Prinz Eugen von Savoyen

@Gleichrangigkeit.
Da kann von einer gleichen Ebene zwischen Preussen und Habsburg aber keinesfalls die Rede sein. FWI war König von Preussen, der Königstitel selbst zu jung, und erst nach ausdrücklicher Zustimmung Kaiser Leopolds angenommen (die diplomatischen Geschenke von Friedrich I. um den Kaiser gnädig zu stimmen schlummern noch heute in den Depots des Kunsthistorischen Museums).

Wien hat Preussen unterschätzt, das war der große Fehler (der 1740 und danach bitter bereut wurde).

@Reich nach 1648
Die Folgen des westfälischen Friedens für das Verhältnis Reichsoberhaupt und Stände waren natürlich gravierende und wurden von Brissotin auch umfassend dargestellt.
Dennoch würde ich den Aspekt der Reichsrenaissance ab den 1680er Jahren nicht unterschätzen. Vor allem in den ersten Jahren der Regierungszeit Karls Vi. ist diese Reichsrenaissance vor allem in den geistlichens Fürstentümeren wie auch den kleineren Ständen sehr zu spüren. (Ich bitte aber um Nachsicht dass ich da bei weitere Diskussion erst nachlesen muss, mein Interesse für diese Epoche ist zwar unterschwellig permanent da, Detailwissen müsste ich aber auffrischen).
Diese Reichsrenaissance ist vor allem auch im Bereich der Kunstgeschichte spürbar, der "Reichsstil", abgeleitet vom Wiener Hochbarock, findet sich in den zahlreichen prächtigen Barockresidenzen, vor allem in Franken.
 
@ Rovere
Ich kenne die Gemälde mit Karl als Wagenlenker der Geschicke des Reiches, mal ganz salop gesagt.
Wenn diese bildlich gelang, gelang sie auch faktisch, die Erneuerung des Reiches? Welche Instrumente hatte denn der Kaiser noch, diesen Reichsgedanken aufrecht zu erhalten. Selbst das stehende Heer einer Mittelmacht wie Kursachsen war allein so schlagkräftig wie die Reichsarmee. Der Arm des Kaisers reicht letzten Endes weiter als die Bajonette seiner Truppen?

Dass die Standeserhöhung der Hohenzollern diese Auswirkungen haben würde, hatten die Habsburger nicht vorraussehen können. Ihre Abwehr dagegen, die vehement war und den Kurfürst von Brandenburg und späteren König mehrfach verzweifeln ließ, deutet aber schon an, dass man ahnte, welches trojanische Pferd man sich da herein zog. Die Königswürde wurde und wird völlig unterschätzt, als historische Leistung Friedrich I. als auch als einzige Chance Preußens im Mächtekonzert mitzuwirken.
Dass man die Krone auch auf das Reich übertragen würde, das musste Leopold geahnt haben. FW I war einer der wenigen, der erfolgreich Reichspolitik betrieb und mit dem Erwerb der Krone diese nicht wie Georg von England aufgab oder wie August von Sachsen seine eigentliche Position damit gefährdete.
Das "chimerisch Ding", wie, wenn ich mich recht entsinne, Danckelmann die Krone nannte eröffnete die Spielräume, die Friedrich Wilhelm dann ausnutzte. Die Herschaft der Minister mag eine noch umfassendere Vorherschaft in Norddeutschland behindert haben, denn die Minister waren ja von Habsburg (der Aufhänger der Debatte beeinflusst) mehr als beeinflusst, aber sie war da. Preußen war, wenn kein Global- dann ein Reichs"player". Deutsche Fürsten hatten Stellen in preußischen Regimentern, so der Markgraf von Ansbach-Bayreuth und der Erbprinz von Hessen Darmstadt. Wie die Abhängigkeitsverhältnisse vieler Mittelstaaten zu Preußen aussah, können wir näher beleuchten. Sie hatten auf jeden Fall keine geringe Ähnlichkeit zu denen, mit denen das Haus Habsburg seine "Vasallen" an sich band.
:friends:
 
Brissotin, Du bleibst (m)ein willkommener neuer Stern in diesen zunehmend tristen Hallen ... aber leider muss ich jetzt in den Wienerwald (endlich! uff!) und werde dort eifrig Deiner ausgefeilten Nordsicht nachsinnen (da hab ich aber leider die Türkenbibliothek, was mich ablenken könnte) ...

nur dazu:

monsieur le Brissotin schrieb:
... (wir) sollen ein bisschen beleuchten in welcher Zeit des Umbruchs Prinz Eugen am Ende seiner Karriere lebte.

Als alter Mann gab er Karl VI, der nur noch Politik für seine "Pragmatische Sanktion" betrieb (und im übrigen ein bissl ein Hiasl war, verzeihns ma, Rovereto) und dafür sogar den Kardinalsfehler -nachträglich betrachtet- machte und den Brandenburger innerhalb der Kurie erhöhte, diesem gab also Eugen diesen Ratschlag: "100.000 Mann, mehr brauchens nicht zum Durchsetzen der Sanktion!" (frei nachgeblabbert)

Und (um Eugen nicht aus den Augen zu verlieren), diesen Spruch hatte er bei aller Lehrmeister (unter den gelben Fahnen mir schwarzem Adler), bei Montecuccoli gelernt, der sagte noch die Sache davor: "Zum Kriegführen braucht man eins: Geld, Geld und noch mal Geld."

Und beides, 100.000 Mann sowie Geld hatte das nach den Türkenkriegen und dem Rauswurf Frankreichs vom rechten Rhein ausgeblutete Land anno 1739: Nullo.
Österreich und seine Kronländer waren (so gut wie) bankrott.
 
ning schrieb:
Brissotin, Du bleibst (m)ein willkommener neuer Stern in diesen zunehmend tristen Hallen

Danke für die Blumen.
Ich bin allerdings erst noch auf der Suche nach Erkenntnissen in der Hinsicht und muss deswegen auf wenige Quellen verweisen.:rotwerd: Das kommt auch daher, weil ich die Bücher kaufen muss, um sie mir zu verinnerlichen und immer wieder darauf zurück zu greifen. Das ist meine Art der Annäherung mit einem Thema wie diesem.

Zum Thema Preußen-Habsburg:
Wilhelmine von Bayreuth (in ihren Memoiren, zwischen 1744 und 47 geschrieben) sagte:
Ich war ohne jegliche Zerstreuung un, wie das Schaf unter die Wölfe, mitten unter böse und gefährliche Umenschen an einen Hof geraten, der eher ein Bauernhof zu nennen war.
Das zu ihren Eindrücken kurz nach ihrer Ankunft in Bayreuth und was eine preußische Prinzessin von einem Hof eines "Vasallen" hielt.

Hier nun, was sie über ein Treffen zwischen dem Kaiser und ihrem Vater zu berichten weiß:
Er kam von Prag und war mit dem Kaiser in dem böhmischen Städtchen Altrop zusammengetroffen. Man hatte dort einen Saal mit zwei Eingängen errichtet, was sich für das Zeremoniell sehr zweckmäßig erwies. Der Kaiser, die Kaiserin und der König sollten zu gleichen Zeit durch die verschiedenen Türen eintreten und auch an getrennten Tischen Platz nehmen. Trotz aller Vorstellungen, die dem König gemacht wurden, war er zuerst zur Stelle und setzte den Kaier dadurch sehr in Erstaunen, daß er auf ihn zuging, um ihn zu empfangen; er machte ihm sogar Komplimente, die sich für einen gekrönten Herscher wenig geziemten. Ich habe seitdem von Grumbkow die Episode oft erzählen hören, er sei fast aus der Haut gefahren, daß sein Herr seiner Würde so viel vergeben. ...

Verflixt nochmal, ich kann nicht die Stelle finden durch Überfliegen, wo sie die anderen Fürsten nur "Vasallen" nennt. Tut mir leid, aber ich gebe es vorerst auf. Wenn meine Freundin das Buch nochmal liest, gebe ich ihr auf, nach der Stelle zu schauen.:)

Jedenfalls sehe ich hier schon, zweierlei Gehalt in den Zitaten:
Zum 1.
Wilhelmine erniedrigt immer wieder den Hof von Bayreuth gegenüber dem Berliner Hof und hebt eine Vorrangigkeit, meinem Ermessen nach, des Berliner Hofes hervor.
Zum 2.
Hier kommt auch im Zeremoniell eine Gleichrangigkeit zur Geltung und dies nach nicht viel mehr als 30 Jahren, dass Preußen in den Stand eines Königtums erhoben worden. Wilhelmine selbst pocht auch gelegentlich gegenüber der Kaiserin (der Gemahlin Karl VII.) auf selbige, aber nur mit Teilerfolgen.

Ich denke, dass gerade bei der noch in der 1. Hälfte des 18.Jh. herschenden Bedeutung des Zeremoniells, die Auslegung dessen durchaus die politischen Konjunkturen recht gut verdeutlichen und eben auch zeigen, dass Preußen als Vormacht Nr. 2 durchaus schon gewisse Ambitionen besaß, denen mit 80.000 Mann auch leicht mal Geltung verschafft werden konnte.
:friends:

Jetzt aber schnell zurück zu Prinz Eugen, obwohl dessen Wirken nicht verständlich ist, wenn man nicht die außenpolitischen Aufgabenstellungen und Zusammenhänge gerade innerhalb des Reiches betrachtet.:)
 
Zuletzt bearbeitet:
Hinweis

Ich möchte noch kurz darauf hinweisen, dass ich ab Mittwoch in Preußen (Kurmark) unterwegs bin und deswegen auf Beiträge nur zwischen dem 15. u. 17. August antworten kann, da ich danach wieder wirklich internetfrei für ungefähr 6 Tage bin, nämlich im Jahre 1806. Ich hoffe, ich verpasse nicht einen spannenden Teil der Diskussion.

S et F

Brissotin
 
ning schrieb:
Und beides, 100.000 Mann sowie Geld hatte das nach den Türkenkriegen und dem Rauswurf Frankreichs vom rechten Rhein ausgeblutete Land anno 1739: Nullo.
Österreich und seine Kronländer waren (so gut wie) bankrott.
Hier bitte ich, bei der Bewertung des Einflusses der beiden Häuser auch aufzumerken. Schaut man sich vergleichend die Entwicklung in Österreich und Preußen an, dann fällt wirtschaftlich in Österreich eine gewisse Stagnation auf, während Preußen um so emsiger aufblühte und davon entscheidend profitierte, dass die Handelsrouten des 18.Jh. im weiten Bogen zusehends Süddeutschland umgingen. Der Seehandel und hierbei der von der Nordsee aus ganz entscheidend, hatte die Bedeutung des ehemalig florierenden Binnenhandels verblassen lassen. Augsburg und viele Städte in Süddeutschland lebten zwar noch von einem hervorragenden Handwerk und Kunstgewerbe, aber stagnierten wirtschaftlich gesehen. Vielleicht ließ gerade dieser Faktor Preußen zusehends aufholen.
Die Auswirkungen auf das Steueraufkommen sind unschwer zu erahnen. Um so höher muss man die Verteidigung der Maria Theresia einschätzen und erkennt, dass diese Selbstbehauptung, die auf den österreichischen Mitteln beruhen musste, da man sich auf keine Kräfte des Reiches verlassen konnte, und kann hier eine der Ursachen der von mir beschriebenen Loslösung von der Kaiserwürde vielleicht erkennen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Prinz_Eugen_von_Savoyen
 
Das Problem der "doppelten Staatsbildung"

In gewisser Weise musste das Haus Habsburg aber auch durch die dauerhafte Kaiserwürde in der eigenen Hand von 1438-1740 stets zweigleisig fahren. Man nennt diese Problematik, die der "doppelten Staatsbildung". Die Wahrung der Ansprüche des Reiches, besonders dieser, welche sich linksrheinisch und somit im Konflikt mit Frankreich befanden, musste die habsburgischen Kräfte splitten. Somit kann man die Kaiserkrone in den Händen Karl VII. auch als eine Chance ansehen. Franz I. Stephan war ja auch eher gelöster als sein Schwiegervater von der Politik des Hauses Habsburg, nämlich der Staatsbildung des österreichischen Vielvölkerstaates, recht unabhängig Kaiser. Vielleicht sind unter Anbetracht dessen seine Handlungsweisen und die wiederum mehr auf das Reich ausgerichtete Politik seines Sohnes zu sehen. :grübel:

Während die "Pragmatische Sanktion" nach außen viele politische Nachteile, weil Verwundbarkeiten mit sich brachte, wirkte sie sich nach innen als einheitsstiftende Kraft aus. Neue Gesetze wie der "Codex Austriacus" wurden erlassen und die verschiedenen Territorien mit ihren individuellen Formen der Privilegien wurden ummantelt mit einheitlicher Gesetzgebung. Die Hofkanzleien wurden beispielsweise in ein neues System von Fachbehörden integriet, welche durch eine zentriertere Leitung zusehends eher den Blick auf das Gesamte des Vielvölkerstaates gewinnen mussten. Ich denke, dass daher die Reformansätze Karl VI. und dann die Theresianischen Reformen überhaupt erst den Habsburger Staat in der Form schaffen halfen. Das ehedem lose und anfällige Gefüge (siehe Kuruzenaufstand http://de.wikipedia.org/wiki/Aufstand_von_Franz_II._R%C3%A1k%C3%B3czi usw.) wurde nun fester zusammengeschlossen und dauerhafter gemacht.

Zurück zu Prinz Eugen!
Seit 1703 war Prinz Eugen, mitten im Krieg, Hofkriegsratspräsident geworden. Während er anfänglich dazu beitrug, die Behörden zu vereinigen und unterzuordnen, musste seine lange Mitgliedschaft sich am Ende negativ auswirken. Der enorme Vorteil war sicherlich, dass mit ihm ein Fachmann dem Hofkriegsrat vorstand, der um die Nöte des Heeres bspw. wusste.
 
Franz I. Stephan war ja auch eher gelöster als sein Schwiegervater von der Politik des Hauses Habsburg, nämlich der Staatsbildung des österreichischen Vielvölkerstaates, recht unabhängig Kaiser. .
Nur dass´er absolut machtlos war. Lothringen war an Frankreich gefallen und die Donaumonarchie regierte seine Frau. Also viel (Reichs)Politik hat er sicher nicht. gemacht. Seine bedeutenste Leistung war wohl der Aufbau des habsburgischen Privatvermögens (der Mann war ein Finanz-Genie!). Man sollte eines nicht vergessen: Die einzige Form von kaiserlicher Macht im Reiche basierte darauf, dass der Kaiser die Schutzmacht der kleinen Stände war. Außerdem eine Politik für die kleinen Stände war eine Politik gegen Preußen, da man damit Preußen Expansionsmöglichkeiten nahm. Auf Kosten der kleinen Stände konnte sich Preußen erst in den napoleonischen Kriegen und 1866 unrechtmäßig bereichern. Nebenbei hat die Bereicherung Österreichs (norditalienische Lehensgebiete des Reiches und Salzburg) der kaiserlichen Autorität schwer geschadet. Sicher einer der Gründe für den Untergang des HRRDN. Jedenfalls war eine aktive Reichspolitik ,zugunsten der kleinen Stände, eine Notwendigkeit für Habsburg und das kann man sicher nicht an der Person Franz I. festmachen
 
1. Nur dass´er absolut machtlos war. Lothringen war an Frankreich gefallen und die Donaumonarchie regierte seine Frau.
2. Also viel (Reichs)Politik hat er sicher nicht. gemacht. Seine bedeutenste Leistung war wohl der Aufbau des habsburgischen Privatvermögens (der Mann war ein Finanz-Genie!). Man sollte eines nicht vergessen:
3. Die einzige Form von kaiserlicher Macht im Reiche basierte darauf, dass der Kaiser die Schutzmacht der kleinen Stände war. Außerdem eine Politik für die kleinen Stände war eine Politik gegen Preußen, da man damit Preußen Expansionsmöglichkeiten nahm.
1. Ganz interessant in dem Zusammenhang ist wohl, dass auch Louis XV. als anderer absolutistischer Herscher einer Großmacht ebenso mit einem Habenichts (nur einem weiblichen) verheiratet war, nämlich der Maria Leszczyńska, deren mögliche Ansprüche über ihren Vater auf den polnischen Thron so abenteuerlich waren, wie sie sich 1733 auch erwiesen. Dennoch entsprach die Ehe zw. Franz Stephan und Maria Theresia auch politischem Kalkül. Es ist nämlich fraglich, ob ohne diese, ein Einvernehmen im polnischen Erbfolgestreit möglich gewesen wäre. Genutzt hatte sie also Karl VI. und eben so ein Nutzen konnte ein Barschaft an Land und Leuten durchaus aufwiegen.

2. Gut zur Konsolidierung der habsburgischen Finanzen trugen aber auch die Reformen von Haugwitz und Kaunitz bei. Eigentlich hatte die Politik Karl VI. auch die Habsburger Staaten überansprucht.
-> Dazu mehr im Thread zu "Karl VI."

3. Der Schutz der Stände oblag ja nicht bloß dem Kaiser. Durch die Reichsarmatur von 1681 wurde die Aufspaltung von armierten und nichtarmierten Mächten im Reich ja verstärkt. Als "Beschützer" kleinerer Mächte spielten sich also alle möglichen jeweilig benachbarten Mittelmächte auf. So wirkte eben in Preußen schon damals in Nord- und Nordostdeutschland (z.B. gegenüber Anhalt-Dessau), so gab sich die Pfalz in Westdeutschland (gegenüber Reichsritter in dem Bereich), so Sachsen in Mitteldeutschland (gegenüber Sachsen-Weißenfels), so im Kleinen Bayreuth im Fränkischen (gegenüber den Reichsrittern im Vogtland).
Insgesamt bildete sich allerdings am Kaiserhof ein Klientelwesen heraus, das man schon mit dem allgemeinen Schutzauftrag des Kaisers für die kleinen Reichsstände in Verbindung bringen kann. Friedrich II. war dieser Einfluss des Kaisers vor allem auf die Reichsstände Süddeutschlands bewusst und ein Dorn im Auge, wie er auch im Politischen Testament von 1752 eingestand. Neben der Verteidigung der eigenen Besitzungen gegenüber großen Anrainern ging es den Vertretern der Reichsritter und -grafen etc. natürlich auch um lukrative Posten im Reichsapperat oder den Verwaltungen der habsburgischen Besitzungen.
 
Friedrich II. in seinem Politischen Testament 1752 konsternierte über die Überlegenheit des Kaisers im Reich:

Alle geistlichen Reichsfürsten sind dem Haus Österreich ergeben, dem sie ihre Wahl verdanken. Die weltlichen Fürsten sind geteilt und stehen entweder auf seiten Österreichs oder Frankreichs.

Dabei darf man nicht vergessen, dass selbst die Mittelstaaten den diplomatischen und machtpolitisch gewaltig wiegenden Schutz des Hauses Österreich suchten. So ist es auch im Falle Kursachsens. Hatte die albertinische Ländermasse im frühen 17.Jh. noch ausgereicht, als stärkste Macht in der Riege der protestantischen Mittelstaaten im Reich anzuführen, so wurde beim Frieden 1648 die Arrondierung nach Nordwesten mit Magdeburg vereitelt. Nur das, ohnehin schon im Prager Frieden gesicherte, Gebiet der Lausitz, verblieb trotz der Erfolge sächsischer Truppen gerade am Ende des Krieges bei Sachsen. Diese Besitzungen des albertinischen Hauses Wettin genügten allerdings im Zeitalter der Allianzkriege nicht mehr, ein erhebliches Gewicht in die Waagschale im Mächtekonzert zu werfen. Die finanzielle Lage sah zwar erheblich besser aus, Sachsen hatte sich rascher als viele andere Staaten von den Folgen des Großen Krieges erholt.

So folgte als logische Konsequenz mit dem Gewinn der Lausitz die Orientierung nach Osten und die Anlehnung an das kaiserlich-katholische Lager, welche durch die Erlangung der polnischen Königskrone und den Konfessionswechsel bloß konsequent fortgeführt wurde. Trotz der erstaunlicherweise von Friedrich Wilhelm I. von seinem geschmähten Vater übernommenen Bündnispolitik, bestand ein schwellender Konflikt zwischen Sachsen und Preußen über die Vorherrschaft im östlichen Raum, welcher durch die Erlangung der sächsischen Königskrone nur an Brisanz gewann. Dass die sächsischen Kräfte dazu nicht genügen würden, legte Friedrich August I. eine nähere Bindung an die Schutzmacht Österreich nahe, die dann auf heiratspolitischen Wege gesucht wurde und gelang, nicht zuletzt deshalb gelang, da sie den Prämissen eines Prinzen Eugen entsprach. Mit politischer Weitsicht hatte er das Erstarken Preußens und sicherlich ebenso die Schwäche Sachsens erkannt.

Die Begehrlichkeiten Preußens manifestierten sich schon im Zollkrieg FW I. gegen Sachsen (an anderer Stelle in diesem Forum geklärt) und kamen ganz unbemäntelt im Politischen Testament F II. 1752 und dann in der Realisierung im 7-jährigen Krieg zur Schau.
 
Bezugnehmend auf das Zitat des alten Fritz: Wieviel Stimmen brauchte man um zum Kaiser gewählt zu werden?
Seit 1338 galt das Mehrheitsprinzip. Das heißt, daß im fraglichen Zeitraum fünf von neun Stimmen erforderlich waren.
Wenn der Alte Fritz recht hatte, konnte Österreich in jedem Fall mit den drei Stimmen der geistlichen Kurfürsten und mit der Stimme des Königs von Böhmen rechnen.
 
Mit dem "fraglichen Zeitraum" meinte ich die Zeit, auf die sich das Zitat Friedrichs II. bezog.
Die Jahreszahl 1338 habe ich eingefügt, weil ich undeutlich in Erinnerung hatte, daß das Mehrheitsprinzip nicht von Anfang an bestand und sie deswegen nachgeschlagen habe, sie tut aber hier eigentlich nichts zur Sache.
 
Seit 1338 galt das Mehrheitsprinzip. Das heißt, daß im fraglichen Zeitraum fünf von neun Stimmen erforderlich waren.
Wenn der Alte Fritz recht hatte, konnte Österreich in jedem Fall mit den drei Stimmen der geistlichen Kurfürsten und mit der Stimme des Königs von Böhmen rechnen.
Ja genau wenn, bedenkt man, dass 1741 Karl VII. gewählt wurden, da zumindest 2 der 9 Kurstimmen stets wittelsbachisch war und auch Kurköln zu der Zeit als mächtigstes geistliches Kurfürstentum noch von einem Wittelsbacher regiert wurde, zeigt sich, dass Friedrich II. vielleicht auch etwas überschätzt, nämlich die Loyalität der geistlichen Kurfürsten.

Prinz Eugen, um zum Thema zurück zu kommen ;) , hatte das ja präsent, als er für eine stärkere Involvierung des Hauses Österreich im Reich arbeitete.
 
Also hatte Prinz Eugen wohl Recht als er meinte: 100000 Mann, mehr brauchts nicht. Damit hätte man wohl nicht nur die pragmatische Sanktion durchgesetzt, sondern auch die MAcht der Kurfürsten gebrochen.
 
Aber für wie lange?

So einfach gestrickt war eben Prinz Eugen nicht. Menschen sagen viel in ihrem Leben und ein jeder sucht sich das aus diesem Schatz heraus, was den eigenen Ansichten über einen Menschen am besten entspricht. Er war ja nicht nur Feldherr, sondern fast noch mehr geschickter Politiker und Kunstmäzen (wie alle die damals Geld hatten). Wenn er der Meinung gewesen wäre, dass eine starke militärische Macht allein genügt, dann wäre damit seine weitgefasste Diplomatie, vor allem innerhalb des Reiches, doch ein bisschen unnötig gewesen oder nicht? Nein er wusste, dass es nichts nützte, die Kurfürsten militärisch nieder zu werfen, da sie immer wieder auferstehen konnten.
Ein beispielhaftes Stehaufmännchen ist ja Bayern, das selbst aus dem verheerenden (im wahrsten Sinne des Wortes) Spanischen Erbfolgekrieg scheinbar nichts gelernt hat, bzw. besser gesagt der Kurfürst von Bayern nichts daraus lernte.

Eben diese Weitsicht macht ja Prinz Eugen, das wurde vielleicht noch nicht genügend betont, zur herausragensten Figur der österreichischen Geschichte, die Herrscher einmal ausgenommen. Politisch mögen Kaunitz/Haugwitz eine ähnliche Wirkung für den österreichischen Fürstenstaat gehabt haben oder auch Metternich, aber die Vereinung von Feldherren- und Politikerfähigkeiten in einem Manne ist in seinem Falle schon einzigartig, womit er allerdings ziemlich genau den Anforderungen an einen Adeligen des Barock entsprach. --> http://www.geschichtsforum.de/showpost.php?p=205318&postcount=1
 
Ich habe auch nicht behauptet dass er so einfach gestrickt war. Und ehrlich gesagt, meiner Ansicht nach muss er wohl etwas resignativ bei diesen Worten geseufzt haben, immerhin waren diese 100.000 Man sowieso nicht da, wegen des span. Erbfolgekriegs. Denn der Prinz ja nicht liebte, weil er eine aktive Politik innerhalb des Reiches vorgezogen hätte. Aber politisch war zu diesem Zeitpunkt nichts mehr zu machen, es war vorrauszusehen dass ein österr. Erbfolgekrieg kommen würde. Und niemand hat dies wohl klarer erkannt als Prinz Eugen.
 
Er gehörte sicherlich zu denjenigen in Wien, die am ehesten noch Mittel gewusst hätten, ihn abzuwenden. Nicht umsonst war Karl VI. der Verlust mit dem Tode des großen Prinzen wohlbewusst. Obgleich er für den Waffengang wohl schon etwas zu betagt gewesen sein mag, hätte ich Österreich mit seiner politischen Handschrift bessere Chancen zugerechnet, aber damit sind wir ja schon wieder bei der Spekulation, die aber hierbei auch tatsächlich zur großen Trauer in Wien beitrug.:rip:
 
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