Politisches Attentat - Vertretbar?

Realität besitzen eher gewaltsame Staatsstreiche , wobei ganze
Gruppen der die Staatsmacht verkörpernden Politiker von der
Macht verdrängt werden.
Und zwar durch andere Gruppen , welche die Macht ausüben wollen.
Das ist erfolgreich ( zB. Putsch in Chile gegen Allende ) oder auch
nicht erfolgreich ( Putsch gegen Jelzin ).
Allende war ein Tyrann?
 
Allende war ein Tyrann?

Bitte keine Verzerrungen.
Meine Aussage bezog sich lediglich auf Erfolg bzw. Misserfolg stattgefundener
Putsche - ohne Aussage zu dessen politischer Bewertung !

@El Quijote - danke für die Korrektur - der Putsch richtet sich ja tatsächlich
gegen Gorbatschows Regierung - mir war nur der Jelzin bei der Verhinderung
gegenwärtiger ....

@rurik- Quote[ Ein Attentat, dem z.B. Stalin zum Opfer gefallen wäre, hätte sicher weitreichende Folgen gehabt. Wenn es früh genug geschehen wäre, sicher auch für das ganze System Sozialismus.]

Ein Einzelattentat gegen Stalin hätte nur zum Machtübergang an eine
andere Person im Politbüro der KPdSU geführt zB. Molotow , Mikojan
oder auch Berija.Ich kann nicht sehen , dass damit das Projekt
" Sozialismus " gefallen wäre.
 
Bitte keine Verzerrungen.
Meine Aussage bezog sich lediglich auf Erfolg bzw. Misserfolg stattgefundener
Putsche - ohne Aussage zu dessen politischer Bewertung !
Verzerrung?
Nachdem hier lang und breit Rechtfertigungen für politische Attentate diskutiert wurde und dabei "die Tyranei" als eine wesentliche Vorraussetzung festgeklopft wurde ist meine Nachfrage nmA durchaus keine Verzerrung.

@rurik- Quote[ Ein Attentat, dem z.B. Stalin zum Opfer gefallen wäre, hätte sicher weitreichende Folgen gehabt. Wenn es früh genug geschehen wäre, sicher auch für das ganze System Sozialismus.]

Ein Einzelattentat gegen Stalin hätte nur zum Machtübergang an eine
andere Person im Politbüro der KPdSU geführt zB. Molotow , Mikojan
oder auch Berija.Ich kann nicht sehen , dass damit das Projekt
" Sozialismus " gefallen wäre.
Aber evtl hätte das Projekt einen weniger blutigen Weg genommen. Auch das wäre schon eine weitreichende Folge gewesen.

@Scharrukin
Ach ja - Pinochet, hat er eigentlich auch den Friedensnobelpreis bekommen? Wenn schon Kissinger den bekommen hat wäre auch Pinochet ein würdiger Anwärter gewesen.:pfeif:
 
Verzerrung?
Nachdem hier lang und breit Rechtfertigungen für politische Attentate diskutiert wurde und dabei "die Tyranei" als eine wesentliche Vorraussetzung festgeklopft wurde ist meine Nachfrage nmA durchaus keine Verzerrung.

Naja, diese Behauptung teilen aber nicht alle und dazu auch die Frage nach diesem Attentat:
Wie würdet ihr eigendlich das Attentat an Liebknecht und Luxemburg der deutschen Freikorpssoldaten werten. Ist es hier gelungen, durch die Ermordung der führenden Köpfe des Spartakusaufstandes, die kommunistische Revolution komplett zu ersticken?
 
Welche "Behauptung" teilst du denn nicht?

ICH, Köbis17, ziehe obiges Resümee aus dem Thread. Welches DU ziehst bleibt dir überlassen.

Nachdem hier lang und breit Rechtfertigungen für politische Attentate diskutiert wurde und dabei "die Tyranei" als eine wesentliche Vorraussetzung festgeklopft wurde [...]
Na das da. :eek:ben:
Wenn Tyranei vorliegt, ist ein Attentat gerechtfertig. Das sind dein Worte, oder etwa nicht und diese berufen sich auf die allgemeine Diskussion und das Fazit daraus.
Das setzt damit voraus, daß alle der Meinung wären, so versteh ich es zumindest.

Aber darum geht es mir garnicht, also kein Grund, sich angegriffen zu fühlen. :fs:
 
Zuletzt bearbeitet:
Verzerrung?
Nachdem hier lang und breit Rechtfertigungen für politische Attentate diskutiert wurde und dabei "die Tyranei" als eine wesentliche Vorraussetzung festgeklopft wurde ist meine Nachfrage nmA durchaus keine Verzerrung.

Wenn ich mich da mal einmischen darf: Treibsand hatte ausdrücklich differenziert:

treibsand schrieb:
"Ist die Frage nach Vertretbarkeit des Politischen Attentats heute
noch so zu stellen, wie es hier inhaltlich diskutiert wird -
also auf Einzelpersonen / Tyrannen / Führer / Monarchen / Diktatoren
bezogen ?
Ich meine nicht.
Realität besitzen eher gewaltsame Staatsstreiche , wobei ganze
Gruppen der die Staatsmacht verkörpernden Politiker von der
Macht verdrängt
werden. Und zwar durch andere Gruppen , welche die Macht ausüben wollen. Das ist erfolgreich ( zB. Putsch in Chile gegen Allende ) oder auch nicht erfolgreich ( Putsch gegen Jelzin )."

Die rhetorische Frage "Allende ein Tyrann?" stellt sich ausdrücklich nicht, sondern bürstet den klaren Wortlaut des Beitrags gegen den Strich auf eine Fragestellung, die gerade ausgegrenzt worden war.


Ich würde daher als Teilnehmer der Diskussion bitten, die Schein-Diskussion einzustellen.
 
Wenn hier Attentatsversuche auf das 3.Reich als vetretbar dargestellt werden sollen, dann nur aus unserer heutiger Sicht bzw. aus der Sicht der Siegerjustiz.
Das NUR halte ich für verfehlt angesichts von Krieg und Holocaust, von denen man ja schon damals etwas mitbekommen konnte. Mit dem Wissen, das die Generäle schon damals hatten, wären diese verpflichtet gewesen, Hitler abzusetzen.
 
Wilfried schrieb:
Einmal wegen der unterstellten Idee der Adelsrepublik, zum anderen wegen der mangelnden Konsequenz/wegen der "Halbherzigkeit".

Aber es fehlt immer noch das Beispiel EINES Attentats, das die gewünschten Erfolge zeitigte! Bei allen mir bekannten politischen Attentaten gegen Menschen zog die Karawane eigentlich weiter.
Wenn man sich damit intensiver beschäftigen würde, ließen sich sicher einige Beispiele finden. Wie wäre es mit dem Attentat auf Franz Ferdinand durch serbische Nationalisten? Diese wollten einen von Serbien dominierten Staat Südslawien gründen. Und das Ergebnis? 1918 hatten Sie - ausgelöst durch das Attentat - genau das bekommen.
 
Kannst Du die Spekulationen über die Richtungsänderung der Geschichte belegen?:grübel:
Wie sollte ich? Es ist ja nie gelungen.
Allerdings, für den Psychopaten Stalin war die Sowjetunion eine Art Selbstbedienungsladen und mit seinem Wegfall hätte sich einfach etwas ändern müssen. Das die Geheimrede von Chruschtschow erst 1956 gehalten wurde, beweist, dass Stalin durch die Säuberungsaktionen mittlerweile die Intelligenzija in die Bedeutungslosigkeit gemordet und sich seine sklavischen Feiglinge herangezogen hatte. Letztere prägten die Sowjetunion bis zu ihrem Ende.
 
Das ist ja mal wieder eine schöne an-einander-vorbei-Diskussion. Wenn die Fragestellung hier ist, ob ein Attentat politisch wirksam ist, ist es ABSOLUT IRRELEVANT ob man nun Allende für einen Tyrannen hält (was auch ich nicht aus dem Beitrag gelesen habe) oder nicht. Es ist EBENSO IRRELEVANT die allgefällige Bemerkung zu machen, dass Hitler ganz furchtbar war (ja, ja, die historische Singularität, (gähn) unser Gründungsmythos (/gähn)) oder ob man Bush für liquidationswürdig erachtet. Es geht doch hier nicht darum, welche politische Richtung der eine oder andere favorisiert (das wäre in der Tat sehr politisch) und nicht einmal darum, ob der eine oder andere politisch Handelnde ein Tyran, ein Massenmörder oder Psychopath ist (obwohl das in anderer Hinsicht für die Fragestellung relevant sein könnte). Es kann nur um die völlig wertfreie Beleuchtung der Frage gehen, ob es WIRKSAM ist. Insofern verstehe ich auch Quijotes erneute Zitate aus dem Grundgesetz hier nicht. Ist das nun die Bibel für uns? Das Grundgesetz ist für den Historiker ein historisches Dokument wie alle anderen auch. Schwärmen ist unwissenschaftlich.

Zurück zu dem in anderer Hinsicht bedeutsamen Punkt: Ich denke, ein politisches Attentat bringt wenig, wenn das Opfer ein austauschbarer Funktionsträger ist. Wenn es sich aber um eine Person handelt, die nicht durch eine vergleichbare Person ersetzt werden wird, kann sich das ganz anders verhalten. Stalin finde ich dafür ein gutes Beispiel. Der Mann war meiner nicht durch Belege abgesicherten Meinung nach nicht einfach durch eine Mischung aus Vernunft und politischen Zielen geleitet, sondern in erheblichem Maße aus psychopathischen Motiven. Ich denke, dass er ausgesprochen paranoid war. Wenn ich das richtig mitgeschnitten habe, hat er praktisch sein ganzes persönliches Umfeld eliminiert, weil er niemandem mehr traute.

Ein anderes Beispiel, zwar ohne Mord, aber politisch gesehen mit gleichartiger Wirkung (leider zeitnah, ich finde das Beispiel aber besonders plastisch): Der Oberste Kämpfer in Tunesien, Habib Ben Bourghiba, hatte sich mit Mitte Achtzig mit seiner Frau und seinem Premierminister überworfen, die eine in die Wüste geschickt /pariser Modeboutiquen um präziser zu sein) und versucht den anderen einkerkern zu lassen. Die Söhne des Premiers wurden festgenommen, weil sie versucht hatten, Papa nachts über die Grenze zu helfen. Der bisherige Innenminister (vormals Verteidigungsminister und auch mal Geheimdienstchef - Positionen, die zu näherem Wissen über Regimegegner führen können) wurde zum Premiermister ernannt. Nun muss man eine Besonderheit der tunesischen Verfassung kennen: Der Staatspräsident regiert auf Lebenszeit, es sei denn er tritt zurück oder wird von einer Reihe wichtiger Ärzte für meschugge erklärt. In diesem Fall wird der Premier automatisch Staatspräsident auf Lebenszeit - eine charmante Regelung. Nach ein paar Wochen hatte Ben Ali, der nun Premier geworden war, die nötigen Ärzte zusammen, ließ Ben Bourghiba für mentus captus erklären und wurde somit Präsi for Life. Und nun geschah etwas wirklich bemerkenswertes: Ben Ali ließ fast alle politischen Gefangenen frei. Er wusste wohl, dass es nicht nötig war, diese Leute verschimmeln zu lassen. Das nenne ich wirkungsvoll.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich werfe hier mal Attentate zur Diskussion in die Runde:

Gaius Iulius Caesar wurde ermordet, weil man Angst um die Republik hatte (jedenfalls wird es so überliefert, wer weiß was wirklich dahinter steckte). Das Ergebnis war die Zeit der Cäsaren mit der Vergötterung der tyrannischen Alleinherrscher.

Patrice Lumumba wurde ermordet weil - nun die Frage stellt sich waren es die Amis oder die Belgier. Beide hatten es befohlen. Wessen Mitarbeiter waren nun erfolgreich? Nun, es war wohl befohlen aus Angst vor dem Kommunismus (das wird für Belgien und die USA gelten), um den Kongo wirtschaftlich auspressen zu können (das mögen ebenfalls beide vorgehabt haben) und vielleicht auch aus Eitelkeit eines beleidigten Königs, der sich von seinem eben-noch-Untertanen sagen lassen musste, das Leopold II kein güter Herrscher, wie soeben von eben diesem König noch behauptet, sondern ein Schlächter war. Wirkung: ganz erheblich. Womöglich hat dies die Ausbreitung der sowjetischen Hägemoniehoffnungen im tropischen Afrika schon dadurch wirsam behindert, dass jeder sehen konnte, mit welchen Reaktionen des Westens zu rechnen war. Die Ergebnisse der so an die Macht gelangten Schergen können wir leider heute im Fernsehen betrauern.

Nikolaus von Rußland. Wer tot ist kann nicht restauriert werden. Der Mord am Zaren und seiner nächsten Familie hat die Herrschaft der Räte wesentlich gefestigt. Der Adel konnte sehen, was einem blühen würde der sich regt. Die, die den Adel hassten, wurden ermutigt alles gegen ihre Feindbilder zu tun, was sie nur wollten.
 
Ein hochspannendes, kompliziertes Thema, an dem mich besonders die Frage interessiert, inwieweit man jeweils aus der Geschichte lernte.


Ist die Frage nach Vertretbarkeit des Politischen Attentats heute
noch so zu stellen, wie es hier inhaltlich diskutiert wird -
also auf Einzelpersonen / Tyrannen / Führer / Monarchen / Diktatoren
bezogen ?

Ich meine nicht.
Realität besitzen eher gewaltsame Staatsstreiche , wobei ganze
Gruppen der die Staatsmacht verkörpernden Politiker von der
Macht verdrängt werden.
Und zwar durch andere Gruppen , welche die Macht ausüben wollen.
Das ist erfolgreich ( zB. Putsch in Chile gegen Allende ) oder auch
nicht erfolgreich ( Putsch gegen Jelzin ).

Aus Sicht erfolgreicher Gruppen ist das im Nachhinein natürlich immer
berechtigt und sie werden Argumente anführen , welche diese Sicht stützen.
Solche erfolgreichen Machtübernahmen werden dann recht oft durch
Aufnahme politischer Beziehungen und Aufnahme in die UN anerkannt.
Auch wenn solche neue Machtinhaber ihren Erfolg oft nicht auf
Dauer verfestigen können und wiederum abgelöst werden.

Scheitert der Umsturz , sind das natürlich alles Terroristen , Faschisten ,
Kommunisten , religiös Fehlgeleitete etc gewesen ....

Und im Auge des Betrachters/ Bewerters /des politisch Interessierten
ist der Umsturz je nach Standpunkt entweder eine willkommene
Änderung oder eben ein ganz böses Verbrechen. Und auch aus der
veränderten Faktenlage , ob man daraus Vorteile ziehen kann
oder Nachteile hinnehmen muss.

Daher macht es mMn wenig Sinn , Zulässigkeit hypothetisch zu diskutieren -
Attentate/ Putsche sind Realität - und werden in günstigen Fällen
sogar international akzeptiert.

Dem möchte ich mich anschließen, ein politisches Attentat auf eine Einzelperson wird nur dann eine Wirkung erzielen, wenn diese Einzelperson besonders herausragt und sei es nur durch Charisma. Oder wenn diese Einzelperson unersetzlich für das herrschende System ist.
Damit bin ich bei der Frage, in welchen geschichtlichen Epochen politische Attentate überhaupt eine Wirkung haben konnten.
Ob sie vertretbar sind, ist mE eine darüberhinausgehende Frage, die man erst im zweiten Schritt untersuchen sollte.
Die bisher genannten Beispiele sind fast alle aus der Neuzeit. Nur Cäsar wurde in der Antike ermordet am Übergang von Republik zum Kaisertum.
Aus dem Mittelalter wurde kein Beispiel genannt, kann es da keins geben, weil alle poltischen Umstürze gescheitert sind? Oder war die Hinrichtung Müntzers im heutigen Sinn auch ein politisches Attentat?

Man könnte also der Meinung sein, dass politische Attentate so etwas wie ein Bewußtsein für allgemeine Menschenrechte voraussetzen und die werden meist erst der Aufklärung zugeschrieben.
Getötet wurde auch im Mittelalter, ging es da wirklich immer nur um Machtkämpfe innerhalb des Systems?

Wenn man sich damit intensiver beschäftigen würde, ließen sich sicher einige Beispiele finden. Wie wäre es mit dem Attentat auf Franz Ferdinand durch serbische Nationalisten? Diese wollten einen von Serbien dominierten Staat Südslawien gründen. Und das Ergebnis? 1918 hatten Sie - ausgelöst durch das Attentat - genau das bekommen.

In der Zeit um den ersten Weltkrieg fanden in Europa einige Attentate statt, die herrschenden politischen Systeme waren nicht mehr stabil, eine gewaltfreie Veränderung war wahrscheinlich noch nicht möglich, weil die Instrumente fehlten, wie Wahlrecht, Kontrolle über das Militär.

Außer Lincoln / Napoleon sind keine Beispiele vor dem 20. Jht. genannt worden oder habe ich die überlesen?

Das NUR halte ich für verfehlt angesichts von Krieg und Holocaust, von denen man ja schon damals etwas mitbekommen konnte. Mit dem Wissen, das die Generäle schon damals hatten, wären diese verpflichtet gewesen, Hitler abzusetzen.

Das gescheiterte Attentat auf Hitler halte ich für eine Zäsur bei der Bewertung, jedenfalls in Deutschland, was sich ja auch im GG niederschlägt.



Ich werfe hier mal Attentate zur Diskussion in die Runde:
Patrice Lumumba wurde ermordet weil - nun die Frage stellt sich waren es die Amis oder die Belgier. Beide hatten es befohlen. Wessen Mitarbeiter waren nun erfolgreich? Nun, es war wohl befohlen aus Angst vor dem Kommunismus (das wird für Belgien und die USA gelten), um den Kongo wirtschaftlich auspressen zu können (das mögen ebenfalls beide vorgehabt haben) und vielleicht auch aus Eitelkeit eines beleidigten Königs, der sich von seinem eben-noch-Untertanen sagen lassen musste, das Leopold II kein güter Herrscher, wie soeben von eben diesem König noch behauptet, sondern ein Schlächter war. Wirkung: ganz erheblich. Womöglich hat dies die Ausbreitung der sowjetischen Hägemoniehoffnungen im tropischen Afrika schon dadurch wirsam behindert, dass jeder sehen konnte, mit welchen Reaktionen des Westens zu rechnen war. Die Ergebnisse der so an die Macht gelangten Schergen können wir leider heute im Fernsehen betrauern.

Zu den Nachkriegsattentaten nach der Hitlerzäsur könnte man außer Lumumba und Allende zeitlich auch die Kennedys stellen, es gibt bestimmt weitere Beispiele. Ich sehe allerdings keine Übereinstimmung in der Richung.
Kann man die Fälle Allende, Lumumba, Luther King, Guevara als reaktionäre, systemerhaltende Attentate bezeichnen, deren Wirkung in beide Richtungen erheblich war? Sie waren einerseits reaktionär gemeint, hatten andererseits durch Märtyrermythenbildung eine gegenteilige Wirkung.
Andere könnten die Meinung vertreten, dass Guevara, Allende und Lumumba nicht ermordet worden wären, wenn es nicht ein Gefühl der Reue über das Gewährenlassen Hitlers gegeben hätte.
Die Kennedyattentate einzuordnen, finde ich schwierig. Werden doch nicht erst seit den Kennedys auch demokratisch gewählte Spitzenpolitiker akribisch durch Personenschützer bewacht.
 
Attentate vor und nach der Aufklärung

Ich finde die Tötung Ernesto Che Guevarras passt nicht in die Reihe. Er war ein abgehalfterter Revolutionär, der seine besten Tage längst gesehen hatte und wohl wissentlich einen aussichtslosen Kampf führte. Was er zu der Zeit tat erscheint mir als sinnloses Morden auf der Suche nach dem eigenen Tod. Wäre er ermordet worden, als er Außenminister war, wäre das ganz anders zu bewerten gewesen.

Für die Bedeutung und Wirksamkeit eines Attentats kommt es aber mMn nicht auf die Aufklärung an. Allenfalls ist sie für unser nachträgliches Verständnis von Bedeutung, vielleicht nicht einmal das.

Ich kenne leider die zahlreichen politischen Morde (das meinen wir doch eigentlich) in England nur aus dem was Shakespeare so berichtet. Dazu gibt es aber doch einen realen Hintergrund. Kennt sich hier jemand dazu aus? Ich denke, dass die stärksten Auswirkungen in Situationen bestehen, wo die Politik sehr stark von ganz wenigen Personen bestimmt wird. Danach sollten wir suchen.
 
Außer Lincoln / Napoleon sind keine Beispiele vor dem 20. Jht. genannt worden oder habe ich die überlesen?
Beispiele finden von Babylon über Ägypten, Griechenland, ... bis zur Neuzeit ist kein Problem allerdings wird man wenn es zu weit zurückliegt kaum noch Quellen welche halbwegs neutral die Motive und die Ausgangssituation beschreiben, finden.

Nach jedem Attentat egal ob erfolgreich oder nicht kommt es zur Verfälschung, Mystifizierung und Verteufelung des Gegners. Insbesondere in der Antike war auch das Löschen des Gegners aus der Geschichte üblich, bei dem mit großer Gründlichkeit Statuen, Schriften, Königslisten, ... bearbeitet wurden und durch Herausmeißeln oder Streichen des Gesichtes und Namens des Gegners jede Erinnerung an diesen vernichtet werden sollte.

Die Diskussion an sich kann man denk ich auf ein
"Gibt es unantastbare Grundprinzipien oder heiligt der Zweck alle Mittel?"
reduzieren, und da findet man meiner Meinung nach auch keine allgemeingültige Antwort wenn man nun hunderte versuchte oder gelungene Attentate hypotetisch durchkaut...
 
Ich denke, ein politisches Attentat bringt wenig, wenn das Opfer ein austauschbarer Funktionsträger ist.

Das ist nicht ganz so einfach, so das Attentat nicht für sich alleine steht, sondern Teil einer größeren Operation ist. Wieder Beispiel 20. Juli: Hitler einfach umzulegen war nicht der Plan, aber der Tod dieses evtl ersetzbaren Funktionsträgers war wichtig, um putschartig die Macht zu übernehmen; so was hat schon funtioniert, unabhängig davon, ob das getötete Staatsoberhaupt ein Tyrann und die Inkarnation Salomons war (eigentlich ja auch ein Tyrann, verflixt... ;)).
 
Hitler für einen austauschbaren Funktionsträger zu halten finde ich schon speziell.

Der Mann war der Motor der Bewegung, für die er stand. Seine folgenreichsten Untaten hatten wenig mit sozial oder national zu tun, sondern wohl eher mit seinen psychischen Defekten. Nun kann man sich fragen, ob die "gläubigen Nationalsozialisten" in Schlüsselfunktionen eher danach ausgesucht waren, dass sie ähnliche Wahnideen hatten wie Hitler, oder ob Hitler es eher vermocht hatte, sie von seinen Wahnideen zu begeistern. Ich tippe auf die zweite Variante, weil Wahnideen dazu neigen, einem einzelnen kranken Hirn zu entspringen. Ist dieses Hirn aber charismatisch - was man Hitler wohl oder übel zugestehen müssen wird - so kann es andere von den eigenen Ideen begeistern, besonders wenn diese den Nerv der zeit treffen. Und das war offensichtlich der Fall, wenn man sich die Vielzahl der nationalistischen faschistoiden Bewegungen jener Zeit anschaut. Vielleicht tat ja auch mancher nur so, als ob er das alles genauso sähe, weil ihm das Hemd näher war als die Jacke und er lieber als Mörder überlebte, denn als moralisch guter Mensch zu sterben.

Das Attentat auf der Wolfsschanze mit einem Plan zur Übernahme der Macht und der Neutralisierung der Hitler ergebensten Funktionsträger zu verbinden, war unumgänglich, wenn man nicht sofort dafür umgebracht werden wollte. Hitler unter Inkaufnahme der Tötung einiger weiterer Personen umzubringen, wäre kein sinnvoller Plan gewesen, wenn nicht davon auszugehen gewesen wäre, dass die Machtgewichte innerhalb des Systems sich dadurch so stark verschieben könnten, dass eine wesentliche Änderung der Kriegspolitik möglich gewesen wäre. Wäre dem nicht so gewesen, wäre es auch sinnlos gewesen noch so viele Funktionsträger kalt zu stellen.
 
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