Neutrale Länder im 2. Weltkrieg

G

ghfghwer

Gast
Hallo an alle,
ich bin kein Schüler, frage aus Neugier:

Meine Frage lautet: Weshalb griff das Nationalsozialistische Deutschland Länder wie die Schweiz, Schweden und die Türkei nicht an?

Soweit ich weiss gab es bei diesen neutralen LÄndern Nichtangriffspakte und auch Handelsabkommen. Aber wie wurde man zu solch einem Land und warum ausgerechnet diese?
Besonders interessiert mich das Beispiel Schweiz. Sie ist mitten in Europa und militärisch sicherlich keine Großmacht gewesen. Wie konnte sie solch einen Vertrag bewerkstelligen, sonst hätten es sicherlich doch auch andere LÄnder so gemacht?

Danke im Voraus für die Antwort!
 
Abkommen haben Hitler nicht interessiert, wenn die Verhältnisse günstig lagen.

Bei allen drei Ländern, die während des Weltkrieges in wichtigen Lieferbeziehungen zum Dritten Reich standen, gab es entweder konkrete Planungen oder zumindest Überlegungen zur Besetzung. Am weitesten war das bei der Schweiz gebracht worden, für die ein Einmarschplan bestand, der aber durch die Kriegsentwicklung nicht realisiert wurde.
 
Diese 3 Länder wäre aufgrund ihre Lage und Topographie eine harte Nuss gewesen. Und warum sollte man sie besetzen, man bekam doch ohnehin geliefert, was die Industrie von dort brauchte. Waffenschmieden wie Oerlikon machten glänzende Geschäfte mit allen Kriegsparteien und die schwedischen Erzlieferungen waren essentiell für das 3. Reich.
Außerdem sah man es als nützlich an, noch ein paar diplomatische Kanäle offen zu halten.
 
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Außerdem sah man es als nützlich an, noch ein paar diplomatische Kanäle offen zu halten.

Das galt sicher für die Zeit des Krieges. Bereits vor dem Westfeldzug äußerte sich Hitler zur Schweiz (und Belgien), Ende 1939 vor Gauleitern, dass mit diesem Krieg eine Eingliederung in das Großdeutsche Reich erfolgen würde.

Die detaillierte Feldzugplanung für die Schweiz hat Ritter von Leeb während seines Sommerurlaubs nach dem Frankreichfeldzug ausgearbeitet (siehe Tagebuch).
 
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Diese 3 Länder wäre aufgrund ihre Lage und Topographie eine harte Nuss gewesen. Und warum sollte man sie besetzen, man bekam doch ohnehin geliefert, was die Industrie von dort brauchte. Waffenschmieden wie Oerlikon machten glänzende Geschäfte mit allen Kriegsparteien und die schwedischen Erzlieferungen waren essentiell für das 3. Reich.
Außerdem sah man es als nützlich an, noch ein paar diplomatische Kanäle offen zu halten.

Und um sich die schwedischen Erzlieferungen zu sichern, musste man nicht Schweden, sondern Dänemark und Norwegen besetzen: Die Ostsee war im Winter schon mal zugefroren und der Transport des Erzes lief dann über den Hafen Narvik, welcher aufgrund des Golfstromes eisfrei war.
 
Und um sich die schwedischen Erzlieferungen zu sichern, musste man nicht Schweden, sondern Dänemark und Norwegen besetzen: Die Ostsee war im Winter schon mal zugefroren und der Transport des Erzes lief dann über den Hafen Narvik, welcher aufgrund des Golfstromes eisfrei war.

So ganz einleuchtend ist das nicht: Warum sich nicht gleich der Quelle anstatt des eisfreien Hafens eines Drittlandes bemæchtigen? Die Erzlieferung hætte doch auch ueber Schweden - Dænemark sichergestellt werden kønnen (Vogelfluglinie).
Zwischen Helsingør und Helsingborg ist's glaub ich fast immer eisfrei, oder wenigstens leicht(er) offenzuhalten als die restliche Ostsee.

Und sicherlich weniger riskant als per Schiff die norwegische Kueste entlang.

Lag es evtl. an der militærischen Durchfuehrbarkeit einer Besetzung?
Der Angriff auf Norwegen war sicher auch schon mit hohem Risiko behaftet und wohl nur aufgrund eines gewissen Ueberraschungseffektes møglich, die Schweden hætten es den Deutschen evtl. schwerer machen kønnen?

Gruss, muheijo
 
Spätestens mit dem Beginn des Vernichtungsfeldzuges gegen die Sowjetunion stand eine militärische Besetzung Schwedens nicht mehr zur Disposition, Dafür fehlten schlicht die Kräfte, denn so ganz ohne war die schwedische Armee auch nicht.
 
Und um sich die schwedischen Erzlieferungen zu sichern, musste man nicht Schweden, sondern Dänemark und Norwegen besetzen: Die Ostsee war im Winter schon mal zugefroren und der Transport des Erzes lief dann über den Hafen Narvik, welcher aufgrund des Golfstromes eisfrei war.


Nun ja, sicher gehörte auch der gute Wille der schwedischen Regierung dazu, denn das Interesse gegen Schweden vor dem 22.Juni 1941 war auch nicht gerade sonderlich stark ausgeprägt.
 
So ganz einleuchtend ist das nicht: Warum sich nicht gleich der Quelle anstatt des eisfreien Hafens eines Drittlandes bemæchtigen? Die Erzlieferung hætte doch auch ueber Schweden - Dænemark sichergestellt werden kønnen (Vogelfluglinie).

Schweden war zwar ein offiziell neutrales Land, arbeitete aber mit dem Deutschen Reich zusammen, während es Engländer, Franzosen und Norweger düpierte: Deutsche Militärs durften durch Schweden reisen, britische und französische nicht. Schweden hatte ein Interesse am Handel mit Dtld. und Dtld. hatte ein Interesse am schwedischen Erz. Narvik war von den Erzlagerstätten in Kiruna sehr viel besser zur erreichen, als andere Orte, und nichts ist so preiswert, wie Transporte per Schiff: bei wenig Aufwand lässt sich sehr viel Masse transportieren. Die Ostsee war dagegen teilweise bis zu 120 Tage im Jahr zugefroren (im Bottenwiek), 120 Tage, in denen kein Schiffsverkehr möglich war.
Da in der nationalsozialistischen Rassetheorie die Skandinavier, insbesondere die Norweger, Dänen und Schweden als "Nordgermanen" mit zur "arischen Herrenrasse" gezählt wurden, wurde der Krieg hier aus reiner militärischer Notwendigkeit geführt, nicht wie anderswo aus absurden ideologischen Erwägungen. Mit Schweden Krieg zu führen wurde als nicht notwendig erachtet, Dänemark ließ sich kampflos besetzen und in Norwegen galt es den Engländern zuvor zu kommen, die Dtld. nach dem Überfall auf Polen den Krieg erklären mussten.
 
Das galt sicher für die Zeit des Krieges. Bereits vor dem Westfeldzug äußerte sich Hitler zur Schweiz (und Belgien), Ende 1939 vor Gauleitern, dass mit diesem Krieg eine Eingliederung in das Großdeutsche Reich erfolgen würde.

In Davos war die Hochburg der Nazis und deren Freunde in der Schweiz. Es gab da durchaus Pläne die Schweiz von innen her aufzulösen, sobald die Wehrmacht die Schweiz angegriffen hätte. Man hat nach dem Krieg ein nicht ganz bescheidenes Waffenlager in Davos sichergestellt.

Davos war nicht nur die Hochburg der Nazis in der Schweiz. Es gab dort auch eine sehr grosse jüdische Gemeinde.


Die detaillierte Feldzugplanung für die Schweiz hat Ritter von Leeb während seines Sommerurlaubs nach dem Frankreichfeldzug ausgearbeitet (siehe Tagebuch).

Dazu:

Klaus Urner
"Die Schweiz muss noch geschluckt werden!"
Hitlers Aktionspläne gegen die Schweiz
Pendo Verlag 1998

Im Buch findet man neben den Karten aus dem Jahr 1940 auch Quellen, unter anderem eine Vortragsnotiz über den Angriff gegen Schweiz vom 25.6.1940.

Kurz aus dem Vorwort des Buches:

(...) Begonnen hat sie im Juni 1940, als Deutschland und Italien kurz vor der Kapitulation Frankreichs versuchten, mit einer handstreichartigen Abschnürungsaktion auch die Schweiz vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen. Deren Verlauf und nach dem Scheitern die dramatische Zuspitzung im Führerhauptquartier, die rasche Heranführung der 12. Armee mit 9 Divisionen an die Schweizer Westgrenze und die Vorbereitung für die Sonderaufgabe sind durch die hier dargelegten Forschungsergebnisse erstmals offen gelegt worden. Wie sich herausstellt, handelt es sich bei den gegen die Schweiz gerichteten deutschen Operationsentwürfen vom Sommer/Herbst 1940 nicht um die vermeintlichen fiktiven Präventivplanungen unterbeschäftigter Stäbe, sondern um fortlaufend revidierte Angriffskonzepte, jeweils abgestimmt auf die verfügbaren Truppen. (...)
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Schweiz war doch noch bis in die Gegenwart mit Bunkern und Geschützstellungen an strategischen Stellen ziemlich dicht bebaut, für motorisierte Truppen ist das Land auch nicht gerade optimal. Ein Einmarsch hätte auch in einem langwierigen Abnutzungskrieg enden können, ähnlich wie 1915-1918 im Hochgebirge zwischen Italien und Österreich-Ungarn. Wenn Hitlers Chefstrategen letztendlich die Finger von so einem Vorhaben ließen, handelten sie ausnahmsweise mal vernünftig.
http://www.festung-schweiz.ch/
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Schweiz war doch noch bis in die Gegenwart mit Bunkern und Geschützstellungen an strategischen Stellen ziemlich dicht bebaut, für motorisierte Truppen ist das Land auch nicht gerade optimal. Ein Einmarsch hätte auch in einem langwierigen Abnutzungskrieg enden können, ähnlich wie 1915-1918 im Hochgebirge zwischen Italien und Österreich-Ungarn. Wenn Hitlers Chefstrategen letztendlich die Finger von so einem Vorhaben ließen, handelten sie ausnahmsweise mal vernünftig.

Die Bunkeranlagen wurden im laufe des Krieges gebaut.

Der Zeitpunkt ist entscheident. 1939 wäre es wohl leichter gewesen, als 1941.
 
Ein Einmarsch hätte auch in einem langwierigen Abnutzungskrieg enden können, ähnlich wie 1915-1918 im Hochgebirge zwischen Italien und Österreich-Ungarn. Wenn Hitlers Chefstrategen letztendlich die Finger von so einem Vorhaben ließen, handelten sie ausnahmsweise mal vernünftig.
http://www.festung-schweiz.ch/

Wære es wirklich so schwierig geworden?
Wenn ich mir z.B. die landschaftlichen und klimatischen Bedingungen in Norwegen anschaue, war das auch nicht gerade einladend.

Waren die Schweizer tatsæchlich besser vorbereitet und auch Willens, einen solchen Krieg dann mit allen Konsequenzen (Repressalien gegenueber der Bevølkerung z.B.) zu fuehren?

Gab es eigentlich -von welcher Seite auch immer- Teilungsplæne? Also "dt." Kantone an das dt. Reich angliedern, "ital." Kantone an Italien, oder sollte die Schweiz komplett deutsch werden?

Gruss, muheijo
 
So ganz einleuchtend ist das nicht: Warum sich nicht gleich der Quelle anstatt des eisfreien Hafens eines Drittlandes bemæchtigen? Die Erzlieferung hætte doch auch ueber Schweden - Dænemark sichergestellt werden kønnen (Vogelfluglinie).
Zwischen Helsingør und Helsingborg ist's glaub ich fast immer eisfrei, oder wenigstens leicht(er) offenzuhalten als die restliche Ostsee.

Und sicherlich weniger riskant als per Schiff die norwegische Kueste entlang.

Lag es evtl. an der militærischen Durchfuehrbarkeit einer Besetzung?
Der Angriff auf Norwegen war sicher auch schon mit hohem Risiko behaftet und wohl nur aufgrund eines gewissen Ueberraschungseffektes møglich, die Schweden hætten es den Deutschen evtl. schwerer machen kønnen?

Gruss, muheijo


Der Bottnische Meerbusen ist fast jeden Winter zugefroren. Deshalb geht die Erzbahn bis heute von Kiruna nach Narvik

Abgesehen davon:
die britische Besetzung von Norwegen lief ja zeitgleich ab.
 
Fast. Die königliche Garde von Schloss Amalienborg (Das ist die Operettentruppe mit den Pelzmützen.) schoss 1940 doch tatsächlich zunächst auf die Invasoren und hatte Opfer zu beklagen.

Vøllig OT:

Die "Operettentruppe" ist auch heute noch "auf Zack": Wæhrend die norweg. Amtskollegen beim unangemeldeten Probealarm sich auf der Toilette verstecken oder schlicht stiften gehen (so vor einigen Wochen im Radio berichtet), und die engl. Garde den Mythos hat, stets unbeweglich am Wachhæuschen zu stehen, so durfte ich bei den Dænen mitansehen, wie einer meiner Pfadis sich fast zu Tode erschreckte als einer dieser vermeintlich auch "Unbeweglichen" pløtzlich auf ihn zustuermte, weil er keckerweise eine Absperrungskette ueberkletterte. =)

OT Ende.

Gruss, muheijo
 
Waren die Schweizer tatsæchlich besser vorbereitet und auch Willens, einen solchen Krieg dann mit allen Konsequenzen (Repressalien gegenueber der Bevølkerung z.B.) zu fuehren?

Gab es eigentlich -von welcher Seite auch immer- Teilungsplæne? Also "dt." Kantone an das dt. Reich angliedern, "ital." Kantone an Italien, oder sollte die Schweiz komplett deutsch werden?

Gruss, muheijo

In etwa sah die Aufteilung so aus. Die deutschsprachige Schweiz bis und mit dem Oberwallis und dem Simplonpass zu Deutschland. Mussolini wollte neben dem Tessin, Graubünden und das Wallis für sich. Dazu gibt es eine Denkschrift der italienischen Regierung vom 22. Juni 1940.
Es gab eine Besprechung zwischen dem deutschen und dem italiensichen Gesandten in Bern, wo die Interessen der beiden Länder besprochen wurden.
 
Der Bottnische Meerbusen ist fast jeden Winter zugefroren. Deshalb geht die Erzbahn bis heute von Kiruna nach Narvik

Abgesehen davon:
die britische Besetzung von Norwegen lief ja zeitgleich ab.

Die schwedische Erzbahn lief und läuft in 2 Richtungen, so auch nach Lulea an der Ostsee. Narvik wurde wohl eher besetzt, um die Ausfuhren nach England und Frankreich zu sperren, für die deutsche Versorgung selbst war der Seeweg um Norwegen herum wegen der Flieger und U-Bootsgefahr viel zu riskant.
 
Norwegen war als Luftwaffenbasis für Angriffe gegen Mittel- und Nordengland und Schottland wichtig. Diese Gebiete konnten vom europäischen Festland kaum oder gar nicht erreicht werden.
 
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