Preußische Traditionen in der NVA?

Rurik

Aktives Mitglied
Das Züchtigungsrecht an Schulen bestand in der Bundesrepublik Deutschland bis 1973, die DDR hatte Körperstrafen an den Schulen 1949 abgeschafft. Kein so richtiges Indiz für eine Diktatur.
Anders herum: Die NVA empfand ich als sehr preussisch, obwohl die Rote Armee immer Vorbild war. Da warf das Kaiserreich dann doch lange Schatten.
 
Anders herum: Die NVA empfand ich als sehr preussisch, obwohl die Rote Armee immer Vorbild war. Da warf das Kaiserreich dann doch lange Schatten.


War ja in einigen nicht zu übersehen.
Zum Beispiel Auszeichnungen.
Verliehen wurde der „Scharnhorst – Orden“.
Es gab auch seit 1968 den „Blücher – Orden“, aber der wurde nie verliehen.

Dann der Stechschritt bei Paraden.

Hin und wieder klappte es und ich konnte mir den „Großen Wachaufzug“ an der „Neuen Wache“ ansehen. War wohl jeden Mittwoch um 15.00.

Und dann der „Yorckschemarsch“. Höre ich sehr gern, einer meiner Lieblingsmärsche.
Und e.a.m.
 
Zuletzt bearbeitet:
War ja in einigen nicht zu übersehen.
Zum Beispiel Auszeichnungen.
Verliehen wurde der „Scharnhorst – Orden“.
Es gab auch seit 1968 den „Blücher – Orden“, aber der wurde nie verliehen.

Dann der Stechschritt bei Paraden.

Hin und wieder klappte es und ich konnte mir den „Großen Wachaufzug“ an der „Neuen Wache“ ansehen. War wohl jeden Mittwoch um 15.00.

Und dann der „Yorckschemarsch“. Höre ich sehr gern, einer meiner Lieblingsmärsche.
Und e.a.m.

Die NVA bezog sich gemäß der Staatsideologie auf die Teile der deutschen Militärtradition, die für die progressivsten gehalten wurden; daneben stand der Bezug auf die Geschichte der Arbeiterbewegung bzw deren militanten Teile und auf die Sowjetunion inkl Roter Armee. Daher Namen wie Scharnhorst und Blücher, vielleicht auch der Yorksche Marsch (wobei die BW den auch spielt).

Der Stechschritt stammt allerdings nicht aus preussischer Tradition, zumindest nicht direkt. Den hatten die Preußen sich (ich glaub im 19. Jh.) von den Russen abgschaut, die Sowjetunion hat ihn vom Zarenreich übernommen, und die NVA hat ihn dann von der Roten Armee bekommen. Naja, von der Sowjetunion lernen hieß marschieren lernen, wohin auch immer... ;)
 
Der Stechschritt stammt allerdings nicht aus preussischer Tradition, zumindest nicht direkt. Den hatten die Preußen sich (ich glaub im 19. Jh.) von den Russen abgschaut, die Sowjetunion hat ihn vom Zarenreich übernommen, und die NVA hat ihn dann von der Roten Armee bekommen. Naja, von der Sowjetunion lernen hieß marschieren lernen, wohin auch immer... ;)

Meinem Wissen nach waren das im 19. Jahrhundert eher parallele Entwicklungen.
Die Kaiserlich Russische Armee übertrieb das Exerzieren des Stechschrittes allerdings schon fast exzessiv.
 
Meinem Wissen nach waren das im 19. Jahrhundert eher parallele Entwicklungen.
Die Kaiserlich Russische Armee übertrieb das Exerzieren des Stechschrittes allerdings schon fast exzessiv.

Ich will es nicht garantieren, aber ich glaube, dass diese Tradition auf Paul I. zurückgeht.
 
Der Stechschritt scheint so eine Angelegenheit zu sein, wie die elektromagnetischen Wellen.

Papa Herz entdeckte diese Wellen und lies sie gen West um die Erde kreisen.
Und da kamen sie auch in Russland an.
Und da entdeckte sie Papa Alexander Stepanowitsch Popow neu.
 
lt. Tante Wiki war Friedrich Wilhelm III. von Preußen der Einführer:

Stechschritt ? Wikipedia

Liest man weiter, war er parallel auch in Rußland verbreitet. Ob ihn Paul I. einführte, bleibt offen. Soo lange war er ja nicht Zar, schaffte es aber immerhin, den Sodatenzopf wieder einzuführen:

Paul I. (Russland) ? Wikipedia

Grüße
excideuil


Böse Zungen hätten auch behaupten können, dass er es schaffte, den Stand der russischen Armee um 30 Jahre zurückzuwerfen. Paul beseitigte die Armeeverordnungen von Potjomkin und ließ seinem Intimfreund Alexej Araktschejew völlig freie Hand, der sehr großen Wert auf Drill legte und ein drakonischer Exerziermeister war. Auf militärische Haltung wurde größter Wert gelegt. Die Soldaten mussten mit herausgestreckter Brust und eingezogenem Bauch marschieren mit regungslos herabhängendem rechten Arm und völlig ausgestrecktem linken Arm, um die Miuskete gerade zu halten. Die knie durften nicht gebeugt werden und der Fuß sollte mit den zehen zuerst auf den Boden knallen. das taktische Marschtempo wurde mit 75 Schritt pro Minute festgelegt. 1803 wurde ein Exerzierschrit mit 120 Schritt in der Minute fetsgelegt. (zit. Patrick Duffy, die Schlacht von Austerlitz S. 45.)
 
Hm, irgendwie kommt mir 75 Schritt pro Minute ganz schlüssig vor. :grübel: 120 Schritt klingt nach sowas wie pas de charge - also geschwinder Schritt. Damit lässt sich auf jeden Fall schlechter eine Formation einhalten.
 
Böse Zungen hätten auch behaupten können, dass er es schaffte, den Stand der russischen Armee um 30 Jahre zurückzuwerfen. Paul beseitigte die Armeeverordnungen von Potjomkin und ließ seinem Intimfreund Alexej Araktschejew völlig freie Hand, der sehr großen Wert auf Drill legte und ein drakonischer Exerziermeister war. Auf militärische Haltung wurde größter Wert gelegt. Die Soldaten mussten mit herausgestreckter Brust und eingezogenem Bauch marschieren mit regungslos herabhängendem rechten Arm und völlig ausgestrecktem linken Arm, um die Miuskete gerade zu halten. Die knie durften nicht gebeugt werden und der Fuß sollte mit den zehen zuerst auf den Boden knallen. das taktische Marschtempo wurde mit 75 Schritt pro Minute festgelegt. 1803 wurde ein Exerzierschrit mit 120 Schritt in der Minute fetsgelegt. (zit. Patrick Duffy, die Schlacht von Austerlitz S. 45.)
Nicht nur böse Zungen, auch Zeitgenossen. So ist von Marschall Suworow der Satz überliefert: "Der Zopf ist kein Bajonett, der Puder ist kein Pulver, und wir sind keine Preußen, sondern Russen!" [1] Bei Hoffmann wird noch ergänzt: " die Locke ist keine Kanone" [2]
Das von Paul eingeführte Exerzierreglement nannte Suworow ein "im Winkel einer alten Ruine gefundenes von Ratten angefressenes Pergament". [3]
Klar, dass der Marschall auf seine Güter verbannt wurde. Es sei noch erwähnt, dass er schon bald reaktiviert wurde, um gegen die Franzosen zu ziehen.

Ingesamt wurden 7 Feldmarschälle, über 300 Generale und über 2000 Stabsoffiziere aus dem Dienst entfernt, viele von ihnen in die Verbannung nach Sibirien, manche sogar zur Arbeit in Bergwerke geschickt.
Das ist schon erstaunlich. War das schon Wahnsinn oder nur Furcht vor einer Verschwörung.

Jedenfalls resümiert Fedor Golowkin: "Paul verbannte nicht die Schuldigsten - denn niemand wollte ja schuldig werden - sondern die Kühlsten, die am wenigsten Untertänigen ...
Nach drei Jahren fand sich in Petersburg nicht ein Mann, nicht ein eine Familie auf dem Platz, wo sie bei Katharinas II. Tod gestanden hatten." [4]

Aber, wir driften schon wieder ab. Das Thema des Thread ist ein anderer.

Dass die DDR natürlich auch nach Traditionen aus der Geschichte suchte, konnte und kann ich nachvollziehen. Dass sich die preußischen Reformer um Scharnhorst anboten, liegt auf der Hand.
Erstaunt war ich hingegen, dass Friedrich II. "entdeckt" wurde. Immerhin war ja Preußen durch die Alliierten nach dem WW 2 gesondert zu Grabe getragen worden.

Grüße
excideuil

[1] Vallotton, Henry: „Alexander der Erste – Ein Zar gegen Napoleon“, Christian Wegner Verlag, Hamburg, 1967, Seite 40
[2]
Hoffmann, Peter: „Alexander Suworow - Der unbesiegte Feldherr“, Militärverlag der DDR, 1986, Seite 143
[3] Hoffmann, a.a.O. Seite 145
[4] Vallotton, a.a.O. Seite 41
 
Erstaunt war ich hingegen, dass Friedrich II. "entdeckt" wurde.


Grüße
excideuil


Friedrich der II.
Erinnert mich an das Jahr 1980. War damals ein Ereignis.
Auf einmal war er wieder da. Zwar nicht ganz an seinem alten Platz, aber...
Aber er kam aus dem Exil, er kam aus Sanssouci.

Friedrich der II. konnte wieder „Unter den Linden“ reiten.
Und dann stellten die Genossen ihn auch noch in Richtung Osten ;).
Der Protest blieb erwartungsgemäß nicht aus.
 
Dass die DDR natürlich auch nach Traditionen aus der Geschichte suchte, konnte und kann ich nachvollziehen. Dass sich die preußischen Reformer um Scharnhorst anboten, liegt auf der Hand.
Erstaunt war ich hingegen, dass Friedrich II. "entdeckt" wurde. Immerhin war ja Preußen durch die Alliierten nach dem WW 2 gesondert zu Grabe getragen worden.

Das ist der entscheidende Punkt. Es war eine Nation, die keine klare historisch definierte kollektive Identität hatte. Nichts, was über die begrenzte lokale Identität hinausging und somit nichts, was das "Staatsvolk" mit dem politischen Regime emotional und/oder ideologisch verbinden konnte.

Ein Problem, das die "BRD" teilweise ähnlich aufwies und ihre Identität in der post WW2-Periode nicht unerheblich aus dem wirtschaftlichen Aufschung zog, "Wir sind wieder wer"-Mentalität. Und sich auch in dem lange komplizierten Verhältnis zum "Patriotismus" respektive "Nationalismus" widerspiegelte und sich erst ind en letzten Jahren seit dem Fall der Mauer eigentlich entkrampft.

Der hohe Grad an Militarisierung zunächst der "SBZ" und später der "DDR" diente sicherlich auch "Sicherheitsüberlegungen", aber in einem höheren Maße diente es der "Formierung" der Gesellschaft.

Preußen und sein "Militarismus" - auch als Tradition - dienten somit im instrumentellen Sinne im Bereich der Gesellschaft und der Kultur, natürlich durch die Ideologie des ML im politischen Bereich überlagert, als historisches Gerüst für den Aufbau der DDR.
 
Zuletzt bearbeitet:
Preußen und sein "Militarismus" - auch als Tradition - dienten somit im instrumentellen Sinne im Bereich der Gesellschaft und der Kultur, natürlich durch die Ideologie des ML im politischen Bereich überlagert, als historisches Gerüst für den Aufbau der DDR.

Mir drängte sich damals der Verdacht auf, man wollte sich von der Hand des großen Bruders, Sowjetunion, langsam lösen. Dafür brauchte man allerdings eine Identität. Woher nehmen? Preußen bot sich geradezu an, da dessen Hauptstadt ebenfalls Berlin war und das Territorium auch große Teile der DDR einnahm.
"Brandenburg-Preußen 1648-1789" von Ingrid Mittenzwei und Erika Herzfeld, Verlag der Nation, 1987. Dort wird folgende Brücke geschlagen: „Und was heute als selbstverständlich erscheint, daß wir uns als Staatsbürger fühlen, nicht lediglich als Bürger einer Stadt oder eines Dorfes, dafür ist im Absolutismus einiges geschehen, wenn auch nicht genug; denn Provinzialismus und Lokalborniertheit prägten noch lange die geistige Physiognomie des deutschen Spießbürgers. Anderes aus der absolutistischen Hinterlassenschaft, den bis ins 20. Jahrhundert hinein existierenden preußisch-deutschen Militarismus mit seiner Bereitschaft zur Eroberung fremder Länder und der Unterdrückung des eigenen Volkes, hat die revolutionäre Arbeiterklasse seit ihrer Existenz bekämpft. Erst die Vernichtung seiner Grundlage auf dem Boden der DDR schuf die Voraussetzung, uns das Erbe dieses Zeitalters auf kritische Weise anzueignen.
 
Preußen und sein "Militarismus" - auch als Tradition - dienten somit im instrumentellen Sinne im Bereich der Gesellschaft und der Kultur, natürlich durch die Ideologie des ML im politischen Bereich überlagert, als historisches Gerüst für den Aufbau der DDR.
Da würde ich dann doch widersprechen wollen:
In den Vorbemerkungen zum Wörterbuch zur Deutschen Militärgeschichte wird sehr deutlich unterschieden: "[...] Breiter Raum wurde dabei Stichwörtern gewidmet, die den progressiven und revolutionären militärpolitischen Traditionen des deutschen Volkes, die Militärpolitik der SED, der Landesverteidigung der DDR mit der NVA als Kern und das sozialistische Verteidigungssystem betreffen. Ein weiterer Schwerpunkt sind Stichwörter zur Rolle des preußisch-deutschen Militarismus, seiner Aggressionspolitik und seiner Streitkräfte. [...] " [1]

Was mir zu Friedrich II., besser dem Wiederaufstellen seines Reiterstandbildes einfällt, es war ein paar Jahre bevor die teuerste TV-Produktion der DDR "Sachsens Glanz und Preußens Gloria" entstand. (die sich meines Wissens auch gut im Ausland verkaufen ließ)
Rein geograf. betrachtet, sind Preußen (Brandenburg) und Sachsen in der ehem. DDR zu verorten. Liegt es da nicht nahe, dass versucht wurde, Geschichte "erlebbar" zu machen, um auch ein Stück Attraktivität (Stichwort Tourismus) und Normalität herzustellen?

Grüße
excideuil

[1] Autorenkollektiv: Wörterbuch zur Deutschen Militärgeschichte, Militärverlag der DDR, Berlin, 1985, Seite 5
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir drängte sich damals der Verdacht auf, man wollte sich von der Hand des großen Bruders, Sowjetunion, langsam lösen.


Das würde ich unter Gerücht einordnen.

Habe auch umgekehrt davon gehört.
Die Sowjetunion will sich von der DDR trennen, weil die DDR ein Hemmschuh sowjetischer Außenpolitik ist. War zu Beginn der Zeit von Glasnost. Dies hörte ich mal in einer internen Vortragsreihe der Gesellschaft „Urania“.

Über die Zeit gab’s aber deren viele Gerüchte z.B. auch diese:
· Unter gewissen Umständen könnte es möglich sein, die DDR gibt Berlin als Hauptstadt auf. Hauptstadt wird Leipzig. Muss so Anfang der 80iger gewesen sein.
· Die DDR könnte unter Umständen eine Sowjetrepublik werden mit Amtssprache Russisch. Muss so in den 50igern gewesen sein.
 
Da würde ich dann doch widersprechen wollen:
In den Vorbemerkungen zum Wörterbuch zur Deutschen Militärgeschichte wird sehr deutlich unterschieden: "[...] Breiter Raum wurde dabei Stichwörtern gewidmet, die den progressiven und revolutionären militärpolitischen Traditionen des deutschen Volkes, die Militärpolitik der SED, der Landesverteidigung der DDR mit der NVA als Kern und das sozialistische Verteidigungssystem betreffen. Ein weiterer Schwerpunkt sind Stichwörter zur Rolle des preußisch-deutschen Militarismus, seiner Aggressionspolitik und seiner Streitkräfte. [...] " [1]

[1] Autorenkollektiv: Wörterbuch zur Deutschen Militärgeschichte, Militärverlag der DDR, Berlin, 1985, Seite 5

Und Du schreibst beispielsweise zu Schill:

In einer Publikation der DDR zu Schill findet sich (auch) dies:"Schill verband den Kampf um Unabhängigkeit nicht mit dem Streben nach bürgerlichen Fortschritt, sondern trat aus konservativem Bewusstsein letztlich für die Restauration feudaler gesellschaftlicher Verhältnisse ein." [1]

Wie auch immer, die DDR hat ihn ja durchaus geehrt:
"Anlässlich des 200. Geburtstags prägte die Münze der DDR 1976 eine 5-Mark-Gedenkmünze in einer Auflage von 100.000 Stück. Das Kampfhubschraubergeschwader 67 (später: Kampfhubschraubergeschwader 3) der Armeefliegerkräfte der NVA erhielt 1984 den Traditionsnamen „Ferdinand von Schill“."

[1] Autorenkollektiv: Wörterbuch zur deutschen Militärgeschichte, Militärverlag der DDR, Berlin, 1985, Seite 860

Ich weiss zwar nicht, auf was sich der Widerspruch bezieht. Zumal an den beiden Ausschnitten deutlich wird, dass man sich einerseits politisch vom preußischen Militarismus abgrenzte - auch als kapitalistisches Wirtschaftssystem - und andererseits sich darauf beziehen mußte - als Fundus für nationale "Tugenden". Und das habe ich auch geschrieben.

Insgesamt kommt kein moderner Staat, zumal kein Nationalstaat, daran vorbei, eine konstruierte Ideologie seiner Geschichte zu formulieren (H. Münkler: Die deutschen und ihre Mythen, 2009). Und jedes Land greift dabei auf seine spezifischen Legenden und Mythen zu und das mußte auch die DDR tun, um die Fiktion eines "Vaterlands" zu schaffen. Auch, weil die meisten anderen Länder im WP eine starke Historisierung seiner Geschichte nach dem WW2 betrieben haben und daraus der Kern der Abgrenzung zur Sowjetunion resultierte.

Und diese Historie der nationalstaatlich definierten Konflikte innerhalb des WP ist ausgeprägter wie es allgemein dargestellt wird (V. Mastny & M. Byrne (Eds.) A Cardboard Castle? An Inside History of the Warsaw Pact. 2005)

Wie im Beispiel Schill auch ausgeführt.

Mir drängte sich damals der Verdacht auf, man wollte sich von der Hand des großen Bruders, Sowjetunion, langsam lösen. Dafür brauchte man allerdings eine Identität. Woher nehmen? Preußen bot sich geradezu an, da dessen Hauptstadt ebenfalls Berlin war und das Territorium auch große Teile der DDR einnahm.

Meines Erachtens korrekt. Allerdings war es eine Gratwanderung zwischen der Rolle als "Super-Alliierter" und dem Wunsch nach relative nationaler Souveränität (vgl. T. Diedrich: Die DDR zwischen den Blöcken. in: Diedrich, Heinemann & Ostermann (Hrsg.) 2009, S. 59 ff).

Die verheerenden Konsequenzen der sowjetischen militärischen Doktrin führten beispielsweise bereits Ende der 60 Jahre zu dem Versuch durch die DDR eine eigenständige Militärdoktrin zu entwickeln an dazu neu gegründeten Militärakademien (ebd. S. 63)

Und bereits 1962 wurden "Kommisionen für sozialistische Wehrerziehung" auf der Ebene der Bezirks- und Kreisräte geschaffen, die die Aktivitäten sämtliche partei- und staatsnaher Organisationen gebündelt haben.

Und das Ziel war natürlich die Schaffung einer eigenständige "sozialistische Identität" und die Schaffung eines "sozialistischen Staatsbürgerideals" in enger Verbindung zur Militarisierung des DDR-Gesellschaft. Aber das mußte und konnte nur vor dem Hintergrund einer Synthese von internationalistischen universellen Werten der Ideologie des Marxismus-Leninismus und einer konkreten preußisch bzw. sächsischen Historie respektive kollektiven Identität stattfinden.

Und diese Synthese bzw. vor allem an der Verwirklichung des nationalstaatlichen Staatsbürgerideals ist dann die DDR u.a. auch mit gescheitert (J. Palmowski:Citizenship, Identity and Community in the German Democratic Republic. in: G. Eley & J. Palmowski (Eds) Citizenship and National Identity in Twentieth Century Germany, 2008, S.73ff)
 
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[...]
Und das Ziel war natürlich die Schaffung einer eigenständige "sozialistische Identität" und die Schaffung eines "sozialistischen Staatsbürgerideals" in enger Verbindung zur Militarisierung des DDR-Gesellschaft. Aber das mußte und konnte nur vor dem Hintergrund einer Synthese von internationalistischen universellen Werten der Ideologie des Marxismus-Leninismus und einer konkreten preußisch bzw. sächsischen Historie respektive kollektiven Identität stattfinden.[...]

Ein sehr guter Satz! Vor allem der Hinweis auf die Militasierung der DDR Gesellschaft. Das trifft den Nagel auf den Kopf.
Interessant dabei ist die Verbindung von der Ideologie des "internationalen Proletaiats" bzw. der kommunistischen Lehren des Marx und Lenin. Letztlich dienten diese als Vorwand, sich bis an die Zähne zu bewaffnen, um etwas zu verteidigen, daß nur in den köpfen einiger Idealisten Form angenommen hatte.

Die Rolle der DDR bzw. der Militärs spielt viele Jahre keine Tragende im Warschauer Vertrag. Die NVA war anfänglich schwer abhängig von den sowjetischen Militärs und wie diese in die VSK einzubinden sei.

Gute Fakten dazu gibt es in: Die NVA und die Volksmarine in den VSK von F. Minow.
 
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