Politisches Attentat - Vertretbar?

Ich denke auch; ein gelungenes Attentat ab Ende 43' an Hitler hätte eine Schock- und Signalwirkung gehabt. Nach innen, wie nach außen. Dann folgt das Putschen, von welcher Seite auch immer. Himmler oder Wehrmacht, einer hätte das Rennen gemacht. Bürgerkriegsähnliche Zustände wären unvermeidlich. Der Krieg wäre schon deshalb für Deutschland bald beendet gewesen.
 
Das ist ja mal wieder eine schöne an-einander-vorbei-Diskussion. Wenn die Fragestellung hier ist, ob ein Attentat politisch wirksam ist, ist es ABSOLUT IRRELEVANT ob man nun Allende für einen Tyrannen hält (was auch ich nicht aus dem Beitrag gelesen habe) oder nicht. [...] Es kann nur um die völlig wertfreie Beleuchtung der Frage gehen, ob es WIRKSAM ist.

Niemand hier in der Diskussion hat Allende für einen Tyrannen gehalten. Es handelte sich um ein Missverständnis zweier Teilnehmer. Die Frage lautete aber anders: Nicht, ob ein politisches Attentat wirksam sei, sondern ob es vertretbar sei. Natürlich kann man die Wirksamkeitsdiskussion hier einbauen, denn nur dann, wenn man überzeugt ist, dass ein Attentat wirksam ist, kann es nach überpositivem Recht auch vertretbar sein.


Insofern verstehe ich auch Quijotes erneute Zitate aus dem Grundgesetz hier nicht. Ist das nun die Bibel für uns? Das Grundgesetz ist für den Historiker ein historisches Dokument wie alle anderen auch. Schwärmen ist unwissenschaftlich.

Das GG steht nicht isoliert im Raum, sondern ist das Produkt einer historischen Erfahrung und einem aus der Erfahrung abgeleiteten philosophischen Standpunkt, der in juristische Formen gegossen wurde. Insofern hat dass GG, ohne "die Bibel für uns" zu sein durchaus etwas in dieser Diskussion zu suchen.


Nun muss man eine Besonderheit der tunesischen Verfassung kennen: Der Staatspräsident regiert auf Lebenszeit, es sei denn er tritt zurück oder wird von einer Reihe wichtiger Ärzte für meschugge erklärt. In diesem Fall wird der Premier automatisch Staatspräsident auf Lebenszeit - eine charmante Regelung. Nach ein paar Wochen hatte Ben Ali, der nun Premier geworden war, die nötigen Ärzte zusammen, ließ Ben Bourghiba für mentus captus erklären und wurde somit Präsi for Life. Und nun geschah etwas wirklich bemerkenswertes: Ben Ali ließ fast alle politischen Gefangenen frei. Er wusste wohl, dass es nicht nötig war, diese Leute verschimmeln zu lassen. Das nenne ich wirkungsvoll.

Das ist ein wirklich interessantes Beispiel. Auch ohne Gewaltanwendung lassen sich also in verfassungsgemäß schwierigen Lagen die Köpfe auswechseln. Aber auch dies ist ein Beispiel dafür, dass die Anwendung von körperlicher Gewalt eben nicht notwendig war, um den Führungswechsel zu vollziehen. Der geschah in diesem Beispiel aus dem innersten Zirkel der Macht. Das ist beim Attentat anders. Hier ist es i.d.R. nicht der innerste Zirkel der Macht, von dem das Attentat ausgeht. Dies ist meist eher in Regierungsformen der Fall, die auf dem dynastischen Prinzip beruhen (was dann aber Mord ist, ergo niemals vertretbar).

Nikolaus von Rußland. Wer tot ist kann nicht restauriert werden. Der Mord am Zaren und seiner nächsten Familie hat die Herrschaft der Räte wesentlich gefestigt. Der Adel konnte sehen, was einem blühen würde der sich regt. Die, die den Adel hassten, wurden ermutigt alles gegen ihre Feindbilder zu tun, was sie nur wollten.

Die Frage ist natürlich, ob man hier noch von einem Attentat sprechen kann. Der Zar und seine Familie waren Gefangene. Hier handelt es sich nicht um ein Attentat im eigentlichen Sinne, sondern um Mord durch die Machthaber. Wenn dieser auch in der Bürgerkriegslogik (ohne ihn damit schönreden zu wollen) nachvollziehbar ist.

ein politisches Attentat auf eine Einzelperson wird nur dann eine Wirkung erzielen, wenn diese Einzelperson besonders herausragt und sei es nur durch Charisma. Oder wenn diese Einzelperson unersetzlich für das herrschende System ist.

Die Frage ist halt, ob das wirklich funktioniert. Nehmen wir Hitler: Als der Krieg endlich aufhörte, war dieser schon eine Woche tot. Obwohl Deutschland eigentlich schon längst endgültig geschlagen war. D.h. das nationalsozialistische System funktionierte auch nach dem Tod der Figur auf die es zugschnitten war, bei aller Kriegsmüdigkeit weiter.
Ohne das hier zu vertiefen kann man natürlich mögliche Gründe dafür finden, etwa die Wirkung der antisowjetischen Greuelpropaganda.


Aus dem Mittelalter wurde kein Beispiel genannt, kann es da keins geben, weil alle poltischen Umstürze gescheitert sind? Oder war die Hinrichtung Müntzers im heutigen Sinn auch ein politisches Attentat?

Da ging es eben nicht um den Wechsel eines Systems, sondern meist um (inner)dynastische Interessen.
Ein mittelalterliches Attentat, erschütterte die römisch-katholische Welt derart, dass es noch hundert Jahre später die Dichter (hier den Tannhäuser) anregte zu dichten.

Ez sluoc ein wip ir man ze tode und al ir kint geswinde
sluoc si ze tode, seht, daz was dem man unmazen zorn.
ze tode sluoc er si herwider und allez ir gesinde
sluoc er ze tod, doch wurden sider kint von in geborn.
Got hiez werden einen man,
der nie geboren wart von frouwen libe.
diu vater noch muoter nie gewan,
die nam er im ze wibe.
Dar nach ein hunt erbal,
daz alle liute, die do lebten, horten sinen schal.
Diu erde ist hoher danne der himel, daz hant die wisen meister wol befunden
hie vor bi manegen stunden.
Ein kint daz sluoc den vater sin, do'z in der muoter was,
do er den andern kinden sanc von got und in die rehten warheit las.

Patrem progenies occidit matris in alvo.


In diesem Rätsel geht es um die Ermordung Thomas Beckets.






Hitler für einen austauschbaren Funktionsträger zu halten finde ich schon speziell.

Der Mann war der Motor der Bewegung, für die er stand. Seine folgenreichsten Untaten hatten wenig mit sozial oder national zu tun, sondern wohl eher mit seinen psychischen Defekten.

Nun kann man sich fragen, ob die "gläubigen Nationalsozialisten" in Schlüsselfunktionen eher danach ausgesucht waren, dass sie ähnliche Wahnideen hatten wie Hitler, oder ob Hitler es eher vermocht hatte, sie von seinen Wahnideen zu begeistern. Ich tippe auf die zweite Variante, weil Wahnideen dazu neigen, einem einzelnen kranken Hirn zu entspringen. Ist dieses Hirn aber charismatisch - was man Hitler wohl oder übel zugestehen müssen wird - so kann es andere von den eigenen Ideen begeistern, besonders wenn diese den Nerv der zeit treffen. Und das war offensichtlich der Fall, wenn man sich die Vielzahl der nationalistischen faschistoiden Bewegungen jener Zeit anschaut.

Hitler war zwar sicherlich ein "defizitärer Charakter", aber er stand da eben nicht allein. Das Problem ist doch, dass "potentiell faschistische Individuen" (eine Wendung Adornos) in Deutschland und Österreich zur Genüge bereit standen, um einen autoritären und totalitären Staat aufzuziehen und mit diesem einen Krieg zu führen und dabei einen Massenmord zu organisiseren, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat. das auf Hitlers psychische defekte zurückzuführen ist die Entschuldungsstrategie der 50er und 60er Jahre.
 
Zuletzt bearbeitet:
Natürlich kann man die Wirksamkeitsdiskussion hier einbauen, denn nur dann, wenn man überzeugt ist, dass ein Attentat wirksam ist, kann es nach übergeordnetem positiven Recht auch vertretbar sein.

Um das noch mal auszuführen: Nur dann, wenn ein Attentat die Chance hat realexistierende Missstände zu beseitigen und andere, gewaltfreie Maßnahmen nicht greifen, dann kann das Attentat vertretbar sein, sofern damit Schlimmeres verhindert werden kann.
 
Was definierts Du mit "Schlimmeres"?

Das lässt sich einem meiner älteren Beiträge, vom 25.11. entnehmen:

Nun ist es aber noch immer so, dass zwischen der illegalen Aktion, die ja auch darin bestehen kann, dass man ein Flugblatt druckt und Tötung oder gar Mord noch eine ganze Palette von Möglichkeiten des Widerstands existiert. Es ist auch immer eine Frage, wie hoch die Dringlichkeit ist. Verhindert man durch die Tötung der Zielperson die Tötung von anderen, möglicherweise unschuldigen Menschen? Wie viel Menschenleben ist ein Menschenleben wert?
 
Das ist die Frage aller Fragen: Wie viel Menschenleben ist ein Menschenleben wert?

Okay, dass ist deine Sicht, aber wer legt fest, was "Schlimmeres" ist, denn damit werden Mittel des Widerstandes gerechtfertigt, die sonst keine Rechtfertigung finden würden.

Und das ist das eigendliche Problem, über die Vertretbarkeit von Attentaten zu sprechen. Wer legt fest, wann der Grund gerechtfertigt scheint?
 
Das ist die Frage aller Fragen: Wie viel Menschenleben ist ein Menschenleben wert?

Okay, dass ist deine Sicht, aber wer legt fest, was "Schlimmeres" ist, denn damit werden Mittel des Widerstandes gerechtfertigt, die sonst keine Rechtfertigung finden würden.

Und das ist das eigendliche Problem, über die Vertretbarkeit von Attentaten zu sprechen. Wer legt fest, wann der Grund gerechtfertigt scheint?

...und schon finden wir uns bei den Kernkritiken des Utilitarismus nach Bentham und Mill. Vielleicht morgen dazu mehr, ich bin im Moment ein wenig in Zeitdruck. Einstweilen mag der Link zur Wikipedia genügen:

Utilitarismus ? Wikipedia

Und fast das wichtigste:

Utilitarismus ? Wikipedia
 
Grundsätzlich gibt es das Recht auf Leben. Dieses Recht kann man keinem Menschen nehmen.
Wenn jetzt aber ein Mensch (A) des anderen (B) Recht auf Leben missachtet, B also in seiner körperlichen Unversehrtheit bedroht und es keine andere Möglichkeit gibt (etwa rechtsstaatliche Mittel), die Bedrohung für B abzuwenden, dann hebt A sein eigenes Recht auf körperliche Unversehrtheit auf, weil nur so B geschützt werden kann.

Wenn z.B. Bankräuber Geiseln nimmt, und Verhandlungen nicht erfolgversprechend sind, dann setzt die Polizei Scharfschützen ein. Die müssen den Bankräuber nicht töten, aber außer Gefecht setzen.

Was passiert nun, wenn der Staat in die Rolle von A schlüpft und einer Teilmenge seiner oder fremder Bürger das überpositive Recht auf Leben entzieht? Dann kann der Schutz von deren Recht auf körperliche Unversehrheit und Leben nicht mehr mit rechtsstaatlichen Mitteln geschützt werden.
 
... und es keine andere Möglichkeit gibt (etwa rechtsstaatliche Mittel), die Bedrohung für B abzuwenden, dann hebt A sein eigenes Recht auf körperliche Unversehrtheit auf, weil nur so B geschützt werden kann.
Und wie wäre das nun zu betrachten in einem Staat, der zwar grundsätzlich rechtsstaatliche Mittel des Einspruchs/der Beschwerde zur Verfügung stellt, die entsprechenden Anträge aber systematisch abschmettert und/oder entsprechende Beschwerdeführer durch indirekten Druck über Dritte (Jobverlust, gerechtfertigte oder ungerechtfertigte Überprüfungen und Anzeigen, ...) einzuschüchtern versucht?
 
@El Quijote: Aber wer gibt es vor, dass Recht auf körperliche Unversehrtheit aufzuheben.

Die RAF z.B. hat für sich nur den Weg der blutigen Attentate als Weg des Widerstandes gegen Staat gesehen und gibt für sich somit vor, die körperliche Unversehrheit aufzugeben und erklärt es somit als gerechtfertigt.

Waren diese Attentate dann auch vertretbar? Für die Mitglieder der RAF wohl schon. :grübel:
 
Und wie wäre das nun zu betrachten in einem Staat, der zwar grundsätzlich rechtsstaatliche Mittel des Einspruchs/der Beschwerde zur Verfügung stellt, die entsprechenden Anträge aber systematisch abschmettert und/oder entsprechende Beschwerdeführer durch indirekten Druck über Dritte (Jobverlust, gerechtfertigte oder ungerechtfertigte Überprüfungen und Anzeigen, ...) einzuschüchtern versucht?
Aber wer gibt es vor, dass Recht auf körperliche Unversehrtheit aufzuheben.

Die RAF z.B. hat für sich nur den Weg der blutigen Attentate als Weg des Widerstandes gegen Staat gesehen und gibt für sich somit vor, die körperliche Unversehrheit aufzugeben und erklärt es somit als gerechtfertigt.

Waren diese Attentate dann auch vertretbar? Für die Mitglieder der RAF wohl schon. :grübel:

Die Mitglieder der RAF haben sich ihre eigene Realität zurecht gelegt.
Aber die Grundbedingungen die genannt wurden, waren nicht gegeben.
Erstens ist der Staat - bei allem, was in der frühen Bundesrepublik nicht in Ordnung war - nicht hingegangen und hat das Leben (einer Teilmenge) seiner Bürger oder Staatsfremder bedroht. Somit war schon mal grundsätzlich kein legitimer Grund für den Terror der RAF gegeben (Die Tötung (Ermordung?) Ohnesorgs war ein singuläres Ereignis, Dutschke wurde von einem rechtsextremen Einzeltäter angeschossen). Zum zweiten wurden die rechtsstaatlichen Mittel gegen den Staat nicht ausgeschöpft und zum dritten gibt es zwischen den rechtsstaatlichen Mitteln und der Tötung als ultima ratio bzw. wenn dies nicht die ultima ratio ist, dann Ermordung von Repräsentanten des Staates, noch eine ganze Palette von Maßnahmen die man ergreifen kann.

Ich verweise da noch mal explizit auf mein vorheriges Selbstzitat:

Man kann feststellen, dass noch nicht alle rechtsstaatlichen Mittel ausgeschöpft sind oder man kann feststellen, dass der Rechtsstaat mit Füßen getreten wird, ergo schon die Artikulation der eigenen Perspektive oder Anrufung des Rechtsstaats für einen selbst mit Gefängnis/Lager oder gar Mord enden kann. In letzterem Falle hat man keine anderen Möglichkeiten, als die der Illegalität. Nun ist es aber noch immer so, dass zwischen der illegalen Aktion, die ja auch darin bestehen kann, dass man ein Flugblatt druckt und Tötung oder gar Mord noch eine ganze Palette von Möglichkeiten des Widerstands existiert. Es ist auch immer eine Frage, wie hoch die Dringlichkeit ist.
 
Aber die Grundbedingungen die genannt wurden, waren nicht gegeben.
Erstens ist der Staat - bei allem, was in der frühen Bundesrepublik nicht in Ordnung war - nicht hingegangen und hat das Leben (einer Teilmenge) seiner Bürger oder Staatsfremder bedroht. [...]

Gut klar, aber das würde ja bedeuten, daß ein Teil der Bevölkerung in der DDR das Recht gehabt hätte die körperliche Unversehrtheit aufzuheben und den Widerstand in Form von Gegenwalt gegen das SED Regime zu führen?
 
Gut klar, aber das würde ja bedeuten, daß ein Teil der Bevölkerung in der DDR das Recht gehabt hätte die körperliche Unversehrtheit aufzuheben und den Widerstand in Form von Gegenwalt gegen das SED Regime zu führen?

Jein. 1953 hätten sie dieses Recht gehabt. Der Flüchtling an der innerdeutschen Grenze, der sich den Gewehrläufen der Grenzsoldaten ausgesetzt war, hätte dieses Recht gehabt, weil akute Lebensgefahr bestand. 1989 haben aber die Bürger der DDR gezeigt, dass es auch anders ging. Die DDR hat - bei allem Unrechtscharakter - ja grundsätzlich nicht das Leben ihrer Bürger bedroht. Widerstand war legitim. Attentate eher nicht.
 
Also meine Frage dazu war nicht auf die RAF bezogen^

Staaten, auch und gerade "demokratische", bedrohen zB das Leben ihrer und anderer Leute durch Todesstrafen und "gezielte (präventive) Tötungen" (= Ermordung von Personen die als Gefahr betrachtet werden). Abgesehen von der Fragwürdigkeit dieses Vorgehens werden dabei noch die Leben Unbeteiligter gefährdet.

Proteste im Rahmen der vorhandenen Rechtsmittel zeigen nachgewiesenermaßen keine Wirkung, hätte hier dann der Staat bzw. dessen Führer nach deiner Einschätzung das recht auf die Unversehrtheit des eigenen Lebens verwirkt?
 
Also meine Frage dazu war nicht auf die RAF bezogen^

Aber die von Köbis, und man konnte sie in cummulo beantworten.

Staaten, auch und gerade "demokratische", bedrohen zB das Leben ihrer und anderer Leute durch Todesstrafen und "gezielte (präventive) Tötungen" (= Ermordung von Personen die als Gefahr betrachtet werden). Abgesehen von der Fragwürdigkeit dieses Vorgehens werden dabei noch die Leben Unbeteiligter gefährdet.

Was auch immer du unter "gerade 'demokratische'" verstehst. Brauchst du mir aber auch nicht zu beantworten, weil das in der Frage wohl nicht weiterführt.

Proteste im Rahmen der vorhandenen Rechtsmittel zeigen nachgewiesenermaßen keine Wirkung, hätte hier dann der Staat bzw. dessen Führer nach deiner Einschätzung das recht auf die Unversehrtheit des eigenen Lebens verwirkt?

Wie gesagt, zwischen rechtsstaatlichen Mitteln und Tötung liegen auch - zwar möglicherweise schon im illegalen Bereich liegende - mildere Formen des Widerstands. Solange diese nicht ausgeschöpft werden, ist ein Attentat als Mord zu gewichten.
 
In der friedlichen Revolution 1989/90 wurde kein bzw kaum Gewalt gegen Menschen eingesetzt; es wurde allerdings gegen DDR-Gesetze verstoßen, das Gewaltmonopol des Staates in Frage gestellt, und auch von zivilem Ungehorsam inkl vorkommender Gewalt gegen Sachen kann man sprechen.

Hätte die DDR-Führung dies zum Anlass genommen, mit Gewalt gegen die protestierende Bevölkerung vorzugehen, wäre sicher auch der Einsatz von gegen Menschen gerichteter Gewalt seitens der Demonstranten legitim gewesen. Glücklicherweise entschied sich die Spitze der SED gegen die "chinesische" oder "rumänische" Lösung, aber hätte sie's getan, wäre es dann ein Verbrechen gewesen, sich dagegen zur Not mit Waffengewalt zur Wehr zu setzen?

Es ist juristisch wohl nicht der richtige Begriff, aber auch für Notwehr, Nothilfe und allgemein Widerstand gilt so etwas wie der Grundsatz der Verhältnissmäßigkeit: Die zur Abhilfe eines Unrechts eingesetzten Mittel dürfen nicht drastisch schlimmer sein als das Unrecht selber...
 
Die zur Abhilfe eines Unrechts eingesetzten Mittel dürfen nicht drastisch schlimmer sein als das Unrecht selber...

Das würde ja bedeuteten, daß hier das Auge um Auge und Zahn um Zahn Prinzip die gleichen Mittel rechtfertigt.:S

Das führt doch aber in eine gewalttätige Anarchie. Also ich möchte meinem Kind nicht beibringen, immer zurückzuschlagen, wenn es selbst geschlagen wird.:grübel:
 
Das würde ja bedeuteten, daß hier das Auge um Auge und Zahn um Zahn Prinzip die gleichen Mittel rechtfertigt.:S

Das würde glaube ich aber in eine gewalttätige Anarchie führen. Also ich möchte meinem Kind nicht beibringen, immer zurückzuschlagen, wenn es selbst geschlagen wird.:grübel:

Das wäre aber ein großes Missverständnis dessen, was Reinecke schreibt. Es geht nicht um spiegelstrafende Rache, sondern um die Verhältnismäßigkeit des Widerstandes.
 
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Das wäre aber ein großes Missverständnis dessen, was Reinecke schreibt.

Okay, vielleicht habe ich hier den Zusammenhang zur Selbstverteidigung und Notwehr ausgeblendet, sorry. Das ist dann schon noch eine andere Grundlage.

Übrigens, das Wort - Verhältnismäßigkeit - ist ein interessanter Begriff in dieser Diskussion.
 
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