Ostslawische Sprachen

wthurner

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Putin bezeichnete die Ukraine als ein "vollständig russischsprachiges Land" .
Dem ist objektiv nicht so:
in
http://de.wikipedia.org/wiki/Ukrainische_Sprache

findet sich folgnender Eintrag (Auszug):

"Ukrainisch gehört zusammen mit der russischen und weißrussischen Sprache zur ostslawischen Sprachgruppe. Die drei Sprachen wurden auf dem Gebiet der Kiewer Rus (9. Jh. n. Chr.) gesprochen. Die Bezeichnung für das gesamte ostslawische Territorium führte regelmäßig zu Verwechslungen, weil "Rus" mit Russland gleichgesetzt wurde. So kam es beispielsweise zu den Sprachbezeichnungen "Großrussisch" für Russisch, "Kleinrussisch" für Ukrainisch, womit Ukrainisch oftmals als Dialekt oder Unterart des Russischen eingeordnet wurde.

Im 18. Jahrhundert entwickelte sich neben dem bis dahin gebräuchlichen Kirchenslawischen eine aus der Volkssprache kommende ukrainische Schriftsprache und Literatur. Im 19. Jahrhundert erlebte die ukrainische Kultur und damit auch ihre Literatursprache eine Blütezeit; die Entwicklung konzentrierte sich weniger auf politische als auf wissenschaftliche Themen.

Dennoch wurde 1876 aus Angst vor separatistischen Bestrebungen von der zaristischen Zensurbehörde ein weitreichendes Verbot ukrainischsprachiger Publikationen ausgesprochen. Bis 1906 unterlagen ukrainische wissenschaftliche Publikationen, Lesungen, Ausstellungen und Konzerte diesem Diktat. Der bedeutendste ukrainische Dichter Taras Schewtschenko (1814 - 1861) wurde für seine Texte und Gedichte in die turkmenische Verbannung geschickt.

Mit der Gründung einer ukrainischen Volksrepublik 1918 wurde Ukrainisch erstmalig zur Staatssprache, später auch in der Ukrainischen Sowjetrepublik. Während der Sowjetzeit war Ukrainisch also nicht verboten, jedoch dominierte die russische Sprache als Verkehrssprache alle wissenschaftlichen und literarischen Arbeiten sowie die Medien. Deshalb unterliegt die Umgangssprache bis heute starken russischen Einflüssen. Dies ist besonders dann bemerkbar, wenn ein Vergleich mit dem Wortschatz der starken ukrainischen Diaspora in Kanada vorgenommen wird: hier tauchen wesentlich weniger Begriffe russischen Ursprungs auf, während "kanadisch-ukrainische" Wörter im einheimisch-ukrainischen Sprachgebrauch selten benutzt werden oder in der Umgangssprache veraltet und exotisch wirken.

Mit der Unabhängigkeit der Ukraine 1991 wurde Ukrainisch zur Amtssprache des neuen Staates. Es gab hierüber heftige Debatten, da auf dem Staatsgebiet der Ukraine einerseits 22 % der Bevölkerung Russen leben, andererseits auch viele Ukrainer, besonders im Osten des Landes, ausschließlich russisch sprechen.

Aufgrund dieser historischen Entwicklung ist das Thema Sprache für viele gebildete Ukrainer - zumindest im Westen des Landes - bis heute ein hochpolitisches Thema, das vehement diskutiert werden kann."
 
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Lieber wthurner,
wenn du die ukrainische Sprache, liest, sprichst und verstehst dann bist du in Russland sowas wie ein Bayer in Norddeutschland.
Es ist also für einen Russen kein Problem die ukrainische Sprache zu lesen und zu verstehen und umgekehrt genauso. Ukrainisch an sich ist keine eigenständige Sprache, wie auch schwäbisch nicht. Mit Dialekt ist man daher schon richtiger. Die Quelle "Wikipedia" ist für jedermann zugänglich, da kann jeder seinen Senf reinschreiben.
Auch wenn die Bayern seit Jahrzehnten um ihre Unabhängigkeit von Deutschland kämpfen, sind sie sehr wohl froh kein Visum für eine Einreise nach Deutschland beantragen zu müssen.
 
Hast du auch Informationen über die ukrainische (ruthenische) Sprache im Habsburgerreich? Welchen Status hatte sie da?
 
Andronikos schrieb:
Hast du auch Informationen über die ukrainische (ruthenische) Sprache im Habsburgerreich? Welchen Status hatte sie da?
Nein habe ich nicht, da aber deutsch und slawisch keine gemeinsamen Wurzeln haben, kann ich mir vorstellen, dass ukrainisch geduldet wurde, damit das gemeine Volk dort noch miteinander sprechen konnte.
 
Lieber Hurvinek, Du findest aber in fast allen Büchern über Sprachen und Sprachwissenschaft die ukrainische Sprache als eigenständige, neben Russisch und Weißrussisch dritte ostslawische Sprache. Norwegisch, Dänisch und Schwedisch sind auch relativ leicht untereinander verständlich, trotzdem sind es eigene Sprachen.
 
Hurvinek schrieb:
Lieber wthurner,
wenn du die ukrainische Sprache, liest, sprichst und verstehst dann bist du in Russland sowas wie ein Bayer in Norddeutschland.
Es ist also für einen Russen kein Problem die ukrainische Sprache zu lesen und zu verstehen und umgekehrt genauso. Ukrainisch an sich ist keine eigenständige Sprache, wie auch schwäbisch nicht. Mit Dialekt ist man daher schon richtiger. Die Quelle "Wikipedia" ist für jedermann zugänglich, da kann jeder seinen Senf reinschreiben.
Auch wenn die Bayern seit Jahrzehnten um ihre Unabhängigkeit von Deutschland kämpfen, sind sie sehr wohl froh kein Visum für eine Einreise nach Deutschland beantragen zu müssen.
Lieber Hurvinek,
ich denke nicht, daß die ukrainische Sprache sich zur Russischen, wie die Bayerische zur
Deutschen verhält.
Wenn unter dem Zaren, das Ukrainische verboten war,
zitat aus Wikipedia, eine Quelle, welche ich als seriös einstufe:
" Bis 1906 unterlagen ukrainische wissenschaftliche Publikationen, Lesungen, Ausstellungen und Konzerte diesem Diktat. Der bedeutendste ukrainische Dichter Taras Schewtschenko (1814 - 1861) wurde für seine Texte und Gedichte in die turkmenische Verbannung geschickt."
dann kann es sich schlechterdings nicht um einen Dialekt des Russischen handeln, wie Du
vorgetragen hast.
Ich lasse mich jedoch gerne eines Besseren belehren. Nur solltest Du dann Deine Ansicht durch einen link untermauern.
 
wthurner schrieb:
Lieber Hurvinek,
"Der bedeutendste ukrainische Dichter Taras Schewtschenko (1814 - 1861) wurde für seine Texte und Gedichte in die turkmenische Verbannung geschickt."

dann kann es sich schlechterdings nicht um einen Dialekt des Russischen handeln, wie Du
vorgetragen hast.
Also das kann man so nicht sagen: Es ging hier schließlich nicht nur um eine Vereinheitlichung der Sprache im Russischen Reich, sondern auch um die Vernichtung der Identität der Ukrainer.
 
Ukrainisch ein Dialekt des Russischen?

Zur ukrainischen Sprache habe ich folgendes gefunden:
aus: http://ukrainische_sprache.exsudo.de/Wortschatz und Aussprache.htm

"Aufgrund der relativ späten Differenzierung der einzelnen slawischen Sprachen aus dem gemeinsamen Ursprung Urslawisch ist der gemeinsame Wortschatz vergleichsweise groß, er beträgt etwa zwei Drittel. Ukrainisch unterscheidet sich in Wortschatz, Lautbildung und Satzbau vom Russischen etwas stärker als Weißrussisch und hat darüber hinaus viele Lehnwörter aus dem Polnischen.

Im direkten Vergleich mit der russischen Sprache nennt J. B. Rudnyckyj (Lehrbuch der ukrainischen Sprache, Wiesbaden 1964) u.a. folgende Lautverschiebungen (jeweils das erste Wort russisch und das zweite ukrainisch):..........."

Es gibt also einen großen gemeinsamen Wortschatz innerhalb der urslawischen Sprache , 1/3 des Wortschatzes,ist rein Ukrainisch. Es gibt viele Lehnwörter aus dem Polnischen und Lautbildung und Satzbau sind unterschiedlich zum Russischen.
Damit dürfte sich der Vergleich mit einem Dialekt, wie dem Bayerischen verbieten.
Die politische Dimension zeigt:
http://www.bits.de/public/briefingnote/bn02-4.htm
und
http://www.ukremb.ch/pdffiles/offenerbrief.htm
 
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Erhellendes

In der Süddeutschen Zeitung vom 22.12.04 , S.3 zitierte der Journalist Thomas Urban eine ukrainische Computerexpertin aus Charkow namens Natalja:
"Nun aber ist es ukrainisch, (Anmerkung: die offizielle Sprache in der ehemaligen ukrainischen
sozialistischen Sowjetrepublik war russisch) das die Russen fast nicht verstehen und als eine Art Bauerndialekt belächeln"
Es dürfte es sich also in der Unterscheidung zwischen Russisch und Ukrainisch eher um einen Unterschied wie zwischen Hochdeutsch und "Schwyzerdütsch" handeln.
 
Ist das nicht alles eine Frage der Definition von Dialekt und Sprache? Wir akzeptieren heute Niederländisch und Flämisch auch als eigene Sprachen. Beide kann man genausogut als niederdeutsche Dialekte bezeichnen. Ich für meinen Teil verstehe z.B. Niederländer und Friesen wesentlich besser als dialekt sprechende Schwaben.Es ist dann doch wohl so, wer die Ukraine als Teil Rußlands sieht ist verleitet es als russischen, ostslawischen Dialekt zu bezeichnen, wer sie hingegen als eigenen Staat, als eigene Nation betrachtet, sieht es als Sprache.
 
Hallo Beorna,
dies ist es natürlich. Ich, als Süddeutscher habe keine Schwierigkeiten mit dem Schwäbischen , Bayrischen, Tirolerischen oder auch mit dem im Radio hörbaren Schwyzer-
dütsch. Vom Flämischen erahne ich aber nicht ganz die Hälfte (obwohl mit einer Flämin verheiratet).
Ausgangspunkt der Diskussion war Putins Ausspruch von der Ukraine als "völlig russischsprachigem Land". Ähnliches können wir in Bezug auf deutschsprachiges Land weder von Belgien (Flamen), den Niederlanden oder der Schweiz sagen. Darauf wollte ich hinaus.
 
Lieber Wthurner,
vielleicht ist es schon nicht so aktuell, aber ich würde Ihre Frage gerne beantworten. Die ukrainische Sprache ist eine selbstständige Sprache, die in der Ukraine gesprochen wird. im vorigen Jahrhundert wurde sie verboten und von russischen verdrängt, aber jetzt wird sie wieder häufiger und häufiger gesprochen. rund 40 mln Menschen bedienen sich diese Sprache und ich auch. Auf Euronews ist sie eine der Operationssprachen (sowie auch auf der Web-Seite von DW-TV). Russischer Präsident ist *******, nur so sind sein Worte zu erklären.
Lieber Hurvinek,
Sie klingen als ein Russe. Die Russen können Ukrainisch weder sprechen noch verstehen. Dafür können die Ukrainer Russisch perfekt. und wenn es schon um Dialekte geht, dann ist eher Russisch der Dialekt des Ukrainischen, denn Moskau stammt von Kiewer Rus und Kiew (richtiger Kyjiw) ist die Hauptstaat der Ukraine.
 
L im vorigen Jahrhundert wurde sie verboten und von russischen verdrängt

1. Die ukrainische Sprache konnte nicht verboten werden, da die zaristische Administration, diese nicht als ukrainische Sprache wahrnahm, sondern als kleinrussische Sprache oder bessergesagt als kleinruss. Dialekt.

2. Das Verbot (es geht offensichtlich um den s.g. Valuev Zirkular von 1863) handelt nicht von einem totalen Verbot, sondern er spricht von dem Verbot der Schulbücher .

3. Das s.g. Verbot berief sich auf die Stimmungen von unten. Das Volk zeigte irgendwie kein Interesse ukrainisch zu lernen.

4. Die s.g. Ukrainophilen bevorzugten öfters auf Russisch zu schreiben.

aber jetzt wird sie wieder häufiger und häufiger gesprochen. rund 40 mln Menschen bedienen sich diese Sprache und ich auch.

Für ein Land, wo die ca. die Hälfte russischsprachig ist, die offizielle Staatssprache aber nur das Ukrainische anerkannt wird, ist der Anstieg nicht verwunderlich. Noch weitere Jahrzehnte der forcierten Ukranisierungspolitik und es werden 100% der Bevölkerung Ukrainer sein.

Auf Euronews ist sie eine der Operationssprachen (sowie auch auf der Web-Seite von DW-TV)

Euronews ist natürlich ‘ne anerkannte Autorität in Fragen der Linguistik.;)

und wenn es schon um Dialekte geht, dann ist eher Russisch der Dialekt des Ukrainischen, denn Moskau stammt von Kiewer Rus und Kiew (richtiger Kyjiw) ist die Hauptstaat der Ukraine.

:OAh ja, und die Deutschen stammen von den Römer ab, deswegen war der Kaiser des HRR gleichzeitig der römische König. Sie sagen es selber, es heißt Kiever Rus‘ und nicht Kiever Ukraine.

Es macht immer wieder Freude mit den ukrainischen Nationalisten zu diskutieren. :winke:
 
Die Spracheinteilung ist immer Politik vor 100 Jahren hat auch kein Mensch was von montenegrinisch oder makedonisch gehört, bosnisch war die offizielle Sprache des Habsburger Bosnien wurde aber weitgehend ausgelacht. In Montenegro ist auf dem Papier eine Minderheitensprache, freilich gibt es keinen Unterschied zwischen serbisch/kroatisch/bosnisch in Montenegro und montenegrinisch.

Luxenburgisch ist ein deutscher Dialekt, sogar Niederländisch könnte man als deutschen Dialekt ansehen. Urdu und Hindi unterscheiden sich faktisch auch nicht besonders.

Die Einteilung der Sprache ist mehr Politik als wirkliche Sprachwissenschaft.

Ich kann weder russisch noch ukrainisch aber die Diskussion kann man für hunterte Sprache führen.
 
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Man sollte vielleicht was Dialekte und verwandte Sprachen angeht ein bisschen differenzierter herangehen - während Dialekte auch grammatikalisch der übergeordneten Sprache sehr ähneln, sind verwandte Sprachen durchaus auch in der Grammatik unterschiedlich.

Und gerade in Europa ist es oft schwer, da durchzublicken. Man sehe z.B. die starke Ähnlichkeit des Plattdeutschen Dialekts mit der englischen Sprache, oder alternativ, weils schöner ist, die romanischen Sprachen:

Obwohl französisch, Spanisch und Italienisch gemeinsame Wurzeln haben (Lateinisch), würde nie jemand die eine als Dialekt der anderen bezeichnen wollen - und das, obwohl sich auch bei den romanischen Sprachen manche grammatikalische Charakteristika sehr ähneln.

Will man also entscheiden, ob eine bestimmte Sprache eigenständig oder ein Dialekt einer anderen Sprache ist, muss man sich sehr viel Arbeit machen - da wäre zum einen die Grammatik, die man überprüfen müsste, über die Semantik, bis hin zur Phonetik.

Ich werde aber mal mein gutes altes Lehrbuch zur Linguistik heraussuchen und den entsprechenden Textteil posten, bei Gelegenheit - er legt sehr schön dar, was genau einen Dialekt ausmacht und ab wann man von einer eigenen (wenn auch verwandten) Sprache spricht.
 
Aus linguistischer Sicht sind alle Dialekte gleichwertig. Zur Hochsprache wird ein Dialekt dadurch, dass er a) kodifiziert wird und b) diese Kodifizierung überregional anerkannt wird.
Zu unterscheiden ist zwischen primären, sekundären und tertiären Dialekten.
Russisch und Ukrainisch sind vermutlich* zunächst als primäre Dialekte (u.a.) des Slawischen zu begreifen, wohingegen das Mazedonische z.B. eher ein sekundärer Dialekt des Bulgarischen sein dürfte (was dann wiederum ein primärer Dialekt des Slawischen wäre), ein Dialekt des Mazedonischen wäre dann wiederum ein tertiärer Dialekt.



*vermutlich, weil ich den exakten Foschungsstand nicht kenne.
 
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