Preußens Verdienste

Abgesehen von den Napoleonischen Kriegen war der größte historische Verdienst Preußens die Vereinigung Deutschlands im Jahre 1871. (Aber das nur nebenbei, da es wohl nicht in diesen Pfad gehört.)
Das meinte Mitglied Barbarossa in einem andern Thread.

Was sind eurer Meinung nach die größten historischen Verdienste Preußens.
 
Ob Verdienst oder Vergehen, das muss ja jeder für sich entscheiden.

Genauso gut könnte man den Fürstenbund von 1785 als Leistung zum Erhalt der Unabhängigkeit der Reichsfürsten gegenüber dem Kaiser und des Zustandes des Reiches feiern oder aber als Schwächung des Reiches verdammen. Es kommt eben auf den Blickwinkel an.
http://de.wikipedia.org/wiki/Fürstenbund
 
auch wenn ich die frage nicht ganz verstehe (worauf zielst du eigentlich ab? was sind verdienste, meinst du nur preussen ab 1701 oder auch schon brandenburg, nur die hohenzollern, der staat oder die leistungen einzelner? zählen solche dinge wie die "preussischen tugenden" dazu?), sind für mich die grössten preussischen leistungen die einführung der allgemeinen schulpflicht 1717 und die humboldtsche bildungsreform um 1810.

was noch? eine effiziente verwaltung, religiöse toleranz lange bevor das in anderen ländern üblich war. der aufstieg von der streusandbüchse zur grossmacht, nicht nur militärisch-politisch, sondern auch im bereich der wirtschaft.
 
...Was sind denn die preußischen Tugenden?
Preußen war in vielen Dingen, die für damalige Zeiten sehr fortschrittlich waren, Vorreiter. Hier ein Zitat aus meinem Buch " Die Hohenzollern"
Über Friedrich II. (1740-1786): "Er lehrte sein Volk Fleiß und Unbestechlichkeit, Bescheidenheit und Einfachheit, genau wie sein Vater vor ihm, aber er drückte dem preußischen Ethos auch den Stempel seiner kultivierten und aufgeklärten Persönlichkeit auf. Schon unter dem Großen Kurfürsten war Preußen ein Zufluchtsort der religiös Verfolgten geworden; Friedrich der Große bestärkte diese Tradition der Toleranz und schuf für ganz Europa ein Beispiel liberalen Denkens durch die Abschaffung der Folter und die Einführung der Pressefreiheit. Das Preußentum, wie es nun Gestalt annahm, beinhaltete nicht nur den Militarismus als augenfälligstes äußeres Charakteristkum, sondern auch etwas höchst Ungewöhnliches: eine Ehrfurcht vor dem Gesetz, dem selbst der König unterworfen war. Der geringste Bürger konnte in Preußen seinen König bei Gericht zur Rechenschaft ziehen; er war nicht darauf beschränkt, beim König bittstellig zu werden, er konnte ihn vielmehr (ver)klagen" (was auch tatsächlich vorkam).
Im Text sind auch bereits einige der preußischen Tugenden erwähnt. Der Vollständigkeit halber hier noch einmal eine Aufzählung dieser Tugenden:

-Aufrichtigkeit, Geradlinigkeit
-Bescheidenheit ("Mehr sein als scheinen!")
-Fleiß
-Sparsamkeit
-Gerechtigkeitssinn
-Toleranz
-Ordnungssinn
-Zuverlässigkeit
-Mut und Tapferkeit
-Pflichtbewusstsein und Unterordnung (jedoch nicht ohne Freimut),
-Redlichkeit und Unbestechlichkeit
-Treue
-Härte (gegen sich mehr noch als gegen andere)
:)
 
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Hier ein Zitat aus meinem Buch " Die Hohenzollern"
Unter welchem Verfassernamen ist Dein Buch erschienen?


Er lehrte sein Volk Fleiß und Unbestechlichkeit, Bescheidenheit und Einfachheit, genau wie sein Vater vor ihm

Als ich neulich in einem anderen (freilich auch nicht immer unfehlbaren) Büchlein geblättert habe, habe ich unter dem Stichwort "Preußische Beamte" folgende Passage gefunden:

Angefangen bei der ersten Kammerzofe über den königlichen Schloßverwalter bis hin zum ersten Staatsminister, der sich nacheinander von England, von Frankreich und schließlich im großen Stil vom Wiener Hof bestechen ließ, haben viele hohe Beamte in der Verwaltung des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm gegen Bargeld ausländischen Mächten ausgeholfen, sein eigener Sohn, der spätere König Friedrich, durchaus nicht ausgenommen. Denn um diverse Schulden zu bezahlen, hatte Friedrich hinter dem Rücken seines Vaters eine österreichische Jahrespension von 2500 Dukaten angenommen...

(Walter Krämer und Götz Trenkler, Lexikon der populären Irrtümer, München 1998, S. 290)
 
@ Hyokkose
Ich dachte das war allgemein bekannt, dass sowohl Friedrich als auch ein ganzer Teil der Minister, wohl selbst Grumbkow, von österreichischen Geldern manipuliert wurden. Friedrich soll es sogar nach Wilhelmines Aussage, seiner Schwester empfohlen haben, doch auch das Geld anzunehmen. Da der Soldatenkönig ohnehin im Großen und Ganzen für Österreich Partei nahm, verwundert die Beherschung des Berliner Hofes durch die Österreicher eigentlich wenig. Zu angeblichen Sparsamkeit habe ich schon einiges gesagt.
Tugenden bleiben ja Tugenden, ob sie nun eingehalten werden oder nicht.
 
Die Maximen stammen zum Gros ja auch aus der Zeit des Soldatenkönigs, der ein überzeugter Calvinist war. Es war wohl angeraten dem calvinistischen Glauben anzugehören, um in Brandenburg-Preußen eine Karriere hinzulegen, Pflicht war es scheinbar nicht.

Kurf. Johann Sigismund von Brandenburg war 1613 vom lutherischen zum reformierten Glauben übergetreten und hat damit viel Staub aufgewirbelt, da ja normalerweise, dann eine Zwangsangleichung der Konfession der Untertanen erfolgte. Darauf verzichteten die Hohenzollernherscher allerdings, vermutlich wohl wissend, dass die Kluft, die durch den Glaubenswechsel zwischen Untertanen und Fürst aufgerissen worden war, schon schlimm genug wirkte. So betonten mehrere Hohenzollernfürsten, dass sie zwar bei ihrem Bekenntnis bleiben wollten, aber ihre Untertanen nicht missionieren. Man erkennt daraus, dass die religiöse Toleranz in Brandenburg abgesehen von den ökonomischen Vorteilen, auch durch den Übertritt Johann Sigismunds und die daraus entspringenden Ansichtem der brandenburgischen Potentaten befördert wurde.

In gewisser Weise sorgte dieser calvinistische Hof in Berlin auch dafür, dass dort ein Anziehungspunkt auch für Gelehrte der reformierten Lehren entstand. Bürokratisierung und Effizienzgewinn, sowie Sparsamkeit wurden wohl auch durch die Konfession beeinflusst.

Dass die Konfession allerdings auch für Probleme sorgte, das ist ja ganz klar, vor allem im lutherisch dominierten Norden, gestalteten sich allianzstiftende Ehen durch den Konfessionswechsel der Braut bzw. des Bräutigams nicht gerade leichter. Durch die Katholisierung der Pfalz mit dem Tode Karl II. von der Pfalz, wurde Brandenburg das einzige größere Fürstentum mit einem calvinistischen Potentaten.
 
Aber sind das nicht alles Tugenden die man für gewöhnlich mit allen puritanisch-protestantischen Ländern assoziert?

ja und? preussen war spätestens um 1700 die führende protestantische macht im hrrdn (eben nicht nur eine calvinistische). deshalb werden im deutschen sprachraum diese tugenden im allgemeinen mit preussen in verbindung gebracht. natürlich gelten sie auch für andere protestantische länder (s. wiki), wobei die religiöse toleranz nicht für alle protestantischen länder zutrifft (man denke da an grossbritannien).
 
ja und? preussen war spätestens um 1700 die führende protestantische macht im hrrdn (eben nicht nur eine calvinistische). deshalb werden im deutschen sprachraum diese tugenden im allgemeinen mit preussen in verbindung gebracht. natürlich gelten sie auch für andere protestantische länder (s. wiki), wobei die religiöse toleranz nicht für alle protestantischen länder zutrifft (man denke da an grossbritannien).
Im deutschen Sprachraum nicht, höchstens im deutschen Reich.
 
Vielleicht der größte Verdienst Preußens: die Umwandlung einer baltischen Kolonie in deutsche Stammlande.
 
da das deutsche reich nicht mehr existiert, der begriff "preussische tugenden" aber durchaus in der schweiz und österreich verstanden wird (oder werden sollte) habe ich mir erlaubt, den deutschen sprachraum aufzuführen.

übrigens nicht nur im deutschen sprachraum:
Even today, a certain kind of ethic is called "Prussian virtues", for instance: perfect organization, sacrifice, rule of law, obedience to authority and militarism, but also reliability, tolerance, thriftiness, modesty, and diligence. Many Prussians believed that these virtues were part of the reasons for the rise of their country.
wiki
 
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Einspruch! Von "Preußen" kann um 1700 als Macht noch nicht gesprochen werden. Die entscheidende Größe ist das alte Haus Brandenburg und Preußen ist nur ein Anhängsel, mit dem sich Fridrich I. schmückt (seit dem er es zum Königtum aufgmotzt hat, worüber Europa nur schmunzelt, weil es eigentlich nur eine Provinz ist). Ab 1701 spricht man von Brandenburg=Preussen. Fridrich ist König von Preußen und Markgraf von Brandenburg, zusätzlich noch mit dem Chur=Huth für die Chur Brandenburg. Irgendwann später wird man alles zusammen werfen und insgesammt "Preußen" nennen.
Mit Hannover ist das auch so ein Durcheinander. Die Churfürstliche Familie residiert zwar schon eine Weile in Hannover (vor allem Herrenhausen), es heißt aber eigentlich Churbraunschweig. Da aber alle Welt immer von Hannover sprach, weil die Churfürsten dort nunmal ansäßig waren, bürgerte sich "Churhannover" ein. Das ist aber eigentlich nur Umgangssprachlich, faktisch dagegen unrichtig. Das ganze Herrschaftsgebiet dieser Welfenfamilie heißt "Hertzogthum Braunschweig=Lüneburg". Neben Celle, Wolfenbüttel und anderen kleinen Teilchen, gehört Churbraunschweig quasie als Sahnehäubchen dazu.
Um 1700 beginnt Brandenburg eigentlich erst langsam aufzusteigen. Fridrich hatte sich 1697 sehr über seine Alliirten geärgert, die ihn während der Friedensverhandlungen zum Pfälzischen Krieg nicht als gleichwärtige Macht anerkannten, sondern als Hilfstruppenspender. Ich sehe Hannover und Berlin etwa auf gleicher Höhe. Auch die Truppen von Braunschweig=Lüneburg haben sich in den Jahren sehr gut geschlagen. Erst jetzt, im Spanischen Erbfolgekrieg, scheinen die Brandenburger eine besonders wichtige Stütze für Prinz Eugen zu sein, was das Selbstbewußtsein des Hauses Brandenburg=Preussen entsprechend steigern wird. Das ist in der Tat der Anfang, für ein künftiges Preußen, das sich zunehmend als Europäische Großmacht etablieren wird. Davon konnte aber vor 300 Jahren noch keine Rede sein - man konnte allenfalls davon träumen und es eventuell erahnen.
Was die Erhebung Preußens zum Königtum angeht, hört man auch in Berlin um 1700 viel Skepsis. Was sollte das bringen? Das Herzogtum Preußen war letztlich immer ein polnisches Provinz-Lehen gewesen - das alte Stammesgebiet der wilden, heidnischen Pruzzen. Die Erhebung zum Königtum war eine der ehrgeizigen Schnappsideen von Fridrich, der sich eigentlich nur mit der Krone schmücken wollte, um in Europa mehr Anerkennung zu bekommen (was man wie gesagt nicht richtig ernst nahm). Daß aus dieser fixen Idee Jahrzehnte später eine Großmacht erwachsen sollte, kann man als Ironie der Geschichte betrachten.;)
 
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Unter welchem Verfassernamen ist Dein Buch erschienen?
Hab gerade nochmal nachgeschlagen, also das Buch ist eine deutsche Übersetzung von Walter Henry Nelson und hieß in der Originalausgabe "The Soldier Kings".
An anderen Stellen geht er mit den Preußen bzw. Hohenzollern auch härter ins Gericht.
 
Einspruch! Von "Preußen" kann um 1700 als Macht noch nicht gesprochen werden. Die entscheidende Größe ist das alte Haus Brandenburg und Preußen ist nur ein Anhängsel, mit dem sich Fridrich I. schmückt (seit dem er es zum Königtum aufgmotzt hat, worüber Europa nur schmunzelt, weil es eigentlich nur eine Provinz ist)...Was die Erhebung Preußens zum Königtum angeht, hört man auch in Berlin um 1700 viel Skepsis. Was sollte das bringen?...
Nun ja, anscheinend hatte um 1700 unter den deutschen Fürsten eine art Wettrennen um Königskronen begonnen. In meinem Buch wird das folgendermaßen beschieben: Kurfürst Friedrich III. überstellte einen Teil seiner Soldaten in kaiserlichen Dienst, "um sich die Königswürde zu verschaffen," (die ihm nur der Kaiser verleihen konnte) "denn je näher das Ende des 17. Jh. rückte, desto erpichter war er darauf: der benachbarte Kurfürst von Sachsen hatte im Jahre 1691 sein Ziehl erreicht - er war zum König von Polen gekrönt worden - und ein Jahr später erhielt der Herzog von Hannover die Kurfürstenwürde verliehen. Rund um ihn sah er Rangerhöhungen: der Sachse hatte ihn bereits überrundet und der Hannoveraner rückte häher."
 
Zu dem Thema Preußische Vormacht in Norddeutschland haben wir schon einiges geschrieben. http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=207842&postcount=30 ... so als Beispiel. Autoren wie Heinz Schilling gehen scheinbar eben schon von einem ganz erheblichen Einfluss Preußens aus und vielmehr einem Vorsprung gegenüber Kursachsen und anderen Staaten. Aber lassen wir das...
Ein Thread mit dem Thema Sächsisch-Preußischer Konflikt ist schon ein bisschen überfällig.:fs:
 
Einspruch! Von "Preußen" kann um 1700 als Macht noch nicht gesprochen werden. Die entscheidende Größe ist das alte Haus Brandenburg und Preußen ist nur ein Anhängsel, mit dem sich Fridrich I. schmückt (seit dem er es zum Königtum aufgmotzt hat,...


Sehe ich auch so. "Die Königswürde war zweifellos ein an der Weltlage und der Mächtegruppierung abgerungener diplom. Erfolg....." ( H.J. Schoeps )
Während August. d. Starke 1697 König von Polen war, konnte Fr.III. nur König in Preussen werden, die Polen hätte man sicher sonst gereizt, gehörte Westpreussen doch noch zu Polen.
Erst Friedr, d. Gr. führte ab 1772 den Titel "König v. Preussen ".
Die neue preuß. Königskrone verband rein dt. Länder, während Hannover und Sachsen außerdeutsche Personalunionen eingegangen waren.
Die Erhöhung des Herzogtums Preussen konnte u.a.der Kaiser vielleicht auch deshalb bestechlichen Herzens zustimmen, da das Herzogtum gar nicht zum Reichsverband gehörte und ein souveränes Gebiet darstellte..........:grübel:
 
Die Erhöhung des Herzogtums Preussen konnte u.a.der Kaiser vielleicht auch deshalb bestechlichen Herzens zustimmen, da das Herzogtum gar nicht zum Reichsverband gehörte und ein souveränes Gebiet darstellte..........:grübel:
Zu erwähnen ist dabei aber noch, daß das Hzm. Preußen auch nach der brandenburgischen Erbschaft 1618 noch unter polnischem Lehen stand. Mit der Erhebung Preußens zum Königreich wurde es 1701 aus dem Kgr. Polen herausgelöst. Somit griff der römisch-deutsche Kaiser in die Lehensverhältnisse Polens ein......:grübel:
 
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