Persönlichkeit mit Macht über Hexenverfolgung??

paracelsus

Neues Mitglied
Noch eine Frage. Gab es während der Zeit der Hexenverfolgung irgendeine Persönlichkeit, die weitreichende Macht über die Prozesse besaß, diese zum Beispiel über ein weites Gebiet hätte stoppen (oder aber intensivieren) können? Hat jemand dies tatsächlich einmal getan? (Das Ende der Hexenprozesse verläuft sich ja über einen weiten Zeitraum...)
Ich denke dabei zum Beispiel an den Papst, hatte der überhaupt noch Macht über den ausgearteten Wahn? Und wie steht es mit Fürsten (z.B. Kurfürst Max Emanuel Ende 17./Anfang 18. Jh.)? Sonst irgendwelche Machtinhaber?

Oder konnte man die Hexenverfolgung tatsächlich wie eine Seuche nur noch in einzelnen Gemeinden aufhalten? :(

danke!! paracelsus
 
Der römischen Inquisition war die Hexenverbrennung "verboten", weshalb den Akten zufolge im römischen Machtbereich nur vier Frauen als Hexen verbrannt wurden.
Warum "verboten" in Anführungszeichen? Weil die Hexenverbrennung nicht direkt verboten war, sondern es einer ärztlichen Untersuchung bedurfte, ob die Personen tatsächlich Hexen wären. Für die vier Opfer kam aber dieses Dekret zu spät. Nachher wurden die verdächtigen Personen als psychisch krabk diagnostiziert.
Warum diese Antwort? Weil man daran sieht, dass der Machtbereich des Papstes im 16. Jhd. sich eben nur dort erstreckte, wo er auch politisch das sagen hatte.
Zur Inquisition: ich habe irgendwo gelesen, dass selbst die Päpste gegen die Inquisition machtlos waren. So war das jüdische Ghetto von Rom ja direkt gegenüber des Vatikan, auf der anderen Tiberseite, auch weil die Juden sich den Schutz des Papstes erhofften.
Eigentlich durfte niemand zwangsgetauft werden, weil Glauben - immer schon - freiwillig war. Dennoch hielten es auch immer wieder Kirchenleute für ihre Pflicht Juden aus den Ghettos zu entführen und zu taufen, um ihre unsterbliche Seel vor den Höllenqualen zu erretten. Wer einmal getauft war, ob freiwillig oder unfreiwillig, durfte aber nicht mehr vom Glauben zurücktreten, weil er dann als Häretiker galt und eine Gefahr war, sprich er wurde Opfer der Inquisition.

Im Allgemeinen, muss man die Hexenverbrennung aber als getrennt von der Inquisition betrachten, auch wenn ich hier den Zusammenhang zweimal hergestellt habe.

In Erwartung roter Sterne verbleibe ich ;)
 
El Quijote schrieb:
In Erwartung roter Sterne verbleibe ich ;)
Warum denn?
In der Sache so kurzgefasst schon ok.
Einen "grünen" kriegst du allerdings (von mir) auch nicht.
Gehört in die Kategorie Antworten auf Fragen, die nicht gestellt wurden; gleichwohl interessant.
 
Zur Inquisition: ich habe irgendwo gelesen, dass selbst die Päpste gegen die Inquisition machtlos waren.
Es wäre schön, wenn sich diese Quelle noch finden ließe.

Wer einmal getauft war, ob freiwillig oder unfreiwillig, durfte aber nicht mehr vom Glauben zurücktreten, weil er dann als Häretiker galt ...
Hier hat sich eine kleine Ungenauigkeit eingeschlichen: Das katholische Kirchenrecht unterscheidet bis heute sorgfältig zwischen Häresie und Apostasie. Diese - nur darauf kann sich das Beispiel beziehen - liegt vor, wenn jemand nach empfangener Taufe wieder vom christlichen Glauben abfällt; jene bezieht sich darauf, dass jemand Christ bleibt, aber "die eine oder andere kraft göttlichen oder katholischen Glaubens anzunehmende Wahrheit hartnäckig leugnet" (für viele: Eichmann/Mörsdorf, Kirchenrecht, Bd. 2, S. 380).

In Erwartung roter Sterne verbleibe ich ;)
Mir würde tätige Reue ausreichen.
 
Dennoch hielten es auch immer wieder Kirchenleute für ihre Pflicht Juden aus den Ghettos zu entführen und zu taufen, um ihre unsterbliche Seel vor den Höllenqualen zu erretten.
...was z.B. noch 1858 in Italien geschehen ist (und später) mit dem 6j Edgardo Mortara aus Bologna, Sohn jüdischer Eltern, verschleppt von der Polizei auf Anordnung der Inquisition. Er wurde mit Gewalt von den Eltern weggerissen, die ihn später so gut wie nicht mehr sahen.
(vgl. Edgardo Mortara - Wikipedia, the free encyclopedia )
Der Hintergrund solcher Entführungen: ein nichtchristliches Kind wurde z.B. von einem katholischen Kindermädchen heimlich getauft, damit war es katholisch, denn eine Taufe benötigt keinen Priester. Somit unterlag es der Gewalt der katholischen Kirche. Die Inquisition (ja doch, 19. Jh!) hatte dann gewissermaßen die Pflicht, das katholische Kind dem Einfluss jüdischer Eltern zu entziehen.
 
...was z.B. noch 1858 in Italien geschehen ist (und später) mit dem 6j Edgardo Mortara aus Bologna, Sohn jüdischer Eltern, verschleppt von der Polizei auf Anordnung der Inquisition. Er wurde mit Gewalt von den Eltern weggerissen, die ihn später so gut wie nicht mehr sahen.
(vgl. Edgardo Mortara - Wikipedia, the free encyclopedia )
Der Hintergrund solcher Entführungen: ein nichtchristliches Kind wurde z.B. von einem katholischen Kindermädchen heimlich getauft, damit war es katholisch, denn eine Taufe benötigt keinen Priester. Somit unterlag es der Gewalt der katholischen Kirche. Die Inquisition (ja doch, 19. Jh!) hatte dann gewissermaßen die Pflicht, das katholische Kind dem Einfluss jüdischer Eltern zu entziehen.

Das ist sicherlich auch ein interessantes Thema, nur frage ich mich, was es mit der Hexenverfolgung - welche mE einen anderen Kontext darstellt - zu tun hat....
:grübel:
 
*g* lediglich über die Vermittelung über die Inquisition, aber vor allem war es einfach eine Antwort auf El Q's Bemerkung. Danach fiel mir erst auf, dass diese Bemerkung schon ein paar Jahre alt ist... ;)
 
... lediglich über die Vermittelung über die Inquisition...

Dann darf ich wohl nochmals eine wissenschaftliche Arbeit dazu - mittlerweile übrigens erst zum siebten Mal - verlinken: http://fowid.de/fileadmin/textarchiv/Hexenverfolgungen__Rita_Voltmer___TA-2006-12.pdf

... aber vor allem war es einfach eine Antwort auf El Q's Bemerkung. Danach fiel mir erst auf, dass diese Bemerkung schon ein paar Jahre alt ist... ;)

Das freilich war mir durchaus bewußt :fs:
 
So, ich möchte auch mal meinen Senf dazugeben ;-) Die "Macht über die Verfolgung von Hexen und Zauberern lag beim jeweiligen Landesherrn ( Hochgericht). Allerdings war esmöglich das der Papst intervenieren konnte. Ineressanterweise wurden die "Unholde" von der weltlichen Gerichtsbarkeit oft heftiger Verfolgt und unmenschlich bestraft. Die Inquisition der Kirche ging eher human vor. Ein Beispiel dafür ist der Fall der "Hexenkinder" vom Walsertal. Dort wurden die Kinder des Dorfes vor Gericht gestellt und angeklagt. Sie wurden zum Tode veruteilt. Bei diesem Fall intervenierten zwei Mönche aus dem Vatikan, die sich auf einer Reise dort im Tal befanden. Die Kinder wurden nach Rom gebracht und dort "umerzogen".
 
Wie hier schon erwähnt, lag die "Macht" beim Landesherren! Solange der Papst eine Autorität darstellte(in Dt. eher weniger) war eine Intervenierung möglich. Eher prägend ist jedoch eine stabiele Hausmacht. In jenen deutschen Gebieten, wo solche gegeben, waren Hexenprozesse eher seltener. Zum Beispiel Sachsen und Bayern. Gegenbeispiel Mecklenburg und Franken. Konfessionen spielten da eher eine untergeordnete Rolle. Aber selbst da machen sich noch Differenzen aus. Zum Beispiel Sachsen = Grafschaft Henneberg( Gebiete um Suhl-Eisenberg; im Volksmund auch Schwarzkittel genannt) sind mehr als 50zig Prozent der Hexenanklagen zu verzeichnen, als wie im Rest des Kurfürstentum.
In Gebieten wo wirtschaftliche Gegensätze, oder Unterschiede, stark differenzieren, sind die Auswüchse stärker. Das beinhaltet aber auch gewisse Zeiten(wie Epochen des 30zig-jährigen Krieg) wo das auch auf sonst eher gemässigte Gebiete abfärbt. Meist nur solange, bis eine Erholung einsätzt.
Gebiete, in Deutschland, wo wirtschaftliche Einschnitte tiefer waren, waren auch schneller Brutplätze für "Hexenwahn".
Das beinhaltet auch, wie hier bereits angesprochen, gewisse "Revolten" von unten nach oben.
Das hat nix mit der Intelligenz des jeweiligen Herrscher übrigens zu tun! Manch "aufgeklärter" Fürst hatte einfach nicht die komplette Macht des "Absolutismus", um seine Ansichten gegenüber seinem Fürstentum durch zusetzen.
Wenn man das zusammenfügt = war die Macht des Landesherren, in dieser Frage zumindest, dann doch etwas eingeengt.
 
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