe meiner Argumentation ist mir ein neuer Aspekt eingefallen.
War Napoleon nicht vor der Revolution ein sehr erfolgreicher Soldat in der Armee des Königs?
War er dann nicht sogar im Gefängnis weil er so königstreu war ?
Und ist er dann nicht in der Armee der Revolution zurückgekehrt um gegen Feinde, die die Revolution von aussen bedrohren zu kämpfen ?

Also ich gewinne dabei immer mehr denn Eindruck, das Napoleon die Revolution nur benutzt hat um an Macht und Einfluss zu gewinnen.
Dementsprechend habe ich dann auch in meiner Klausur geschreiben, dass er ein machtsüchtiger Tyran der die Ideen der Revolution nur benutzt hat um seine Feldzüge (und die damit verbundene Machterweiterung) zu rechtfertigen.

Was denkt ihr darüber ?
Habe ich dabei irgendetwas übersehen oder ist die Theorie haltbar?

Danke für eure Antworten

Ich sehe das so wie Du. Er hat ja auch in gänzlich unrevolutionärer Form sich zum Kaiser ernannt und seine Geschwister und Freunde auf die von ihm entleerten Thone gesetzt bzw. für sie neue geschaffen. Dabei hat er auch uralte Republiken wie Venedig oder Ragusa zerschlagen.

Nicht zuletzt vermählte er sich auch noch mit einer Prinzessin aus herrschendem Hause (verwandt mit Frankreichs letzter Königin) um seine Sippe nachträglich zu legitimieren.

Ihm ging es nur um Macht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bdaian schrieb:
Ich sehe das so wie Du. Er hat ja auch in gänzlich unrevolutionärer Form sich zum Kaiser ernannt und seine Geschwister und Freunde auf die von ihm entleerten Thone gesetzt bzw. für sie neue geschaffen. Dabei hat er auch uralte Republiken wie Venedig oder Ragusa zerschlagen.

Nicht zuletzt vermählte er sich auch noch mit einer Prinzessin aus herrschendem Hause (verwandt mit Frankreichs letzter Königin) um seine Sippe nachträglich zu legitimieren.

Ihm ging es nur um Macht.

Ragusa, Venezia: Dazu möcht ich anmerken, dass jene Republiken Adelsrepubliken waren.
Thronfolge: Ich sehe eigentlich weniger den Bezug zu Marie Antoinette. Die Heirat mit Marie-Luise von Habsburg-Lothringen war sozusagen sein Glanzpunkt nicht nur der Einheiratung in eines der höchsten europ. Herrschergeschlechter sondern der endgültigen Demütigung Österreichs, das nach den verlorenen Kriegen 1805/06 und dem traurigen Ende 1809 im Herzen der Monarchie (Wien, Schönbrunn) mit allerlei Ländern auch die Prinzessin Marie-Luise abtreten musste.
Dies war der Triupmph des kleinen Mannes aus korsischer Bürgerfamilie, der nicht die Regentschaft des Bürgertums, sondern Bürger unter die Kronen Europas brachte.

Napoleons Aufstieg sehe ich ähnlich wie ihr beiden.
Ich würde allerdings schreiben N. "hat das Vakuum in Folge der Terrorjahre optimal ausgenützt um sich als starker Mann und erfolgreicher General ins Triumvirat holen zu lassen (starker = rücksichtsloser Mann, der auch schon mal innere "Ruhe" brutal zu erzeugen verstand, indem er revolutionäre Demonstranten - die waren ja eigentlich urrevolutionäre Gegner der folgenden Konsoldierungsentwicklung hin zu einem wiederum strafferen Regime - in den Straßen von Paris niederkartätschen ließ).
Somit ist Napoleon nicht der Erfüller, sondern der Verräter an der Revolution.
Mich hat vor einigen Wochen nicht und sehr verwundert, dass dies im heutigen französischen Geschichtsunterricht ignoriert wird. Für die Franzosen relativiert der Code Civil die Untaten Napoleons. Ich weiß nciht mehr, wer das oben behauptet hat: die Koalitionskriege/Napoleon. Kriege waren eigentlich ein, nur von Erholungsmonaten immer wieder unterbrochener, Dauerkriegszustand.


Und um den Bogen zu Hitler zu spannen. Er ließ sich ebenso als "starker Mann" in den unruhigen Regierungsdauerwechseljahren zum Kanzler machen. Und so kam es zum Patt:
Ich weiß nicht mehr, wer das schrieb, aber ich finde diese Def. der Parteien trifft die Situation um 1933: Das konservative Lager ließ sich von den Nationalsozialisten das Programm diktieren und die Sozialisten diskutierten darüber, inwieweit sie das annehmen können.
Das Problem mit den Deutschen war halt, dass ihre revolutionäre Gesinnung und die sehr wohl vorhandene Feindschaft zu den braunen Horden nie zum aktiven Ausbruch kam, weil vor allem die Marxisten/ Kommunisten viel zu sehr mit Dialektik und theoretischen Plänen beschäftigt waren, anstatt es zu Auseinandersetzungen kommen zu lassen.
Da gibt es noch ein Zitat dazu: "Die Kommunisten sahen sich bei ihren Aktionen selber kritisch auf die Finger, ob sie denn alles nach ihrer Maxime richtig machten". Na, das lähmt natürlich.

Frei ausgelegte napoleonische Heiratspolitik Hitlers: Die Verbindung mit "höchsten Kreisen" zeigt sich auch schön darin, wieviele Adelige und Industriellensöhne in den "Orden der SS" aufgenommen wurden. "(Gutes) Blut ist dicker als Wasser" (Zitat Tejason): so dachten wohl Hitler wie auch Napoleon.
 
Zuletzt bearbeitet:
ah, quel coglione!

der vergleich napoleon-hitler, ums kurz zu sagen, verbietet sich.

napoleon jedenfalls hat keine fabriken zur industriellen tötung von menschen in auftrag gegeben und auch nicht die industrie eingeladen, sich an dieser "produktion" zu bereichern. punkt.

diese art von vergleich wird gerne von menschen gezogen, die händeringend versuchen, die verbrechen des "gröfaz" auf ein erträgliches mass zu reduzieren.

wenn ich schon den "gröfaz" ins spiel bringe - napoleon könnte diesen titel beanspruchen, er verstand wirklich etwas von seinem "beruf" - wie immer man diesen auch sehen mag - irgendwie war er so etwas wie der "jimi hendrix" des krieges, ständig zur freien improvisation fähig. der gröfaz war ein blutiger dilettant.

vielleicht erschließt sich der charakter napoleons aus einer kleinen szene: als er zusehen muss, daß louis xvi einen hut mit den farben der revolution aufsetzt, kommentiert er dies verächtlich mit dem spruch "ah, quel coglione" (was für ein a*****l***).
man sollte vielleicht bedenken, daß man geschichte nun einmal mit den augen der personen betrachten muss, die _damals_ gelebt haben - und damals gab's nun mal kein amnesty international, die revolution führte nicht etwa zur befreiung der sklaven und wer wie maon roland die rolle der frau in die verfassung schreiben wollte, landete unterm fallbeil. der größte schlächter der periode war ein tief gläubiger mensch ("kult des höchsten wesens") und ein ausgesprochener tugendbold - robespierre, dem alle nicht etwa folgten, weil sie angst vor ihm hatten - er wurde bewundert für seine tugendhaftigkeit.

also bitte - nicht ahistorisch denken und das verhalten napoleons mit den augen von heute verurteilen.

wenn wir schon ahistorisch denken möchten: ich stelle mir manchmal vor, er hätte sein ziel erreicht, dann hätte es vielleicht ein geeintes europa mit einer bürgerlichen gesetzgebung schon vor 200 jahren gegeben, es hätte vielleicht zwei weltkriege weniger gegeben und die landessprache der usa wäre heute französisch.

hätte, wäre, wenn ... da es nicht so war, müssen wir damit leben, daß die aristokratie noch 100 jahre länger die geschicke der welt bestimmten, und wir als ende der kette leider damit leben müssen, daß ein herr schickelgruber im namen unserer großeltern industrielle menschenvernichtung betrieben hat, der sich durch keinen vergleich minimieren läßt.
 
hinterwald schrieb:
der vergleich napoleon-hitler, ums kurz zu sagen, verbietet sich.

napoleon jedenfalls hat keine fabriken zur industriellen tötung von menschen in auftrag gegeben und auch nicht die industrie eingeladen, sich an dieser "produktion" zu bereichern. punkt.

diese art von vergleich wird gerne von menschen gezogen, die händeringend versuchen, die verbrechen des "gröfaz" auf ein erträgliches mass zu reduzieren.
Ich hoffe, du willst die Diskussionsteilnehmer nicht in diese Kategorie einsortieren. In diesem Vergleich wurde schon sehr früh als entscheidender Unterschied der durch das Naziregime durchgeführte Völkermord genannt. Darüber ob und was man vergleichen darf oder kann wurde schon genug diskutiert. Ich denke diese Metadiskussion können wir uns sparen.

kommentiert er dies verächtlich mit dem spruch "ah, quel coglione" (was für ein a*****l***).
Stellt das eingeklammerte die Übersetzung dar? Hier sind nämlich einige Mitglieder die des französischen nicht mächtig sind

die revolution führte nicht etwa zur befreiung der sklaven
Welche Sklaven sollte man den in frankreich befreien?
also bitte - nicht ahistorisch denken und das verhalten napoleons mit den augen von heute verurteilen.
Wo genau wurde hier in einer unangemessenen Art Napoleon mit den Augen von heute beurteilt

PS: Wieso kann deine Tastatur (oder Rechner oder...)keine Anführungstriche setzen?
 
Themi. Kannst du mir die Ausführungen von Hinterwald noch mal erklären? Ich glaube, ich habe da kein Wort verstanden. Ich bin wohl doch zu dumm.
 
Florian: Ich habe da auch nicht viel verstanden, nur, dass der neue Teilnehmer offensichtlich nicht die vorausgegangene Diskussion gelesen hat.

Was hat der "tugendhafte" Schlächter Robespierre mit unserem Thema zu tun?

Themistokles: Frankreich hatte Sklaven in der Karibik, die sehr wohl von der Revolution befreit wurden. Der "Freund der Menschenrechte" Napoleon versuchte sie jedoch wieder zu Sklaven zu machen, was sie sich auf Haiti zumindest nicht gefallen liessen.

Und "Coglione" ist italienisch und bedeutet soviel wie Blödmann oder A...loch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Themistokles schrieb:
Stellt das eingeklammerte die Übersetzung dar? Hier sind nämlich einige Mitglieder die des französischen nicht mächtig sind

Auf französisch heißt die entsprechende Körperöffnung "trou du cul" :rotwerd: :still:
 
Bdaian schrieb:
Themistokles: Frankreich hatte Sklaven in der Karibik, die sehr wohl von der Revolution befreit wurden. Der "Freund der Menschenrechte" Napoleon versuchte sie jedoch wieder zu Sklaven zu machen, was sie sich auf Haiti zumindest nicht gefallen liessen.

Und "Coglione" ist italienisch und bedeutet soviel wie Blödmann oder A...loch.

Danke für die Vorwegnahme, Bdaian.

Napoleon und Toussaint Louverture: wie er dann mit diesem Freiheitshelden umging, so nahm er sein eigenes Schicksal auf St. Helena vorweg, denk ich ...

Schöner Aufsatz: http://www.louverture.ch/fortdejoux/saitentext.html

Themi, ich bin stolz auf Deine Signatur (trefflich übersetzt) und.... dürfen wir nun weiter-denken? ;)
 
Themistokles schrieb:
Ich hoffe, du willst die Diskussionsteilnehmer nicht in diese Kategorie einsortieren.
ich hatte nicht den eindruck, jemanden einsortieren zu müssen, eher das thema als solches. meine bemerkung diente der vorbeugung.

Themistokles schrieb:
... der durch das Naziregime durchgeführte Völkermord ..
ich will nicht allzu pingelig erscheinen, aber mir ist dieser begriff schlicht zu vage. die spanier haben völker in südamerika ausgerottet, die hutu die tutsi ... das subsummiert man heute ja unter "ethnic cleansing". wenn wir über das ns-system reden, sollten wir uns immer vor augen halten, daß wir es hier - und das macht ja den einmaligen charakter aus - mit einer industriell organisierten vernichtung politischer und religiöser gegner zu tun haben.

und - noch pingeliger - judentum ist nicht "volk", geschweige denn rasse. herr bubis, der frühere vorsitzende des zentralrates der deutschen juden, hätte an dieser stelle eingeflochten, wie seltsam es ist, von gebildeten menschen für seinen einsatz für "sein volk" gelobt zu werden. er pflegte an der stelle zu antworten, er sei deutscher ... man ist nicht automatisch israli, wenn man jude ist, so wenig wie man automatisch als italiener katholik ist.

genug rumgepingelt. ;-)

Themistokles schrieb:
Stellt das eingeklammerte die Übersetzung dar?
ich denke, es ist ein drollige mixtur aus italienisch und französisch. "coglione" scheint heute noch gebräuchlich für "blöder sack", es war also frei übersetzt.

Themistokles schrieb:
Welche Sklaven sollte man den in frankreich befreien?
frankreich war zu dieser zeit kolonialmacht, haiti zb. - dort arbeiteten zb. eine menge sklaven für französische plantagenbesitzer, denen die menschenrechte, die sich die revolution auf die fahnen geschrieben hatte, verweigert wurden.

Themistokles schrieb:
Wo genau wurde hier in einer unangemessenen Art Napoleon mit den Augen von heute beurteilt
es gab ja zunächst eine diskussion über kriegerische aktivitäten als solche und wie sie zu beurteilen sind. dann folgte eine auflistung der untaten, die napoleon [zu recht] zugeordnet werden. sich darüber heute zu empören ist wohlfeil und dient nicht dem verständnis der vorgänge und der zeit. alle parteien des konflikts wateten im blut, ein menschenleben galt bis 1945 nicht unbedingt als schützenswert.

unser heutiges wertesystem auf historische vorgänge anzuwenden - so habe ich teile der diskussion jedenfalls verstanden - hilft uns nicht, geschichte zu verstehen. dazu muss man zunächst einmal akzeptieren, daß zu anderen zeiten andere werte galten. auch wenn wir die dinge heute anders sehen.

wenn man sich heute die kriegsbegeisterung 1914 vor augen hält, fasst man sich natürlich an den kopf - nur, damals waren junge männer eben "so drauf". um das verstehen zu können, muss man das zunächst einmal als teil einer zeitblase akzeptieren. in hundert jahren wird man wahrscheinlich über klingeltöne und shootergames den kopf schütteln ...

Themistokles schrieb:
PS: Wieso kann deine Tastatur (oder Rechner oder...)keine Anführungstriche setzen?
ich übe noch ;-)
 
hinterwald schrieb:
wenn man sich heute die kriegsbegeisterung 1914 vor augen hält, fasst man sich natürlich an den kopf - nur, damals waren junge männer eben "so drauf". um das verstehen zu können, muss man das zunächst einmal als teil einer zeitblase akzeptieren. in hundert jahren wird man wahrscheinlich über klingeltöne und shootergames den kopf schütteln ...

Oder man nimmt die Ergebnisse der Forschung wahr:

http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=116255&postcount=1
 
hinterwald schrieb:
ich übe noch ;-)

;-) ... und hier übt man sich in einem Vergleich, der sich nicht verbietet, sondern im Falle Napoleons wie Hitlers aufdrängt: welche Strukturen, Umstände ermöglichten ihren Aufstieg und ihre Machtentfaltung. Das hast du ausgeklammert und darauf beschränkt man sich hier zusehends. (-gerne könnte man da auch noch ein, zwei andere herausragende, aus republikan.-revolutionärem- "Stillstands- Vakuum" aufgestiegene Diktatoren vergleichend anführen, ich denke zB. an Gaius Julius, später Caesar)

Der "Stillstand" einer revolutionären Bewegung ist hier der springende Punkt. Revolution und ihre noch anhaltende (nötig erscheinende) Stimmung verbietet ein Versickern. Napoleon wie Hitler sind nicht von ungefähr aus ähnlichen gesellschaftl. Stimmungen emporgeschwappt worden, wie mir scheint. Und diese dürfen wir doch untersuchen. Wir sollten es auch, um mehr und mehr den Charakter - z.B. eines industriell-mordenden Menschenverachters - für seine Untaten freigespielt zu sehen!

Zum "Kriegsgenie-Vergleich" - (noch einmal: wir vergleichen und stellen nicht gleich!) zumal hier in personam Ratio (N.) gegen Emotio (H.) steht.
Napoleon war Soldat (aus dem letzten Drittel von 1700), pragmatisch, nicht aus Erlöser-Sendungsbewusstsein agierend, sondern weil militärische (damals gleich politische) Erfolge ihm Lohn zustehen ließen (neu: bis zur Kaiserkrone).
Er war dadurch taktisch und strategisch einfach ein ganz anderer, ja, ein viel klügerer, zudem ein positiv arroganter (d.h. humorvoll-sarkastischer und nicht gehässig-sakrastischer, ergo schnell zur Zynik neigender wie Hitler) und v. a. ideologisch temperierter Kopf. Er war in diesem Sinne auch Verhandler und Politiker, aber mit einer gänzlich anderen histor. Situation in der man noch wunderbar mit den vielen feudalen Figuren - auf dem Schachbrett der europ. Revolutionsbewunderung für Frankreich! - herumspielen konnte. (Vertrau manchen hier Anwesenden, die wissen sehr wohl dass hier das Ende des Rokoko und der Bel Epoque gegenüberstehen UND -jetzt noch komplizierter - in Deutschland sehe ich die Jahrhundertwende als Ende deutschen Rokokos! - UND mit Russland anno 1939 bietet sich ein endgültiger - dies leider wie immer auch dazumals nur militärisch nachweisbarer- Sieger ihrer (verspäteten jakobinischen) Revolution an!)

-
Abgetrennt sekundär:
Hier noch für die im Militärischen ansetzenden, auf das ihr mich "zernepft" - anzumerken ist, dass ich den Vergelcih nicht ernsthaft wagen würde und nur die gerne historisch plakativ gleichgestellten und dennoch gleichen Kriegs-Landschaften (Russland, Ägypten) gerne besser kennelernen würde:
In den ersten Kriegsjahren (Polen, Frankreich, "schneller Schachzug" Norwegen) wurde Hitler seinerzeit (auch bei "Gegnern" oder die es noch zu werden gedachten) sogar mit Napoleon verglichen - natürlich wieder plakativ. Sein Anteil an den Planungen war anfangs doch (?) noch nicht so dominant wie nach den Erfolgen bis 1941/42). Den französischen Kriegsschauplatz d. 1. WKs kannte er persönlich, ich erinnere mich an Berichte, wie kritisch er sich mit all den Aufmarsch- und Stoßbewegungen seit Moltke und Schliefen beschäftigte. Aber da bin ich nicht der allzu genaue Kenner.

Und das ist sicher auch gewagt, da ich mich nicht zu den versierten Militärhistorikern hier zählen darf: in Afrika scheiterte auch Hitler und Yugoslawien sehe ich als sein "napoleonisches Spanien". Von Russland ganz zu schweigen.
Aber da müsste man schon an Karl XII denken ... oder überhaupt ... ;)

In und mit Russland hat sich dann recht deutlich der, des Verlierens oder Zurückziehens unfähige Schickelgruber entpuppt, der "Sendungsbewusste", der beim Fehlschlag Fatalismus und Inferno, also Selbst-Vernichtung und nicht das Weiterleben, Arrangieren kannte und in aller Machtfülle, Sturheit und (sic) grenzenloser (auch: Unter-)Menschenverachtung sein Ding auf aller Kosten durchzog.

Also: dies ist eine hohe psychologische Aufgabe hier, warum dürfen wir das nicht? Oder denkst du nun anders und steigst gar ein? ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Machtstrukturen beim Machtantritt Hitlers und Napoleons können unterschiedlicher nicht sein. Frankreich hatte die wesentlichen Revolutionskriege gewonnen, sein Staatsgebiet 1795 bis zum Rhein vorgeschoben und auch Oberitalien besetzt. In dieser win-win-Situation entriss Napoleon die Macht einer unfähigen Regierung, die nur 5 Jahre – von 1795 bis 1799 – im Amt war: dem Direktorium.

Vergleicht man damit das Deutschland von 1933, so ist der wesentlichste Aspekt, dass es im Gegensatz zu Frankreich einen großen Krieg verloren hatte und die Bevölkerung von Wirtschaftskrisen und Orientierungslosigkeit traumatisiert war, und die Weimarer Republik dieser Erblast letztlich nicht gewachsen war. Hier also eine Looser-Position im Vergleich zur komfortablen Siegerposition der jungen französischen Republik.

Die einzige Parallele könnte man in einem gewissen Machtvakuum sehen, das sowohl das Ende der Weimarer Republik als auch das Direktorium kennzeichnete. Die Staatsorgane funktionierten nicht mehr zufriedenstellend und es zeichnete sich eine gewisse Lähmung ab. Viel bestimmender sind freilich die Ursachen für die jeweis desolate Regierung, und die lagen im Deutschen Reich von 1933 viel tiefer.

Insofern war der Aufstieg Napoleons nur einem Machtvakuum geschuldet, während der Aufstieg Hiltlers primär die Folge des verlorenen Weltkriegs war.
 
hinterwald schrieb:
und das macht ja den einmaligen charakter aus - mit einer industriell organisierten vernichtung politischer und religiöser gegner zu tun haben.

und - noch pingeliger - judentum ist nicht "volk", geschweige denn rasse. herr bubis, der frühere vorsitzende des zentralrates der deutschen juden, hätte an dieser stelle eingeflochten, wie seltsam es ist, von gebildeten menschen für seinen einsatz für "sein volk" gelobt zu werden. er pflegte an der stelle zu antworten, er sei deutscher ... man ist nicht automatisch israli, wenn man jude ist, so wenig wie man automatisch als italiener katholik ist.

genug rumgepingelt. ;-)
Religion und politische Einstellung der Juden, war den Nazis mWn. egal. Eine Taufe oder Nationalismus halfen nicht weiter. Die Nazis betrachten sie als Rasse oder Volk. Ihr Ziel war es also ein Volk auszurotten und damit ist die entscheidende vorraussetzung für die Begriffswahl Völkermord gegeben. Über das Verständnis der Juden als Volk oder Religionsgemeinschaft ist hier auch irgendwo ein Thread. Wir brauchen also hier nicht offtopic zu werden.

PS @Mod: ich wäre daher prinzipiell mit einer Verschiebung dises Beitrages einverstanden, wenn es als angebracht erachtet wird.
 
hinterwald schrieb:
...ich will nicht allzu pingelig erscheinen, aber mir ist dieser begriff schlicht zu vage. die spanier haben völker in südamerika ausgerottet, die hutu die tutsi ... das subsummiert man heute ja unter "ethnic cleansing". wenn wir über das ns-system reden, sollten wir uns immer vor augen halten, daß wir es hier - und das macht ja den einmaligen charakter aus - mit einer industriell organisierten vernichtung politischer und religiöser gegner zu tun haben.

Der Begriff "Völkermord" ist überhaupt nicht vage, ebensowenig wie sein lateinisch-griechischer Äquivalent Genozid.

Ethnic-Cleansing bedeutet auch nicht dasselbe, da es dabei oft "nur" um die Vertreibung des anderartigen geht und nicht notwendigerweise um dessen Auslöschung wie es im Falle der Armenier oder Tutsi das Ziel war, zwei Völkermorde die in Ihrer "Effizienz" und Radikalität sehr wohl mit dem des dritten Reiches vergleichbar sind.

Ich habe eher den Eindruck, Du relativierts solche Verbrechen um den Holocaust noch mehr hervorzuheben. Dieses permanente Gefasel von der "Einzigartigkeit" ist nichts al Betroffenheitstheater (und hier vollkomen off topic) .
Tutsi und Armeniern dürfte es ziemlich egal sein ob sie industriell oder handwerklich umgebracht worden sind.

hinterwald schrieb:
und - noch pingeliger - judentum ist nicht "volk", geschweige denn rasse. herr bubis, der frühere vorsitzende des zentralrates der deutschen juden, hätte an dieser stelle eingeflochten, wie seltsam es ist, von gebildeten menschen für seinen einsatz für "sein volk" gelobt zu werden. er pflegte an der stelle zu antworten, er sei deutscher ... man ist nicht automatisch israli, wenn man jude ist, so wenig wie man automatisch als italiener katholik ist.

....
Nur kriegt jeder Jude der nach Israel einreist automatisch die israelische Staatsangehörigkeit, auch wenn er nicht will (so einem Freund passiert!) was in Italien mit eingewanderten Katholiken nicht gerade der Fall ist.

Herr Bubis dürfte mit seiner Ansicht auch ziemlich einsam dargestanden haben, "bnei jisrael", die Eigenbezeichnung der jüdischen Gemeinschaft heisst nichts anderes als "Volk Israels".

Ich plädiere auch für eine Verlegung dieser Beiträge.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was mich schon immer interessiert hat, aber aus geschichtsphilosophischen Aspekten trotz vieler Spekulationen unbeantwortet bleiben wird ist die Frage, wie hätten ein Caesar, ein Napoleon usw. an Hitlers Stelle und andersherum wie hätte ein Hitler an deren Stelle zu deren Zeit gehandelt?
 
Dieter schrieb:
Die Machtstrukturen beim Machtantritt Hitlers und Napoleons können unterschiedlicher nicht sein. Frankreich hatte die wesentlichen Revolutionskriege gewonnen, sein Staatsgebiet 1795 bis zum Rhein vorgeschoben und auch Oberitalien besetzt. In dieser win-win-Situation entriss Napoleon die Macht einer unfähigen Regierung, die nur 5 Jahre – von 1795 bis 1799 – im Amt war: dem Direktorium.

Vergleicht man damit das Deutschland von 1933, so ist der wesentlichste Aspekt, dass es im Gegensatz zu Frankreich einen großen Krieg verloren hatte und die Bevölkerung von Wirtschaftskrisen und Orientierungslosigkeit traumatisiert war, und die Weimarer Republik dieser Erblast letztlich nicht gewachsen war. Hier also eine Looser-Position im Vergleich zur komfortablen Siegerposition der jungen französischen Republik.

Die einzige Parallele könnte man in einem gewissen Machtvakuum sehen, das sowohl das Ende der Weimarer Republik als auch das Direktorium kennzeichnete. Die Staatsorgane funktionierten nicht mehr zufriedenstellend und es zeichnete sich eine gewisse Lähmung ab. Viel bestimmender sind freilich die Ursachen für die jeweis desolate Regierung, und die lagen im Deutschen Reich von 1933 viel tiefer.

Insofern war der Aufstieg Napoleons nur einem Machtvakuum geschuldet, während der Aufstieg Hiltlers primär die Folge des verlorenen Weltkriegs war.

Lieber Dieter, das klingt recht plausibel, zugegben, aber so sehr ich Deinen Blick auf histor. Situationen oft schätze, hier bin ich nicht Deiner Meinung, weil eben genau diese Einschätzung die oberflächliche ist, die wir gelehrt bekamen. In die Tiefe gehend, offenbart sich eine andere Situation für 1799:

Die Situation innen drinnen in den revoltionären französischen Herzen war eigentlich nicht gelähmt, sondern voller Spannung und gefüllt mit lähmender Enttäuschung, und die Kriegserfolge waren keineswegs gesichert, als die Thermidorianer 1794 die Jakobiner um Robespierre schafottierten und die Situation der (rein bürgerlichen! also besitzbürgerlichen!!) Errungenschaften von 1789 wieder herstellten. Aber, wie schon 1792, sollte der Krieg nach aussen die Stellung der nach innen waltenden retten. Oberflächlich retten.

Die Situation für das Volk war unsicherer denn je, steigende Inflation durch freien Handel (Aufhebung der Wirtschaftslenkung), Teuerung und Hunger sah das Volk in schlimmeren Umstände als noch vor 1789! Und es musste das Schrecklichste erleben: dass Unruhen und Aufbeghren nun grundsätzlich mit Waffengewalt niederkartätscht wurde! Man kann die Situation unter dem Direkterium bis zum Staatsstreich Napoleons am 18.Brumaire 1799 diesbezüglich durchaus mit der Depression der Jahre 30-33 vor Hitlers Machtantritt vergleichen.

(Und diese fließende Unterminierung hat bereits die Regentschaft Robespierres vorbereitet und begünstigt, zumal er die Sansculotten, welche der Bergpartei den Volksrückhalt boten und zur macht verhalfen, zunemhemd ingnorierte, ihre Rechte beschnitt, ja, beleidigenderweise das einzige für die Sansculotten wichtige Gesetz des "Höchstpreises", der Preisobergrenze für Brot, bei Zuwiderhandlen nicht ahndete, dies nur inbetween, erinnert aber sehr an die Einsparungen bei Arbeitslosen und Sozialunterstützungen unter Notverordnungs-Brüning)

Also, die innere Situation Frankreichs stellt sich so anders dar - und wirtschaftlich so übel, wie anno 1930 in der auch jungen Weimarer Republik.
Die außenpolitische sehe ich nicht so glatt und win-win, wie du schreibst, sie zwang im Gegenteil zum Immer-weiter-marschieren. Ein Krieg, der Krieg und immer neue gg. Frankreich Koalitionen gebar, mit England den ausdauerndsten und zielgerichtetsten Kriegsgegner herausforderte - dass Frankreich täglich Schaden zufügte, durch Wirtschaftsblockade und intensivster Schürung der royalistischen Unterminierungsarbeit in Frankreich. Ein Krieg, der insgesamt notwendig war, um die Motivation der Bourgoisie innen hochzuhalten, damit diese das Volk niederhalten. Und den Napoleon in diesem Sinne fortführte bis Waterloo.

Kurz noch mal:
- 1794-99 innen: Kreditlosigkeit des Staates (1929-1934?), Erstarken der Royalisten (sic! Regierungen Papen, Brüning), Niederhalten des Volkes

- wettgemacht bzw. am Dampfen gehalten durch außen: Napoleon in Italien, Campo Formio, ein zweifelhafter Siegfrieden '97, der schon '98 die Koalition um Russland verstärkt dastehen ließ. '99 Desaster in Ägypten, England hält Frankreich im Würgegriff, Napoleon muss geradezu die Macht ergreifen, und der europ. Kontinet wird zum einzig offenen Meer für die notwendigen wirtschaftlichen Raubzüge ...

Dieter, viell. können wir unsere Bögen verbinden... ;-)
 
Deine außenpolitische Beurteilung, lieber ning, kann ich nicht ganz teilen. Nach seinen großen territorialen Gewinnen war Frankreich 1797 ganz im Gegensatz zum Deutschland des Jahres 1933 "saturiert": es hatte alle Gebiete links des Rheins annektiert, dazu Belgien und die Lombardei, was der Friede von Campo Formio mit Kaiser Franz II. bestätigte.

Zu diesem Zeitpunkt gab es keine weiteren Kriegsschauplätze und es herrschte Friede in Europa. Frankreich war damit bereits 1797 zur europäischen Supermacht aufgestiegen und ich sehe keine Veranlassung anzunehmen, es müsste nun zwangsläufig immer weitere Kriege führen. Es konnte sich im Gegenteil auf seinen Lorbeeren ausruhen, zumal das neue Besitzbürgertum, das die Macht ergriffen hatte, den angrenzenden Staaten gewiss weniger furchterregend als vormals die Sansculotten und Revolutionäre erschien. Hier sehe ich also einen gewaltigen Unterschied zur außenpolitischen Lage des deutschen Reichs, das weite Gebiete verloren und immense Reparationen zu zahlen hatte. Eine "Supermacht" wie Frankreich war es zu diesem zeitpunkt 1933 gewiss nicht.

Innenpolitisch gab es in Frankreich lediglich kleine politische Gruppen aus der gehobenen Schicht, die um die Macht kämpften, wobei sich schließlich Napoleon und seine Anhänger durchsetzten. Im Deutschland von 1933 hingegen gab es eine nationalsozialistische Massenbewegung, die Millionen Menschen erfasst hatte, und die Hitler schließlich mit 43,9% in den Reichstag wählten. Diese beiden Situationen absolut unvergleichbar.
 
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